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Bürgerrechts durch persönliche Rechtshindernisse erschwert wurde, die jegt weggefallen sind, und daß es mehrere Arten des Bürgerrechtes gab, wodurch man diese Schwierigkeiten zu entfernen oder zu vermindern suchte.

In Hinsicht auf die Dauer des Bürgerrechts gibt es jegt nur eine Art desselben, denn es wird auf die Lebenszeit der Person erworben, ist also ständig. Im Mittelalter gab es auch ein unständiges oder vorübergehendes Bürgerrecht, welches auf eine bestimmte Anzahl von Jahren eingegangen wurde, nach deren Ablauf die Person der bürgerlichen Verpflichtung wieder überhoben war 3*. Dieses transitorische Bürgerrecht war Regel bei den Ausbürgern, mochten sie frei oder unfrei sein, es konnte gewönlich nur bei juristischen Personen ständig werden.

Der Bürger ist jegt ein Individuum, im Mittelalter gab es auch juristische Personen als Bürger, nicht nur Korporationen, sondern ganze Gemeinden, die Bürger einer andern Stadt wurden. Denn man hatte damals In- und Ausbürger, die man nicht mit unserm aktiven und ruhenden Bürgerrecht gleichstellen darf, denn die Ausbürger konnten ein doppeltes Bürgerrecht haben, was jezt nicht mehr gestattet ist, indem der Abwesende, wenn er in einer andern Gemeinde Bürger wird, sein früheres Bürgerrecht verliert. Man trifft wohl auch einzelne Beispiele im Mittelalter an, wonach das doppelte Bürgerrecht verboten wurde, dieß bezog sich aber auf die ständigen oder Inbürger einer größeren Stadt, welche nicht zugleich Bürger eines kleineren Ortes sein durften 4. Der umgekehrte Fall war gestattet, denn sonst hätten Landgemeinden und kleinere Städte nicht Bürger größerer Städte werden können. Das doppelte Bürgerrecht war auch zuweilen nur ein Domicilrecht, denn in schwierigen Zeiten suchte man da seinen Aufenthalt, wo er am sichersten war.

Das Bürgerrecht war auch ehemals nach dem Stande verschieden, nach dem Adel, den Freien und Unfreien, was jegt nicht mehr statt findet, indem es keine Unfreien gibt, und für die übrigen ein und das selbe Bürgerrecht besteht, in so fern der Adel daran Theil nimmt. Bis zum 14. Jahrh. galt der wesentliche Unterschied zwischen den adeligen und freien Bürgern, daß diese zünftig waren, jene aber nicht 5.

Aus der Verschiedenheit des Bürgerrechts folgt, daß im Mittelalter auch dessen Erwerbung an andere Bedingungen geknüpft war als heutzutage, deren Erläuterung für die Kenntniß der damaligen gesellschaftlichen Zustände und ihre Vergleichung mit den jezigen nüßlich ist. Auch die Verschiedenheit der Personen, welche Bürger wurden,

machte einen Unterschied in ihren bürgerlichen Leistungen, denn diese bestanden in persönlichen Diensten und Geldbeiträgen, weil aber nicht jeder solche Dienste leisten konnte, indem sie mit seinem Stande und Berufe nicht verträglich waren, so wurde dafür ein Betrag in Geld festgesezt, welchen man daher Saz nannte, wonach die Sagbürger eine jährliche Aversalsumme für alle bürgerlichen Lasten bezalten, wie es zu Freiburg i. Br. gebräuchlich war 6.

Das bürgerliche Einkaufgeld hatte eine doppelte Bestimmung, für die Gemeinde und für die Zunft, zu welcher der neue Bürger eingetheilt wurde. Für die Gemeinde war das Einkaufgeld entweder ein Beitrag zur Stadtbefestigung, was bei Dörfern wegfiel, oder eine Caution. Der neue Bürger mußte durch eine Caution fich für die Erfüllung seiner bürgerlichen Pflichten verbindlich machen, sie bestand entweder in einem liegenden Unterpfand oder in einer Grundrente, welche Anordnung in Lahr und Konstanz sehr ausgebildet war 7. In kleineren Städten, wo man die Bürger leichter überschauen konnte, forderte man keine Caution, ließ aber die Bürger nicht eher wieder abziehen, bis sie alle ihre Verbindlichkeiten erfüllt hatten, also nach vollständiger Liquidation, wie zu Oberkirch und Oppenau. Die Bedingung zum Eintritt in eine Zunft war der Besiz der vorgeschriebenen Waffen und ein Beitrag in die Zunftkasse. Der Nachweis eines ge= wissen Vermögens wurde selten verlangt und kam erst nach dem Mittelalter auf, denn da die Gemeinde nicht verbunden war, ihre Armen zu unterhalten, welche in den zahlreichen Stiftungen Unterstügung fanden, so war der Nachweis eines Vermögens unnöthig.

Wenn der Landadel und die Dynasten das Bürgerrecht einer Reichsstadt nahmen, so war es zugleich ein Schugbündniß zwischen der Stadt und dem Adel, denn beide erhielten dadurch gegenseitiges Oeffnungsrecht, die Stadt in den Burgen des Adels, dieser in den Mauern der Stadt. Beschränkte sich das Bürgerrecht darauf, so war die gegenseitige Oeffnung der festen Pläge ein passiver Schuß, weil der Verfolgte oder Bedrohte dadurch in Sicherheit kam, wenn er die offene Burg oder Stadt erreichte, die seinem Feinde verschlossen wurde. Nach diesem Verhältniß konnte man Bürger in mehreren Städten sein 8. Der aktive Schug bestand in der Vertheidigung des Angegriffenen, die Stadt übernahm in diesem Falle die Vertretung oder auch die bewaffnete Hülfe ihres Ausbürgers, und dieser diente der Stadt entweder durch eine bestimmte Anzahl Söldner oder durch einen jährlichen Beitrag zur Stadtkasse. Da die Unterhaltung der Stadtbefestigung größere Auslagen nöthig machte, als jene einer Burg, und

die Stadt eine größere bewaffnete Hülfe stellte als der Burgeigenthümer, so war es billig, daß bei aktiven Schugverträgen der Adel durch Dienste und Beiträge dieses Verhältniß ausglich. Ein solches Bürgerrecht war manchmal nur die Form eines Schuß- und Trugbündnisses und da sich die Umstände, die es veranlaßten, während der Dauer des Bürgerrechts verändern konnten, so führte dies zu einer gefährlichen Aufgabe des Bürgerrechts vor dessen Verfallzeit, was für die Städte um so bedenklicher wurde, wenn der Landadel unter den Bürgern viele Verbindungen hatte. Man verbot daher das gefährliche Aufgeben des Bürgerrechts durch hohe Strafen, hauptsächlich durch jahrelange Entfernung aus der Stadt und durch eine ebenso lange Verweigerung der Wiederaufnahme, womit man die Wühlerei des Ausgewichenen abschneiden wollte 9.

Die Hörigkeit war kein Hinderniß, das Bürgerrecht in Städten, selbst in Freistädten zu erwerben, über die Arten und Folgen dieser Erwerbung gab es aber je nach den Orten eigenthümliche Bestimmungen, die näher anzugeben sind. Wurde der Hörige von seinem Herrn entlassen, so konnte er Bürger werden, wo er wollte, blieb er in der Hörigkeit, so nahm er das Bürgerrecht mit oder ohne Erlaubniß seines Herrn; im ersten Falle blieb er gewönlich verbunden, zum Zeichen seiner Abhängigkeit das Mortuarium zu zahlen; die Stadt bekümmerte sich nichts um diesen Abzug von der Verlassenschaft ihres verstorbenen Mitbürgers, weil dessen Leibherr ihn auch nicht an dessen städtischen Pflichten hinderte und keine Dienste von ihm forderte; im zweiten Falle, wenn der Hörige ohne Erlaubniß seines Herren Bürger wurde, war die Sache viel schwieriger und verwickelter 10. Größere Städte machten die Verjährung geltend und erkannten keine Leibeigenschaft mehr an, wenn der Hörige ohne Ansprache seines Herren Jahr und Tag in der Stadt Bürger war. Diese Bestimmung galt nicht nur für die hörigen Stadtbürger, sondern auch für die hörigen Bauern durch das Wildfangsrecht, wodurch der eingewanderte fremde Hörige ebenfalls nach Jahr und Tag seiner Niederlassung dem neuen GrundHerrn unterthan wurde 11. Solche Städte bekümmerten sich also nicht um den Nachweis der Herkunft, sondern überließen es dem Herren, seinen Hörigen zu verfolgen und vor der Verfallzeit zu reklamiren. Kleinere Städte und Orte durften aber nicht so rücksichtslos verfahren und verlangten seit dem 15. Jahrh. von dem Ankömmling ein schriftliches Zeugniß seiner Entlassung oder Erlaubniß, das sogenannte Mannrecht. Die Leibherren wichen diesen Verwicklungen manchmal

dadurch aus, daß sie wechselseitige Verträge machten, keinen ihrer Hörigen in ihren Städten zum Bürger anzunehmen 12.

Bei der Gründung neuer Städte und bei Erklärung von Freistädten gab es über das Bürgerrecht der Hörigen manchmal große Zerwürfnisse. Die neue Stadt brauchte Einwohner zu ihrer Vertheidigung und Gewerbsleute für ihren Markt, was beides die hörigen Landleute anzog 13. War der Herr der Stadt ein mächtiger Mann, so konnte er die Verjährung des Bürgerrechts gegen verspätete Reklamationen handhaben, um aber mit seinen nächsten Nachbarn im Frieden zu leben, lag es in seinem Interesse, ihnen ihre Hörigen nicht zu verlocken, damit er auch die seinigen nicht verlor. So versprach Graf Johann I von Spanheim 1288 dem Kloster Ravengiersburg, daß er keinen von deffen Hörigen (homines) als Bürger bei seiner Veste Kirchberg (in nostros cives apud municionem nostram in K.) aufnehmen wolle 14. Damit sich der Stadtherr die Feindschaft der Reklamanten nicht zuzog, legte man in Burgund die Entscheidung in den Zweikampf, welchen der zurückgeforderte Bürger mit dem Reklamanten zu bestehen hatte, worüber in Besançon und Neuchatel eigene Bestimmungen galten 15.

Wurden Städte für frei erklärt, so kam damit das beschränkte Eherecht der hörigen Bürger in Widerstreit, denn nahm ein solcher Bürger eine Frau außer der Genossenschaft ohne Erlaubniß seines Herrn, so confiscirte dieser nach dem Tode des Bürgers ein oder zwei Drittel seines Fahrnißvermögens als Strafe für die unerlaubte Ehe, welchen Vermögensabzug man Butel oder Buteil nannte 16. Da in Handels- und Gewerbsstädten das Fahrnißvermögen der Bürger oft weit größer war, als das Grundvermögen, so ist begreiflich, warum, besonders in den Rheinstädten, sich so laute Klagen gegen den Buteil erhoben, daher ihn Heinrich V für Speier im Jahr 1111 abschaffte 17. Zu Freiburg i. B. wurde der Buteil dadurch aufgehoben, daß die bei= den Ehegatten jeder bürgerlichen Familie als gleiche Standesgenossen erklärt wurden, wodurch der Unterschied der ungleichen Ehe wegfiel und die Ehegatten wechselseitig einander ohne Abzug beerbten 18. In späterer Zeit verzichteten die Leibherren freiwillig darauf und behielten. nur das Todfallrecht, denn sie mußten ihren güterlosen Hörigen die Aufnahme in andern Orten zu erleichtern suchen, damit sie ihnen nicht zur Last fielen 19.

Die Aufhebung des Buteils hatte wichtige Wirkungen auf die Rechte der Bürger in den Freistädten, weil man die Consequenzen dieser Aufhebung weiter entwickelte und auf ähnliche Verhältnisse ausdehnte. Wie das Freiburger Stadtrecht deutlich sagt, wurde der Standesunter

schied bürgerlicher Eheleute, also ihre Ungenossami, zum Vortheil der ärgeren Hand aufgehoben; der Ehegatte einer geringeren. Klasse wurde also der höheren Klasse des andern gleichgestellt. Nothwendig fiel dadurch jeder Nachtheil und jede Strafe weg, die auf die ungleiche Heirat, also auf die Ungenofsami gesegt war, daher namentlich die Confiscation eines Theils der ehelichen Verlassenschaft, d. h. der Buteil. Dies betraf anfänglich nur die ungleichen Ehen höriger Bürger oder Bürgerinnen, wurde aber schon gegen Ende des 13. Jahrh. ausgedehnt auf die Ehen der städtischen Gewerbsleute oder gemeinen Stadtbürger mit patricischen Ehefrauen, indem die Männer solcher Frauen politische Gleichstellung mit den Patriciern oder Geschlechtern (gentes) verlangten, was am Anfang des 14. Jahrh. zu den Stadtrevolutionen führte, welchen zufolge die Zünfte in überwiegender Zahl mit wenigen Patriciern die Stadtregierung theilten. Von diesen Umwälzungen an nahm die gegenseitige Spannung und Feindschaft des Adels und der Städte zu und fiengen die Domstifter an, die Plebeier von den Canonikaten auszuschließen, was auch die Ritterstifter und manche Benediktinerklöfter thaten 19.

Auswärtige Gewerbsleute suchten das städtische Bürgerrecht, wenn sie nicht so viele Bestellungen hatten, daß sie von ihrer Arbeit leben konnten und daher ihre Waaren verhandeln mußten. Dazu brauchten fie die städtischen Märkte, und um sie bequem zu benügen, den städtischen Schirm sowohl für das Geleite als auch für den gerichtlichen Schuß und Beistand. Der Wohnsig der Familie des Gewerbsmannes konnte dabei außerhalb der Stadt bleiben, denn nur dasjenige Mitglied der Familie ließ sich zum Stadtbürger aufnehmen, welches einen städtischen Gewerbszweig betreiben wollte, also entweder nur der Mann, oder auch die Frau und der Sohn, während die andern Kinder außerhalb dem städtischen Bürgerverbande blieben, wovon unten bei Konstanz mehrere Beispiele vorkommen 20,

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Geistliche Körperschaften, welche in einer Stadtgemarkung Güter hatten und Häuser in der Stadt, um sie zu bewirthschaften, waren dadurch genöthigt, das Bürgerrecht der Stadt zu erwerben, was aber nur ein Schugbürgerrecht war. Hatten sie aber keine Güter in der Mark, sondern nur ein Haus in der Stadt, wo sie sich aufhielten, um ihre Geschäfte zu besorgen, so nahmen sie in unruhigen Zeiten nur ein transitorisches Bürgerrecht des persönlichen Schuges wegen 20*. Dies thaten auch manchmal ihre Beamten, die in der Stadt wohnten. Das Aufnahm- und Bürgergeld solcher Leute war für die Städte eine Finanzquelle und im Kleinen dasselbe, was im Großen das Schirmgeld,

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