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chem derselbe die Ergebnisse einer Untersuchung des Hrn. de Rossi über die venusinischen Fasten vorläufig mittheilt und an diesem Beispiele die Wichtigkeit der besonders in den italiänischen Bibliotheken vorhandenen handschriftlichen Sammlungen lateinischer Inschriften aufs Neue darlegt.

Hr. Mommsen hatte die Ansicht aufgestellt, alle erhaltenen Abschriften der genannten Fasten seien auf Eine Originalabschrift zurückzuführen, und vermuthet, dieselbe möge von Fra Giocondo herrühren; Hr. A. W. Zumpt hatte dagegen geleugnet, dass Fra Giocondo das Denkmal selbst gesehen habe und dafs die vorhandenen Abschriften desselben auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen. Hr. Mommsen zeigte ferner, dass das Original in dem unter dem Namen Castro Capuano bekannten Schlosse der Vicaria zu Neapel aufbewahrt worden sei; Hr. Zumpt nahm ein Castrum zu Capua an, von dem nichts bekannt ist. Der venusinische, von Hrn. Zumpt geleugnete, Ursprung dieser Fasten wurde von Hrn. Mommsen aus Briefen des Pomponius Laetus und des Politianus erwiesen, von denen der Eine quaedam monimenta rerum, der Andere eine tabella bello Marsico facta als in Venusia gefunden angeben.

Hrn. Mommsen's zuletzt im Rheinischen Museum X S. 481 ff. dargelegte Ansichten sind durch die Untersuchung der verschiedenen Exemplare der Inschriftensammlung des Fra Giocondo, die Hr. de Rossi, correspondirendes Mitglied der Academie, angestellt hat, vollständig bestätigt worden.

Bekanntlich ist von den beiden berühmtesten Exemplaren jener Sammlung das der Magliabecchiana dem Bischofe Ludwig de Agnellis von Cosenza, das der Bibliothek des Capitels von Verona dem Lorenzo de' Medici gewidmet. Beide wurden bisher für ganz gleichartig gehalten. Hr. de Rossi hat aber ausgefunden, dafs vielmehr die dem Bischofe gewidmete Recension, von der bis jetzt nur das eine Exemplar bekannt ist, zwar etwas weniger reichhaltig ist als die andere, aber geordneter und streng in der Zusammenstellung der jedem Orte angehörigen Denkmäler. Sie zerfällt in zwei Theile. Der erste enthält, nach den eigenen Worten des Sammlers, die von ihm gesehenen Denkmäler; der zweite solche, die ihm Andere mitgetheilt hatten. Die fraglichen Fasten stehen im ersten Theile: also

sah sie Fra Giocondo, und dieser Punkt ist dadurch zu Hrn. Mommsen's Gunsten entschieden.

Es fragt sich nun, wo Fra Giocondo sie gesehen hat, in Capua oder in Neapel. Die sämmtlichen capuanischen Inschriften finden sich in jenem Codex von fol. 131 recto bis 133 verso. Dann folgen die Inschriften anderer Städte des Königreichs Neapel, bis auf f. 136 recto die der Stadt Neapel beginnen, die bis f. 144 reichen. Die fraglichen Fasten finden sich unter den letzteren, und zwar gerade unter denen, welche im Castello Capuano aufbewahrt wurden, und, was wohl zu beachten ist, unmittelbar nach dem Calendarium Venusinum, von dem sie nur durch einen Zwischenraum von drei Zeilen getrennt sind, ohne dafs die Überschrift Apud eundem (d. i. apud ducem Calabriae) wiederholt ist, die aber bei der nächsten Inschrift wiederkehrt. Hieraus folgt, dafs Fra Giocondo diese Fasten im neapolitanischen Castello Capuano sah und dafs auch in dieser Hinsicht Hr. Mommsen nicht geirrt hat. Da nämlich nach Fra Giocondo's eigener Angabe der erste Theil seiner Sammlung die von ihm selbst gesehenen Inschriften enthält und sich bei genauerer Durchforschung dieses Theiles durchaus keine Denkmäler unsicherer Herkunft finden, so kann der leere Zwischenraum nicht andeuten, dass Giocondo nicht gewusst habe wohin diese Fasten gehörten, in welchem Falle er sie in den zweiten Theil verwiesen haben würde. Vielmehr ist schon hier die Folgerung erlaubt, dafs er eine besondere Angabe nur deshalb unterliefs, weil die vorhergehende Bestimmung sich auch auf die Fasten bezog, d. h. weil er Calendarium und Fasten als zusammenhörig ansah. Über jenem steht: apud eumdem est haec pars kalendarii, quae reperta fuit in agro Venusino.

Aller Zweifel daran, dafs Fra Giocondo wirklich Calendarium und Fasten als zusammengehörig betrachtete, wird durch Hrn. de Rossi's Untersuchung der anderen, Lorenzo von Medici gewidmeten, Recension seiner Sammlung beseitigt. Abgesehen von erweiterten oder zerrissenen Abschriften bei anderen Sammlern kennt Hr. de Rossi drei Exemplare dieser Recension, das angeführte sehr genau und schön geschriebene Veroneser, das borgianische, jetzt in der Bibliothek der römischen Propaganda, und eines in der Marciana zu Venedig: das Originalexemplar

ist abhanden gekommen, nachdem es noch dem Papste Clemens XIV zum Geschenke gemacht war. In dieser Recension ist nun die geographische Anordnung gestört und namentlich ist zwischen die neapolitanischen Inschriften eine Reihe von Inschriften aus Capua und Pozzuoli eingeschoben. Nach diesen letzteren folgen die Steine des Herzogs von Calabrien und am Ende derselben unsere Fasten. Wäre daher das Castrum Capuanum sonst nicht bekannt, so könnte man allenfalls darauf gerathen, es nach Pozzuoli zu versetzen, nimmermehr aber nach Capua. Also selbst diese Codices schliefsen die capuanische Abstammung der Fasten aus. Sie bestätigen aber die venusinische. Der Sammler fügte nämlich dem venusinischen Calendarium andere Calendarien-Fragmente bei, die er in Rom abgeschrieben hatte, und zwar die des esquilinischen und des capranicensischen Calendariums, aber nicht unmittelbar, sondern erst nach unseren Fasten. Dies zeigt, dafs er diese als integrirenden Theil des venusinischen Calendariums ansah. Auch ist dies gewiss das Richtige: ebenso sind die bekannten antiatinischen Fasten mit dem Calendarium Antiatinum verbunden.

Vergleicht man mit diesen Ergebnissen die bereits von Mommsen benutzten Documente, so wird wohl niemand mehr daran zweifeln, dafs die von Pomponius Laetus und von Politianus erwähnten monimenta rerum und tabella bello Marsico facta, die gleichfalls in Verbindung mit dem Calendarium Venusinum aufgeführt werden, eben unsere Fasten sind, und der schwache Einwurf, dafs in diesen a bello Marsico stehe, wird nicht wiederholt werden.

Auch in der Frage nach dem historischen Monumente, das mit den venusinischen Fasten verglichen wird, tritt Hr. de Rossi auf Hrn. Mommsen's Seite, indem er dabei unentschieden läfst, ob das calendarium semenstre mit Hrn. Mommsen in bimenstre zu verändern oder hier Hrn. Zumpt Recht zu geben sei. Diese und ähnliche Erörterungen bleiben der vollständigen Bekanntmachung der Abhandlung des Hrn. de Rossi aufbehalten.

Der zweite Theil seiner Abhandlung erweist, dafs Hr. Mommsen mit vollem Rechte alle vorhandenen Exemplare der venusinischen Fasten auf die Urabschrift des Fra Giocondo zurückführt.

Aufser den gedruckten Exemplaren und denen der vier angeführten Codices des Fra Giocondo kennt Hr. de Rossi noch drei andere Codices, welche jene Fasten enthalten, einen von ihm selbst entdeckten venetianischen des Petrus Sabinus, einen früher von dem Cardinal Canali besessenen, einen dritten bei dem Cavaliere Cicogna in Venedig. Die beiden letzteren beruhen ganz auf der Sammlung Fra Giocondo's, die vielfach ausgeschrieben, interpolirt, auch vermehrt wurde. Wichtig aber ist, dafs ein geographischer Index in der Handschrift des Hrn. Cicogna unter der Rubrik In agro Venusino gerade nur die Fasten und das Calendarium aufführt, die wiederum mit dem Zwischenraume von drei Zeilen und mit derselben Ortsangabe wie bei Fra Giocondo selbst gegeben sind.

Über den Codex des Petrus Sabinus wird erst später entschieden. Zunächst stellt Hr. de Rossi den Text der Fasten auf, wie ihn die Handschrift der Magliabecchiana, die Veroneser und die der Marciana mit ganz unbedeutenden Varianten liefern. Er führt aus, in wie schmählicher Weise Gori den Text, den er aus dem Codex der Magliabecchiana gab, verunstaltete, ohne seine sogenannten Emendationen irgend anzudeuten, und er erkennt an, dafs durch dieses Verfahren Hrn. Zumpts Annahme mehrerer Urabschriften einigermassen entschuldigt wurde, während Hr. Mommsen sich dadurch nicht täuschen liefs.

Dass Apian's Sammlung im Allgemeinen auf Fra Giocondo zurückgeht, hat schon Mommsen in den Neapolitanischen Inschriften nachgewiesen: aber Apian's Exemplar war ein sehr verderbtes, das er selbst noch mehr entstellte; daher auch sein Text der venusinischen Fasten keine Verwunderung erregen darf. Hat er doch einmal einen cameo mit einem Kamele verwechselt und ein Kamel mit der dazu gehörigen Inschrift in seinem Buche abgebildet.

Petrus Sabinus sagt selbst, dafs er den Fra Giocondo benutzte; dafs er die venusinischen Fasten ihm entnahm, beweist Hr. de Rossi einerseits aus der verderbten Überschrift, andererseits aus der fehlenden Ortsangabe.

So bleiben Pighius und Muratori. Die aus dem Codex des Cardinals Cervini gezogene handschriftliche Copie des Pi

ghius stimmt mit Fra Giocondo genau, indem die wenigen Varianten bald offenbare Irrthümer, bald willkürliche Emendationen sind. Einen äufseren Beweis aber dafür, dafs Fra Giocondo's Sammlung auch jenem Codex zum Grunde lag, liefert der Umstand, dafs in der zweiten Ausgabe von Gruter's Thesaurus alle Varianten derjenigen Inschriften, welche sich bei Fra Giocondo wiederfinden, mit den Lesarten desselben übereinstimmen, da sie doch aus dem Manuscripte des Pighius stammen. Dieser benutzte also einen aus der Sammlung des Fra Giocondo abgeleiteten Codex, der ohne Zweifel der des Cervini war. Ist aber dieses richtig, so hat Mommsen um so mehr Recht, wenn er das Capuae in castro des Pighius für eine blofse Änderung erklärte, die aus Mifsverständnifs des in castro Capuano entstanden sei.

Muratori's Exemplar endlich, aus den farnesianischen Scheden des Tommaso Scandiano genommen, giebt allein die Fasten in richtiger chronologischer Ordnung, was, auch nach Hrn. Zumpt, andeutet, dafs Muratori sie nach seiner Weise ordnete. Auch diesem Exemplare lag Fra Giocondo zum Grunde, wie sich aus den vorangeschickten Worten ergiebt, die identisch sind mit denen in der anerkannten Sammlung Giocondos. Die Varianten kommen nicht alle auf Rechnung der Scheden Scandiano's, sondern zum Theil auf die der bekannten Nachlässigkeit Muratori's. Hr.' de Rossi weist dies und die Entstehung anderer Varianten an Beispielen in der Inschrift nach und schliefst mit der vollen Anerkennung der Wahrheit, dafs Fra Giocondo der einzige Gewährsmann für diese wichtige Inschrift ist.

Hr. de Rossi beschliefst seine Arbeit mit einer Herstellung der Fasten. Er weicht darin sowohl von der mommsenschen als von der zumptischen ab, stimmt aber Hrn. Zumpt darin bei, dafs das bestrittene hoc anno quaestores creati sich auf die Einführung dieser Magistrate in Venusia beziehen. Nimmt man seine Herstellung an, so lösen sich alle Schwierigkeiten vor jenem Jahre der angenommenen Einführung der Quästoren werden dieselben nicht erwähnt, nach demselben fehlen sie nie, und alles Übrige ist in vollständiger Ordnung, nur dafs eine Zeile wahrscheinlich vom Abschreiber ausgelassen

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