dieser Gattung einige vor, die offenbar schon nach den prosaischen Ritterromanen des 15. und 16. Jahrhunderts gemacht sind, die sich dann auch in formeller Hinsicht von den älteren unterscheiden; denn sie haben fließenderen Versbau, vollkommenere klingende Reime (meist in ado), zierlichere Wendungen und gesuchteren Ausdruck. Wenn diese sich aber dadurch als spätere Produkte aus dem Ende des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrh. charakterisiren, so ergibt sich eben daraus wieder eine neue Bestäti gung für die Annahme einer bedeutend früheren Abfassungszeit der anderen, denen alle diese Vorzüge noch fehlen *). same de vos, el conde), dem 14. Jahrh. zuschreibt (ibid. p. 65). Abgesehen davon, daß Joglar - Romanzen des karolingischen Kreises schon in der Alfonsinischen Cronica general erwähnt werden, die freilich dem dort angedeuteten Inhalt nach in den auf uns gekommenen sich nicht erhalten zu haben scheinen, deuten doch auch in manchen vorliegenden noch einige innere Kriterien, Sitte, Costüme, Denkweise u. s. w., auf ihre Abfassung in der Blüthezeit des Ritterthums oder doch gegen das Ende des 13. Jahrh.; die meisten aber qualificiren sich dadurch zu Producten des 14. Jahrh. So wird 3. B. in der mehr erwähnten Romanze vom Conde Claros das Brustgeschirre seines Pferdes also beschrieben: Con trescientos cascabeles Al rededor del petral etc., welche Art von Brustsätteln mit tönenden Metallglöckchen vorzüglich im 13. Jahrh. Mode war (s. Du Cange, s. v. Cascavellus); und selbst der darin vorkommende Anachronismus in Bezug auf die karolingische Zeit, die Erwähnung der Trinitarier-Nonnen, weist wieder auf das selbe Jahrhundert, in dem bekanntlich dieser Orden erst gestiftet wurde. Auch hat sich von derselben Sage eine andere jüngere und volksmäßigere Romanze erhalten, die wahrscheinlich noch dem 15. Jahrh. angehört, beginnend: A caza va el emperador (im Canc. de rom.), worin aber diese Sage schon mit Zügen aus einer anderen, ebenfalls in Romanzen besungenen, nämlich der vom Grafen von Barcelona und der Kaiserin von Deutschland (in der Silva und der Rosa gentil des Timoneda: En el tiempo que reinaba; auch bei Duran, IV. p. 213), verbunden und darnach modificirt ist. *) Solche spätere Joglar - Romanzen finden sich vorzüglich über die Sage von Reinaldos de Montalvan; z. B. die im Canc. de rom. und in der Silva, Ausg. v. 1617 (bei Depping, II. p. 33), be ginnend: »Ya que estaba don Reinaldos" (mit klingenden Reimen in ado); die in der Silva und Floresta (Depping, p. 45) ' Cuando aquel claro lucero," zwar noch mit stumpfen, aber vollkommeneren Reimen in a und so gesuchter Diction, daß sie von einem Kunstdichter seyn könnte; auch eristirt über das darin erzählte Abenteuer eine ältere volksmäßigere Version in der Romanze des Canc. de rom. und der Silva (Depping, II. p. 39): Estábase don Reinaldos." Ein noch auffallenderes Beispiel von dem Verhältnisse dieser jüngeren Joglar - Romanzen zu jenen älteren geben die beiden Versionen von Roland's Vertheidigung und Rache des durch Galalon verläumdeten Reinaldos, wovon die ältere im II. J. Grimm's „Silva de romances viejos" hat das eigenthümliche Verdienst, eine Mustersammlung, der dieser Name in mehr als einer Hinsicht gebührt, von solchen Romanzen der ersten Klasse, Volks- und volksmäßiger Joglar-Romanzen, zu geben, da sie diese unvermischt mit denen der übrigen Klassen enthält, wobei sie sich freilich nur auf den Cancionero de rom. beschränkt hat, und es wäre zu wünschen, daß sie durch eine in gleichem Canc, de rom. beginnt: „Dia era de San Jorge" (Depping, II. p. 51), die jüngere aber in der Silva: En Francia la noblecida;" diese ist durch umständlichere Beschreibungen und lange Reden schön vielfach erweitert und bis zu dem Verse: Guarda era de una puente" in klingende Reime (in ado) umgereimt. Um dieses Verhältniß anschaulich zu machen, wollen wir Rolands Rede in beiden Versionen herseßen, da zugleich die jüngere minder bekannte einige Anspielungen auf andere in den erhaltenen Romanzen nicht vorkommende Abenteuer enthält: Aeltere Version. Dello tengo gran pesar, La vida me ha de costar.<<< El emperador con enojo etc. Jüngere Version. »Mucho me pesa, señor, Desto soy muy enojado De aquese tiempo pasado De la infanta Belisandra, Y su padre habia matado; Que en su nao habian entrado. Mas con sus ingenios y artes, Geiste gemachte Nachlese aus dieser und den übrigen alten Sammlungen die ihr noch mangelnde Vollständigkeit erhielte, um nicht nur eine „Silva," sondern den ganzen noch zu hebenden Tesoro de los romances viejos" uns zu bieten. Zu der zweiten Klasse rechnet Huber die nach den Chroniken von Gelehrten oder Kunstdichtern, in der Absicht zu belehren oder ein Erempel zu statuiren, bearbeiteten, oder chronikenartigen Romanzen. Wir haben in der ersten Abtheilung (Nr. 3 und 4), als wir von den Choragen dieser Romanzenmacher, Lorenzo de Sepúlveda und Alonso de Fuentes, sprachen, aus den Vorreden zu ihren Sammlungen mit ihren eigenen Worten ihre Quellen, Motive und Zwecke angegeben, und daraus ergibt sich schon die Charakteristik dieser Klasse. Sie bestreben sich nämlich zwar noch den einfachen und ungekünstelten Ton, und sogar noch die rohere Form der alten volksmäßigen Romanzen nachzuahmen, sind auch noch mehr objectiv gehalten und hängen höchstens als Prolog oder Epilog eine moralisirende Reflerion an; aber sie haben es sich zur ausdrücklichen Aufgabe gemacht, die alten lügenhaften Romanzen durch Erzählung glaubwürdiger Thatsachen," D. 6. Den lebendigen Gefang Der Bolfsfage burch Den todten Bud)= staben der Chroniken zu verdrängen, und sind daher eben nicht schwer an ihrer Farblosigkeit, Trockenheit und Nüchternheit, kurz an dem Prosaismus, den sie ja selbst bezweckten, zu erkennen. Nur wenn ihre Autoritäten, die Chroniken, selbst noch Volkssagen und traditionelle Züge aufgenommen hatten was glücklicherweise oft geschah und auf ihren dürren Blättern noch einiger Blüthenstaub der Volkslieder liegen geblieben war, bekamen auch diese gemachten Romanzen noch manchmal volksthümlichere Färbung und frischere Lebendigkeit, und dann weil sie eben nur ein morphologischer Proceß für die vom Staube der Chroniken nur verhüllten, aber unverwüstliches Leben bewahrenden Keime der Volkspoesie waren. sehen sie oft jenen ächten Waldblumen zum Verwechseln ähnlich *). Wir rechnen auch zu dieser Klasse die über Begebenheiten des 16. und 17. Jahrh. verfaßten gleichzeitigen, z. B. von Timoneda, Padilla u. f. w., die anonymnen in der Silva, dem Romancero general etc. über die Kriegszüge Carl's V. und Juan's de Austria gegen die *) Huber hat (1. c. p. LXXV) von den Eid - Romanzen auch die zu dieser Klasse gehörigen aus dem Romancero Sepúlveda's und den übrigen Sammlungen zusammengestellt (seine Nr. 49 unter den anonymen angeführte: „A Toledo habia llegado," ist auch von Se púlveda; dann kann zu dieser Klasse noch die aus dem Romancero gen. und del Cid: »En Zamora está Rodrigo," bei Depping, I. p. 140, gezählt werden). Türken, Barbaresken u. s. w., die nicht viel mehr als Zeitungsberichte in Romanzenform („acta en verso," f. Beispiele bei Depping, I. p. 412 ff.) sind. Endlich haben den chronikenartigen Ton und die gelehrt - teleologische Fassung mit diesen gemein die Romanzen, welche antike und biblische Stoffe nach Büchern behandeln (z. B. die im Canc. de rom., in der Silva und in der Rosa gentil des Timoneda); denn es gibt allerdings Romanzen im volksmäßigen Tone und daher zur ersten Klasse gehörig, deren Stoffe Traditionen des klassischen Alterthums oder christliche Legenden sind, die durch das ganze Mittelalter im Volksmunde fortlebten (Beispiele davon bei Depping, II. p. 202, 399, 443-444, diese beiden von Hero und Leander stehen auch in der „Rosa de amores" von Timoneda; und die ebenda, in der Silva und im Jardin de Amadores befindliche, von Depping aber nicht aufgenommene vom Infanten Troco: En el tiempo que Mercurio," die mehr oder minder noch im Volkstone sind). Fast gleichzeitig noch mit dieser Romanzenklasse, d. h. vom legten Drittel des sechzehnten bis gegen die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, kam noch eine andere - Huber's dritte Klasse von Romanzen in die Mode; denn als einmal das Nationalbewußtseyn so stark geworden war, daß selbst Gelehrte und Kunstdichter die Produkte der Volkspoesie nicht mehr ignoriren konnten, suchten sie, ihrer Meinung nach wenigstens, sie zu verbessern und zu ihrem Standpunkte zu erheben, um durch solche in ihrem Sinne veredelte und potenzirte Nachahmungen die alten lügenhaften und kunstlosen» Volksromanzen zu verdunkeln. Wie die Romanzen aus der Fabrik der Gelehrten in didaktischer Tendenz gemacht wurden, so kennzeichnet die dritte Klasse oder die Artefacte der Kunstdichter eben das Bestreben, sie kunstmäBiger, d. h. entwickelter und regelmäßiger in der technischen Form, raffinirter und civilisirter in der poetischen Form oder Auffassungs- und Darstellungsweise, kurz in jeder Hinsicht formvollendeter zu machen. Damit ist auch schon der unterscheidende Charakter dieser Klasse oder der kunstmäßigen Romanzen großentheils ausgesprochen: das in den beiden anderen Klassen vorherrschende stoffliche Interesse trat hier in den Hintergrund, und die formelle Ausarbeitung mit dem selbstgefälligen Bewußtseyn der künstlerischen Gestaltung wurde zur Hauptsache, denn der Kunstdichter sucht ja vor allen die Kunst und den Dichter, d. h. sich selbst zu zeigen *). *) Dieß spricht klar und unumwunden die in der ersten Abtheilung bei Nr. 13 angeführte satyrische Romanze aus dem Romancero general aus, besonders in dem Quartett: Y sin mirar al objeto Se advierte de un buen poeta El estilo, el pensamiento, El concepto, y la sentencia. Daher ist in diesen Romanzen an die Stelle des objectiv - epischen Grundelements der alten volksmäßigen das subjectiv - lyrische getreten; die Stoffe, seien sie auch noch traditionelle oder historische, oder schon reine Erfindungen, dienen nur zur Folie der Situationen und Gefühle, zu „Themen ihrer Variationen,” wie Huber. sehr gut sagt; ja meist wird die Handlung oder die Situation nur mit ein paar Strichen angedeutet, um ausführliche Beschreibungen von Costüme und Beiwerk, analytisch - psychologische Betrachtungen und Reflerionen oder lange Reden mit allem Pomp der lyrischen Rhetorik ausgeschmückt daran zu reihen; denn wenn die Dichter nicht von ihren eigenen Erlebnissen und Gefühlen unmittelbar und unverhüllt sprechen wollten, so wählten sie irgend eine dazu passende Maske und Situation („Disfraces;" f. die erst angeführte Romanze) aus den bekannten volksthümlich gewordenen Romanzenstoffen, und jedenfalls, wenn auch kein persönliches, sondern ein rein künstlerisches Interesse in der Wahl des Gegenstandes sie bestimmte, faßten sie ihn vom Standpunkte der Subjectivität auf und gestalteten ihn lyrisch oder rhetorisch. Eben darum ist auch diese Klasse von Romanzen am leichtesten zu erkennen; durch jede Maske und Verhüllung, sei es die Rüstung des Cid, der maurische Albornoz, das pastorile Pardo, der Justo des Gitano oder die Aguela des Jaque, winkt uns ein bekanntes Dichterauge zu; denn Lope de Vega und Góngora waren sicher, mochten sie anonym oder pseudonym als „Belardo" und der „Cordobes" ihre Romanzen in die Welt schicken, von den Aficionados an Styl und Manier erkannt zu werden. Und in der That haben auch die besten unter diesen Romanzenund bloß vom ästhetischen Standpunkte aus sind viele davon vortrefflich etwas Manierirtes, weil sie doch etwas Gegebenes, in Bezug auf die Kunstsphäre Heterogenes nachzuahmen strebten; und erstreckte sich diese Nachahmung bis auf die Sprache und Diction, z. B. in Archaismen, so sind sie gerade durch des Guten zu viel, das in ostensible Affectation ausartet, nicht minder erkennbar *). Die Beispiele von Romanzen dieser Klasse sind am *) Beispiele davon sind die Cid - Romanzen: Cuidando Diego Lainez; No me culpedes, si he fecho; Non es de sesudos homes; De palacio sale el Cid; - Fincad ende mas sesudo etc.; alle aus den neueren Sammlungen, dem Romancero general (vorzüglich die Segunda parte ist reich an solchen Chatterton'schen Kunststückchen) und dem del Cid; die leßte Romanze findet sich auch unter den „Romances nuevos" de Francisco de Castaña (s. Huber, Einleit. z. Cid-Chronik, p. LXXVIII), und ist unbezweifelt dessen Fabrikat; alle diese und ähnliche Romanzen haben neben der affectirt alten Sprache, flüssige Versifikation, geregelten Strophenbau, ausgebildete Assonanzen und, wenn sie eine Person redend ein |