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eine unendliche Wichtigkeit für die Physik der Erde besitzen, aber gar nicht diejenigen sind, in denen das wirkliche Wetter besteht, welches vielmehr durch die nicht-periodischen, also unberechenbaren Erscheinungen, durch die vielleicht niemals genau in gleicher Weise sich wiederholenden Anomalien besteht, die nie eine Voraussage zulassen werden. Der bei weitem realere Gewinn, als wenn wirklich irgend eine kleine Prophezeiung in dem Werke begründet wäre, besteht aber darin, dass durch dasselbe wieder ein Hauptzug in dem Gesammtbilde der Erde für längere Zeit seinen Abschluss gefunden hat, und eben mit dieser geographischen Bedeutung möchte ich dasselbe allen Lesern dieser Zeitschrift dringend empfohlen haben. Auch die Tafeln geben eine grosse Menge Material, welches sich Viele nur schwer oder gar nicht (z. B. die grossen Maury'schen Karten) würden verschaffen können, und geben das vielleicht zugänglichere mindestens in einer bequemeren und sehr sauberen, den Überblick erleichternden Verbindung oder Vereinfachung. (M. J. Schleiden.)

2. Herr Medizinalrath Dr. Mühry hat in seinem neuen, 200 SS. starken, Werke den Versuch gemacht, auf Grundlage seiner umfangreichen klimatologischen und meteorologischen Sammlungen eine allgemeine geographische Übersicht der meteorischen Vorgänge als eines zusammenhängenden Systems zu geben. Da die Abschnitte über Wind und Regen nebst einer Karte in den ,,Geogr. Mittheilungen" bereits früher publicirt wurden (1859, SS. 146 bis 164; 1860, SS. 1 bis 9), so sind Methode und Charakter des Werkes unseren Lesern bekannt; ausser den geographischen Verhältnissen des Windes und Regens behandelt es die klimatische Temperatur-Vertheilung, die Vertheilung des Wasserdampfes in der Atmosphäre und die des atmosphärischen Druckes; auch sind ausser der Regenkarte drei Darstellungen der Temperatur-Verbreitung im Oktober, Juli und Januar beigegeben.

3. General Sabine hat seine bewundernswürdigen Arbeiten über Erdmagnetismus und Meteorologie abermals durch einen starken Quartband vermehrt. Er enthält der Hauptsache nach die Berechnung der Beobachtungen über magnetische Deklination, Inklination und Intensität, über Luftdruck, Temperatur, Feuchtigkeit, Windrichtung u. s. w. auf St. Helena während der Jahre 1844 bis 1849 (526 Seiten), ist aber ausserdem für die Erkenntniss der Gesetze des Erdmagnetismus im Allgemeinen von hoher Bedeutung, da in seiner ersten, 148 Seiten starken Abtheilung noch von mehreren anderen, weit entlegenen Punkten der Erde (Kapstadt 1841 bis 1846, Falkland-Inseln 1842, Fort Carlton am Saskatschewan 1857 bis 1858, Peking 1852 bis 1855) die Resultate magnetischer Beobachtungen dargelegt und nach ihren Beziehungen zu den bisher bekannt gewordenen erörtert werden. Alle diese Beobachtungen bieten interessante Vergleichungspunkte und Differenzen unter einander, im Allgemeinen bestätigen sie aber die Gesetze, namentlich auch in Bezug auf das Verhältniss der Häufigkeit der Sonnenflecken zu den magnetischen Störungen, wie sie Sabine in den ,,Philosophical Transactions", in seinem Werk über die magnetischen Beobachtungen zu Toronto und in dem 3. Bande der Englischen Ausgabe des Kosmos aufgestellt und erörtert hat.

4. Der Jahresbericht des Physikalischen Central-Observatoriums zu St. Petersburg für 1858 enthält die magnetischen und meteorologischen Beobachtungen zu St. Petersburg, Katherinburg, Nertschinsk, Barnaul, Tiflis, Lugan, Slatoust, Bogoslovks und Sitka aus dem Jahre 1856; eine Tafel der mittleren Temperaturen des Jahres und der vier Jahreszeiten an 35 Russischen Stationen im J. 1858; die Hauptergebnisse aus den meteorologischen Beobachtungen von 1846 bis 1848 zu Katherinburg, Barnaul und Nertschinsk und aus den Beobachtungen von 1857 auf den Kaukasischen Stationen; endlich Tabellen über die Periodicität in der Variation des jährlichen Mittels der magnetischen Deklination zu St. Petersburg, Katherinburg, Barnaul und Nertschinsk nach den Beobachtungen von 1841 bis 1858.

5. Das Lehrbuch von Dr. Klun, Professor der Geographie und Statistik an der Wiener Handels-Akademie, ist für Schulen bestimmt und zwar zunächst für die oberen Klassen der Österreichischen Handels- und Realschulen; bei der Anordnung sind daher pädagogische Rücksichten, bei der Auswahl des Materials vorzugsweis das Organisations-Statut der Österreichischen Realschulen maassgebend gewesen. Von der grossen Menge der vorhandenen geographischen Lehrbücher unterscheidet es sich hauptsächlich durch die hervorragende Berücksichtigung der kulturhistorischen Momente Bodenbeschaffenheit, Ackerbau, Industrie, Verkehr, Handel, geistige Kultur- und die Art, wie diese Beziehungen namentlich für die Österreichischen Länder schon in der vorliegenden,,Allgemeinen Geographie" behandelt werden, lässt einen un

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gewöhnlich reichen und belehrenden Inhalt der ,,Handels-Geographie" erwarten. An vollständigeren geographischen Darstellungen des Handels aus neuerer Zeit fehlt es ganz, und da wir öfters von Kaufleuten um den Nachweis einer solchen angegangen worden sind, so scheint sich ein wirkliches praktisches Bedürfniss danach fühlbar zu machen.

6. Mit der Schlusslieferung des Ewald'schen Hand-Atlas, deren zehn auf die Verbreitung der Pflanzen und Thiere bezügliche graphische Darstellungen eine selbstständige Durcharbeitung bekunden im erfreulichen Gegensatz gegen die zahlreichen Kopien der Berghaus'schen Karten, ist das erste Heft eines geographischen Handbuches von Dr. Eder gratis ausgegeben worden als Ersatz für die früher von Herrn OberSteuerrath Ewald selbst ausgearbeiteten, später aber wegfällig gewordenen Textbeigaben zu den einzelnen Lieferungen des Atlas. Es nimmt dasselbe nicht näher Bezug auf die Ewald'schen Karten, sondern will überhaupt ein praktisches Handbuch der Geographie und Statistik für das Haus in mässigem Umfange sein (es wird etwa 60 Druckbogen umfassen). Der Verfasser hat mehr auf Übersichtlichkeit und kurze Hervorhebung des Wichtigsten gesehen als auf Fülle des Stoffes, dabei aber die neuesten Forschungen meist berührt. Bei Angabe der Literatur über die einzelnen Erdtheile und Länder ist bisweilen eine etwas wunderliche Auswahl getroffen, vielleicht mit Rücksicht auf die leichtere Zugänglichkeit der bezüglichen Schriften?

7. Eine populäre physikalische Geographie in Dänischer Sprache mit vielen guten Illustrationen, die für Deutschland, wo es an dergleichen nicht fehlt, kein besonderes Interesse haben kann, aber ganz geeignet scheint, den Sinn für geographische Wissenschaft im Dänischen Volke zu fördern. Der vorliegende erste Theil enthält ausser einer Einleitung über Form, Grösse, Gewicht und das Innere der Erde vier Abtheilungen: der Magnetismus, der Luftkreis, das Meer, das Wasser auf dem Lande. Von demselben Verfasser, der Adjunkt an der Aarhuuser Kathedralschule ist, erschien im Jahre 1857 unter dem Titel ,,Den Danske Stat" eine Schilderung von Natur und Volk in Dänemark und den Nebenländern in einem elegant ausgestatteten, illustrirten, 600 Seiten starken Band.

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8. In seinem Buch über die Tropenwelt hat sich Dr. Hartwig darauf beschränkt, die charakteristischen und für den Menschen wichtigeren Thier- und Pflanzenformen zu schildern, anstatt wie in seinen früheren Werken über das Meer und die Polar-Welt ein Gesammtbild eines in sich abgeschlossenen Gebietes der Erde zu entwerfen. Das Buch gehört desshalb mehr der populär-naturhistorischen als der geographischen Literatur an, wir wollen indess nicht versäumen, auch diese anmuthigen Schilderungen zu empfehlen, die sicherlich den Sinn für die Natur und das Interesse für fremde Zonen in weiteren Kreisen fördern und somit wenigstens mittelbar der Geographie einen Dienst erweisen werden. Die beigegebenen sechs Bilder in Tondruck sind höchst gelungen und eine wahre Zierde des Buches.

9. Dr. Graesse's ,,Orbis latinus" soll ein Handbuch zum Nachschlagen für den Leser Lateinisch geschriebener historischer und geographischer Werke, für den Literaturhistoriker und Bibliographen, für den Archivar und Numismatiker und endlich für Jeden sein, der Lateinisch zu schreiben hat, und wird sich gewiss bei Vielen einer günstigen Aufnahme erfreuen, da es in der That an vollständigeren Lexicis dieser Art bisher fehlte und man nicht selten in Verlegenheit kam, wenn man einen geographischen Namen aus dem Lateinischen übertragen oder umgekehrt ins Lateinische übersetzen sollte.

10. Das erste vollständige Verzeichniss der Leuchtfeuer der ganzen Erde in Deutscher Sprache war, so viel uns bekannt, das im J. 1859 vom Navigationslehrer Graff in Grabow zusammengestellte. Vor diesem hat das im vorigen Jahr aus der Navigationsschule zu Danzig hervorgegangene den entschiedenen Vortheil, dass es im Auftrag der Preussischen Regierung veröffentlicht, also kein Privat-Unternehmen ist und durch Nachträge und neue Auflagen von Zeit zu Zeit ergänzt und berichtigt werden soll, wie diess mit den bekannten Verzeichnissen der Englischen Admiralität geschieht.

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11. Ein werthvoller Beitrag zur Lösung der Frage über die Zuverlässigkeit barometrischer Höhenbestimmungen, gestützt auf zahlreiche eigene Messungen im Harz. Der Verfasser nimmt die barometrischen Höhenmessungen gegen Dr. Pick's Ausstellungen (im 16. Bande der Sitzungsberichte der Wiener Akademie) in Schutz, da es ihm, allerdings unter günstigen Umständen, möglich wurde, einen Niveau-Unterschied bis zu 1100 Meter bei einer horizontalen Entfernung der Beobachtungs-Stationen von höchstens 50.000 Meter durch das Barometer auf etwa 120 bis 150 genau zu ermitteln.]

(Geschlossen am 12. März 1861.)

Wilhelm von Harnier's Reise am Nil, von Assuan bis Chartum und Roseires.

Notizen, gesammelt auf einer neunmonatlichen Wanderung im Jahre 1859 1).

Indem ich voraussetze, dass die Beschreibung des ersten Theiles der Reise von Kairo bis Assuan allgemein Bekanntes wiederholen hiesse, beschränke ich mich auf die Angabe, dass die Dauer dieser Reise bei gutem Wind 18 bis 20 Tage beträgt und dass die bedeutenderen Ägyptischen Städte, welche man passirt, in folgender Reihe berührt werden: Minieh, Siut, Girgeh, Kenneh, Esneh, Assuan. Bei Assuan trifft man den ersten Katarakt des Nil und besteigt 14 Stunde oberhalb desselben bei dem Dorfe Schellal (Arabischer Name für Katarakt), welches schon zu Nubien gehört, eine kleinere Barke zur weiteren Nil-Fahrt bis Korusko, welches man gewöhnlich nach 3 bis 4 Tagen erreicht.

Die Berge der Libyschen Kette im Westen und der Arabischen im Osten treten bei Schellal zum ersten Mal zu gleicher Zeit nahe an den Fluss heran und das Strombett bleibt nun vom Katarakt an mehr oder weniger felsig, während es in Ägypten fast überall sandig war. Das Ackerland zu beiden Seiten des Nil ist durch die Annäherung der Wüste sehr beschränkt, ja an manchen Stellen verschwindet es fast ganz. Auf dem westlichen Ufer herrscht der tiefe Flugsand vor, dessen Farbe tief orangegelb und ganz verschieden vom Sande der eigentlichen Wüste ist; auf dem östlichen Ufer dagegen erheben sich schroffe, unwirthsame und seltsam geformte Felsenberge von düsterer Farbe, welche meistens nur einige hundert Schritt bebaubaren Landes zwischen sich und dem Flusse übrig lassen. Dörfer sind natürlich selten und meist von ärmlichem Aussehen. Auf dem westlichen Ufer welches merkwürdiger Weise die alten Ägyptier fast überall, mit alleiniger Ausnahme von Luxor und Karnak, zu ihren Bauten sich ausersehen haben gewahrt man die Tempel von Dabod, Gertashe, Talmis oder Kalabsche, Denduhr, Tutzis, Saboa und Dakkeh. Auch auf dem rechten Nil-Ufer und auf kleinen Felsen-Inseln im Fluss selbst zeigen sich die Reste Römischer Kastelle und Ansiedelungen, welche noch ziemlich gut erhalten sind, obgleich das zu ihrem Bau verwendete Material dasselbe ist, welches man noch jetzt in Ägypten und Nubien gebraucht, nämlich an der Luft getrocknete Backsteine aus Nil-Schlamm. Man kann die Römische Bauart sofort von der Alt - Ägyptischen dadurch unterscheiden, dass die erstere Gewölbe mit Rundbogen zeigt, welche Bogen den Alt-Ägyptiern unbekannt waren. Das sehr eingeengte Flussbett ist beträchtlich tiefer als in Aegypten.

1) Wir hatten das Vergnügen, Herrn v. Harnier's Bekanntschaft im Sommer 1860 zu machen, als er in Gotha mit Herrn v. Heuglin zusammentraf, den er von früherher kannte. H. v. Harnier kehrte von Gotha aus nach Afrika zurück, um dort weitere Reisen zu machen, über welche er uns Berichte in Aussicht gestellt hat. A. P. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1861, Heft IV.

Korusko ist ein elendes Nest von nicht mehr als 10 bis 15 niedrigen Hütten und einem grossen Khan oder Kameelshof zur Aufnahme der Karawanen. Es liegt auf dem östlichen Nil-Ufer und bildet den Ausgangs- und Ankunftspunkt der Karawanen nach und von dem Sudan. Um nämlich den beträchtlichen Umweg zu vermeiden, welchen der Nil hier dadurch macht, dass er sich bei Abuhamed auf eine bedeutende Strecke nach Westen wendet, einen Bogen beschreibt und erst von Dongola aus nördlich und nordöstlich fliesst, werden zu Korusko die Kameele bestiegen und man passirt in rein südlicher Richtung die Grosse Nubische Wüste binnen 10 Tagen bis Abuhamed.

Die nöthigen Kameele werden von den Stämmen der Bischarin-Araber geliefert, welche die Wüstenländer östlich vom Nil bis zum Rothen Meer bewohnen. Die Gesichtsbildung dieser Bischarin ist schön mit scharfen Zügen, gleich den Beduinen von Syrien und Arabien, die Hautfarbe ist braun, der Kopf wird unbedeckt getragen, dafür sind sie aber von der Natur mit einem riesenhaften Haarwuchs bedacht worden, welcher zu beiden Seiten bis auf die Schultern herabhängt, während das Haar des Oberhauptes senkrecht in die Höhe steht. Andere lassen das ganze Haar in lauter dünne Zöpfe geflochten auf die Schultern herabfallen. Diese mannigfaltigen Frisuren werden reichlich mit Butter oder Fett getränkt und in diesem Wust von Haaren stecken kleine spitzige Stäboten oder Stacheln vom Stachelschwein, um sich gelegentlich damit kratzen zu können. Die einzige Bekleidung besteht in einem Stück grober Wolle von grauer Farbe und eigener Fabrikation, das um die Hüften geschlungen getragen wird. An den Füssen tragen sie Sandalen, bestehend in einer dünnen Ledersohle, welche durch einige Bänder am Fusse befestigt ist. Sie gehen meistens bewaffnet und zwar mit einem 4 bis 5 Fuss langen, sehr breiten, geraden Schwert, welches in einer Scheide von rothem Leder an einem kurzen Riemen über die Schulter hängend getragen wird. Ausserdem führen sie einen mannshohen länglichen Schild, aus Leder oder der Haut des Nil-Pferdes gefertigt, bei sich.

Die Nubische Wüste von Korusko bis Abuhamed passirt man zur Winterszeit in 10 Tagen bei Tagemärschen von 10 bis 12 Stunden, ohne abzusitzen. Im Sommer macht man dieselbe Tour wegen der grossen Hitze und des grösseren Wasserbedarfs in 7 bis 8 Tagen, indem man abwechselnd einen Tag um den anderen einen 15- bis 16stündigen Ritt macht. Das Wasser muss man sich für die ganze Reise in Schläuchen aus Ziegenhäuten, ,,Girben" genannt, mitnehmen, und zwar rechnet man im Winter 2 solcher Girben auf den Mann für die 10 Tage, im Sommer 4. Ein Kameel trägt 4 derselben und die Tragkraft eines Kameels beläuft sich durchschnittlich auf 4 Zentner, obgleich es auch unter ihnen

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Thiere giebt, welche 6 Zentner tragen. Der Mietpreis für ein Kameel beträgt 4 bis 6 Piaster pro Tag. Ausserdem muss jede Karawane einen Führer mitnehmen, Habir genannt, dessen Bezahlung täglich der Miethe eines Kameeles gleichkommt und der für das Gepäck verantwortlich ist im Falle, dass ein Kameel unterwegs zu Grunde geht. Man lässt dann die ganze Ladung des gefallenen Thieres mitten auf der Karawanenstrasse liegen und braucht wegen eines Diebstahls nicht in Sorge zu sein, denn in Korusko befindet sich der Schech der Wüste mit seinen Unterschechs, worunter auch die Führer stehen. Dieser Oberschech ist verantwortlich für alles abhanden gekommene Gepäck. Alle Schechs bilden eine grosse Familie, die seit vielen Jahren die Führer der Karawanen sind. Sie kamen ursprünglich aus der Libyschen Wüste unweit Esneh in Ober-Ägypten, haben sich bei Korusko und in den Ländern jenseit der zu passirenden Wüste angesiedelt und dem Vicekönig Mehemed-Ali bei seiner Expedition nach dem Sudan den Weg durch die Grosse Nubische Wüste gezeigt. Dafür hat ihnen Mehemed-Ali damals das Privilegium ertheilt, den Karawanen als Führer zu dienen, und zwar ist dieses Recht erblich; der jetzige grosse Schech der Wüste heisst Ali-Halifa Der Weg durch die Wüste von Korusko bis Abuhamed bietet folgendes Bemerkenswerthe dar: Man wendet sich von Korusko an gleich vom Fluss ab und bleibt während der beiden ersten Tage noch zwischen den öden, wilden Felsenbergen des östlichen Nil-Ufers. Der Weg ist hier an vielen Stellen sehr schlecht und man passirt gefährliche Engpässe. Bei einer jeden solchen Stelle, an welcher ein Thier stürzen könnte, rufen die Bischarin, welche die Kameele begleiten, so lange den Heiligen der Wüste an, bis die gefährliche Stelle passirt ist; der Name dieses Wüstenheiligen und Schutzpatrons der Karawanen und überhaupt der die Wüste bewohnenden Stämme ist Abd-el - Kader. Hat man diese erste Bergregion passirt, so tritt man in eine unabsehbare Ebene, aus welcher nur hie und da merkwürdig geformte einzeln stehende Hügelköpfe herausschauen, während eine grössere Bergkette den Horizont im Süden begrenzt. Der Sand ist hart und meist tief, der Boden überhaupt mehr steinig und mit sonderbaren, ganz rein kugelförmigen Steinen von der Grösse einer Flinten- bis zu der einer Kanonenkugel übersäet. Die Farbe dieser Steinkugeln ist äusserlich blauschwarz, die Oberfläche glatt und glänzend; das Innere besteht aus koncentrischen Schichten verschieden gefärbten Sandes, durch Eisenoxyd gebunden und gefärbt. Auch ist das ganze Gebirge und die einzelnen Felsenköpfe von eisenhaltigem Gestein gebildet. Die bekannte und interessante Erscheinung der Fata Morgana begleitet den Reisenden, während des ganzen Tages auf dieser Wüstenreise. Man glaubt oft vor sich grosse Wasserflächen mit Inseln, sich darin spiegelnde Berge, am Horizont grosse Palmenwälder und Minarets zu erblicken, und wenn man sich der Stelle nähert, ist Alles verschwunden bis auf einzelne zerstreut liegende Steine; kleine, von Insekten aufgeworfene Erdhaufen, auf deren Gipfel struppiges Gras wächst, haben die Palmenwälder repräsentirt.

Wendet man den Blick nun rückwärts, so gewahrt man plötzlich einen Sumpf, in dessen Wasser Schilf wächst, da wo man eben erst beim Durch passiren nur Sand und

Gerippe gefallener Thiere liegen sah. Sehr sinnreich bezeichnen die Araber diese Lufterscheinungen mit dem Namen,,Moje el Gazal", d. h. Wasser der Gazellen.

Auffallend ist die bedeutende Kälte in der Wüste während der Nachtzeit im Winter; die Temperatur betrug im Monat Dezember früh bei Sonnenaufgang im Zelt nur +3 bis 4° Réaumur und das Wasser war so kalt, dass man es nicht trinken mochte. Die einzige Vegetation dieses Wüstenstriches besteht in einem dürren büscheligen Gras, Gesch oder Gasch genannt, das auch nur in tiefer liegendem Terrain gefunden wird. Im Süden ist diese Ebene durch einen höheren Gebirgszug,,,Gebel - Morrat" genannt, begrenzt, in welchem sich natronhaltiges Wasser befindet. Daher kommt es, dass man an diesem Gebirge auf mehr Vegetation, selbst auf grosse Bäume und Palmen stösst. Ehe man nämlich in die Berge eintritt, passirt man eine lange, unabsehbare Linie hoher, schlanker Palmen, die einen Streifen von 2- bis 300 Schritt Breite einnehmen. Diese Palmen scheinen der Fächerbildung der Blätter nach zu der Gattung der Dumpalme zu gehören, welche schon bei Assuan vorkommt. Sie heisst auf Arabisch „Delǎch" und findet sich häufig in den Gebirgen der Bischarin. Der wesentlichste Unterschied beider sich sonst sehr ähnlicher Palmen-Arten besteht darin, dass die hier am Gebel-Morrat vorkommende Art Einen schlanken, glatten Stamm hat, während sich der Stamm der Dumpalme immer in 2 gleiche Äste theilt, die sich wieder in fortgehende Theilung verzweigen. Auch sind die Früchte jener Palmen etwas anders gebildet als bei der Dumpalme, denn obgleich auch bei ihr unter der Blattkrone die Früchte in traubenartigen Gruppen herabhängen, so ist doch die Form jeder einzelnen Frucht eine andere; sie ist nämlich eirund und hat eine glatte, schwarze Schale, während die der Dumpalme grösser, dreikantig und von rothbrauner Farbe ist. Der feste, elfenbeinartige Kern ist beiden Gattungen gemein. Die Linie oder der Strich, auf welchem diese Palmen wachsen, soll sich, weit von Osten herkommend, bis zum Nil nach Westen hin erstrecken. Ausser den Palmen finden sich an diesen vegetationsreicheren Stellen Acacia nilotica, Senna und Colocynthis. Das Gebirge des Gebel Morrat besteht aus einem sehr hellen Thonschiefer, welcher vom Sonnenlicht beschienen himmelblau erscheint.

Das schon erwähnte natronhaltige Wasser findet sich in einem von hohen Bergen eingeschlossenen Thale und tritt beim Graben von 5 bis 6 Fuss Tiefe zu Tage; nur die Bischarin und ihre Kameele trinken davon, wesshalb an dieser Stelle gewöhnlich ein Rasttag gehalten wird. Unzählige Raben und Aasgeier (Neophron percnopterus), die den Karawanen entgegenkommen und auf Raub und Beute lauern, zeigen die Nähe der Wasserstation an. Kaum sind die Kameele abgepackt, so setzen sich die Raben auf ihren Rücken, um ihnen wie die Staare in Europa den Schafen das Ungeziefer abzulesen, welches sich in der Haut und an aufgeriebenen, wunden Stellen festgesetzt hat. Auch kommen früh und Abends grosse Schaaren von Wüsten- und Steppenhühnern zur Tränke.

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Im weiteren Verlauf der Reise passirt man noch mehrere niedrige Bergzüge und erblickt endlich am zehnten Tag Morgens von der Höhe des letzten Sandhügels aus das hell glänzende Band des Nil und hört in der Ferne das dumpfe

Brausen eines Katarakts. Man rastet bei dem kleinen Dorf Abuhamed auf dem hohen Ufer des Nil.

Von diesem Punkt an hört die Wüste auf, man ist in die Tropenregion eingetreten und hat als erstes Zeichen derselben die Steppenländer mit ihrer üppigen Vegetation vor sich, welche durch die jährlich 3 Monate dauernde Regenzeit hervorgerufen wird. Nachdem sich die ermatteten Kameele am frischen Wasser während 14 Tage gelabt und durch frisches Steppengras bald ihre vollen Kräfte wieder erlangt haben, tritt man die Weiterreise nach Berber, einer der Hauptstädte Nubiens, an.

Der Weg führt in kleinen Tagemärschen immer am östlichen Ufer des Nil unter dichtem Schatten der Mimosengebüsche, der Dumpalmen und der Dattelpalmen hin. Jenseit des Nil, auf seinem westlichen Ufer, breitet sich die unabsehbare Fläche der Bajuda-Steppe aus. Der ruhig dahin fliessende Strom wird hie und da durch Felsen in seinem Lauf gehemmt, so dass er sich brausend und schäumend Bahn brechen muss. Krokodile sind schon sehr häufig, Nil-Pferde zeigen sich hie und da; auf den Kataraktenfelsen lauern Kormorane, Fischreiher und der graziöse Schlangenhalsvogel (Plotus melanogaster) auf Beute im Wasser. In dem Gebüsch des dicht bewachsenen Ufers hausen Füchse, Ichneumons und Genettkatzen, in der Steppe Gazellen, Antilopen, wilde Esel, Strausse, Trappen und Steppenhühner.

Nach einer bequemen Reise von 7 bis 8 Tagen, auf welcher es nie an Wasser und an Wildpret mangelt, erreicht man Berber. Diese Hauptstadt Nubiens ist regelmässig gebaut und hat vielleicht 30.000 Einwohner. Der oberste Türkische Beamte ist ein Mudir; der Bazar ist dürftig und es zeigt sich wenig Leben in der Stadt.

Die Reise wird nun bis Chartum in Barken fortgesetzt, die leider nicht immer vorhanden sind; der Miethpreis einer solchen Barke beträgt bis Chartum 400 bis 600 Piaster. Man sieht nun zu beiden Seiten des Nil etwas besser bebautes Land, mit Durrah, Mais, Lupinen, Tabak, Weizen und Gerste bestellt. Grosse Schaaren von Krokodilen lagern auf den Sandbänken des Flusses in der Sonne. Man passirt mehrere Katarakten, welche sehr gefährlich für die herabfahrenden Schiffe sind, von denen mehrere jährlich hier zu Grunde gehen, wie die zahlreichen Wracks beweisen, um deren Fortschaffung sich Niemand kümmert und welche das Wasser noch gefährlicher machen.

Eine Tagereise südlich von Berber passirt man die Mündung des ersten Nebenflusses des Nil, des Atbara, welcher, aus Osten kommend, seine Quellen in der Abessinischen Provinz Tigre hat. Zur trockenen Jahreszeit trocknet er bis auf die tieferen Stellen fast ganz aus und zu dieser Zeit verlassen ihn die Nil-Pferde, um das tiefere Wasser im Nil aufzusuchen. An dem Ufer des Flusses zeigen sich die Vögel sehr zahlreich, besonders das Perlhuhn (Numida ptilorhyncha), der Afrikanische Kolibri (Nectarinia metallica) und der prächtige Paradies-Ammer (Vidua paradisea). Dieser Vogel, kleiner als ein Sperling, hat Rücken, Kopf und Flügel schwarz, Stirn und Kehle citrongelb und Brust und Bauch feurig-rostroth, als besonderen Schmuck aber führt er zwei sehr lange, breite, schwarze Schwanzfedern, die drei Mal so lang als der Vogel selbst sind und deren Fahnen vertikal stehen und etwas abwärts

gebogen sind. Diese niedlichen Vögel nehmen ihren Sitz immer stolz auf den höchsten Spitzen hoher Bäume und man sieht sie nie in Gruppen, sondern stets einzeln oder paarweise. Zum ersten Mal gewahrt man nun auch den Riesenstorch oder Marabu, dessen Gefieder die in Europa so geschätzten Marabu-Federn liefert; sie sind, abgesehen von ihrer Zartheit und seidenartigen Feinheit, darum so theuer, weil jeder Vogel nur 3 bis 4 solcher schönen Federn im Schwanz besitzt und sie wie die Straussen-Federn nach dem Gewicht verhandelt werden. Sonst zeichnet sich dieser Vogel noch durch seinen hohen, grossen, schwertförmigen Schnabel, den verhältnissmässig kleinen, nackten Kopf von fleischfarbener Haut mit spärlichen weissen haarähnlichen Federn und durch den langen, nackten Hals aus, welcher in einen grossen, ausdehnbaren Hautsack endigt, der bis auf die Brust herabhängt und zur Aufbewahrung der gesammelten Nahrung dient. Man trifft ihn immer in Gesellschaft von Geiern und Raben beim Aase eines Thieres, von welchem er sich wie diese nährt.

Die Nubischen Dörfer, Chella genannt, haben ein ganz anderes, eigenthümliches Aussehen und unterscheiden sich wesentlich von den Unter-Nubischen und Ägyptischen. Die einzelnen Hütten sind nämlich kreisrund, aus Durrah-Stroh oder Steppengras gebaut, mit einem kegelförmig zugespitzten Dach aus gleichem Material, welches weit überragt und während der tropischen Regen das Ablaufen des Wassers erleichtert. Jede einzelne Hütte ist von einer niedrigen Umzäunung oder Dornenhecke umgeben, zwischen welcher und dem Hause das Vieh schläft. Die innere Einrichtung einer solchen Hütte ist sehr einfach und besteht meistens nur aus einem oder mehreren Angareb, d. h. einer Art Ruhebett, einem Holzgestell, dessen horizontale Fläche ein Netz von Lederriemen bildet.

Sobald man sich Chartum nähert, dehnt sich der Nil sehr aus und man sieht schon aus der Ferne in die Mündung des Weissen Flusses, Bahr-el-Abiad, hinein, während der Blaue Fluss, Bahr-el-Azrek, mehr aus Osten kommt. Die Gewässer dieser beiden Quellflüsse des Nil fliessen, durch ihre Farbe getrennt, noch lange Zeit im gemeinschaftlichen Flussbett neben einander hin; während sich der Blaue Fluss durch sein durchsichtiges, blaues, fast meergrünes Wasser auszeichnet, ist das des Weissen Flusses trübe, milchähnlich. Beide Flüsse sind, wo sie sich vereinigen, ein jeder ziemlich unbedeutend, dehnen sich aber bald darauf bedeutend aus, besonders gilt diess vom Weissen Fluss. Das umgebende Land bei Chartum ist ganz

flach und eben. Chartum selbst ist eine Stadt von circa 40.000 Einwohnern, aus Berberinern oder Nubiern, Ägyptiern und Kopten, den Türkischen Beamten und einer kleinen Garnison von 1000 Schwarzen und 100 Arnauten bestehend; dazu kommt noch eine kleine Kolonie Europäischer Kaufleute, welche bei den Neger-Stämmen am Weissen Fluss Elfenbein gegen Glasperlen und Kupfer eintauschen. Ausserdem befindet sich in Chartum eine Österdas reichische katholische Mission, deren schönes Haus einzige von Stein gebaute in der Stadt nur von Deutschen Handwerkern gearbeitet ist. Sie besitzt eine kleine Kirche und eine Schule zum Unterricht von Negerknaben.

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Die geographische Lage der Stadt Chartum ist 15° 35' N. Br. und 30° Östl. Länge von Paris. Die Stadt liegt

auf der äussersten Spitze der von den beiden Quellflüssen des Nil gebildeten Halbinsel, dehnt sich aber mehr am Blauen Fluss aus, wo sich auch der Landungsplatz der Schiffe befindet. Die Umgegend ist ganz eben und bis auf grosse Entfernung ohne Bewaldung, obgleich die ersten Europäer, welche vor 30 Jahren nach Chartum kamen, noch Urwälder bis dicht in die Stadt reichend gesehen haben. In der Nähe der Flüsse befindet sich jetzt kultivirtes Land, auf welchem Mais, Durrah-Hirse, Lupinen, Bohnen und Tabak gezogen werden; auch werden etwas weiter oben am Blauen Fluss eine Art grosse Kürbisse gezogen, deren Schale zu allen möglichen Ess- und Trinkgefässen verarbeitet und mit schön geschnitzten Verzierungen versehen wird. Auch die Stadt ist reich an Gärten von mehr oder weniger Ausdehnung, deren grösster und am sorgfältigsten gepflegter der Garten der Mission ist. In den Gärten findet man Dattelpalmen, Weinrebengänge, welche das ganze Jahr hindurch ununterbrochen Blüthen und Früchte zugleich tragen, Bananen, Feigen, Citronen und Orangen-Bäume, Granaten, Tamarinden, aber nur wenige und schlechte Gemüse; die letzteren gedeihen im Tropenklima nicht mehr.

Die Muderie oder Sitz des obersten Türkischen Beamten ist ein stattliches Gebäude am Blauen Fluss. Der Bazar ist ziemlich ausgedehnt und bietet die Produkte des Sudan, so wie importirte, natürlich sehr theure, Handelsartikel. Der Hauptausfuhrhandel von Chartum besteht in Elfenbein vom Weissen Fluss, Tamarinden, Sennes- Blättern, Straussen-Federn und Gummi aus Kordofan und Sennaar, aus letzterem auch Goldsand, Wachs, Kaffee und Honig und Ochsenhäute aus Abessinien. Das Pfund StraussenFedern bester Qualität kostet 60 Piaster, der Zentner Elfenbein 2- bis 3000 Piaster. Die grössten Zähne wiegen bisweilen 2- bis 2 Zentner. Die kleineren Elephantenzähne, so wie die der Nil-Pferde gehen meist nach Massaua, dem Hafen von Abessinien, und von da nach Aden und Indien, während die grossen nach Europa verhandelt werden. Chartum zeichnet sich ausserdem durch seine kunstvollen Filigran-Arbeiten in Gold und Silber aus; das Gold dazu, welches ganz ohne irgend andere Mischung verarbeitet wird, kommt vom Blauen Fluss und man fertigt in feinster und geschmackvollster Arbeit Armbänder, Ringe, Ohrringe, Tassenuntersätze und dergleichen daraus. Ferner werden 'grobe Wollenstoffe und in Sennaar feine bunte Matten und Speiseaufsätze, von Stroh geflochten, verkauft. Die Industrie der Neger-Völker beschränkt sich fast nur auf Anfertigung von Waffen, Lanzen, Pfeilen, Bogen, Wurfeisen, Schilden aus Giraffen- und Nil-Pferdhaut, ferner Armbändern, Fussringen aus Elfenbein, importirtem Kupfer oder aus einheimischem weichen Eisen, das sich wegens einer Zähigkeit auch sehr zu Flintenläufen eignet. Die einzigen Handwerkszeuge zum Anfertigen oben genannter Gegenstände bestehen in scharfen Steinen. Der Blaue Fluss ist bis zum 10° N. Br. unter der Herrschaft des Vicekönigs von Ägypten und gehört der Provinz Sennaar an, welche nach Osten hin sehr wenig Ausdehnung hat und daselbst von der parallel laufenden Grenze Abessiniens durch das Gebiet einiger ununterworfener Nomaden-Stämme getrennt ist. Diese Provinz besitzt 3 Städte von der Grösse Chartums, deren nördlichste Wualed-Medinet, die mittlere und

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Hauptstadt Sennaar, die südlichste Roseires unter dem 12° N. Br. ist. Die Eingebornen der Provinz sind Nomaden, welche sich in verschiedene Stämme theilen, nur in 3 Städten und in den wenigen Dörfern befinden sich Berberiner und einige Ägyptier; jene Nomaden-Völker sind, nach ihrer schönen Gesichtsbildung zu schliessen, Arabischen Ursprungs; sie leben von ihren Heerden und von der Jagd, manche haben feste Wohnsitze, andere ziehen, unter Zelten lebend, mit ihren Heerden je nach dem Futterstand in der Steppe und in den Wäldern umher.

Ehe der Blaue Fluss die Provinz verlässt, bekommt er 2 Zuflüsse, welche beide aus Südosten kommend in den Gebirgen Abessiniens entspringen. Die Mündung beider ist auf dem 14° N. Br. und nur 2 Tagereisen von einander entfernt. Der nördlichere dieser Flüsse heisst Rahhed, der südlichere Dinder. Beide trocknen während der trockenen Jahreszeit fast ganz aus, nur an den tieferen Stellen bleiben Wasserbecken von 1 bis 2 Stunden Länge stehen, welche dann der Aufenthaltsort von Nil-Pferden und unzähligen Krokodilen sind. Nach Aussagen der Eingebornen soll der Dinder weiter südlich ganz versumpfen; er fliesst immer parallel mit dem Blauen Fluss und das zwischen ihm und jenem liegende Land, Gezirah oder Insel genannt, hat eine Breite von 2 bis 3 Tagereisen. Indem man diese Strecke Landes quer passirt, ungefähr in der Höhe der Stadt Sennaar, stösst man 3 Stunden westlich vom Dinder auf ziemlich ausgedehnte Sümpfe, die sich bei einer Breite von 2 Stunden während der trockenen Jahreszeit von Nord nach Süd beträchtlich in die Länge ziehen; die Eingebornen nennen dieselben „,el Kauli”. Die Vegetation daselbst ist durch die grosse Feuchtigkeit des Bodens im höchsten Grad üppig. Die einzelnen Bassins der Sümpfe, welche künstlichen Teichen gleichen, mit dem frischen Gras an ihren Ufern sind von Hochwald eingeschlossen, der auf höher gelegenen Terrainstellen sich hinzieht. Die verschiedenartigsten Gattungen von Wasservögeln beleben zu Millionen diese Niederungen und scheinen sie nie zu verlassen, indem die unzähligen grossen Nester auf den Bäumen andeuten, dass hier auch ihre Brutplätze sind. Bemerkenswerth ist noch, dass man hier auch den herrlich duftenden Lotus Nymphaea caerulea mit seinen himmelblauen, grossen, weit geöffneten Blüthenkelchen antrifft, welcher die grossen Flächen der stehenden Wasser mit einem blauen Teppich überzieht. Zur trockenen Jahreszeit kann man diese Kauli-Sümpfe an verschiedenen Stellen trockenen Fusses passiren.

Fünf Tagereisen südlich von Chartum beginnt am Blauen Fluss der Urwald, welcher hauptsächlich aus verschiedenen Arten stachliger Mimosen von kolossalem Umfange besteht, jedoch auch viele andere Baumgattungen trifft man hier an, unter denen sich durch seinen riesenhaften Wuchs und Umfang besonders der Affen-Brodbaum (Adansonia digitata), von den Eingebornen Dongoläs genannt, auszeichnet. Alle Bäume sind umzogen und umstrickt von mannigfaltigen Schlingpflanzen und der Boden bedeckt mit hohem schilfartigen Gras. Diese Wälder ziehen sich meist in einer Breite oder Tiefe von 1 bis 3 Stunden längs der Flussufer hin; hat man diese Grenze überschritten, so lichtet sich allmählich das Dickicht und die Steppe tritt an ihre Stelle. Am Dinder bauen die Eingebornen gewöhnlich dicht am

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