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Katastrophe vom Jahre 995 konnte die Alleinherrschaft der Přemysliden als begründet angesehen werden. Erst von jetzt ab konnten diese nach Osten hin weiter ausgreifen, wobei sie jedoch zunächst durch die aufstrebende Macht Polens gehindert wurden. Am polnischen Hofe weilte Soběbor der Bruder Adalberts und der bei der Libitzer Katastrophe gefallenen Slavnikinger, in Polen selbst war seit dem 25. Mai des Jahres 992 Boleslaw Chabry zur Herrschaft gelangt und noch in demselben Jahre, in welchem angeblich der Polenherzog die Stadt Krakau den Böhmen entriss, wird von ihm daselbst ein Bisthum gegründet 1), was sonst bekanntlich eine Sache längerer Vorbereitung ist.

Für die Herrschaft Böhmens über Krakau haben wir als einzige Quelle den Cosmas bezeichnet2); seine Nachricht ist aber keineswegs so über allem Zweifel erhaben, dass das Factum der Eroberung Krakaus durch Boleslaw fest begründet wäre. Sehen wir davon ab, dass die historischen Notizen des Cosmas über Boleslaw II überhaupt nicht viel werth sind, so gelangen wir zu der Beantwortung der zweiten Frage, woher Cosmas die Nachricht von der Eroberung Krakaus genommen. Von vornherein sei gesagt: sie stammt aus einer zweifellosen Fälschung. Zum Glück verschweigt er seine Quelle nicht. Im Gegentheil, er sagt: dieser ruhmreichste Herzog Boleslaw II, dessen Tod in Wahrheit auch heute noch nicht genugsam beweint werden kann, dessen Angedenken gesegnet sei, wie weit er durch das Schwert die Grenzen seines Herzogthums erweitert hat, das bezeugt die Autorität des Papstes in einem Privileg derselben Prager Kirche3).

Es existirte also zunächst wenigstens eine Urkunde die für die Prager Kirche ausgestellt war, vom Papste stammte und in der die Grenzen des Machtbereiches des böhmischen Herzogthums angegeben

waren.

Es war, wie Cosmas an anderer Stelle sagt, ein Privileg vom h. Adalbert, confirmirt vom Papste1). Es lag jedoch dasselbe, Privileg “ noch ein zweites Mal vor mit der Bestätigung des Kaisers, denn dass beide Schriftstücke mit Ausnahme des letzten Umstandes identisch waren, sagt Cosmas ziemlich deutlich und wenn er das, was er an der oben angeführten Stelle über die Erweiterung Böhmens sagt, aus dem der päpstlichen Kanzlei angehörigen Stücke entnommen hat, so kommen die bezeichnendsten Worte (usque ad montes, qui sunt ultra Krakau nomine Triti) auch in dem aus der kaiserlichen Kanzlei stammenden Schriftstücke vor5). Man kann sagen: diese beiden Schrift

1) Roepell, Gesch. von Polen 1, 639.

2) Ich übergehe natürlich spätere, die wie Marignola u. a. aus Cosmas geschöpft haben. 3) Chr. Boem. I. 4) Siehe unten S. 25, Note 1.

5) Cum Cracova civitate usque ad montes, quibus nomen est Triti.

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stücke sind uns erhalten, denn nicht bloss ihr wesentlicher Inhalt, sondern vielleicht auch einige Formeln sind in die Urkunde aufgenommen, welche Kaiser Heinrich IV am 29. April 1086 in Mainz zu Gunsten des Prager Bisthums ausgestellt hat1). Der wesentliche Inhalt der ersteren beiden Urkunden findet sich ganz sicher in der letzteren wieder, denn Cosmas unterlässt es nicht, diesen Umstand speziell hervorzuheben (novum antiquo fere eiusdem tenoris addit privilegium). Betrachten wir die Urkunde vom 29. April 1086 etwas näher und zwar zunächst die Umstände, unter denen sie ausgestellt wurde. Im Jahre 1067 am 9. Dezember war der Bischof Severus aus dem Leben geschieden, sein Nachfolger der böhmische Prinz Jaromir erlangte erst nach längerem Widerstreben seines Bruders Wratislaw II den bischöflichen Stuhl von Prag und erhielt aus den Händen des Kaisers Heinrich IV am 30. Juni 1068 in Mainz die Investitur. Dem neuen Bischofe er nannte sich fortan Gebhard war das von seinem Vater im Jahre 1063 errichtete Bisthum in Mähren ein Dorn im Auge'), denn er sah in diesem eben so sehr eine Beschränkung seiner Gewalt als eine Verkürzung seiner Einkünfte; es kam zu langwierigen Streitigkeiten, der Bischof Gebhard wandte sich wiederholt mit seinen Klagen3) an den Kaiser. Gebhard stand bekanntlich während des grossen Kampfes zwischen Staatsgewalt und Papstthum auf Seiten Heinrichs IV, der ihn im Jahre 1077 zum Reichskanzler erhob. Eine Folge dieser Anhänglichkeit war es, dass noch ehe der Olmützer Bischof Johann gestorben war, der Gedanke Geltung erhielt, das Olmützer Bisthum mit dem Prager zu vereinigen. Das geschah nun in der That auf der grossen Synode in Mainz im Jahre 1086, derselben, auf welcher dem Herzoge Wratislaw vom Kaiser die Königskrone zu Theil geworden ist. Damals legte Gebhard seine , alten Klagen", die ex wider Olmütz hatte dem Kaiser vor. Wiewohl Johann von Olmütz, sagt Cosmas, erst in diesem Jahre das zeitliche gesegnet hatte, so sorgte Gebhard doch sofort aus allen Kräften für die Zukunft und bemühte sich durch seine Freunde bei dem Kaisser, dass an die Stelle Johanns

1) Cosmas hat sie zu dem betreffenden Jahre mitgetheilt, sie findet sich in allen Cosmasausgaben und auch sep. gedruckt s. in Erbens Reg. Boh. Bielowski, Mon. Pol. u. a. am besten in Stumpfs Acta imperii p. 79. Die Ausgaben s. Stumpf, Reichskanzler nr. 2882.

2) Bezeichnend ist Cosm. a. a. 1073: postquam praesul Gebehardus vidit, quod labor suus cessit in cassum, quia nec precibus nec per amicos flectere quivit fratrem suum Wratislaum, ut suum reciperet concambium, et Joannem eliminaret episcopum atque iterum iterumque coadunaret episcopium. . inquit. . faciam quod queo et teste deo aut utrumque coadunabo aut utroque carebo episcopio. 3) Cosmas spricht zum Jahre 1086 von den antiquae querimoniae.

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kein anderer Bischof gesetzt werde. Er entfaltete zu dem Ende in aller Gegenwart ein Privileg des h. Adalbert, bestätigt sowohl von dem Papste Benedict als von dem Kaiser Otto dem Ersten'). Den Bitten des Herzogs Wratislaw, dem Rathe des Mainzer Erzbischofs und anderer gerechtigkeitsliebender Männer zustimmend fügte der Kaiser dem alten ein neues, nahezu gleichlautendes Privileg hinzu, das er mit seinem Sigill bestätigte, was Cosmas, wie er ausdrücklich bemerkt, mit eigenen Augen gesehen hat2). In dem Privileg werden nun die Grenzen des Prager Bisthums, wie sie angeblich in den Zeiten Boleslaws gewesen, genau angegeben. Es heisst daselbst: Als Gebhard seine Klage vorgebracht hatte, ist jene alte Kirche die Olmützer nämlich mit dem ganzen Umfang ihrer Grenzen dem Prager Sitze zugesprochen worden. Die Grenzen gegen Westen sind: Tugost (das Fichtelgebirge) bis zur mittleren Eger, Zelza (Pilsen (?), die Elbogner, Saatzer, Tetschner Gegend, Leitmeritz, Zittau (?) bis zum Kamm des Gebirges, der Böhmens Grenze bildet, nach Norden hin Psowo, die beiden Chrovatien, Schlesien bis zum Zobtenberg, die Lausitz, die Bobergegend bis zur Oder und zu den Grenzen des Milznerlandes. Im Osten bilden die

Grenze die Flüsse Bug und Ztir mit der Stadt Krakau und der Proviuz, welche Vag heisst, und alle zur Stadt Krakau gehörigen Gebiete, gegen Ungarn hin das Tatragebirge, nach Süden mit Einschluss Mährens3) die Waag und der Wald Moure (Matra) bis an die Grenzen Baierns. Dass man an den Stry nicht denken darf, hat schon Bielowski erwiesen1), immerhin würde ein gutes Stück des heutigen Galizien zu Böhmen gehört haben5).

Die Urkunde vom Jahre 1086 ist auf Grundlage jener des h. Adalbert angefertigt worden. Es kann heute keinem Zweifel unterliegen, dass die Vorlage eine Fälschung gewesen ist und es lässt sich dies, wiewohl diese selbst nicht mehr erhalten ist, doch aus der Urkunde von 1086 noch deutlich erkennen, weil sie eben mit jener, wie Cosmas sagt, fast wörtlich übereinstimmt 6). Ganz ungehörig wird die Per

1) Qui quamvis eodem anno iam ab hoc seculo migrarat, tamen valde praecavens in futurum praedictus praesul et agens per amicos pulsat aures caesaris, ne iterum in eodem loco alius subrogetur episcopus. Replicat coram omnibus privilegium olim a s. Adalberto episcopo suo antecessore confirmatum tam a papa Benedicto quam a primo Ottone imperatore.

2) Quod ego vidi ipsum caesarem suis manibus annotantem in privilegio Pragensis episcopatus.

3) Zeissberg, Miseco von Polen, Archiv f. öst. Gesch. 88, 80. Die topographischen Bestimmungen nach der Ausgabe des Cosmas in M. G. SS. 9, 91.

4) Mon. Pol. 1, 147. 5) Zeissberg a. a. O. 56.

6) Von Seite böhmischer Historiker hat man, soweit ich sehe, immer ge

sönlichkeit des h. Adalbert hereingezogen, der in der Zeit der Gründung des Prager Bisthums noch in Magdeburg in die Schule gegangen ist, er kann gar nicht in einer Linie mit Otto dem Grossen und dem Papste Benedict VI genannt werden. Wenn man versucht hat, die Sache dadurch zu retten, dass man sagte, Adalbert habe die Bestätigungsurkunde des Papstes Benedict VI und Otto des Grossen vidimirt1), so heisst es die Erzählung des Cosmas, der die fragliche Urkunde selbst gesehen und gelesen hat, geradezu auf den Kopf stellen, denn die letztere sagt ausdrücklich, dass das Privilegium, das vom. h. Adalbert (a sancto Adalberto) stammte, von Papst und Kaiser bestätigt wurde. Im übrigen ist durch diese Deutung der Urkunde selbst nicht viel geholfen, denn in derselben findet sich zunächst noch eine Behauptung, die mit den thatsächlichen Verhältnissen in unvereinbarem Widerspruch steht. In der Urkunde wird unter anderen gesagt, dass das Prager Bisthum, welches ursprünglich für das ganze Herzogthum Böhmen und Mähren als eins und ungetheilt gestiftet und als solches vom Papste Benedict und dem Kaiser Otto I bestätigt, hernach dadurch verringert wurde, dass man innerhalb seiner Grenzen einen anderen Bischof eingesetzt habe2). Nun ist die Existenz eines Bischofs von Mähren eben für das Gründungsjahr des Prager Bisthums erwiesen3) und wird hiedurch die in der Urkunde von 1086 enthaltene Angabe entschieden widerlegt und es klingt fast sonderbar, wenn Dudik um die Urkunde zu halten, diesen Bischof von Mähren einen Aushilfsbischof) nennt, ihm also die Functionen eines Weihbischofs zuerkennt, wozu wiederum die Quellen absolut keine Veranlassung geben 5). Unter den Grenzen werden auch jene gegen Norden hin angegeben, aber auch hier findet sich ein Widerspruch, den auch das künstlichste Raisonement nicht verhüllen kann), denn aus dem Wortlaut der Urkunde von 1086 geht hervor, dass die angeblichen Grenzen des Prager Bisthums mit jenen der früher gegründeten Bisthümer Zeiz, Merseburg und Meissen nicht übereinstimmen. Die in Rede stehende Urkunde ist angefochten worden, weil der Name des h. Adalbert mit dem des meint, dass die dem Kaiser Heinrich vorgelegte Urkunde echt sei, denn man hat die abgeleitete als unverfälschte Wahrheit enthaltend benützt. Vgl. dagegen Dümmler, Piligrim von Passau 174, Büdinger, Oest. Gesch. 314. Zeissberg a. a. O. 81. 1) Dudik, Gesch. Mährens 21, 427.

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2) Novissime nobis conquestus est, quod Pragensis episcopatus, qui ab initio per totum Boemiae ac Moraviae ducatum unus et integer constitutus.

3) Gudenus, Cod. dipl. 1, 352. 4) Dudik a. a. O. 428.

5) Cosmas Ausdruck: Fertur autem quod fuisset in Moravia ante tempora Severi (1030-1063) quidam episcopus, ut reor nomine Wracen, lässt sich doch unmöglich in diesem Sinne deuten. ) Zeissberg 57, Dudik 2, 42.

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Kaisers Otto I in directe Verbindung gebracht wurde, aber schon die Einführung des letzteren erlaubt den Schluss, dieselbe für eine Fälschung zu erklären. Man hat nämlich bisher aus dem Wortlaute der von Cosmas mitgetheilten Urkunde geschlossen, dass das Prager Bisthum im Jahre 973 errichtet worden sei und zwar, weil er in der Urkunde erwähnt wird, noch zu Lebzeiten Ottos des Grossen '). Dagegen sprach freilich Otloh in seiner Lebensbeschreibung des h. Wolfgang, wo ganz deutlich der mittlere Otto, also Otto II als der Gründer des Prager Bisthums bezeichnet wird?) ein Umstand, der die Urkunde von 1086 sammt ihrer Vorlage in einem verdächtigen Lichte erscheinen liess. Man hat sich daher mit dem Einwande geholfen, dass Otto II als Mitregent seines Vaters die Gründung vollzogen habe3), aber es gilt heute bereits als Thatsache, dass die Gründung Prags nicht einmal in das Jahr 974 zu versetzen ist, geschweige denn in das Jahr 973, sondern dass erst unter der Regierung Ottos II und zwar in den Jahren 975 oder 976 durch den Verzicht Wolfgangs die Gründung des Bisthums Prag stattgefunden hat. Den Beweis hiefür haben vor kurzer Zeit Köpke und Dümmler geführt), zu der entscheidenden Stelle bei Otloh wurden noch zwei Hauptbelege angeführt, zunächst eine Notiz bei Wimpfeling im Katalog der Bischöfe von Strassburg, nach welcher Dietmar der erste Prager Bischof von Willigis, der selbst erst am 25. Jänner 975 Erzbischof wurde, und von Erchanbald von Strassburg geweiht wurde 5), dann kommt eine Urkunde des Willigis vom 28. April 976 in Betracht, aus welcher hervorgeht, dass vor diesem Datum Dietmar die Weihe erhalten hat). Das Jahr 975 wird auch von einer Redaction der Annales Polonorum als Jahr der Weihe Dietmars bezeichnet). Aus allem geht bis zur Evidenz hervor, dass die Urkunde, welche man der Mainzer Versammlung am 29. April 1086 vorgelegt hat, und auf Grundlage deren und Uebereinstimmung mit derselben jene von dem genannten Datum angefertigt wurde, eine

1) Vgl. Frind. Kirchengeschichte von Böhmen 1, 60. Ginzel, Cyrill und Method 136. Palacky, Gesch. von Böhmen 1, 229 und so auch noch Giesebrecht im II. Excurs seiner Jahrbücher unter Otto II. Für das Jahr 974 trat schon Pubitschka ein s. Giesebrecht, Gesch. der d. Kaiserzeit 1, 838.

2) At medius Otto caesar divinae cultor praecipuus religionis a glorioso duce Heinrico ceterisque fidelibus est interpellatus, ut quod apud ipsam gentem inchoatum esset, pro domini amore regali potestate perageret.

3) S. namentlich Palacky, Gesch. von Böhmen 1, 228.

4) Otto der Grosse 503.

5) Cat. episcop. Arg. 84, darnach wurde Dietmar zu Brumpt im Elsass geweiht.

6) Gudenus, Cod. dipl. 1, 358 s. Dümmler a. a. O. 508.

7) M. G. SS. 19, 616, 975. Dytmarus primus Pragensis episcopus consecratur.

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