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der Kaiser oder sein zum Römischen Könige gekrönter Sohn im westlichen Deutschland herrschte, je nachdem die ghibellinische oder die welfische Partei hier das Lebergewicht hatte, wurde jenes Vorrecht erhöht oder eingeschränkt. Dass auch Conrad von Hochstaden, der rastlose Vorkämpfer der welfischen Sache, die Abtei in seinen besonderen Schutz nahm, ihre Güter in Bonn und Königswinter von allen Abgaben an ihn, und ihre Schiffe vom bischöflichen Zolle zu Bonn befreite, ist ein weiteres Zeugnis für ihre gut wrelfische Gesinnung, die ihr auch sonst von Conrad, namentlich aber von Wilhelm von Holland und Richard von Cornwallis dadurch gelohnt wurde, dass diese ihre Zollfreiheit zu Kaiserswert im alten Umfange wiederherstellten. Allerdings lassen sich aus diesen Vorgängen weder grosse Aktionen noch Einflüsse nachweisen, die für den Gang der politischen Ereignisse bestimmend gewesen wären, soviel aber geht aus der Verleihung, Erhöhung und Herabsetzung jener Zollvorrechte mit Sicherheit hervor, dass unter dem Abte Heinrich die Stellung Heisterbachs in der Parteien Gunst und Hass" selbst Königen nicht gleichgiltig gewesen ist. Dass sie auch in kirchenpolitischer Hinsicht nicht unbeteiligt bleiben konnte, wenn es sich um das Ansehen ihres Ordens handelte, ist eigentlich selbstverständlich, und doch spricht es wieder für ihre Bedeutung, wenn sie neben Altenberg und Marienstatt als das einzige von den zahlreichen Cistercienserklöstern des westlichen Deutschland mit denen im Norden und Osten des Landes dem Deutschen Orden gegenübertrat, als dieser gegen den ersten Bischof Preussens, den Cistercienser Christian, eine feindselige Stellung einnahm.

So sehr aber die Achtung der Aussenwelt auch zunächst der Person des Abtes galt, so gab doch auch der ausserordentlich vermehrte Besitzstand allen Aeusserungen des Konventes jenen Nachdruck, den zu allen Zeiten bedeutender Reichtum den Worten und Taten seines Trägers verliehen hat. Im ganzen Rheintale von Speyer bis zur Mündung der Maas lagen die z. T. beträchtlichen Klostergüter in mehr als vierzig Städten und Dörfern verstreut. In ihrer Nähe hatte die Abtei das Rittergeschlecht von Rosowe (Rosenau) von seinem Stammsitze verdrängt; die Burg war angekauft und niedergelegt, und wenn den erhaltenen Sagen ein Körnchen Wahrheit durch die Jahrhunderte hindurch geblieben ist, so mag es dabei nicht ganz ohne Zwang hergegangen sein. Nicht weit davon öffnete ein Hospital der hilfsbedürftigen

Armut seine Räume. Wo der Kottenforst die Hügelkette des Vorgebirges bekränzt, war neben einem Hofgericht und Kirchenpatronat ein herrschaftliches Untergericht erworben und damit der Grund zu einem Besitze gelegt, der dem Abte in der Folge den Titel eines Herrn zu Flerzheim und Neukirchen eintrug und ihn den Kurkölnischen Ständen angliederte. Und das alles trotz nachhaltiger Anfechtungen von seiten weltlicher Edelleute und trotz der Strömung, die innerhalb des Klerus sich gegen das Vordringen der Cistercienser geltend machte, weil ihre Abteien fast überall, wo es sich um Recht und Pflicht handelte, eine vielbeneidete Sonderstellung einnahmen, so dass selbst der Mühlknecht und der Küchenjunge in abteilichen Betrieben nur dem päpstlichen Gerichte unterstanden.

Ein Aergernis für den Klerus, dem sie nicht zehntete, und der doch in dem Getriebe seiner Politik ihres Ansehens ungern entraten mochte; ein Gegenstand banger Sorge für den Bauern, der mit Bekümmernis sah, wie um ihn her der Bestand des freien Eigengutes sich verringerte und die Angehörigen der Dorfgemeinde in ihrer Mehrzahl dem Kloster zinsen mussten, wohingegen dessen Hirten grosse Herden abgabenfrei auf die Dorfweide trieben ; für den kleinen Landesherrn ein Freund, der ihm „teuer" wurde, der von den landesherrlichen Gerichten eximiert war, während seine Anerben als Geschworene auf den Dingtagen der untertänigen Gemeinden ein wichtiges Wort sprachen; für den Armen und Leidenden eine gesuchte und hegende Zufluchtsstätte — das war der glückliche, von vielen mit gemischten Gefühlen betrachtete Zustand der Abtei um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, als der Tod in rascher Folge jene beiden Männer aus der Mitte des Konventes riss, die diese Glanzzeit der Abtei heraufgeführt hatten. Jetzt zeigte es sich, wie sehr das Ansehen des Hauses auf der Kraft ihrer Persönlichkeiten beruht hatte. Rasch sank es dahin. Je straffer die Zucht unter dem Abte Heinrich gewesen war, desto mehr suchte man sich unter schwachen Nachfolgern für Entsagungen zu entschädigen. Die Pitanzen oder Ausnahmespenden wurden von Jahr zu Jahr vermehrt. Die Unmässigkeit namentlich im Trinken steigerte sich zu förmlichen Gelagen. Hatte man vorher die Mittel zu einer grossartigen Wohltätigkeit erübrigen können, so führte eine schlechte Wirtschaft bald zu Schulden, und die Mittel, Geld zu schaffen und Ausgaben zu umgehen, waren nicht eben gewählt; selbst die Schätze der Bibliothek

waren durch ihr ehrwürdiges Alter nicht vor Versetzung um schnödes Geld geschützt und in den Niederlanden stand die Klosterverwaltung offenbar in dem Verdachte, dass sie sich auf den Schmuggel verstehe. Zwar schritt das Generalkapitel mit den schärfsten Massregeln ein. Es liess Klostergut verkaufen, um die Gläubiger zu befriedigen, sperrte die Kirche durch Interdikt und entsetzte 1285 den Abt seiner Stelle. Aber es dauerte bis ins 14. Jahrhundert hinein, bis ganz allmählich eine Besserung der Verhältnisse herbeigeführt wurde. Die ersten Mittel dazu wurden freilich noch nicht durch eigene Kraft gewonnen, sondern flossen vielmehr aus dem Opfersinne des Volkes und alle Massnahmen der nächsten Zeit setzten ihre Rechnung auf diesen. Man verlegte die Kirchweih mit ihren einträglichen Pilgerzügen aus der Zeit der Weinlese auf den ersten Sonntag nach Johannis, wo keine Erntearbeiten die Landbevölkerung behinderte; man vermehrte die Wallfahrtstage auf nahezu hundert im Jahre und eine Kirchenversammlung zu Avignon stellte die Gnadenschätze der Kirche in ausgiebigem Masse für dieselben bereit. Hatte man bis dahin die Frauenwelt von allen kirchlichen Veranstaltungen ausgeschlossen, so öffnete man пип die Kirche auch ihrer Mildtätigkeit. Daneben verschaffte ihr die Erwerbung von Reliquienschätzen der 11000 Jungfrauen eine neue Anziehungskraft. Es ist, als hätte es nur dieser Anregungen bedurft, um die Augen der Aussenwelt wieder auf das Kloster zu lenken, so gross ist während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Reihe der Befreiungen von Schatz und Weinkur, der Schenkungen, Stiftungen und Vermächtnisse, die ihm von den Edelleuten des Siebengebirges und des Westerwaldes, von den Bürgern der Nachbarstädte und selbst den Bauern von Nah und Fern in den Schoss gelegt wurden. Schon unter dem Abte Johannes I. scheint auch eine straffere Zucht in das Haus wieder eingekehrt zu sein und bei einer gewissenhafteren Wirtschaft zog bald der Grundbesitz seine Kreise unaufhaltsam weiter, so dass gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Zahl der grösseren Gutshöfe auf fünfzig gestiegen war. Wir haben Beispiele freiwilliger Leistungen der Abtei, die deutlich das Gefühl des Wohlstandes erkennen lassen. So baute Abt Anselm II. 1344 auf seine Kosten ein Stück der Stadtmauer von Rheinbach; zum Umbau der Pfarrkirche St. Johann in Köln gab er einen Beitrag, trotzdem sein Hof in der Witschgasse von solchen Umlagen ausdrücklich befreit

war. Zuweilen war auch die Last der direkten Staatssteuern eine nicht geringe; zahlte doch die Abtei i. J. 1440 „zo der lantlosongen" allein von ihren im Amte Blankenberg gelegenen Gütern die Summe von 160 Mark und 4 Solidi1). Leistpflichten, wie dem Vilicher Stifte zustehende Weinzehnten in der Mark Dollendorf am Rhein, Hand- und Spanndienste, die man dem Hause Löwenberg, dem Deutschordenshause zu Muffendorf, dem Erzbischofe von Köln aus dem Cruchterhof bei Plittersdorf schuldete, wurden mit schweren Summen abgelöst. Dass man mit noch grösseren den in steter Geldverlegenheit lebenden Bischof unterstützte, legt den Gedanken nahe, dass die Abtei in jener Zeit der Schismen auch an der feindseligen Stellung teil hatte, die Dietrich von Moers gegen Papst Eugen IV. einnahm, eine Vermutung, in der uns die dem Kloster erwiesene Gunst des Baseler Konzils nur noch bestärken kann. Als aber Dietrichs Nachfolger Ruprecht von der Pfalz durch seinen Streit mit dem Domkapitel den Neusser Krieg heraufbeschwor, hat die Abtei namentlich in ihren Herrlichkeiten Flerzheim und Neukirchen so viel gelitten, dass Papst Sixtus IV. sie 1477 auf Bitten des Abtes Wilhelm von Rychwinstein durch Inkorporierung der Flerzheimer Pfarrkirche „in ihren Nöten“ einigermassen zu trösten suchte. Die Stadt Köln erhielt nach diesem Kriege als Entschädigung für ihre im Dienste des Reiches gebrachten Opfer von Kaiser Friedrich III. einen Rheinzoll; trotzdem Heisterbach von demselben befreit wurde, hat es nach Ausweis der erhaltenen Listen von diesem Vorrecht nur spärlichen Gebrauch gemacht, und ob das Kloster gleich einer der grössten Weinproduzenten am Mittelrhein war, so scheinen doch seine Transporte, die Scherereien an den Zollstätten geflissentlich meidend, Wege gezogen zu sein, auf denen keine Zollschranken sich vor ihnen schlossen. Uebrigens dürfte die Abtei als Weinfirma in der Stadt einen besonderen Ruf genossen haben, da man bei den Gesuchen an den Rat um die Schankerlaubnis ausdrücklich das Kloster als Bezugsquelle angab). Auch sonst stand sie mit Köln

1) Vgl. Georg von Below, Gesch. der direkten Staatssteuern in Jülich und Berg. Zeitschr. d. Berg. Gesch. - Ver. H. 26, S. 59 u. 60.

2) Brief Johanns von Loen, Herrn zu Heinsberg und Löwenberg, an den Kölner Rat, im Stadtarchiv zu Köln. Vgl. Mitteil. aus d. Stadtarchiv von Köln H. 26, S. 68.

in mancherlei Beziehungen.

Viele Jahre hindurch deckte das Kölner Steinmetzenamt auf Grund eines mit dem Abte Wilhelm von Rychwinstein abgeschlossenen Vertrages seinen Bedarf an behauenem Trachytmaterial, das auch am Dome zur Verwendung kam, in dem Heisterbacher Steinbruche am Stenzelberge, nachdem die Burggrafen von Drachenfels durch Preissteigerung die Lieferungen verscherzt und Verhandlungen des Rates mit dem Erzbischofe wegen Ueberlassung der Wolkenburg zu keinem Ergebnis geführt hatten. Sogar an der Kölnischen Kolonisation in Polen im 15. Jahrhundert haben sich Mönche von Heisterbach beteiligt.

So war die Woge des moralischen und wirtschaftlichen Lebens, die um die Mitte des 13. Jahrhunderts plötzlich erschreckend tief gegangen war, im 15. mit erstaunlicher Kraft wieder gestiegen und hatte die alte Höhe fast übertroffen, als die Reformation alle geistlichen Einrichtungen Deutschlands in eine wilde religiöse Erregung hineinwarf. Zwar ist Heisterbach nicht unmittelbar und gewaltsam in diese Bewegung hineingerissen worden, aber es hat an derselben doch einen grösseren, allerdings meist in ziemlich engen örtlichen Grenzen sich haltenden Anteil genommen, als es auf den ersten Blick scheinen möchte. Die Erklärung des Hebräerbriefes, die der Heisterbacher Mönch Gottschalk Moncord erscheinen liess, und deren Vorrede auch den Kölner Theologen Arnold von Tongern nennt, ist ohne Zusammenhang mit dem Reuchlinschen Streite kaum denkbar. So spärlich aber auch sonst die Zeugnisse sind, welche die Stellung der Abtei zu der ganzen Bewegung erkennen lassen, so viel geht aus ihnen mit Bestimmtheit hervor, dass sie dem Eingange der neuen Lehre überall entgegengetreten ist. Das sehen wir an der jahrelangen Unterstützung, die sie der Klause Birgel in der Herrschaft Oberwinter-Birgel angedeihen liess, als die dortigen Schwestern von den dem reformierten Bekenntnis ergebenen Freiherrn Quadt von Rheindorf, welche die Herrschaft von Kurköln zu Lehn trugen, an der Ausübung ihres Gottesdienstes gehindert wurden. Nicht nur dass der Abt ihnen die Gnadenmittel der alten Kirche spenden liess, er hat sie auch lange Zeit hindurch mit dem täglichen Brote und Geld versehen, damit sie ihr Fortbestehen fristen konnten1). In

1) 1529 hat er sich auch zur Zahlung einer Landessteuer an Berg verstanden, die ursprünglich vom Kaiser den Geistlichen des gesamten Reiches auferlegt war, die aber der Herzog von Berg für sich beanspruchte.

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