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geführt hatte. Die Umgestaltung in Speise, Getränk und Lagerstätte lag ihm so sehr am Herzen, daß er jene Verwünschung in den heiligen Büchern im Jupitertempel zu Theben niederschreiben ließ, oder wie Plutarch sagt, in eine Säule einzugraben befahl.

Bedenken wir nun, wie das merikanische Reich in Verfall gerieth, nachdem Montezuma II. jenen unsinnigen Lurus eingeführt hatte, welcher die Kräfte und den Wohlstand der Nation erschöpfte, so erkennen wir in Bokchoris einen der größten Wohlthäter seines Volkes und einen der weisesten Fürsten.

Dennoch aber war der König von ganz besonderem Glanze umgeben, wie aus den Denkmalen nachgewiesen wird. Die Königswürde war erblich vom Vater auf den Sohn, indessen kommen auch weibliche Herrscher in den Königreihen vor; eine Pries stersage meldet indessen, daß in alter Zeit der Thron nicht erblich gewesen, sondern denen eingeräumt worden sei, welche sich am meisten um das Volk verdient gemacht hätten, und Plutarch hat eine weitere Nachricht, der zufolge die Könige entweder aus dem Soldaten oder aus dem Priesterstande gewählt wurden, indem jener wegen der Tapferkeit, dieser wegen der Weisheit besonders Ansehen und Würde hatte. Der aus den Soldaten gewählte Kö= nig wurde dann sogleich unter die Priester aufgenommen, und in derjenigen Weisheit unterrichtet, die fast in lauter dunkle Fabeln und Erzählungen eingehüllt ist, welche nur einen schwachen Schimmer der Wahrheit von sich geben.

Im nächsten Bande haben wir China und Ost-Asien zu erwarten, und dürfen vielleicht in Jahresfrist als Vorläufer eines systematischen Werkes über die vergleichende Sittenkunde, kulturhistorischen Briefen entgegen sehen, worin der gelehrte Verfasser dem größeren Publikum seine Ansichten über eine eigenthümliche Auffassung des allgemeinen historischen Elements darlegen wird.

Art. X. Entwurf einer praktischen Schauspielerschule von August Lewald. Wien, Druck und Verlag von Z. B. Wallis haufser, 1846. 296 S. 8.

3u Hu den in der neueren Zeit oft bejahend, oft verneinend beantworteten Fragen gehört auch die, ob eine sogenannte Schauspielerschule wünschenswerth und möglich sei? ob überhaupt die Einrichtung von derlei Schulen der Entwicklung des Talentes eines Schauspielers förderlich sei oder nicht, und auf seine Kunstleistungen Einfluß habe?

Der Verfasser ist unbedingt dieser Meinung, und wir müssen, bevor wir zur detaillirten Prüfung seiner Erkenntnisse schreiten, zuerst den Standpunkt angeben, von dem er ausgeht. Die

schwere Kunst der Menschendarstellung bedingt so mannigfache Ausbildung vorhandener Gaben und erfordert von dem, der sich ihr mit Erfolg widmen will, so große und ernste Studien, daß schon oft der Versuch gemacht wurde, diese nach bestimmten Gesehen zu regeln. Wir besigen sehr schäßbare Arbeiten in diesem Felde, die wir hier nicht aufzuzählen brauchen, weil sie von Allen gekannt sind, die sich der Bühne zuwenden. Troß dieser Bemühungen wurde jedoch die Schauspielkunst ziemlich regellos und willkürlich betrieben; es war nach allen Beziehungen eine freie Kunst, und der Wunsch, ihrer Ausübung feste Schranken zu ziehen und den Zutritt zu ihr von einer hinreichenden Bildung abhängig zu machen, gewann von Zeit zu Zeit immer frischen Ausdruck.

Nicht zu läugnen ist es, daß wir eine Zeit hinter uns haben, die in der dramatischen Kunst herrliche Blüthen entfalten und zu Früchten reifen ließ. Schon im Anfange begegnen wir den gefeiertsten Namen, Namen, welche noch jest mit Achtung genannt werden und einst die Bewunderung ihrer Zeitgenossen erregten. Echof, Reineke, Schröder, die großen darstellenden Künstler, bestehen in den Aufzeichnungen ihrer Mitlebenden fort als Sterne erster Größe. Zu gleicher Zeit wirkte Lessing als gelehrter Forscher und Geschmacksreiniger wie als Dichter gleich bedeutungsvoll, und gab unserer Bühne Charakter und Richtung. Ihm folgten die Genien Schiller's und Goethe's, und hoben die Kunst auf eine Stufe, die bis jezt noch nicht übertroffen ist. Die großen Schauspieler gediehen durch Lehre und Beispiel, und sahen sich von der Nation geehrt. Iffland, Ludwig Devrient, Sophie Schröder, Eßlair und viele Andere, dann die Schule, die sich unter den Augen der ersten Dichter der Nation und unter der besonderen Leitung Goethe's in Weimar entfaltete, schritten über jene Breter, welche die Welt bedeuten, und ihr Gedächtniß ist der Gegenwart, die sich ihrer zum Theil noch erfreute, noch nicht entschwunden. Mitten unter dem Drucke der Fremdherrschaft fand die Kunst diese Pflege; sie war den Vaterlandsfreunden nur werther geworden; man fühlte in ihr, gleich wie in der gemeinsamen Sprache, den mächtigen Hebel ihrer Schöpfungen, das heilige Band, welches sich um die ganze Nation schlang, und von keinem fremden Machthaber zerrissen werden konnte.

In neuester Zeit hat sich eine andere Meinung geltend gemacht. Das Streben nach nationaler Einheit hat sich zuvörderst in andern Bereichen als denen der Kunst kund zu geben angefan= gen. Der Kunst wurde jene Liebe entzogen, die sie in den Augen der Menge mit Würde bekleidet; man sah in ihr eine leichtfertige

Dienerin der zerstreuenden Unterhaltung nach den Geschäften des Tages. Die Zeit war ernster geworden, hörte man, und wegwerfend urtheilte man über Diejenigen, welche noch vor Kurzem mit wichtiger Miene über Bühnenleistungen zu Gerichte saßen.

Diesen Stand der Dinge hatten nun die Schauspieler selbst zum großen Theil verschuldet, indem sie den Anforderungen der Zeit nicht Gehör gaben, oder sich vielmehr außer allen Beziehungen zur Zeit stellten. Nicht etwa, daß sie in stiller Beschaulichkeit sich in die Poesie ihrer Kunst versenkt hätten und köstliche Gebilde in das Leben riefen, welche in ihrer Naivetät und schlichten Einfalt von der Zeit nicht begriffen worden wären, die sich nur mit materiellen Interessen abzugeben begann; sondern sie blieben in der weit fortgeschrittenen Bildung zurück; sie bekümmerten sich nicht um die Bewegungen, die sich überall im Leben kund gaben; sie folgten nicht den Erscheinungen der Literatur und mißachteten jedes ernstere Streben. Dafür aber hielten sie alte überkommene Handwerksgebräuche aufrecht, feindeten sich unter einander an, hielten sich selbst für unantastbare Häupter, die jede vermeinte Unbill mit den unedelsten Waffen von sich abwenden zu müssen glaubten, und standen so dem besseren Theile der Gesellschaft, von dem sie allein Nahrung für ihr Bestehen ziehen konnten, in jeder Hinsicht sehr fern.

Das Theater war Jedem offen, der es betreten wollte. Die übrigens sehr richtige Annahme, daß die Kunst sich nicht erlernen lasse, fand eine zu ausgedehnte Anwendung. Man interpretirte, daß man keine Gelehrten bei den Bühnen brauche, und folgerte, daß der Schauspieler ein großer, berühmter Mann werden könne, ohne etwas gelernt zu haben. Man berief sich auf Beispiele, die man unter den obwaltenden Umständen und bei den jeweiligen Begriffen von dem Wesen der Schauspielkunst leicht zur Hand hatte. Die Bühne rekrutirte sich aus den ungebildetften Ständen, daher wurden denn die alten Meisterwerke bei Seite geschoben, weil das Publikum sie lieber lesen mochte, als sie von den rohen und ungenügenden Kräften sich vorgeführt zu sehen, und das Losungswort: die Classicität sei langweilig, kam auf und wurde allgemein, da diese Künstler ihren Vortheil dabei fanden, sich mit den schweren Aufgaben der Poesie nicht vergeblich abzumühen.

Die Sucht nach Neuem wurde stets lebendiger; sie konnte befriedigt werden, auch bei stetem Wachsen, denn das unbedeutende Neue ward leicht herbeigeschafft. Langte die einheimische Produktion nicht zu, so konnte Rath aus der Fremde geholt werden. Die fruchtbaren Vaudevillendichter der Franzosen lieferten Stoff; das englische, ja selbst das spanische und italienische Theater mußten herhalten. Neues herbei! Neues um jeden Preis!

Man fing an, das Theater wie eine Leihbibliothek zu betrachten, wo Gutes und Schlechtes, Original und Ueberseßung angeschafft wird, weil das Publikum die Lectüre bloß noch verschlingt, aber nicht mehr verdaut. Der dramatische Magen war längst so verdorben, daß er aus der gehörigen Verarbeitung keine guten Säfte mehr dem ganzen Menschen bereiten konnte.

Aus diesem Verhältnisse erwuchs für die Kunst der Darstellung kein Vortheil. Die Schauspieler dienten nur der Neugier und Unterhaltung; sie hatten keine Aufgabe mehr zu lösen, die den Menschen, den Künstler ganz erfüllte. Sie wurden fertig mit den Rollen, das war Alles was gefordert wurde. Von einer Durchdringung, von einem Aufgehen des Künstlers in dem Kunstwerke war keine Rede mehr. Das Ciseliren, die Kunst der feinen Darstellung war dahin geschwunden; überall nur roher Guß mit seinen Nähten und Ecken. Was heute geschaffen, wurde nach einigen Tagen in den Winkel geworfen, wie die Dekorationen, die bei dem Ephemeren gedient hatten. Der Schauspieler konnte nicht mehr sagen, daß er mit einer neuen Rolle sein Repertorium bereichert habe. Alle Mühe war verschwendet und er blieb ein armer Mann.

Der Zustand dauerte fort in seiner Troftlosigkeit, als neue, jugendliche Kräfte sich in der Literatur zu regen begannen. Der Gedanke an die Wichtigkeit eines Nationaltheaters erwachte wieder, allein man sah keinen Ausweg, um ihn zu verwirklichen. Den Leitern der Bühnen, den Intendanten und Regisseuren, so wie den meisten Künstlern war es unbequem, sich in Wagnisse einzulassen. Das Publikum hatte das Vertrauen verloren. Alle Mahnungen wurden überhört und die jungen Dichter schufen Plane über Plane, um sich die Bühne zu erobern, die ihnen Schranken und Schlagbäume nach allen Seiten hin entgegenstreckte.

Jhre Beharrlichkeit und Ausdauer im Kampfe mit den widerstrebenden Verhältnissen verdient Bewunderung zum Theil, zum Theil Anerkennung. Obgleich kein großes, wahrhaft siegreiches Talent sich bis jest in der neuern dramatischen Poesie hervorgethan hat, so ist doch Einigen der Strebenden Vieles gelungen, dem mit Recht die allgemeine Aufmerksamkeit sich zuwandte, welches ferneren Versuchen den Weg zur Oeffentlichkeit erleichtert.

Mit diesen Bestrebungen entstand jedoch zu gleicher Zeit das Verlangen nach tüchtigen Darstellern; die banale, öde Weise hatte für die Geistlosigkeiten der jüngsten Vergangenheit eben gerade noch ausgereicht, jest sah man die Unzulänglichkeit ein. Man sprach von Verfall; die Anmaßenden riefen: wir müssen eine neue Kunst haben. Sie wußten nicht, daß sie damit nur die alte mein

ten, jene alte, treue Kunst, die aus der Tiefe der Seele die Thränen entlockt, die mit Tönen erschüttert und erhebt, die uns den Menschen zeigt im ähnlichsten Bilde. Wo war sie hingerathen? Woher sie beschwören? Es sollten Schulen errichtet wer den, hieß es weiter. Es war die Zeit der Versuche, und man ließ es auch versuchsweise an Schulen nicht fehlen. Sie lieferten kein bedeutendes Ergebniß, man gab es auf, durch Schulen Schauspieler zu bilden.

Da wollte sich die Philosophie der armen herabgekommenen Kunst annehmen; „die Thätigkeit des Schauspielers sollte aus dem Bereich des instinktlichen Verhaltens, der vereinzelten Bemerkungen und der zerstreuten Beobachtungen in den Gedanken erhoben und als ein organisches Ganzes begriffen werden.» Der Philosoph dachte daran, selbst zu glänzen; daß aber seine Entwickelungen der eigentlichen Schauspielkunst aufhelfen, daß wir durch sie uns eines bessern Theaters erfreuen würden, kann ihm nur seine Eitelkeit eingegeben haben. Wäre anzunehmen, daß auf diesem Wege sich die Schauspieler bilden wollten, so zählten wir bloß unleidliche Menschen unter den Schauspielern, die außerhalb der Bühne mit ihrem vermeinten Wissen prunkten, deßhalb aber nicht im Geringsten besser spielten, als ihre gänzlich unwissenden Brüder. Ihr Ueberheben diesen gegenüber, ihr sich fühlen und in die Brust werfen zerklüftete das Theaterwesen immer weiter, und brachte in Sachen der Kunst kein Gedeihen.

Die Schauspielkunst läßt sich nicht lernen; die Befähigung dazu muß angeboren seyn. Der große Schauspieler ist aus keiner Schule hervorgegangen. Allein es gibt dennoch einen Weg, den Derjenige, welcher sich der Schauspielkunst widmet, erwählen soll, um die in ihm liegende Befähigung zur Kunsthöhe heranzubilden. Nicht der Schauspieler kann erlernt werden, aber das, was der Schauspieler mehr als jeder Andere zu wissen braucht. Es ist dieß ein Wissen, das ihm praktisch dienen kann, das ihm stets zur Hand ist, wenn er es braucht, ohne mit Auseinanderseßungen und Begriffsentwickelungen zu behelligen, vor denen die gro ßen Schauspieler aller Zeiten als Ignoranten dastehen würden, obgleich sie doch große Schauspieler waren.

In diesem Sinne entstand diese Anleitung. Der Verfasser nennt sie einen Entwurf zu einer praktischen Schauspielerschule, und will nicht sie für mehr gehalten haben. Die Schauspielerschule, sagt er selbst, würde Disciplinen umfassen, die eine Reihe von Bänden füllten; wir mußten uns auf eine bestimmte Bogenzahl, und daher nur auf den Entwurf beschränken. Jedem bleibt es überlassen, nach unserer Anleitung die bezeichneten Studien durchzumachen.

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