Vielleicht wäre dabei aber noch erst zu untersuchen, ob denn nicht dasselbe, was man jezt von Friedrich Barbarossa erzählt, schon viel früher von einem andern deutschen Helden erzählt sei. Uebrigens haben sich ja fast in allen Ländern ähnliche Sagen ausgebildet, ohne daß man eine Uebertragung nachweisen könnte. So z. B. auch in Böhmen, wo man sagt, daß der böhmische Löwe in einer Höhle an dem schroffen Felsufer der Moldau schlafend liege, und in bedrängten Zeiten heraustrete und durch sein Gebrüll des Vaterlandes Helden erwecke und zum Streit aufrufe. Es ist merkwürdig, daß die meisten dieser Sagen des Vaterlandes Beschüßer und Hüther nicht vom Himmel herabsteigen, sondern ihn in dem Boden unterirdisch schlafen lassen. Es geschieht dieß wohl um der Liebe und um des Vertrauens zu dem einheimischen Boden und um seiner Kraft willen, von der man die Erstehung neuer kräftiger Landeskinder erwarte. Auch im Herzogthum Schleswig sist der Volkssage nach ein alter Held unter dem Boden eines Berges, der von da im Fall der Noth rettend erstehen wird. Holger Danske übrigens ist der dänische Roland. Er soll der Sohn des jütischen Königs Göttrik gewesen und von diesem an Karl den Großen geschickt seyn, dem er dann in den Kriegen gegen die Sarazenen in Spanien diente. Später zog er auch mit dem Kaiser in's indische Fabelland, wo er eine Frucht speiste, die seine Glieder unverwundbar und unvergänglich, wie die des Achilles, machte. Seine Geschichte und Thaten sind in einem berühm in Dänemark viel gelesenen Werke beschrieben, in Holger Danskes Krönike (Chronik). Auch sind der Sagen von ihm in verschiedenen Theilen Dänemarks mehrere. In Jütland zeigt man seinen Hoi (Grabhügel), in welchem auch sein großes Schwert bewahrt liegt. In den unterirdischen Gängen von Kronborg soll man zuweilen Waffengeklirr vernehmen. Ein Mensch wagte es einmal diesem Tone zu folgen und in die Tiefe zu Holger Danske hinabzusteigen. Er fand ihn mit seinen Gesellen, und wurde von ihm mit den Worten bewillkommt: "Reich mir deine Hand." Der Mensch reichte ihm statt der Hand eine Eisenstange, die Holger so stark packte, daß man seine Finger darauf abgedrückt sah. Er glaubte aber, er habe die Hand des Menschen, und da er ihn keine Schmerzenszeichen von sich geben sah, so ließ er ihn endlich fahren und sagte: „Nun, das freut mich, daß es doch noch Männer in Dänemark gibt.» Es ist interessant, mit diesen Sagen von Holger Danske die noch jest in Norddeutschland coursirenden Sagen von Roland zu vergleichen. Bekanntlich sehen mehrere Städte Norddeutschland ihn als den Beschüßer ihrer Freiheit an, und haben seine Riesenstatue sogar auf ihren Marktpläßen aufgestellt. In Bremen, wo dieß z. B. der Fall ist, läuft die Sage unter den Leuten herum, daß, wenn diese Statue umfiele, es mit der Freiheit der Stadt zu Ende sei, daß es aber noch eine andere solche Rolandssäule unter der Erde gäbe und gleich an die Stelle der umgestürzten geseßt werden könnte, um die Freiheit zu retten. Sollte diese Stadt wirklich einmal ihre Freiheit verlieren, so wird es dann nur noch einen schlafenden Roland unter dem Boden geben, auf dessen Wiedererwachen man lange hoffen wird, bis dann allmälich auch diese Hoffnung mit sammt der Sage einschlummert. Das Innere des Schlosses bietet des Interessanten Vieles; zuerst die Zimmer, in denen die unglückliche Königin Karoline Mathilde nach dem Ausbruch der sie und Struensee stürzenden Conspiration gefangen saß, ehe man sie hier einschiffte und nach Deutschland brachte. Obwohl König Friedrich II. das Schloß bauen ließ, so rührt doch die ganze innere Einrichtung wieder von dem großen königlichen Baumeister Christian IV., des Ersteren Sohn, her, der Mehreres vollendete, was der Vater begann. Die alten Thürme, die von einem Zimmer zum andern führen, find auffallend niedrig, nämlich nur zwei und siebenzig dänische Zoll hoch. Da nun die Historie berichtet, daß Christian IV. vier und siebenzig Zoll hoch war, so hat man nun das sonderbare Faktum gefunden, daß der König, der hier öfter residirte, wenn er durch seine Zimmer schritt, sich immer zwei Zoll tief bücken mußte, um durch seine eigenen Thüren zu kommen. Die Zimmer dienen jest zu verschiedenen Zwecken, zur Wohnung der Commandanten und anderer Offiziere und Beamten, als Kasernen, Magazine, Arsenale. Der Rittersaal des Schlosses erscheint jest von außen geschmückter, als von innen. Es stehen auswärts große steinerne Statuen darum her. Von inneren Räumen im Schlosse ist der interessanteste die Schloßkapelle. Der jest herrschende König, unter dem so viele werthvolle Kunstwerke wieder hergestellt sind, hat jene Kostbarkeiten wieder hervorziehen, und die Kirche auf's geschmackvollste ganz so herstellen lassen, wie sie ehemals war. Am Altare findet man wieder eines von jenen dänischen Kunstprodukten, welche Thorwaldsen lobte, und welche auch freilich wohl das Auge anderer Beschauer als trefflich erkennt. Es ist die Kreuzigungsscene, en miniature in Alabaster ausgeführt, wie der Herr sich zu dem reuigen Verbrecher wendet und ihm das Paradies verheißt. Die Schmerzensgesichter der beiden Dulder sind nahe zu einander gewandt, und man verspürt etwas von dem Troste, den Beiden diese wunderbare, in der leßten Stunde entstandene Freundschaft gewähren mußte. Christus ist wie gewöhnlich an ein regelmäßig gezimmertes und gehobeltes Kreuz genagelt; die beiden Verbrecher aber an robe, unbearbeitete Baum stämme, an denen man die Stumpfe einiger Aeste stehen ließ. Ihre Beine sind an diese krummen Aeste in sehr unbequemen Stellun= gen befestigt. Diese Darstellung hat etwas ungewöhnliches. Die Kirche ist durchweg mit sehr hübschem und geschmackvollem Holzschnigwerk geziert. An den Wänden über den Kirchstühlen laufen eine Reihe von Bibelsprüchen um großen goldenen Buchstaben in der ganzen Kirche herum. Die Inschrift läuft in alle Winkel der Kirche hinein und kommt sogar in die Pfosten der Eingangsthüre herum, und endigt endlich zu beiden Seiten der Thüre. Diese Inschrift war auch zerstört, und ist erst jezt vor zwei Jahren wieder hergestellt. Sie ist in deutscher Sprache, wie viele von den Inschriften, die von den alten dänischen Königen herrühren. Art. VII. Ulrich, Herzog zu Württemberg. Ein Beitrag zur Geschichte Württembergs und des deutschen Reichs im Zeitalter der Reformation; v. Dr. Ludw. Friedr. Heyd u. s. w. Dritter Band, vollendet und herausgegeben von Dr. Karl Pfaff u. s. w. Tü, bingen, bei L. F. Fues, 1844. (Schluß aus dem 116. Bande.) Die Die Geschicke des deutschen Reiches gingen in den beiden Jahren 1546 und 1547 einer wichtigen Entscheidung entgegen, und die öffentlichen Verhältnisse erfuhren in dieser kurzen Zeit eis nen Umschwung, der nicht wechselvoller hätte seyn können. Wer den Ursachen der Erscheinungen nachforscht, findet hier ein reiches Feld zum Nachdenken, er muß seine Aufmerksamkeit vervielfälti= gen, um keinen Faden des verschlungenen Gewebes aus dem Auge zu verlieren. Er ist um Quellenschriften nicht verlegen, eine reichhaltige Literatur steht ihm zu Gebote; allein er muß sie unbefangenen Sinnes und mit großer Vorsicht brauchen, weil sie nicht selten eine auffallende Parteifärbung verrathen, von Haß und Leidenschaft nicht frei sind, und in dem Ausgange ein Gottesurtheil sehen wollen, das den Unterliegenden zugleich die ganze Last des Unrechts und treuloser Pflichtverleßung aufbürdet. Krieg war jest die Losung geworden, Krieg das einzige Mittel zur Ausgleichung so entgegengesetter Bestrebungen. Aber es war kein heiliger, kein Religionskrieg. Religiöse Interessen standen zwar im Vordergrunde; die eigentlich bewegende Kraft war politischer Natur. Es galt eine wichtige, man könnte sagen eine Lebensfrage, die ihre Lösung durch das Schwert erhalten sollte, die Frage über Fürstenhoheit oder Reichseinheit; nicht der Sieg bei Mühlberg, sondern die Flucht des Kaisers nach Villach war die Antwort darauf. Im Gefühle seines materiellen Uebergewichtes gab der Bund den Lockungen der günstigen Gelegenheit nach, und glaubte ein Gebot der Klugheit zu erfüllen, wenn er der erste das Schwert ziehe, noch bevor der Kaiser seine gesammten Streitkräfte an sich gezogen hätte. Allein eben hiedurch trat er aus seiner ursprünglichen Bestimmung, die ihn auf Vertheidigung und Abwehr beschränkte, heraus, und wagte sich auf einen kühnen Weg, den er entweder gar nicht betreten, oder, wenn er einmal betreten war, mit fester Entschlossenheit hätte verfolgen sollen. Statt dessen verfiel er einer Halbheit, die von vornherein wenig Gutes erwarten ließ; er wollte das Wagniß und scheute sich vor den Folgen desselben; bald machten sich Sonderinteressen der Bundesmitglieder geltend und überwogen die der Gesammtheit. Die Bundesfürsten gaben vor, nichts anders zu wollen, als den drohenden Absichten des Kaisers für die Freiheit ihres religiösen Bekenntnisses entgegen zu treten. Es läßt sich aber wohl auch die Frage stellen, wohin ihre Pläne gegangen wären, wenn ihnen das Kriegsglück den Sieg zugewendet hätte. Würden sie mit der Freiheit des Cultus sich zufrieden gegeben, oder würden sie ihren Sieg nicht auf das Vollkommenste ausgebeutet haben? Finden sich nicht unzweifelhafte Andeutungen, daß sie dem Kaiser Macht und Krone entrissen, und nach eigener Wahl und zum Frommen ihrer Partei darüber verfügt haben würden? Im Falle einer Niederlage hätte also der Kaiser seine Krone entweder völlig verloren gesehen, oder er hätte sie zu Bedingungen nehmen müssen, gegen welche sie zu behalten empfindlicher gewesen wäre, als sie zu verlieren. Seinerseits fühlte er die Nothwendigkeit, sein reichsherrliches Ansehen zu kräftigen, zu befestigen und die ungeseßlichen. Uebergriffe einzelner Reichsfürsten in ihre gehörigen Schranken zurückzuweisen. Daß es dabei auf Beschränkung des protestantischen Uebergewichtes abgesehen war, ist nicht zu läugnen; allein man geht zu weit, wenn man glaubt, daß neben der religiösen und staatlichen Einheit, wie er sie faßte und praktisch durchführen wollte, ein richtiges Ausmaß religiöser und bürgerlicher Freiheit nicht statthaft gewesen wäre. Eben so wenig wollen wir in Abrede stellen, daß er vor offenbaren Verlegungen der Reichscapitulation Scheu getragen habe; nur müssen wir hier in Erinne rung bringen, daß der erste Bruch der Reichssagungen nicht von ihm ausgegangen war, und seine beiden mächtigsten Feinde in Bezug auf die gegen sie verhängte Reichsacht sich wohl nicht füg= lich beschweren konnten, wenn sie nach dem Kriegsrechte behandelt wurden, unter welches sie sich selbst gestellt hatten. Auch Württemberg wurde in die verhängnißvollen. Folgen des Kampfes hineingezogen und mußte eine lange Reihe neuer Drangsale über sich ergehen lassen. Der Herzog sah sich dem Bunde verpflichtet und durch die Gleichheit der Interessen berührt. Er betheiligte sich um so entschlossener am Kampfe, da sein besonderes Verhältniß zu Oesterreich ihn mit manchen Besorgnissen erfüllte. Nach dem kläglichen Ausgange des Feldzuges traf ihn die ganze Last der feindlichen Occupation, und er war genöthigt, von seinen Bundesgenossen im Stiche gelassen, für sich bei dem Kaiser Gnade zu suchen, und konnte sich Glück wünschen, daß er sie ohne größere Opfer erlangte. Die Schilderung des Schmalkaldischen Krieges in seinem ganz zen Umfange konnte natürlich nicht in der Aufgabe des Hrn. Verf. liegen, und sein Gesichtskreis beschränkte sich, wie billig, auf dessen Schauplaß an der Donau allein, weil sich auch Ulrichs Theilnahme an demselben nicht weiter erstreckte. Seine Nachrichten beruhen auf gleichzeitigen Quellenschriften, und sind großentheils, was Württemberg anbelangt, dem königlichen Staatsarchive entnommen, das über jene Zeit ein reichhaltiges, bis jest noch nicht genug benügtes Materiale bewahrt, und dem Geschichtsforscher zur Beleuchtung des thatsächlichen Zusammenhanges trefflich zu Statten kommt. Ulrich, durch fortwährende körperliche Leiden am persönlichen Erscheinen gehindert, unterhielt mit dem Bundesrathe einen desto lebhafteren schriftlichen Verkehr, und diesem Umstande verdanken wir eine Reihe werthvoller Documente, die sowohl über Personen als auch über einzelne Thatsachen ein wichtiges Licht verbreiten, wenn man auch nicht in Abrede stellen kann, daß sie unter der Einwirkung des augenblicklichen Eindruckes niedergeschrieben sind und nicht selten die Spuren einer gereizten Gemüthsstimmung an sich tragen. Durch ihre umsichtige Benütung hat der Herr Verf. manches Dunkel aufgeklärt, manche Zweifel beseitigt, manchen neuen Gesichtspunkt gewonnen, und der vaterländischen Geschichtskunde einen wesentlichen und dankenswerthen Dienst erwiesen. Die Pläne für die ersten angriffsweisen Kriegsoperationen waren von Schertlin und Schankwit ohne Zweifel gut und richtig angelegt. Durch Ueberrumpelung seiner Musterpläße und durch Besehung der Tyrol'schen Alpenpässe würden sie den Kaiser in große Verlegenheit gesezt, und durch die Raschheit ihrer Angriffe zu einer Zeit, wo jener mit seinen Rüstungen noch lange nicht zu Ende gekommen war, der Partei, der sie dienten, entschiedenste Uebermacht errungen haben. Zum Glücke für den Kaiser theilte der zu Ulm versammelte Bundesrath die Kühnheit der Kriegsobersten nicht; im Zaudern einer langsamen Ueberlegung ging die günstigste Gelegenheit zum Handeln unbenügt vorüber, |