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der Untersuchung dieser Urkunden noch einiges nach, was mich in solcher Deutung der Daten bestärkt.

Stumpf 548 ist nur in einer Abschrift des 12. Jahrhunderts auf uns gekommen. Der Bischof Bernhard von Halberstadt bittet hier um Immunität und Wahlrecht für das von ihm gestiftete Kloster Hadmersleben und erwirkt so vom jungen König ein Präcept, das sich möglichst genau an das Immunitätsdiplom Ludwig IV. für Halberstadt, Böhmer RK. 1188 anschliesst: entweder hat also der Bischof das Concept zu Stumpf 548 geliefert oder er hat die seinem Bisthum ertheilte Urkunde bei Hofe vorgelegt. Bei diesem Sachverhalt muss es doppelt auffallen, dass die Datirungsformel ganz abweichend von der Vorlage folgende Fassung erhalten hat: actum anno dominice incarnationis DCCCCLXI, domni vero piissimi regis Ottonis I, indictione III; actum Walahuson; feliciter amen. Sie lautet wesentlich ebenso in dem noch besiegelten Original von Stumpf 549 und in der Abschrift von Stumpf 550, beide ziemlich gleichen Wortlauts. Und so erscheinen diese drei Stücke um so mehr als eine eigenartige Gruppe, da das eine vorausgehende Diplom und da alle folgenden Diplome durchaus normale Datirung aufweisen, nämlich Stumpf 547 vom 25. Juli 961, Original, inhaltlich und stilistisch Wiederholung des zehn Tage zuvor von Otto I. ausgestellten Präcepts O. 228 und gleich diesem von dem Notar Brun G. mundirt; dann Stumpf 552 vom 20. Juli 963, Original von der Hand des Liutolf G., welcher auch schon vor dem Aufbruch Otto I. einige auf dessen Namen lautende Diplome geschrieben hatte. Man könnte also versucht sein, die besondere Datirung von Stumpf 548-550 wiederum einem bestimmten Schreiber beizulegen, etwa einem Geistlichen aus der Umgebung des Erzkapellans Wilhelm, und meinen, dass dieser die Königsurkunden gleich bischöflichen Urkunden datirt habe. Dem steht aber im Wege, dass Stumpf 549 gleichfalls von jenem Brun G. geschrieben ist, welcher zuerst in O. 149 vom 29. April 952 auftritt und abgesehen von dem in einer Kleinigkeit abweichenden O. 153 (s. zuvor S. . 273.) stets inherkömmlicher Weise datirt hat. Bei diesem Sachverhalt geben die von Ficker 1. c. hervorgehobenen Momente den Ausschlag: es ist hier mit Absicht eine von der Norm abweichende Datirung gewählt, weil in der Vergangenheit vorgenommene Handlungen beurkundet werden sollten.

Ich interpretire also die Datirungen mehrerer der Zeit nach nebeneinander stehender Urkundengruppen in verschiedener, ja sich gegenseitig ausschliessender Weise. Das ist aber nur scheinbare Inconsequenz und in Wirklichkeit consequente Anwendung der gleichen

hier zu befolgenden Methode. Wenn wir Contexte von Diplomen prüfen und Inhalt und Fassung einzelner Stücke mit dem Masse messen, welches wir als das normale für die bestimmte Kategorie und zur gegebenen Zeit kennen gelernt haben, so ist erst ein Theil der kritischen Arbeit damit vollbracht, dass wir constatiren, dass z. B. ein Präcept für Trier und ein zweites für Magdeburg von dem allgemeinen Typus abweichen, und es gilt wo möglich unter Erwägung aller uns bekannten Umstände zu ergründen, mit welcher Art von Unterschied wir es zu thun haben 1). Ein Dictator kann sich eine besondere Wendung angewöhnt haben oder kann durch irgendwelche zufällige Umstände veranlasst werden, sich einer solchen in einem Einzelfalle zu bedienen, ohne dass er damit anderes zum Ausdruck zu bringen beabsichtigt, als was die landläufige Formel besagt. Aber es können auch nach Lage des speciellen Falles ausnahmsweise Entscheidungen getroffen sein und deshalb in wohlberechneter Weise die üblichen Formeln mehr oder minder modificirt worden sein. Sind wir in der glücklichen Lage über die Nebenumstände unterrichtet zu sein, so werden wir eben nach deren Befund die Abweichung etwa in dem einen Diplom für Magdeburg als zufällige und irrelevante, dagegen in dem für Trier als bedeutsame bezeichnen, so dass allerdings die Ergebnisse divergiren, während sie doch auf der gleichen Grundanschauung beruhen, dass die Urkunden Producte mannigfaltiger und sich kreuzender Factoren sind und demgemäss beurtheilt sein wollen. Das gilt ebenso wohl von dem Protocoll und dessen Theilen, also auch von der Datirungsformel, welche bald mit bestimmter Absicht, bald nach Zufall oder individuellem Belieben umgestaltet wird, desgleichen, wie ich bei anderer Gelegenheit darthun werde, von der Berechnung der Zeitmerkmale. Einige Mittel eine Entscheidung zwischen den beiden vornehmlichen Alternativen zu treffen, haben auch schon früher die Diplomatiker gekannt und angewandt. Neue Mittel durch Feststellung der an der Ausfertigung betheiligten Personen zu gewinnen, ist der Versuch, welchen ich jetzt mache und zum ersten Male an einer bestimmten Reihe von Königsurkunden anstelle. Dass diese recht mühselige Arbeit bei der Beschaffenheit des Materials nur an einem Theile desselben durchführbar ist, und dass sie eben erst in Angriff genommen noch nicht zu vollen und gleich sichern Ergebnissen führen wird, darf und wird mich nicht abschrecken, sobald sich nur allmählich und zunächst im Kreise der speciellen Fachgenossen die Ueberzeugung Bahn bricht, dass das Einschlagen dieses Weges doch einen Fortschritt bezeichnet.

1) Vgl. Urkundenlehre der Karolinger 1,182 und 205.

IX.

Zu Dürers Studium nach der Antike.

Ein Nachtrag zu dem Aufsatze von Franz Wickhoff,

von

Max Lehrs.

Unter den vielfachen Argumenten, die seit Thausing für einen ersten Aufenthalt Dürers in Venedig um das Jahr 1494 in's Feld geführt worden sind, nehmen ohne Zweifel die von Franz Wickhoff im dritten Heft des ersten Bandes dieser Zeitschrift beigebrachten eine hervorragende Stellung ein. Und in der That ist es wohl kaum möglich schwerwiegendere Gründe für die erste italienische Reise geltend zu machen, als den nachweisbaren Einfluss der Antike auf denjenigen Künstler, der sich auch während seines zweiten Aufenthaltes in Venedig hartnäckig den italienischen Eindrücken verschloss und bei aller Würdigung der welschen Kunst voll und ganz ein Deutscher blieb.

Reminiscenzen an die Antike, ja selbst an lokale Eigenthümlichkeiten der Lagunenstadt finden sich, wie Wickhoff nachgewiesen, mehrfach in Zeichnungen und Formschnitten, die vor die Jahre 1505-1507 fallen. Wir finden sie in der Apokalypse, im Marienleben und endlich im Kupferstich Adam und Eva von 1504.

Wie Wickhoff in übersichtlicher Zusammenstellung gezeigt hat, lässt sich die leicht bewegte zierliche Pose des Adam in den Studien Dürers vor und nach der Entstehung des Kupferstichs verfolgen. Ohne die Zusammengehörigkeit der bei Wickhoff aufgeführten Studien in Frage zu stellen, wollen wir doch den Versuch machen, dieselben auf zwei verschiedene Urbilder zurückzüfuhren.

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