Imágenes de páginas
PDF
EPUB

der sog. Excommunication. Am leichtesten umzugestalten war die eigentliche Beschwörung. Sie wurde daher zuerst verkirchlicht. Mittlerweile starb der Thierprocess in einigen christlichen Ländern von selbst ab. Wo aber sein Leben ein zäheres war, musste die Kirche doch auch ihn zuletzt in ihre Kreise ziehen. Seine Christianisirung ist aber nur in Frankreich und auf der iberischen Halbinsel mit annähernder Vollständigkeit durchgeführt worden. Einmal verkirchlicht haben sich von dort Thierprocess und Thierexcommunication sogar noch nach der neuen Welt verbreitet. Andererseits hat die Kirche zwischen 1500 und 1750 die fremdartigen Elemente, durch deren Aufnahme sie ihren Erfolg errungen, allmälig wieder abgestossen. Auf rein kirchlichem Boden fortdauern konnte zuletzt doch nur die Adjuration der ,,spiritus immundi animalibus in damnum hominum utentes", wie das Breve von Clemens XI. v. 1717 sagt. Eine Begleiterscheinung dieses Verschrumpfens des kirchlichen Thierprocesses ist das Wiederaufleben des weltlichen in Frankreich. Dagegen ist dieser, wie wir ihn in Oberdeutschland und Dänemark, dann in Slavonien kennen lernten, im Wesentlichen die unmittelbare Fortsetzung des heidnischen. Eine Mittelstufe zwischen letzterem und dem christianisirten stellt sich in dem von L. Vairo geschilderten dar, worin bis auf den Schluss, die Malediction, das Verfahren ein weltliches ist.

Weltliches Thierstrafrecht und eigentlicher Thierprocess gehören also ihrem Wesen nach nicht zusammen. Dennoch konnten sie auf einander einwirken. In Montenegro z. B. könnte das Thierstrafrecht unter dem Einfluss des Thierprocesses sich fortentwickelt haben, da hier auch jenes den im Thier wohnenden,,bösen Geist" verfolgt.

Die Schenkung von Kemnade und Fischbeck an Corvey i. J. 1147 und die Purpururkunden Corveys von 1147 und 1152.

Von

Th. Ilgen.

Die hervorragende Stellung, welche Corvey unter den kirchlichen Stiftungen Westfalens einnimmt, spricht sich deutlich auch in dem Schutzrecht aus, das es das es zu verschiedenen Zeiten über eine ganze Reihe von kleineren Klöstern und Kirchen in Westfalen und den Nachbargegenden ausgeübt hat. Im Jahre 853 wurde dem Abte Warin von Corvey von Ludwig dem Deutschen der Schutz und die Vertretung Herfords nach Aussen hin übertragen, nachdem bereits 826 dessen Vater Ludwig der Fromme die Kirche von Eresburg, die nachherige Propstei Marsberg, Corvey unterstellt hatte. Später traten hierzu theils durch kaiserliche theils durch päpstliche Schenkung die Kirchen von Meppen, Gröningen, Kemnade, Fischbeck, Werbe und Andere. Die Uebertragung aber von Kemnade und Fischbeck an Corvey durch König Conrad III. im Jahre 1147 hat auf Seiten der dadurch geschädigten Interessenten einen so lebhaften Widerspruch hervorgerufen, dass es dem damaligen Abte Wibald von Corvey erst nach Jahre langen Kämpfen gelang, sich in den ruhigen Besitz von Kemnade zu setzen, während er auf Fischbeck sehr bald wieder Verzicht hat leisten müssen. Die Angelegenheit, über welche wir durch die corvey'schen Geschichtsquellen verhältnissmässig gut unterrichtet sind, ist für Wibalds Thätigkeit und Stellung ausserordentlich lehrreich; sie verdient aber gleichzeitig durch die daran sich anschliessenden diplomatischen Fragen unsere besondere Beachtung.

Unter letzterem Gesichtspunkt ist sie neuerdings von Kehr 1) behandelt worden. Die Resultate jedoch, zu denen er gelangt ist, P. Kehr, Die Purpururkunde Konrad III. für Corvey im Neuen Archiv XV,

363-381.

scheinen uns in mehrfacher Beziehung anfechtbar, wenngleich Schum, der neueste Bearbeiter der Diplome Conrads III. in den Kaiserurkunden in Abbildungen 1) in den hauptsächlichsten Punkten Kehr zugestimmt hat.

Wir besitzen nämlich über die Schenkung Kemnades und Fischbecks resp. Kemnades allein, zwei Urkunden König Conrads III. (St. 3543 und 3544), beide datirt aus Frankfurt unter dem Jahre 1147. Oberflächlich betrachtet unterscheiden sie sich in der Weise, dass durch St. 3544 Kemnade und Fischbeck an Corvey überwiesen werden, während in St. 3543 nur von Kemnade die Rede ist. Von letzterer Urkunde sind uns nicht weniger als drei Ausfertigungen erhalten, welche Kehr mit B1, B2 und B32) unterscheidet. B1, welche dem Druck bei Philippi 3) zu Grunde liegt, beruht im Staatsarchiv zu Münster; desgleichen B2, von der jedoch nur der Schluss der Urkunde erhalten ist. B3, im geheimen Staatsarchiv zu Berlin, ist auf Purpurpergament mit Goldbuchstaben geschrieben, und neuerdings von Schum in Facsimile wiedergegeben 4). Kehr meint nun, dass St. 3544 von ihm mit A bezeichnet eine gleichzeitige Ausfertigung vom März 1147 aus Frankfurt sei; hingegen wäre St. 3543 trotz des mit jener gleichlautenden Datums als eine erst im Jahre 1151 zu Stande gekommene Neuausfertigung von St. 3544 anzusehen 5). Schum hält St. 3543 ebenfalls für eine Neuausfertigung von St. 3544, will sie aber zeitlich näher an den Ausstellungstermin, also den März 1147, heranrücken.

Um uns über das Verhältniss der Urkunden St. 3543 und 3544, die wegen der inhaltlichen Verschiedenheiten unmöglich an einem Tage aus der königlichen Kanzlei hervorgegangen sein können, Klarheit zu verschaffen, ist es nöthig, uns die Geschichte der Schenkung von Kemnade und Fischbeck ausführlicher und im engeren Anschluss an unsere gleichzeitigen literarischen Quellen "), als sie Kehr giebt, vor Augen zu führen.

Der sittliche Zustand der in der Nähe von Corvey gelegenen beiden Frauenklöster war schon seit längerer Zeit ein äusserst bedenklicher gewesen. Die Damen dieser Convente, in Kemnade unter der Führung der Aebtissin Jutta, einer Stieftochter Ludwigs von Lare, führten nämlich ein derart ausschweifendes Leben, indem sie sich über

1) Lief. X, Text zu Taf. 5. 2) S. 366 und 367 Anm. 3. 3) Die Kaiserurkunden der Provinz Westfalen II, Nr. 225. 4) Kaiserurkunden in Abb. Lief. X, Taf. 5 und Bemerkungen S. 375 f. 5) S. S. 368 ff. und besonders 378. 6) Vgl. Monumenta Corbeiensia ed. Ph. Jaffé in der Bibl. rer. Germ. I. und zwar Chronographus Corbeiensis S. 55. ff. und Wibaldi Epistolae Nr. 30 ff.

jede klösterliche Zucht hinwegsetzten, dass das Ansehen der geistlichen Personen im Sachsenlande aufs ernstlichste dadurch gefährdet wurde. Bereits die früheren Aebte von Corvey waren daher darauf bedacht gewesen, dieses wüste Treiben abzustellen, aber vergebens 1). Da gelang es Wibald kurz nach seiner Wahl zum Abt von Corvey König Conrad III. zu bewegen, Kemuade und Fischbeck seinem Stifte zu schenken, um daselbst das klösterliche Leben zu reformiren. Ende Januar 1147, als der König mit zahlreichen Fürsten in Fulda weilte, hat er Wibald auf dessen anhaltende Bitten hin für Corvey die beiden Abteien übergeben und die Schenkung durch einen mit einem Edelstein gezierten Ring bekräftigt. Dieser wurde dem Schrein des hl. Stephanus eingefügt, damit er die späteren Klosterangehörigen an die Wohlthaten des Königs und den Eifer des Abtes erinnere. Der König Conrad aber, um doch auch das Interesse des Reiches bei dem Schenkungsacte zu wahren, bestimmte, dass, so oft ihm von Corvey dem Gesetz und Herkommen gemäss Dienste geleistet werden müssten, die betreffende Geldsumme nunmehr um je 10 Pfund gesteigert, im Falle aber Naturallieferungen ausgeschrieben würden, die bisherigen Rationen um die gleiche Werth summe d. h. 10 Pfund vermehrt werden sollten. Obwohl eine Anzahl von Fürsten bei dem Schenkungsact zugegen gewesen war und ihre Zustimmung zu demselben gegeben hatte, sollte doch erst die endgültige Festsetzung und Bestätigung desselben auf dem nächsten Tage zu Frankfurt erfolgen 2). Wibald aber kehrt von Fulda nach Corvey zurück und begibt sich nach kurzem Aufenthalte von da nach Kemnade ambiciosius, ut suis visum est sagt der Chronographus 3); in seiner Begleitung befindet sich ein Bevollmächtigter des Königs mit einem besiegelten Patent. Die Besitzergreifung Kemnades wird von Seiten des Abtes

1) Ep. Wib. Nr. 34 und 36.

2) Chron. Corb. S. 55. Die Stelle: Nam ne minus et rex hinc regno prospiceret, quocienscumque serviri sibi de loco nostro legis debito et priorum longe dierum instituto contingeret: si argento anticipanda foret, denae appenderentur librae, sin autem pastibus, aucmentarentur tanti precii pro temporis qualitate ac comparationis commoditate. Pro his ergo stabiliendis et confirmandis, licet nonnulli principum his affuerint et consentientes fuerint eciam, Frankenevurde se sibi occurrere statuta die indixit... hat Kehr bei seinen Ausführungen gänzlich unbeachtet gelassen, was ihn verschiedentlich zu unrichtigen Darlegungen geführt hat. Vergleiche auch den Brief König Conrads an Papst Eugen III. aus dem März 1147 (Ep. Wib. 34): Erant in propinquo duae abbatiolae feminarum, quae nullum regno et nobis vel in milicia vel in alio servicio prebebant supplementum.

9) S. 55.

von Corvey, wenn gleich nicht ohne Widerspruch, vollzogen. Diesen Hergang bestätigt uns ein Schreiben Wibalds an König Conrad III aus dem October 1149 1). Die Uebernahme von Fischbeck jedoch wurde durch den energischen Protest der Ministerialen Herzog Heinrichs des Löwen und der Ritter Adolfs von Schaumburg verhindert. Herzog Heinrich war zwar inzwischen (Ende Januar 1147) 2) vom König direct über die Schenkung in Kenntniss gesetzt worden, die erfolgt sei, unter Wahrung der Vogteirechte des Herzogs. Es wurde ihm anheimgegeben, sich deswegen mit dem Abte von Corvey ins Einvernehmen zu setzen. Jedoch auch für den Fall, dass der Herzog nicht geneigt sei, Corvey die Lehensherrlichkeit der Vogtei über die beiden Klöster zu überlassen, hielt König Conrad die Schenkung aufrecht.

An einer späteren Stelle schildert uns der Chronographus 3) die Vorgänge auf dem Frankfurter Tage, als die abermalige Uebergabe der beiden Klöster an Corvey stattfand. Zunächst wurde hier durch Abstimmung die principielle Frage zur Entscheidung gebracht,,,si possent dari legitime cellule regales regali et majori ecclesie, de qua et regnum sumeret nonnulla obsequia, cum et de minoribus preter nominis solam gloriam nulla provenirent regno profutura" 4). Danach kann meiner Ansicht nach darüber gar kein Zweifel aufkommen, dass in Frankfurt die Entschädigungsfrage für das Reich wahrscheinlich um den Widerstand der Fürsten gegen die Uebertragung von Kemnade und Fischbeck zu brechen, als ein sehr wesentliches Moment ins Treffen geführt ist, mit anderen Worten, dass man sehr nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass dem Reich durch Ueberweisung der beiden nicht abgabepflichtigen Klöster an das grössere Stift ein praktischer Vortheil erwüchse, indem dadurch die Abgabefähigkeit des letzteren erhöht würde3).

Die Mehrzahl der Fürsten ist denn auch dafür, dass die Vereinigung von Kemnade und Fischbeck mit Corvey statthaft sei. Nur Adolf von Schaumburg erhebt Widerspruch, der indessen keine Beachtung fand. ,,Es wiederholten also die Könige, Conrad III. und sein Sohn Heinrich, die Uebergabe der Klöster an Corvey durch den Ring". Wibald reist darauf von Frankfurt aus direct nach Clugny, um hier Papst Eugen III im Auftrage Conrads III die Wahl des jungen Heinrich zum römischen

1) Ep. Wib. Nr. 201. 2) Ep. Wib. Nr. 30. Kehr S. 373 und ihm folgend Schum S. 374 setzen diesen Brief in den März 1147, weil darin auf einen Spruch der Fürsten Bezug genommen werde; sie haben aber übersehen, dass der Chron. S. 55 berichtet, dass bereits in Fulda mehrere Fürsten ihre Zustimmung zu der Schenkung gegeben haben. S. oben S. 604. Anm. 2. $) S. 58 ff. 4) Ep. 5) Anders Kehr S. 371. Anm. 1 unter Heranziehung von

Wib. Nr. 34.

St. 3544.

« AnteriorContinuar »