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sungen. Wir vermissen vor Allem die Englischen Seekarten und Pilots über Japan, sodann wäre das Durchsehen Deutscher und Russischer Zeitschriften, in denen sich so mancher nicht unwichtige Beitrag befindet, wünschenswerth gewesen, endlich nennen wir noch einige einzelne Schriften, die der Vollständigkeit wegen mit aufgeführt sein sollten Karl Fr. Neumann, ,,Das Reich Japan und seine Stellung in der westöstlichen Weltbewegung”, 1857; Asa Gray's Arbeit über die Flora des nördlichen Theils von Japan; P. Zwehtkoff,,,Denkwürdigkeiten eines Chinesen über Nangasaki" in den ,,Arbeiten der Russischen Gesandtschaft zu Peking", Bd. I; Capt. Foote,,,Visit to Simoda and Hakodadi in Japan" 1857 im,,Journal of the Shanghai Literary and Scientific Society", No. I, June 1858; Dr. Williams, ,,Lecture on Japan", und Dr. Pompe van Meerdervoort, ,,On the study of the natural sciences in Japan", beide im ,,Journal of the NorthChina Branch of the R. Asiatic Society", No. II, May 1859. Aus neuester Zeit wären hauptsächlich nachzutragen: ,,Sherard Osborn, ,,A Cruise in Japanese Waters"; Oliphant, ,,Narrative of Lord Elgin's Mission to China and Japan"; W. Heine's,,Japan und seine Bewohner"; auch der treffliche, die Geschichte der Vertragsabschlüsse zwischen Japan und den Vereinigten Staaten, Russland, Holland, England, Frankreich behandelnde und manche wenig bekannte Details enthaltende Aufsatz K. Fr. Neumann's ,,Japan und sein Eintritt in die Völkerbewegung" in Heft 34 von ,,Unsere Zeit, Jahrbuch zum KonversationsLexikon". Die zunächst zu erwartenden ferneren Schriften Léon Pagès sind laut ausgegebenem Prospectus ein Japanisch-Französisches Wörterbuch, nach dem 1603 zu Nangasaki gedruckten und von JesuitenMissionären verfassten Japanisch-Portugiesischen Lexikon, so wie eine Französische Bearbeitung der Japanischen Grammatik von Donker Curtius und Dr. Hoffmann.

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9. Die kurz vor Abgang der Preussischen Expedition nach Japan beendete Schrift Heine's über jenes Reich bildet gleichsam die Einleitung zu seinen beiden grösseren Werken:,,Reise um die Erde nach Japan" und ,,Expedition in die See'n von China, Japan und Ochotsk unter Ringgold und Rodgers", denn während diese den Hergang bei der Wiedereröffnung Japans durch die Amerikaner und deren nächste Folgen schildern, finden wir in dem vorliegenden Buch eine historische Zusammenstellung über die früheren Beziehungen der Seemächte zu dem Ost-Asiatischen Inselreich. Es sind kürzere und längere, meist wörtliche Auszüge aus einigen der wichtigsten Reiseberichte, so aus denen von Marco Polo, Pinto, Kämpfer, Titsingh, Golownin u. s. w., mit biographischen Notizen und verbindendem erklärenden Text. Hierdurch wird allen denen, welchen Gelegenheit oder Zeit zum Studium der Originalschriften mangelt, ein leichtes Mittel in die Hand gegeben, sich in der Geschichte Japans zu orientiren und die Eigenthümlichkeiten jener Reisenden und ihrer Werke kennen zu lernen; mehr darf man von dem Buche nicht erwarten, einen wissenschaftlichen Werth kann und will es nicht beanspruchen.

10. Rascher, als wir zu hoffen gewagt, ist auf die erste Lieferung von L. v. Schrenck's ,,Reisen und Forschungen im Amur-Lande (s.,,Geogr. Mitth." 1860, Heft V, S. 202, Nr. 5) die zweite gefolgt, ein Quartband von 350 Seiten. Sie enthält der Hauptsache nach die Beschreibung von 190 Vogel-Arten, welche von L. v. Schrenck und zum Theil auch von R. Maack im Amur-Lande beobachtet wurden und unter denen sich nur Eine neue Species, Salicaria (Calamodyta) Maackii, Schrenck, befindet. Auch hier sind wie bei den Säugethieren die Fundorte und, wenn möglich, die Verbreitungsbezirke sorgfältig angegeben und häufig interessante Notizen über Sitten und Anschauungen der Eingebornen, die sich auf die Vögel ihres Landes beziehen, eingestreut. In den ,,Schlussfolgerungen" am Ende des Bandes werden zunächst die von Schrenck und Maack nicht bemerkten, von Pallas dagegen für Daurien namhaft gemachten 46 Arten aufgeführt, von denen 22 wahrscheinlich auch dem Amur-Lande nicht fehlen; ferner werden noch weitere 65 Arten genannt, die zwar bisher in keinem Theile des Gebietes beobachtet wurden, deren, wenn auch nur periodisches, Vorkommen daselbst aber aus dem Grund angenommen werden kann, weil man sie sowohl in Ost-Sibirien, am Stanowoi-Gebirge, am Ochotskischen Meer und bis nach Kamtschatka, als auch in China und Japan angetroffen hat oder weil sie quer durch die ganze Alte Welt verbreitet oder von den Küsten Kamtschatka's, der Kurilen und aus dem Ochotskischen und Japanischen Meere bekannt sind und daher mit Wahrscheinlichkeit auf Sachalin vermuthet werden können. In der nun folgenden Charakteristik der Vogelfauna des Amur-Landes wird dargethan, dass der bei weitem überwiegende Theil derselben aus Europäisch-Sibirischen Formen

besteht, dass sich aber dazu solche Arten gesellen, die nach den bisherigen Erfahrungen ausschliesslich dem Süden und Südosten der Alten Welt (China, Japan, dem Himalaya, Ost-Indien, den Philippinen, Molukken, Sunda-Inseln, ja sogar Neu- Holland) angehören. Die Einmischung dieser Formen unter die allbekannten Europäischen und Sibirischen ist es, welche der Fauna des Amur-Landes ein eigenthümliches, von dem Sibirischen abstechendes Gepräge giebt; es kommen jedoch dort nur etwa 10 Süd-Asiatische Vogel-Arten auf 10 Nord-Asiatische oder Europäisch-Sibirische. Besonders bemerkenswerth ist das Vorkommen von Zosterops chloronotus, der im Amur-Land eine Afrika, dem südlichen Asien und vorzüglich Neu-Holland eigenthümliche Gruppe repräsentirt, und von Pericrocotus cinereus, der einer Gruppe angehört, die sonst nur Bewohner der Tropen zählt, und in ihr die einzige in nördlichere Breiten vordringende Art abgiebt. Ferner finden sich, wie unter den Säugethieren, so auch unter den Vögeln einige Species, die im Westen der Alten Welt bis in das südliche Europa vorkommen, Sibirien aber ganz fehlen und erst im Amur-Lande wieder auftreten, wie Columba risoria, Ciconia alba, Ardea alba, Accentor alpinus, Pica cyana. Obwohl alle diese südlicheren Formen vorzugsweise für den südlichen Theil des Amur-Landes charakteristisch sind, so dringen doch manche im Thal des Hauptstroms weit nach Norden vor; noch bei Nikolajewsk traf L. v. Schrenck Emberiza personata und Muscicapa cinereo-alba an, bis in die Nähe der Amur-Mündung kommen Anas galericulata und vermuthlich auch Ardea virescens vor, noch im Mündungslaufe des Stroms zwischen Mariinsk und Nikolajewsk lassen sich Caprimulgus Jotaka und Salicaria Aëdon sehen u. s. w.; den Amur aufwärts kann man einige bis zum oberen Lauf desselben, so Caprimulgus Jotaka, andere bis nach Daurien verfolgen, wie Salicaria Aëdon und Pastor sturninus. Nach der allgemeinen Charakteristik der Vogelfauna des Amur-Landes werden in den ,,Schlussfolgerungen" die einzelnen Abschnitte des letzteren nach den ihnen vorzugsweise eigenthümlichen Arten unterschieden, sodann das morphologische Verhalten der Species, ihre klimatischen Veränderungen betrachtet, die Standvögel von den Zugvögeln abgesondert und die Zugzeiten der letzteren zusammengestellt. Dabei zeigt sich die überraschende Thatsache, dass das um 9 Breitengrade nördlicher als die Amur-Mündung gelegene Jakutsk seine Zugvögel ziemlich um dieselbe Zeit, ja oft sogar etwas früher als Nikolajewsk erhält, was jedoch eine genügende Erklärung in den grossen, während des Winters im Küstenlande sich anhäufenden Schneemassen und dem sehr späten Eintritt des Frühlings daselbst zu finden scheint. Schliesslich wird noch die ebenfalls sehr späte Brutzeit einiger Vögel im Amur-Land angeführt und eine Erklärung der auf 7 kolorirten Tafeln beigegebenen Abbildungen hinzugefügt.

11. Neben den Arbeiten von L. v. Schrenck und C. J. Maximowicz nimmt das schon im J. 1859 publicirte, uns aber erst kürzlich zugänglich gewordene Werk von Richard Maack seinem Umfang wie seiner Bedeutung nach in der Literatur über das Amur-Land einen rühmlichen Platz ein. Maack, als Lehrer der Naturgeschichte in Irkutsk lebend, wurde bekanntlich im J. 1855 von der dortigen Geographischen Gesellschaft nach dem Amur gesandt, um naturwissenschaftliche Untersuchungen anzustellen, und so war er einer der Ersten, die einen Blick in die Naturbeschaffenheit des neu eröffneten Gebietes werfen konnten. Sein Werk zerfällt in zwei Abtheilungen, einen über 300 Quart-Seiten starken Reisebericht und einen wissenschaftlichen Theil mit einer geognostischen Beschreibung des Amur-Thales (57 Seiten), der systematischen, zum Theil von Ruprecht, Gerstfeld und anderen Fachgelehrten vorgenommenen Bearbeitung der botanischen und zoologischen Sammlungen (146 SS.) und einem Vokabular der Tungusischen Sprachen am Amur. Als Frontispice ist dem Werke das Portrait des Grafen Murawjew-Amurski, des Begründers der Russischen Herrschaft am Amur, vorgeheftet, ausserdem gehört aber zu ihm ein grosser schöner Atlas von 17 landschaftlichen Ansichten, 6 Tafeln mit ethnographischen Abbildungen, namentlich auch Portraits von Eingebornen, 10 Tafeln mit botanischen Zeichnungen, einer Karte des Amur mit pflanzengeographischen Angaben, einer geognostischen Karte desselben, einem Plan von Aigun oder Sachalin-ulahoton und einem Plan des alten Albasin mit dem gegenüberliegenden Chinesischen Lager. Die Tafeln sind fast alle vortrefflich ausgeführt und grösstentheils höchst luxuriös auf Chinesischem Papier gedruckt, so dass sich dieser Atlas neben seinem grossen wissenschaftlichen Interesse auch als Prachtwerk in weiteren Kreisen empfiehlt. Leider entspricht dieser luxuriösen Ausstattung der Text in so fern nicht ganz, als er meist ohne allgemeinere wissenschaftliche Anschauung und Kritik geschrieben ist.]

(Geschlossen am 10. Januar 1861.)

Über die physikalische Geographie der arktischen Region.

Nach Otto Torell.

Als vor einigen Jahren die arktischen Expeditionen zur Aufsuchung Franklin's vereinzelter wurden und endlich durch McClintock's glänzende Fahrt neue sichere Beweise von dem Untergang der Vermissten nach Europa kamen, hörte man hie und da die Befürchtung äussern, man werde sich wohl nunmehr auf längere Zeit hinaus mit den bis jetzt errungenen Kenntnissen von der Polarwelt begnügen müssen. Aber es zeigt sich auch hierbei wieder, dass in unserer Zeit eine einmal begonnene Reihe von Untersuchungen nicht leicht abgebrochen wird, selbst wenn die spezielle Veranlassung, welche die erste Anregung gab, nicht länger fortwirkt. Franklin's Schicksal ist aufgeklärt, über das seiner Gefährten kann kaum noch ein Zweifel bestehen, aber man lernte während der langen Reihe von Expeditionen, welche zu diesem Ziele führten, den unabsehbaren Werth arktischer Forschungen für die Physik der Erde wie für alle naturwissenschaftlichen Disciplinen kennen und schätzen 1), an die Stelle des persönlichen Interesse trat mehr und mehr das wissenschaftliche und gefade jetzt scheint man weniger als je an ein Aufgeben. jener Forschungen zu denken.

Von Amerika allein sind im vergangenen Jahre nicht weniger als drei wissenschaftliche Fahrten in die Gewässer des Eismeeres begonnen worden 2) und darunter ist die des Dr. Hayes direkt auf die Erreichung des Nordpols gerichtet; McClintock hat die Tiefe des Meeres zwischen Schottland und Grönland und die Beschaffenheit seines Grundes untersucht; Captain Snow betreibt die Ausrüstung einer neuen Expedition nach dem Schauplatz von Franklin's Untergang 3), und damit auch die südliche Polarzone nicht vergessen werde, fordert Maury's gewichtige Stimme zu fortgesetzten Forschungen daselbst auf). So darf man also mit Grund schon in nächster Zeit auf eine reiche Vermehrung des Beobachtungsmateriales über die arktischen Gegenden rechnen, insbesondere hoffen wir noch in dem gegenwärtigen Jahrgange der,,Geogr. Mittheilungen" manches Neue aus jenen so überaus interessanten Regionen

1) Vergl. unter Anderem,,Geogr. Mitth." 1860, S. 443. 2) S.,,Geogr. Mitth." 1860, SS. 442 und 486.

3) S. ebenda, S. 407.

4) S. ebenda, S. 487.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1861, Heft II.

berichten zu können; zuvor aber sei uns gestattet, auf eine Arbeit des Schwedischen Naturforschers Otto Torell zurückzukommen, die, wie es scheint, bis jetzt wenig Verbreitung fand und doch vorzüglich geeignet ist, das Interesse an arktischen Forschungen neu zu beleben und in den wichtigsten damit verbundenen Fragen zu orientiren.

Otto Torell besuchte bekanntlich im Sommer 1857 Island und im folgenden Jahre zugleich mit Dr. Nordenskiöld und Quennerstedt die Westküste von Spitzbergen, die er in den Monaten Juli und August vom Horn-Sund im Süden bis zur Amsterdam - Insel im Norden untersuchte ). Bald nach seiner Rückkehr schrieb er in Schwedischer Sprache eine akademische Abhandlung unter dem Titel : ,,Beitrag zur Mollusken-Fauna Spitzbergens nebst einer allgemeinen Übersicht der Naturverhältnisse und früheren Ausdehnung der arktischen Region. Akademische Abhandlung, welche mit Erlaubniss der hochberühmten philosophischen Fakultät in Lund öffentlich vertheidigt werden wird im Auditorium Nr. 1 Sonnabend den 30. April 1859 durch O. Torell, Mag. phil., Cand. med. Stockholm 1859." Nur den kleineren Theil dieses Werkchens (SS. 121 bis 154) füllt die Beschreibung der auf Spitzbergen gesammelten fossilen und lebenden Mollusken, der weit grössere (SS. 5 bis 118) beschäftigt sich mit allgemeineren, auf die ganze Polarzone bezüglichen Fragen, wenn gleich auch hierbei die Mollusken als Beweismittel für eine frühere grössere Ausdehnung des Polarklima's eine wichtige Rolle spielen. Der Verfasser beschränkt sich nicht auf seine eigenen Beobachtungen, die er bei einer zweiten Reise nach Spitzbergen in dem bevorstehenden Sommer zu vervollständigen gedenkt, sondern giebt mit fleissiger Benutzung der einschläglichen Literatur gleichsam ein Résumé des bisher Gewonnenen. Da Manches hiervon, namentlich was die Meeresströmungen und die Erscheinungen der Gletscherwelt betrifft, in Deutschland als bekannt vorausgesetzt werden darf und auch in den ,,Geogr. Mittheilungen" öfters berührt. worden ist, so begnügen wir uns mit der Übersetzung einiger Haupt-Abschnitte, indem wir aus den übrigen nur das Wichtigste hervorheben.

1) S.,,Geogr. Mitth." 1859, S. 125.

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Die Abhandlung beginnt mit einer kurzen Darstellung der

Allgemeinen Naturbeschaffenheit Spitzbergens.

Zwischen 76° 30' und 81° N. Br. und 10° bis 26° Ö. L. v. Gr. breitet sich die Inselgruppe aus, die mit dem gemeinschaftlichen Namen Spitzbergen belegt ist. Die Seekarten von derselben sind bei weitem nicht vollständig 1) und haben kaum eine Verbesserung erfahren seit den Zeiten des Walfischfanges, ausgenommen durch die Vermessungen, welche während Parry's Versuch, von dort zum Nordpol vorzudringen, bewerkstelligt wurden. Spitzbergen besteht aus drei grösseren Inseln, dem eigentlichen Spitzbergen, Nord-Ost-Land und Stans-Foreland; durch Weide-Bai im Norden und Weide-Jans-Water (Stor-Fjord) im Süden wird die Hauptinsel in zwei beinahe gleich grosse Halbinseln gespalten, West-Spitzbergen und Neu-Friesland. Südlich und östlich vom Stor-Fjord liegt Stans-Foreland, nördlich von dieser Insel, durch die Hinloopen - Strasse von der nordöstlichen Küste der Hauptinsel getrennt, breitet sich Nord-Ost-Land aus.

Die westliche Küste des eigentlichen Spitzbergen ist ein hohes Bergland, dessen höchste Spitzen jedoch kaum 4- bis 5000 Fuss übersteigen, wenn sie auch in Folge ihres steilen Aufbaues von der Oberfläche des Meeres weit höher erscheinen. Zwischen den hohen und scharfen Bergrücken finden sich eine Menge Thäler, von denen die grösseren alle mit Gletschern angefüllt sind, die aus den meisten schroff ins Meer abstürzen. Die kleineren Gletscher dagegen, die nicht von grösseren Schneemassen gespeist werden, sind gewöhnlich vom Gletscherfeld begrenzt und zeigen dann der Hauptsache nach dasselbe Phänomen wie die Gletscher der Schweiz und Norwegens.

An der westlichen Küste reichen die Gebirge entweder bis unmittelbar ans Meer oder sie werden nur durch einen schmalen Küstenrand von demselben getrennt. Dagegen wird die Nordküste, so wie auch das Land um den StorFjord als Tiefland beschrieben.

Durch einen schmalen Sund wird die lange und schmale Insel PrinceCharles-Foreland von West-Spitzbergen getrennt. Kaum mehr als 1 bis 2 Deutsche Meilen breit ist sie von einer hohen Bergkette durchzogen. Phipps maass 5 von ihren Gipfeln und fand sie 4- bis 5000 Engl. Fuss hoch. Massige Gletscher schieben sich auch von ihnen ins Meer und scheinen beinahe überall an der Ostseite der Insel steil in den Sund abzustürzen.

Drei Fjorde, Horn-Sund, Bell-Sund und Ice-Sund, dringen mehrere Meilen in die südliche Hälfte von der West

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küste der Hauptinsel ein. Sie haben gute Ankerplätze und bieten besonders gute Gelegenheit dar zur Untersuchung der Seethiere. Sie sind ziemlich tief, im Bell-Sund und Ice-Sund findet man sogar bis 150 Faden Tiefe, während das offene Meer an der Küste selten mehr als 70 Faden Tiefe hat.

Bis zu einer Entfernung von 1 bis 2 Meilen von der Küste erstrecken sich die sogenannten Walrossbänke, ein Name, mit welchem man die Massen von mit Zoophyten bewachsenen losen Steinen belegt, welche hier ausschliesslich den Meeresgrund bilden. Der grösste Theil dieser Steine wird wahrscheinlich durch das Eis von den Gletschern selbst mitgeführt und sie sind nichts Anderes als die Überreste von Moränen. Man sieht diese Moränen wie lange schwarze Bänder, getragen vom Gletschereis, mit welchem sie hinunter ins Meer geführt werden. Auf der ganzen Strecke zwischen Horn-Sund und Magdalena - Bai hat der Grund dieselbe Beschaffenheit; in der Tiefe trifft man fast nie festen Felsgrund und selten Lehmboden. Im Norden von Spitzbergen, wo der Granit zu Tage tritt, hat man Sandboden am Meeresgrund.

Nördlich von Ice-Sund findet man an der Westküste keine tieferen Einschnitte mehr, sondern nur kleinere Buchten. Die Walrossjäger geben an, dass das Meer längs der ganzen nördlichen Küste seicht ist, und dasselbe ist an der südlichen der Fall, von wo sich eine Bank sogar bis Hope Island erstreckt. Südlich von Spitzbergen liegen noch eine Menge kleiner Inseln, die sogenannten TausendInseln.

Die Ostküste ist so gut wie unbekannt. Nebel und Eis verhindern die Beschiffung, welche erst in der Mitte August anfangen kann, während das Meer westlich von Spitzbergen oft schon im April zugänglich ist.

Zufolge Dove's neuesten Karten hat Spitzbergen eine Mittel- Temperatur von 5° bis 7,5° C. (—4° bis 6° R.) '). Die Isotherme für Juli, +5° C., wird südlich, die von 2,5° C. aber etwas nördlich von Spitzbergen gezogen. Über die Temperatur während des Frühlings und der Sommermonate hat man Scoresby's vieljährige Beobachtungen, für den Winter aber (die Winternacht dauert vom 22. Oktober bis zum 22. Februar) fehlen solche. Dove hat indess die Isotherme für Januar zu 10° R. bei Süd- und zu -14° R. bei Nord-Spitzbergen angenommen.

Das Klima ist demnach milder, wie die geographische

1) Die Isotherme 5' C. verläuft im arktischen Amerika und Sibirien unter dem 60° N. Br. und sogar die Küste von Labrador hat dieselbe niedrige mittlere Temperatur, welche auch die Nord-Grönlands ist, wo doch in Folge des wärmeren Sommers und der kürzeren Winternacht Kolonien errichtet werden konnten.

Lage es anzudeuten scheint, Dank dem hier noch bemerkbaren Einfluss des Golfstroms. Während des kurzen Sommers gelangt der Boden jedoch nie zum Aufthauen bis zu einiger Tiefe, woraus sich auch erklärt, dass man keine Quellen findet und dass die Wassermenge, welche in flüssiger Gestalt das Meer erreicht, unberechenbar klein ist im Vergleich mit den Eismassen, welche die grossen Gletscher unaufhörlich in den Ocean hinausschieben. Längs der ganzen Küste sieht man die Eiswände der Gletscher sich bis zu 400 Fuss senkrechter Höhe über das Meer erheben, welches durch die unaufhörlich herabstürzenden Eismassen bis zu einem bedeutenden Umkreis in Unruhe versetzt wird.

Innerhalb der Fjorde liegt das Eis fast mehr als einen Monat über Mittsommer hinaus. Noch am Mittsommertage sah ich Schnee auf dem Felde, aber kaum war dieser verschwunden, so zeigte das beständige Tageslicht seine unglaublich rasche Einwirkung auf die Entwickelung des Thier- und Pflanzenlebens. Das im Juni noch abgemagerte Rennthier ist im August fetter, wie es jemals unter gewöhnlichen Verhältnissen in Norwegen wird.

Die Ungleichheit zwischen dem Klima des nördlichen und südlichen Spitzbergen ist ziemlich in die Augen fallend. Während sich im Ice-Sund in der Mitte des August die Berge bis zu bedeutender Höhe über der Meeresfläche schneefrei zeigten, waren wenige Tage früher Schneeflecken bis an den Wasserrand ganz gewöhnlich bei Norways (79° 50′). In gleicher Weise findet man in Süd-Spitzbergen ziemlich grosse Thäler frei von Gletschern, was im nördlichen Spitzbergen nie der Fall ist.

Mit Grund kann man die Schneegrenze nicht als bis zur Meeresfläche herabsteigend ansehen. Sogar die Nordküste ernährt zahlreiche Rennthierheerden und 29 Phanerogamen wurden während Parry's Expedition an derselben. gefunden. Ganz in der Nähe des 80. Grads fand ich im August den Boden fast schneefrei und überall bedeckt mit Vegetation. Genauere Untersuchungen würden wahrscheinlich auch ergeben, dass die Schneegrenze auf Süd-Spitzbergen ziemlich hoch über dem Meere liegt 1). Die Flora von Nord-Spitzbergen ist nicht unbedeutend ärmer als die des südlichen, ein Verhältniss, welches auf dieselbe Ungleichheit im Klima hindeutet, welche schon von den Gletschern und den Schneefeldern angezeigt wird, die einen wichtigen

1) Durocher nimmt an, dass sich die Schneegrenze nördlich von 78° N. Br. bis zur Meeresfläche senkt und sich südlich davon so allmählich erhebt, dass sie bei der Bären-Insel (74° 30') die Höhe von 180 Meter über dem Meer erreicht. Mit Grund sieht indess Leopold v. Buch diese Berechnung als viel zu niedrig an und setzt die Schneegrenze bei der Bären-Insel doppelt so hoch, eine Berechnung, welche auch die Vegetation von Süd-Spitzbergen des Näheren zu bestätigen scheint.

Theil der Frage von der physischen Beschaffenheit Spitzbergens ausmachen.

Die Gletscher Spitzbergens.

Während bisher unter den Gletschern Europa's fast nur die der Schweiz das Ziel genauerer Untersuchungen waren (wenn man J. D. Forbes' Studien über Jostedals-Brä in Norwegen aus nimmt 1)) und sogar die mächtigen Gletscher auf Island kaum untersucht wurden, seitdem vor beinahe einem Jahrhundert Olafsen und Povelsen sie besuchten, sind dagegen Spitzbergens Gletscher mit Sorgfalt studirt worden von Scoresby, Martins und Durocher, so wie auch zum Theil von Latta 2).

Es würde demnach überflüssig sein, hier meine eigenen Beobachtungen in dieser Richtung darzulegen, wenn nicht die genannten Verfasser ihre Untersuchungen angestellt hätten, ehe Charpentier, Agassiz und J. D. Forbes die Resultate ihrer Forschungen bekannt machten. Verschiedenes ist dadurch von ihnen übersehen, was sie sicherlich beobachtet haben würden, wenn sie nach dem Jahre 1842 Spitzbergen besucht hätten, und ich habe ausserdem dadurch, dass ich mich in fast allen Fjorden von WestSpitzbergen aufhielt, Gelegenheit gehabt, mehr Gletscher zu beobachten, als Scoresby, welcher seinem Berufe gemäss seine meiste Zeit auf offener See zubringen musste, und als mehrere von den Gelehrten der Französischen Expedition, deren Forschungen ausschliesslich in Bell-Sund und Magdalena-Bai angestellt wurden.

Des Weiteren haben eben die Schriften dieser Männer dazu beigetragen, eine unrichtige Vorstellung von der physischen Beschaffenheit der arktischen Gletscher zu geben. Martins sah nämlich keine Moränen und nahm desshalb an, dass die Gletscher mehr aus einer Art härterem Fond (névé, Firn) als aus wirklichem Eise mit ausgeprägter Grenze zwischen dem Fond und dem Gletscher beständen 3), aber ich hoffe zeigen zu können, dass die Gletscher auf Spitzbergen eben so normal sind wie an anderen Orten.

Was die Ausdehnung der Gletscher landeinwärts anbetrifft, so sind die Geologen der Französischen Expedition

1) Forbes, Norwegen und seine Gletscher, übersetzt von Zuchold, Leipzig 1855, SS. 142 ff.

2) Scoresby, Account on arctic regions. London 1820. Martins, Glaciers du Spitsberg comparés à ceux de la Suisse et de la Norvège (Bibliothèque universelle de Genève, Juillet 1840). Durocher, Mémoire sur la limite des neiges perpétuelles, sur les Glaciers du Spitsberg comparés à ceux des Alpes etc. (Voyages en Scandinavie etc. sur la Corvette,,la Recherche", publ. par Gaimard, Géographie physique, I, 2me partie. Paris). Latta, On the Glaciers of Spitsbergen (Edinb. New Philos. Journ. Juni 1827, p. 95).

3) Martins, S. 15. Vergl. J. D. Forbes, On Glaciers and Glacial Phaenomena (in Johnston's Physical Atlas, p. 34, 2. Ausg. Edinburgh & London 1856.

verschiedener Ansicht; während Martins die Gletscher der Küste als mit dem Schneefelde des Binnenlandes zusammenhängend ansieht, wird diess von Durocher geleugnet. Selbst habe ich hierüber keine Untersuchungen anstellen können, welche allein die Frage zu lösen vermögen 1).

Auf einer Wanderung über den Bell-Sund-Gletscher zu einem der Felsen, von denen er seinen Zufluss erhält, hatte ich Gelegenheit, den Fond desselben zu untersuchen, und fand ihn nach demselben Typus gebildet wie in Europa, d. h. bestehend aus verhärtetem, festem Schnee, nicht aus Eis, welches den eigentlichen Gletscher ausmacht. Die verhärtete Schneemasse behielt deutlich die Struktur auf einander liegender Schichten, was ich oft mit blossen Augen oder durchs Fernrohr auch an anderen Gletschern zu beobachten Gelegenheit hatte. In Vertiefungen sah man deutlich den grünen Farbenwechsel, der Fond war sonst schneeweiss, dort wie anderswo. An einer Stelle sah ich eine grosse, einem Abgrund ähnliche Öffnung, so wie auch der Fond durch sehr tiefe Rinnen, oft zu oberst von dünnen Schneelagen bedeckt, quer durchspalten war. Dieser Fond ging ohne scharfe Grenze in Eis über, denn erst auf dem grossen, durch mehrere Zuflüsse gebildeten Gletscher wurden die Moränen deutlich, und diese möchten am besten die Grenze zwischen dem Fond und dem Eis andeuten. Es ist möglich, dass die Gletscher zweiter Klasse auf Spitzbergen nicht aus Eis, sondern nur aus dem Fond bestehen, wovon man sich jedoch nicht vor Ende des Sommers, wenn der Winterschnee geschmolzen ist, überzeugen kann.

Der eigentliche Gletscher (die Abtheilung des Gletschers, welche von zusammenhängendem Eise gebildet wird) hat, wie bekannt, in der Schweiz drei ungleiche Abtheilungen, die man auch auf Island wiederfindet, nämlich den Eisabsturz, zunächst dem Fond, ausgezeichnet durch seinen geborstenen und schroffen Zustand, dann die beinahe horizontale Hauptmasse (mer de glace) und schliesslich den wieder steil abschüssigen untersten Theil des Gletschers.

Von diesen Abtheilungen konnte ich niemals ausgeprägt und deutlich den Eisabsturz ausfindig machen, sondern es schien mir stets der Fond unmerklich und langsam sich abdachend in den Gletscher überzugehen. Obgleich dieser

1) Ich muss hier erwähnen, dass die Zeit, welche ich dem Studium der Gletscher widmen konnte, sehr beschränkt war, weil beinahe die ganze Zeit durch die Zubereitung der Seethiere in Anspruch genommen ward. Meistens geschahen die Exkursionen des Nachts, konnten aber nie bis weit von den Ankerplätzen ausgedehnt werden. Der Gletscher, welche ich mehr oder weniger hoch erstiegen habe, sind fünf, nämlich einer im Horn-Sund, einer in Nordhamn im Bell-Sund (mehrere Male von mir gekreuzt und bestiegen), einer im Innersten von Green-Harbour im Ice-Sund, einer in der Magdalena-Bai, einer auf dem festen Lande, Hackluyt-Headland gerade gegenüber.

(bei Horn - Sund und Bell-Sund) noch am Ende des Juni von Schnee bedeckt war, konnte ich doch leicht sehen, dass er aus wirklichem Eis bestand, sowohl da, wo er ins Meer abstürzt und besonders deutlich die blaue oder blaugrüne Farbe zeigt, als auch bei Untersuchung der Spalten und Kanäle, aus denen die kleinen Bäche des Gletschers hervorströmen. Die blauen und weissen Bänder, das sicherste Kennzeichen wirklicher Eis-Struktur, waren auch vollkommen deutlich sichtbar, sowohl im Gletscher selbst wie auch in den yor demselben schwimmenden Eisstücken, welche von dort ins Meer hinabfielen 1).

Im Allgemeinen zeigt hier die horizontale Hauptmasse weniger Phänomene als in einem südlicheren Himmelsstrich. Spalten finden sich nicht auf allen Gletschern. Da wo ich sie sah, gingen sie von den Seiten aus, waren aber weder so tief noch so zahlreich wie an anderen Orten. Spuren von Gletschertischen sah ich nur ein Mal, gerade Amsterdam Island gegenüber, wo zur Seite des Gletschers einige Cochlearien und Saxifragen einen kleinen grünenden Gletschertisch bildeten. Die auf Island auf gewissen Gletschern so zahlreichen Pyramiden kommen hier nie vor, so wenig wie die sogenannten Brunnen (puits). Die Gletscherrinnen waren auch bei weitem nicht so zahlreich wie im südlicheren Klima, aber ziemlich gross, mit reissendem Lauf und durchaus klarem Wasser. Der Wasserfälle kann es sonach auf dem Eis auch nicht viel geben, zur Seite von ein Paar Gletschern kommen jedoch einige solche von ungewöhnlicher Schönheit vor.

Wie bekannt, leugnet Forbes, dass der Gletscher geschichtet sei, wogegen Agassiz diess behauptet 2). Sowohl ein kleiner Gletscher Amsterdam Island gerade gegenüber, beobachtet an einer beinahe senkrechten Seite, wie auch die Gletscher im Green-Harbour des Ice-Sundes an ihrem unteren Theile schienen geschichtet zu sein. Genauere Untersuchungen konnte ich indessen hierüber nicht anstellen.

,,Dirtbands" konnte ich nie mit Bestimmtheit entdecken, obgleich ich sie an der Magdalena-Bai und English Bay bei Beobachtung schroffer Gletscher, welche von unten

1) Obgleich man nach Ross angab, dass das Eis in der BaffinBai, so wie auch die von dort kommenden schwimmenden Eisberge, nicht aus wirklichem Eis bestehe, scheint mir diesen Angaben auf das Bestimmteste widersprochen zu werden sowohl durch Rink's Beobachtungen über das Grönland-Eis wie auch durch Kane's Beschreibung des Humboldt-Gletschers im Smith-Sund, so wie endlich durch die Angaben über die grosse Menge von Steinen und Kies, welche Scoresby und Andere auf solchen schwimmenden Eisbergen sahen und welche diese folgerichtig nicht mit sich führen könnten, falls sie nur aus verhärtetem Schnee und nicht aus wirklichem Eis beständen.

2) Forbes, Reise in den Savoyer Alpen, bearbeitet von Leonhard, Stuttgart 1845, S. 27. Agassiz, Nouv. études et expériences sur les glaciers actuels (Système Glaciaire I), Paris 1847, S. 201.

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