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die Bußen um Ehe und Friedbruch im engern Sinne der hohen Gerichtsbarkeit vorbehalten 1); es ist jedoch dieses offenbar nicht so zu verstehen, daß diese Vergehen, sofern sie mit der f. g. großen Buße von 50 % bestraft wurden, deßhalb als peinliche Sachen anzusehen gewesen wären, die vor den Landtag gehörten; sondern es scheint hier, namentlich bei den Bußen um Ehe, lediglich der fiscalische Standpunkt zu Gunsten der Besitzer der hohen Gerichtsbarkeit geltend gemacht worden zu sein. Friedbruch konnte allerdings dem Landtag verfallen, wenn er mit dem Fall einer Tödtung oder schweren Verwundung verbunden war. Im Uebrigen lag es in der Natur der Sache, daß die Handhabung des Friedens und somit auch die Buße wegen dessen Verlegung dem Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit zukam, selbst wenn nicht von peinlicher Strafe die Rede war.

Derjenige, welcher eines todeswürdigen Verbrechens angeklagt und überführt war, hieß, mit Ausnahme des frevent= lichen Todschlägers, mit technischem Namen ein „schädlicher“ Mann. Dieser Name wurde auf den bloßen Frevler niemals angewendet. Für verurtheilte Verbrecher finden wir auch die Benennung, ein „verzalter" Mann, sowie im besondern die Prädicate „elos und fridelos". Den Affect bei Begehung eines Verbrechens, namentlich bei Körperverleßungen, Drohungen u. s. w., finden wir ausgedrückt durch die Bezeichnung „in Zorneswise" oder in einer Hiße" im Gegensatz zu der „boshaftigen", vorbedachten, überlegten That. Die Bezeich= nung „frevenlich“ ist technisch, wo sie in den Stellen vorkommt, so namentlich bei dem Uebermähen, Ueberschneiden u. f. w. Hier bezeichnet sie den Gegensatz zu der bewußten, ein eigentliches Verbrechen, Fälschung, in sich schließenden Gränzverrückung oder Gränzverleßung.

Nicht nur der physische Urheber eines Verbrechens oder Frevels wird bestraft, sondern auch der intellectuelle Urheber und der Gehülfe oder Begünstiger.

Rathsb. IV. 37. b. 1423. Item als Hans Swißer „von langetan xxx wuchen in vnserm turn gelegen ist von „des wegen, dz er ein helfer vnd antrager gewesen

1) Bd. I. S. 647. 739.

„ist der fach, als ein erber man von floreng, der vnserm „Herrn, dem küng zugehört, by mellingen nidergeworffen, „gefangen, gebunden vnd im dz sin genon wart, bi der„felben getat er mit fim lib nit waz: also het er ,,im turn diß kalten winters vast gebußet, vnd hant all „erber frowen in vnser Statt für Inn gebetten, Im „gnedig ze sint vnd bi leben bliben ze laffen. Da„ruff hant Ret vnd Hundert erkennt vnd den man den „frowen geschenkt, dz die mit 3m tun vnd wandlen mögent, wie sy wellent. Doch het er ein vrfecht brieff „vber sich selber gen, feria 2da post corp. Christi.“ Ebenso wird es auch bei bloßen Freveln gehalten. Echon nach dem geschwornen Briefe von 1252 fällt die Strafe einer „Hauptlug" auf den Anstifter zurück, wenn der der unmittelbare Thäter denselben nachzuweisen vermag 1).

Wenn hieraus hervorgeht, daß die intellectuelle Urheberschaft eines Verbrechens oder Frevels dessen physischer Ausführung hinsichtlich der Strafbarkeit gleich gehalten wurde, so geht dagegen ebenfalls aus dem geschwornen Briefe und anderen Zeugnissen hervor, daß der Gehülfe und Begünstiger nicht in völlig gleichem Grade strafbar erachtet wurde:

Geschw. Brief von 1252: „Vnd swer dem manfleggen "sin gunst, helfe old rat mit ezzenne ald mit trin„kenne, mit worten ald mit werchen git zuo der „manslaht ald an der getat, ald swer daran vunden ,,wirt, daz er dem mansleggen nach der getat dehein „weg beschirmet, der hat verschult an finem guote „daz selbe gerichte mit ime ane einig den tot."

Aber nicht nur das vollendete Verbrechen wird mit Strafe bedroht, sondern auch Versuch shandlungen werden bestraft. Nach welchen Grundsäßen der Versuch als solcher bestraft wurde, ist nicht völlig klar; denn es liegen uns wenige solcher Straffälle vor, wo nicht die Versuchshandlung, welche bestraft wird, ein eigenes, benanntes Vergehen in sich schließt, das

1),,Ob deheine dem andern ein houbetlug vf leit, im ze swekenne fine ere, ,,der sol dem bessern ein phunt vnd den burgern ein phunt, ald er muge „denne einen andern gestellen an sin stat, der den lug ges stiftet hat."

als nächster Gegenstand der Bestrafung angesehen werden muß. So sind alle Versuchshandlungen zu den verschiedenen Graden der Körperverletzung in den Rechtsquellen als selbstständige Vergehen benannt und bedroht, wie das Angreifen mit bewaff= neter Hand, das freventliche Messerzucken, das Eindringen auf einer Gegner und die Hausrechtsverletzung u. s. w. 1). Ein Beispiel wirklichen und reinen Versuchs dagegen liegt in folgender Stelle aus dem Jahr 1422:

„Vlli fry, der Gewandsnider bot sich vor Gericht zen. „vnschulden vnd wölt für ein sach gesworn han; da„ran er gestöwet wart vnd lies nachher dauon. „Dorümbe ist ouch gut kuntschafft erhört vnd mit geswor„nen eiden kuntlich worden. Also ist er von des „argen eides wegen gesträfft vmb sin ere vnd ab den „hunderten gestoßen vnd sol darzuo x % ze buß geben an „gnade 2).“

I

Die Strafe des Meineids ist Verlust der Ehre und zwanzig Pfund Buße 3); der Versuch, dessen Ausführung durch den Schuldigen nur durch außer ihm liegende Umstände verhindert wurde, erhielt gleiche Ehrenstrafe, aber nur die Hälfte der auf das vollendete Verbrechen gesetzten Geldbuße.

Der durch Geschrei vereitelte Versuch des gewaltsamen Mißbrauchs eines Kindes, wozu der Anfang der Ausführung gemacht war, wurde mit Schwemmen und Verbannung geftraft 4).

Qualificationen, welche die Strafbarkeit bestimmter Ver

1) z. B. Rathsb. I. 202. Emende secundas accusate post nat. dom. 1404.,,Hans Ruoft wolt Erni lüßelbrots tochter vnd fin fun han er „stochen nachts vnd brach zu der stalstüren freuenlich In.“ Das Messerzucken auf Einen wird überall als selbstständiges Vergehen behandelt, auch wenn weiter nichts geschieht. Im Herrschaftsrecht zu Dagmersellen ist das Messerzucken mit 5 und 15 ß., in Weggis mit 1 ☎ gebüßt. Ebenso das Andringen auf einen Gegner, ohne ihm einen weitern Schaden zuzufügen. Bd. I. S. 403. 665. In der Stadt ist die . Buße für Lezteres 10 ß., für ersteres steigt sie bis auf 5 8, z. B. Rathsb. I. 1. 1381. post Joh. „Gisbel zukte Messer vber heini „nawer vnd wolt in han erstochen.“

2) Rathsb. 1. 374. a. 1422. 5ta ante omn. Sanctor,

a) S. unten beim Meineid.

4) Rathsb. I, 368 b. 1433. Corp. Christi.

brechen erhöhen, finden wir mehrere vor. So begründet der Zustand gegebenen oder gelobten Friedens für alle Verbrechen und Verletzungen, die mit Worten oder Werken wisfentlich von dem, der den Frieden gegeben oder genommen hat, von dem Genossen des Friedens oder den Seinigen verübt werden, einen höhern Grad der Strafbarkeit 1). So ist ferner jeder Frevel, der zur Nachtzeit verübt wird, mit dem Doppelten 2), jeder Frevel, der vor Gericht verübt wird, mit dem dreifachen Strafmaß bedroht 3). Ein Schärfungsgrund der Strafe ist der Rückfall 4).

Bezüglich der subjectiven Strafbarkeit, namentlich der der Frevel, die in der Stadt Lucern vorfielen, ist hier hinzuweisen auf einige Verordnungen, welche das Verhältniß der Burger und Gäste betrafen. Es wurde nämlich in weiterer Ausbildung derjenigen Vorschriften über das Verhältniß der Gäste in der Stadt, die wir schon früherhin angeführt haben 5), im Jahr 1417 neuerdings grundsätzlich verordnet, daß Gäste hinsichtlich der Bußen, die sie verschulden, nicht besser gehalten werden sollen, als Burger 6). Im Jahr 1419 erscheint dießfalls eine characteristische Verfügung. Wie wir nämlich bei Darstellung der Strafarten im folgenden Capitel sehen werden, trat an die Stelle von Geldbußen im Falle der Unzahlbarkeit Berbannung aus der Stadt. Bei Gästen dagegen sollte nach

1) S. o. Buch VI. S. 218. 219.

2) Rathsb. I. 385. b. 1417.,,Was frevenheit in vnser Statt nachtes ,,beschicht, das ist vnd sol sin z wifalt buß." Stadtrecht, Art. 134. 3) Rathsb. I. 271. a. 1415. 2da ante omnium sanctorum.,,Ret ,,und hundert fint vbereinkomen, wer der ist, der vor vnsern gerich,,ten in der Statt vnd allen vnsern emptern freuenet, die ,,freuel fi klein oder groß, das der sol bußen dreiualtige bus an gnad.“ 4),,Vnser Herren wellent In hertter straffen“ —,,das nüwe zu dem alten ,,slahen" heißen die gewöhnlichen Androhungen.

5) Vgl. Bd. I. S. 193 f.

6) Nathsb. I. 382. 1417 vigilia purificationis. „V. H. R. v. H. ,,fint vberein komen einhelklich vnd wellent es vestiklich halten, welher ,,frömder man oder frow, die gest fint in vnser Statt freuenent, das ,,da vnser Herren wellent richten, was bußen die gest vellig wer,,dent, das fi die buos von inen haben vnd nit schenken wellent, noch „lassen varen, es sie fi in turn ze leggen oder wie fi dunket nach Ge= ,,legenheit der Sachen, vmb dz gest nit mer friheit haben, denn vnser ,,burger."

dem Statut von 1419 in diesem Fall vorerst Thürmung eintreten, und wenn durch dieses Zwangsmittel die Buße nicht erhältlich war, so erfolgte statt Verbannung aus der Stadt, Eingränzung in die Stadt, oder in andere Orte, bis die Buße bezahlt war, also gerade das Umgekehrte, wie bei Burgern ). Um Privatbußen sollte zudem kein Gast einen Burger von der Stadt treiben, d. b., auf Klage eines Gasts gegen einen Burger wegen Frevel sollte kein Burger aus der Stadt verwiesen werden 2). Hinsichtlich der Straffälle des geschwornen Briefs wurden jedoch im Jahr 1421 durch Gemeindebeschluß Burger und Gäste in Beziehung auf die Strafbarkeit einander grundsäßlich gleichgestellt; doch sollte immerhin noch über einen Gast eher strenger gerichtet werden 3).

Was endlich die Zurechnungsfähigkeit bei Verbrechen betrifft, so scheint das jugendliche Alter dieselbe nicht ausgeschlossen zu haben. Dagegen fiel es als Strafmilderungsgrund in Betracht. So finden wir, daß, als im Jahre

1) Ebendaselbst 1419. f. 6ta post Jacobi. „R. v. H. fint einhelklich ,,uberein komen, vmb das gest nit me recht noch friheit haben, denn ,,burger, welher gast in vnser Statt frevenet an eim burger oder ,,im ampt, vnd er die buoß vnd frevenheit nit het abzelegen, so fol ,,man den gast in turn legen, also dz im der burger ze effen geb vnd da „sol er ligen alle die wil vnß er den abgeleit. Wenn im aber der burger ,,nit me wölt ze effen geben, so mögent v. H. den gast vmb ir vnd „des buoß halten vnd verpenen, als fi wellent, nemlich sol man den ,,in vnser Statt vnd ander heissen sweren vnß er die buoffen „bezalt, ze glicher wise alz vnser burger hinus swerent, also ,,sont die gest harin fweren ald in ander tett, vnd wenn solich „eid beschehen, des sönd wir brief vnd ingesigel nemen, vnd ist dorumb, „ob ein folich gast als vngeraten wer, dz man In entseße, so möcht ,,man In enweg slachen." Stadtrechtbuch, Art. 141. 2) Rathsb. 1. 386. a. 1417. sexta post Mathie.,,V. H. fint vber,,ein kon vnd hand gesezt, als si vmb freuenheit richtent, das kein gast ,,sol noch mag ein ingesessnen burger oder gast von der Statt flan als „einer ervordert. Denn einer sol gelt von im nemen vnd nit ere, als fich ,,der Rat erkennet, vmbe dz gest nit me recht habent denn burger." Rathsb. III. 20. a.

3) Rathsb. III. 73. b. 1421.,,Vnser Herren, bed Net vnd die Hundert „fint vberein kon vnd hant es gesamnet mit der gemeind uf sant Johanns ,,tag in der Capel, alz der gesworn brief wist vnd bint die burger vnd „nit gest, dz man für dishin (von) eim gast richten sol alz von eim bur,,ger, alz der gesworn brieff wist vnd me vnd nit minder."

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