Imágenes de páginas
PDF
EPUB

indessen der Gesichtspunkt des Meineids noch im Vordergrund steht, finden wir den Verrath behandelt in dem bekannten Falle des Peter Umstalden im Jahr 1478. In dem noch erhaltenen Urtheilsbriefe heißt es nämlich, es habe sich mit Kundschaft und seiner Vergicht erfunden, erstlich „dz er meineid vnd eid „vnd ere vbersechen“ habe, zweitens „dz er sich vermessen vnd „antrag tan hat, vnser erwirdigen Stat, die also loblich von „alter har komen ist, ze verraten vnd wib vnd kind darin vmb„zebringen.“ Und darauf haben Rath und Hundert „für sich „geleit Ir fryheiten, so sy haben von Römischen keisern vnd „künigen vnd sich doruff vff Ir eyde erkennt, dz der arm man peter amstalden weger sye tod dann lebent, vnd dz man In „dem nachrichter bevelhen, der ab Im als ab eim verräter „richten vnd In zu vier Stucken howen sol, vnd die selben „vier stuck für die tor an die vier fryen Richsstrassen henken, „damit ein andrer darob bildung neme vnd sich vor sömlichen schweren vnd harten sachen wüsse dester baß ze büten. Gott belff der sel 1)."

"

[ocr errors]

"

1) Dieser Urtheilsbrief (von Cysat überschrieben „vmb Martini 1478") findet sich in einem alten Manuscript des städtischen Archivs zu Lucern, nebst andern auf den Amstaldenschen Proceß bezüglichen Acten. Das Urtheil wurde in Betrachtung der Verdienste des Vaters von Amstalden und auf Bitte der Verwandten dahin gemildert, daß die einfache Todesstrafe durch Enthauptung eintreten sollte. Die Bedenken des Nachrichters gegen Anwendung der mildern, ungeseßlichen Todesart, haben nach Müller

nur durch Vorlage der kaiserl. Freiheit des Begnadigungsrechts (S. o. S. 612.) beseitigt werden können. Ueber den Amstaldenschen Vroceß s. überhaupt Balthasar Stanzerverkommniß S. 17. 88 ff., Müller Schweizer-Geschichte Bd V. 1. 238 ff. Ein ferneres, wenn auch unvoll

ständiges Beispiel aus der gleichen Zeit enthält ein Act im Buch No. 53 im Staatsarchiv Lucern S. 34. Hans Meister, geschworner Weibel zu Büren sißt im Namen des Schultheißen und Raths zu Lucern und an Statt des Vogts Jacob Bramberg daselbst öffentlich zu Gericht. Hans Unger, Burger zu Sursee, klagt gegen Hans von Trosperg, geseffen zu Büron, lezterer habe ausgesagt, er sei ein,,böswicht vnd ein henker“, er sei beim Herzog von Burgund gewesen und habe ihm geholfen, die unsern zu Granson henken und ertränken, er sei bereit, dem Trosperg zu beweisen, daß er solches geredet. Der Beklagte antwortet, es sei wahr, daß Hans Unger beim Herzog von Burgund gewesen, er habe von ihm Gold und Silber genommen und die unsrigen zu Granson hängen und ertränken geholfen über das, daß er zu Nidau Burgerrecht geschworen und bietet auch seinerseits den Beweis durch einen Kundschaftsbrief an.

Wir verfolgen nun die Reihe der öffentlichen Verbrechen, wie sie in dem oben angeführten Statut von 1373 sich aufgestellt findet, mit den ihnen verwandten Freveln. Der Mord eröffnet die Reihe jener delicta graviora: es ist derselbe eine besondere Art der unerlaubten Tödtung; aber nicht das objective Merkmal der Tödtung eines Menschen ist es, was seine Stellung im Strafrechtssystem bedingt, auch nicht die Absicht der Tödtung, welche dabei vorkommt, denn eben dieselbe auf Tödtung gerichtete Absicht, wenigstens die Einwilligung, der eventuelle Dolus, findet sich auch bei dem einfachen Todtschlag, der nicht unter der Reihe dieser Hauptverbrechen steht. Sondern es liegt die specielle Qualification des Mordes nach der mittelalterlichen Anschauung in der hinterlistigen, boshaften, verrätherischen That, wodurch ein Mensch des Lebens beraubt wird, sei es, daß eine solche Tödtung durch äußere mechanische Einwirkung oder durch innerlich wirkende Mittel, Gift, herbeigeführt werde. Der Mörder erlitt in dem einen und andern Falle die Todesstrafe durch das Rad 1).

Nun werden drei Zeugen, darunter der Richter selbst, gefragt und sagen aus, daß Trosverg sich so vor ihnen geäußert, wie er selbst gichtig ist. Er seinerseite läßi den Kundschaftsbrief für seine Aussage verhören. Hierauf urtheilt der eine Fürsprech: Da Hans Unger laut dem Kundschaftsbrief zu Bern vor Rath gebeten habe, ihm zu verzeihen, und darauf Bern dem Vogt zu Nidau befohlen habe, ihn zu schirmen, so sei Trosperg schuldig, ihm seine Ehre wieder zu geben und der Vogt soll ihn schärfer strafen, als wenn er dem Kläger sonst an seine Ehre geredet hätte. Der andere Fürfprech findet dagegen keine Ehrverleßung, weil Trosperg die Wahrheit gesprochen habe. Das Weitere fehlt.

[ocr errors]

1) Ueber Vergiftungen finden wir folgendes in unsern Nathsbüchern. Nathsb. I. 309. 1416. ipsa die Vlrici. „Es ist ze wüssent, alz wir katrin ,,Zimbermanin vß dem ampt von Nichense gefangen hatten von lümbd s „wegen, alz da zu esch ein frow vergifft wart, vß dem gefeng,,niß wir sie gelaffen haben, also dz fi recht vrfecht hat gesworn vnd hand ,,für fi getröst Jenni Zimberman ir man, für I. Guldin, ob es were, „dz si dem vrfechreid nit genug teti, denn fond fi vns die I. Gl. geben. Rathsb. I. 310. a. 1416. sexta ante Marie Magd. Es ist ze ,,wüssent, als Jegli Zimberman von Esch sin elich wib vergifftet, „dz si farb, darvber er für ein morder verrüfft vnd ze lucern ,,uff ein rad gesezt wart, der aber ein Dirnen, die fin Junkfrow ,,was, het genempt Els Zimbermanin, vnd ouch Mezi schellin, ir an,

"

Diebstahl erscheint dem mittelalterlichen Strafrecht nicht bloß unter dem Gesichtspunkt gewinnsüchtiger beimlicher Aneignung einer fremden Sache, sondern es ist insbesondere auch der gemeingefährliche Character des Verbrechens, das seine Stellung unter den todeswürdigen Sachen bedingt 1). Unsere Quellen liefern zur Geschichte dieses Verbrechens verhältnißmäßig nur spärliche Beiträge. Gemeinrechtlich und auch bei uns ist die Strafe des Diebs der Tod durch Hängen an den Galgen. Nebst Fällen, wo diese Strafe wirklich verbängt und vollzogen wird 2), finden wir indessen mehrere Fälle, wo nach Gnade gerichtet und dem Dieb das Leben ge= schenkt wird; immerhin aber ist sein Gut dem Richter verfallen und an die Stelle der Todesstrafe tritt, wo nicht gänz= liche Befreiung von der Strafe erscheint, geringere Leibes

[ocr errors]

,,In darhinder brechtent vnd verzoufretent, als dez ein großer lümd „im land gieng vnd vff fi gefallen was, haruber vnser herren dies ,,selben frowen bed viengend vnd fi lang in ir gefengnisse hattent ,,vnd fi fragtent gar ser, doch woltent si nit veriehen. Also hant fi „fi vß gefangniße gelassen vff trostung, darumb hand fi ouch bed gesworn ,,vrfecht zc." (Ueber den Zusammenhang der Begriffe von Zuberei und Giftmischeret f. u.) Einen weitern Fall von Vergiftung f. o. Buch VI. S. 229. Anm. 2. Dazu die Vervollständigung im Rathsb. V. B. 293. 294. 1471 Montag nach der alten Faßnacht wird Grete, Naglers Tochter, aus m. H. Gefängniß entlassen, worin sie gelegen, weil fie angeschuldigt war, ihren Ehemann vergiftet zu haben, so „dz si mit „dem Henkerlon nüßit ze schaffen haben sol.“ Doch ob sich nachgehends Schuld auf ihr fände, möge man neuerdings gegen sie einschreiten. Wenn Concurrenz von Mord und Brandstiftung vorhanden war, so trat die Strafe des Mordes, als des größern Verbrechens ein, f. u. bei der Brandstiftung den Fall von Raths6. VII. 212. 1491. Montag post Johannis Bapt.

1) S. über die Geschichte des Diebstahls nach den germanischen Rechtsquellen Roßhirt a. a. D. II. S. 292 ff.

2) Rathsb. III. 42. a. 1418: Den Dieb am galgen sol man abhin ,,nen, fin guot, die vier gulden lant sinen fründen.“ ,,Von des ,,richen diebs wegen, der guot hat vnd vij kint, ist dz dz rechtbuoch wist, ,,dz eins guot fol sinen kinden werden, sol er (wahrscheinlich der Vogt) ,,dz guot den kinden lan, fint ers nit, sol er gewalt han ze tegdingen ,,vnd ze nement." S. auch oben das Beispiel eines jungen Diebs, der indeffen älter als 15 Jahre war und doch in Betracht seiner Jugend zum Ertränken begnadigt wurde S. 624. Anm. 1.

[ocr errors]

strafe, Abschlagen der Ohren, oder Schlagen mit Ruthen 1), auch ewige Verbannung 2).

Nicht jede diebische Handlung indessen begründet das Verbrechen des Diebstahls, sondern es sind gewisse Diebereien vorab auszuscheiden, welche bloß als Frevel behandelt werden.

1) Rathsb. IV. 52. a. 1424 fa. quarta post Antonii. C. & C. ,,Item mag der dieb ze entlibuch dannen erbetten werden, das gönnen ,,wir im wol, ist des nit, so sol der vogt richten nach recht, wan wir hie ,,doruber nüt ze vrteilen haben, vnd dz sol der vogt glimpfen.“ Rathsb. IV. 71. b. 1424. fa. 4ta ante Michaelis.,,Welti kopp von verchen ,,het verstoln finer Mutter vnd finer swester etwe vil gelg, ,,vnd sim selber ein Panzer, ein rok vnd ein schürlig, vnd waz fim ,,selber in fin spicher gebrochen vnd sprach da, dz im were sin gut „verstoln im spicher mit siner muter gut vnd mit siner swe,,fter gut. vmb dis sach, sin mistat wart er gefangen vnd ist des ,,gichtig gesin. also hant erber lüt vast für Inn gebetten, dz ,,wir Inn bi leben bliben ließen. Daruf hant wir nach gnaden ,,gericht vnd Inn by sim leben bliben lassen. Aber wir hant erkennt, ,,dz im der henker sin bed oren abflachen sol, dz ist ge= „schechen, vnd alles sin gut, ligendz vnd varenß, es si dz verstoln ,,vnd verslagen gut vnd anderes, sol alles vnser sin vnd vnfer „statt verfallen fin, ouch vf vnser gnad, dz wir vnser gnad mit der ,,muter vnd finen geswisstergeten teilen mögen mit dem gut nach vnserm ,,willen, ob wir wellen, vnd het vrfecht gesworn.“ Ebenda 72. feria 6ta post Michaelis: von Weltis koppen wegen haben wir vnser „gnad mit im vnd sinen kinden geteilt vnd dz gut alles „Inen gelassen vnd ze kouffen gen vmb rl. gl. vnd die panzer „vnd dz gelt, sc der vogt het, sol vns bliben, doch also, dz sy der ,,Muter genug tun vnd die vsrichten föllen vnd ouch die swester. Dz sol ,,aber stan am vogte vnd sol dz vbrig gut den kinden bliben.“ Vgl. auch Nathsb. VII. 194. 1491 Montag post Crucis im Mai, oben Cap. 2. S. 626. Anm. 2.

2) Rathsb. I. 369. a. 1435 in vigilia Bartholom. Item als Anna „frommin von Vre hie im turn gelegen ist, von tüpßtall wegen, dera ,,sy zem teil vergichtig wz, ein teil ouch vff sy was kunt ,,lich worden, damitte sy den tod verschult hatte, vnd darvmb ouch „Hans franck, Ir elicher man, erhenkt wart, also von ernstlicher bett „wegen Erbër lüten hant vnser Herren, Ret vnd Hundert sy durch got,,tes vnd vnser frowen willen vnd von wegen der Erbern lüten ledig „gelassen, also dz sy gesworn hett ein recht redlich gut vrfecht nach ,,aller notturft, von der sach wegen feim Eitgnoffen, noch sust nieman „laster noch leid ze tund vnd by diser tagzyt von lucern offer ,,der Eitgenoffschaft so sy iemer fürderlichst mag ze gande „vnd dar In niemer me ze komende an alle gnad.“

[ocr errors]

-

Dahin gehört vorerst der kleine Diebstahl einfacher Gelddiebstahl, dessen Betrag drei Schillinge nicht übersteigt 1).

Es gehört ferner dahin der Feld- und Gartendiebstahl, die Entwendung von Obst an Bäumen und ungetrennten Gartengewächsen und Feldfrüchten, sofern dieselbe bei Tag geschieht; geschieht sie dagegen zur Nachtzeit, so wird der Fall als rechter Diebstahl behandelt. Garten- und Felddiebstahl in obigem Sinne wird mit Geld gebüßt. Zudem ist dem Eigenthümer jede Selbsthülfe gegen den auf der That ertappten Dieb erlaubt, nur soll er denselben weder todt noch lahm schlagen 2). Ungefähr nach gleichen Grundsäßen wurde auch der Holzdiebstahl in den Wäldern behandelt: er erschien nicht sowohl als eine gemeingefährliche Eigenthumsentwendung, sondern vielmehr als eine Art frevelhafter Beschädigung 3).

Dienstboten, die ihren Meisterleuten eß bare Sachen entwenden, werden ebenfalls nicht mit der Strafe des Dieb

,,Aber

1) Grafschaftsrecht von Willisau, Bd. I. S. 626. Anm. ,,ift denn ze wüffende, das der obgenannten Graufschaft recht ist vnd also „stat, wer der ist, der in derselben graufschaft Willisow be„griffen wirt vnd vier vnd fünf schilling pfenningen ver„stolen hat, den mag man daruber henken." Vgl. über den Begriff des kleinen Diebstahls Roßhirt a. a. D. II. S. 299.

2) Aeltestes Rathsbüchlein 5 a. b. „Vnd swer dem andern an fin ,,boume oder in fin garten gat, ald der iemans graf gewinnet ,,oder sin holz in disem ampte, der git r. ß. vnd ist er als arm, de er ,,den einvng nich gerichten mag, er sol von der Stat varn, vnß de er in abgerichtet. Wirt er ouch ergriffen, an im verschult nieman enhein „einvng an gewafent hant.“ Schon 1383 ist die Buße 1 F: Nathsb. I. 11. a.: ,,Hartmans von Staus tochter vnd der rußin tochter hant ,,Cuni reber fin trubel vnd phersich abgessen. quelibet 1 lib. Rathsb. V. B. 309. b. 1471 Freitag post Vlrici stellt den im Tert angegebenen Unterschied, ob solcher Diebstahl bei Tag oder Nacht geschehe, auf und erlaubt in angegebenem Maß die Selbsthülfe. Leztere ist schon 1470 erlaubt, (Rathsb. V. B. 267.) Aber der Unterschied in der Strafe des Gartendiebstahls, wenn er bei Tag oder bei Nacht geschieht, ist da noch nicht aufgestellt, sondern für beide Fälle ist noch die Buße 1 8.

3) S. die in der vorhergehenden Note angeführte Stelle des ältesten Rathsbüchleins. Dazu aber ebenda Bl. 4.,,swer dem andern nachtes dehein holz ,,nimet, der git vj. ß. vnd im darzu das holz gelten." Vgl. auch Roßhirt a. a. D. II. 304.

Segeffer, Luc. Rechtsgesch, II.

42

« AnteriorContinuar »