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Das Becken des Bodensee's.

Eine physisch-geographische Skizze von Professor Rogg.

Unterhalb der Lucien-Steig tritt der Rhein aus den Graubündter Alpen in eine Anfangs schmale Ebene, welche an Breite rasch zunimmt, sich in einer Länge von 15 Poststunden, beiläufig von Süden nach Norden, ausdehnt und dann die Sohle des Bodensee's bildet. Diese Ebene, in den Seegegenden schlechthin Rhein-Thal genannt, mit Hinzufügung der Territorien sämmtlicher Flüsse, welche sich unmittelbar in den Bodensee ergiessen, bilden das Becken desselben.

Die im J. 1803 herausgekommene Ammiann'sche Karte von Schwaben war die erste, welche, auf ein astronomischtrigonometrisches Netz gegründet, die Hauptpositionen des Seegebiets richtig angab. Zu einer zuverlässigen DetailAufnahme gelangte man jedoch erst durch die topographischen Vermessungen derjenigen Provinzen, welche um den See herum liegen.

Nach der Vermessung des Grossherzogthums Baden liegt der Spiegel des See's am Konstanzer Pegel 132,6 Baden'sche Ruthen oder 1224,6 Par. Fuss über dem Meer. Nach J. Eschmann (Ergebnisse der trigonometrischen Vermessung der Schweiz, S. 235) beträgt die mittlere Höhe des Bodensee's 395,8 Meter, eine Zahl, welche mit früher von ihm angegebenen Resultaten (Ergebnisse u. s. w. S. 189 Altstädten und S. 193 Lustenau) nicht übereinstimmt; eine später von ihm gemachte Berichtigung giebt 398 Meter oder 1225,2 Par. Fuss. Nach der Württembergischen Landesvermessung beträgt die Höhe des Bodensee's 1208 Fuss, nach der Österreichischen Triangulirung in Tirol und Vorarlberg 1204 Fuss, nach einem geometrischen Nivellement des Württembergischen IngenieurOffiziers Duttenhofer aber 1202 Fuss. Das Mittel aus diesen fünf Angaben 1) macht 1212,7 Fuss. Eine im J. 1859 vorgenommene Fällung des See's bei Konstanz hat den Spiegel desselben am Pegel um 2 Fuss erniedrigt; ich setze deshalb die mittlere Höhe des Bodensee's = 1210 Par. F., welche vom höchsten und tiefsten Wasserstand (um Johannis und Lichtmess) um etwa 4 Fuss absteht.

Die grösste Breite des Bodensee's beträgt etwa 21⁄2, die grösste Länge desselben nicht ganz 9 Geogr. Meilen. Die

1) Alle diese Messungen, die Österreichische allein ausgenommen, gründen sich auf das Französische Höhennetz.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1863, Heft I.

grössten Tiefen fallen zwischen 800 und 900 Par. Fuss, der Flächeninhalt stellt sich nicht ganz auf 10 Geogr. Quadrat-Meilen.

Die Wassermasse zwischen Bregenz und Konstanz heisst Obersee, die zwischen Mörsburg und Ludwigshafen Überlinger See. Der Unter- oder Zeller See liegt um etwa 4 Fuss tiefer als der Ober- und Überlinger See, d. h. als der Bodensee im engeren Sinn des Wortes, wird aber als ein Anhängsel desselben angesehen. Seine Lage mag aus folgenden Koordinaten, welche sich auf am Ufer oder doch in der Nähe des Seeufers liegende Positionen beziehen, beurtheilt werden.

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Da die Wärmekapacität des Wassers bedeutend grösser als die des festen Landes ist, so erwärmt sich nach Sonnenaufgang die Oberfläche des See's bedeutend langsamer als die Ufergegenden. Gegen und nach Sonnenuntergang tritt der umgekehrte Fall ein. Eine Folge hiervon ist, dass die täglichen Temperatur-Differenzen an der Oberfläche des Wassers, namentlich in den Sommermonaten, viel geringer sind als am Ufer. An diesem betragen die Mittel-Temperaturen der vier Jahreszeiten 2,4°, 8,2°, 15,0° und 6,9° R. An warmen Sommertagen nimmt die Temperatur nach der Tiefe rasch ab. Eine sorgfältig ausgeführte Beobachtung hierüber verdanken wir Saussure. Er bediente sich eines gewöhnlichen Thermometers, brachte dasselbe in ein Futteral von Holz, umwand es mit fünffacher Leinwand, band diese Bekleidung unten und oben zu und versenkte das auf diese Weise geschützte Instrument am 25. Juli 1784 in eine Tiefe von 370 Par. Fuss. An der Oberfläche war die Temperatur des See's gleichzeitig 14,5° R. Nach Verfluss von mehreren Stunden zog Saussure den

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Apparat langsam herauf und fand 3,6°, also nahezu gleich der Temperatur der höchsten Dichtigkeit des Wassers.

Je tiefer ein See ist, desto länger wird es anstehen, bis das Wasser in den obersten Schichten durch Einwirkung der Kälte specifisch leichter wird als in der Tiefe. Erst nachdem dieser Moment eingetreten und eine bedeutende Kälte noch längere Zeit anhält, kann von einer Eisbildung im Grossen die Rede sein. Eine vollständige Eisdecke bildet sich auf dem Obersee, dessen Tiefen sehr bedeutend sind, höchst selten, im 18. Jahrhundert nicht ein einziges Mal, im gegenwärtigen nur ein Mal, im Februar 1830. Die Eisbildung im Grossen begann gegen Ende Januar 1829. Während das Quecksilber Stunde vom Schwäbischen Ufer entfernt 18-21° R. unter Null stand, wechselte die Temperatur des Wassers an den Eisrändern zwischen +0,6° und 0,0°. Am Lichtmesstag war der See schon so vollständig überfroren, dass man ohne Gefahr von einem Ufer nach dem anderen wandern konnte und auch wirklich gewandert ist; nur Eine Stelle, wahrscheinlich die tiefste des ganzen See's, in der Nähe der Richtung Friedrichshafen-Rorschach, blieb offen.

Das in der Bucht von Genf unter dem Namen Seiches bekannte Phänomen besteht bekanntlich darin, dass das Wasser plötzlich 3 bis 4 Fuss hoch zu fluthen beginnt, dann zurücksinkt, wieder steigt und so abwechselnd bis Stunden lang, zuweilen sogar 1 Stunde und darüber. Saussure sucht den Grund in der Ungleichheit des Drucks der Atmosphäre auf den Wasserspiegel, eine Erklärung, welche weit mehr für sich hat als jede der übrigen Hypothesen, deren es verschiedene giebt. Dieses eigenthümliche Ebben und Fluthen kommt auch in der Bucht von Konstanz unter der Benennung Ruhss, jedoch, wie es scheint, nur höchst selten vor.

Vermöge des bedeutenden Unterschieds zwischen der Wärmekapacität des Wassers und der des festen Landes hat der Bodensee wie jedes grosse Gewässer besondere Winde. An heiteren ruhigen Tagen beginnt um etwa 10 Uhr Vormittags ein Ostwind, welcher in der Mitte des See's kräftig weht und dann, bald früher, bald später, nach einer kurzen Windstille in einen Westwind umschlägt. Unter den Winden, welche den See in einen solchen Aufruhr versetzen, dass selbst Dampfschiffe in eine besorgliche Lage gerathen, wird der Föhn am meisten gefürchtet. Er ist ein den Alpen und subalpinischen Gegenden eigenthümlicher Südwind, welcher sich zunächst durch eine ungewöhnlich hohe Temperatur auszeichnet und bei vielen Menschen Kopfweh so wie eine Abspannung aller Kräfte erzeugt. Er weht häufig im Frühling und Herbst, im Sommer nur hie und da. Kurz vor seinem Eintritt fällt das Barometer und es bilden sich Nebel an den Bergen, welche

verschwinden, hierauf wiederkommen und erst dann ausbleiben, wenn der Föhn in die Tiefe sinkt, wo er nicht selten orkanartig auftritt, namentlich in engen Thälern, welche von Süden nach Norden streichen. Seit Menschengedenken ereignete sich der furchtbarste Föhn-Sturm am 18. Juli 1841, wo ein von Lindau nach Konstanz fahrendes Dampfboot dem Untergang sehr nahe kam. Am Schwäbischen Ufer war die Brandung so furchtbar, dass in dem grossen Ort Langenargen die am Ufer sich hinziehenden Grundstücke unter die ausgeworfenen Geröllmassen begraben und die Obstbäume auf der dem See zugewandten Seite bis Brusthöhe vollständig entrindet wurden. Zwei Klafter hohe Pallisaden, welche zum Schutz der Gärten am See hin angebracht waren, wurden herausgeworfen und wie Strohhalme fortgeschleudert. Auf die Bedachung des nahe am See stehenden, 3 Stock hohen Spital-Gebäudes warfen sich die Wellen mit einer solchen Wucht, dass die auf der entgegengesetzten Seite stehende Wohnung des Pfarrers bespritzt wurde. Durch die in den Ort eingedrungenen Wellen wurde die Hauptstrasse so ruinirt, dass eiligst mehrere tausend Wellen herbeigeschafft und überschüttet werden mussten, um sie zur Noth wieder fahrbar zu machen. Die diesem Föhn-Orkan vorausgegangene Nacht zeichnete sich durch ein fast ununterbrochenes heftiges Wetterleuchten aus. Während an diesem Tag der Föhn von Wien bis Lyon wüthete, herrschte auf der Südseite der Alpen Windstille. Gleichwohl pflegt man den Föhn als eine Fortsetzung des Sirocco anzusehen. Zuweilen wird der Bodensee auch von orkanartigen Ostwinden heimgesucht.

Über die atmosphärischen Niederschläge am Ufer des Bodensee's kurz Folgendes. Die durchschnittliche jährliche Regenmenge ist bedeutend grösser als im Unterland, in Friedrichshafen z. B. 35 Par. Zoll, während sie in Stuttgart nur 23 Zoll beträgt. Von jenen 35 Zoll kommen auf den Frühling 20, auf den Sommer 39, auf den Herbst 19 und auf den Winter 22 Prozent. 1m Monat Juni allein fällt mehr Regen als im Laufe des Frühlings, nämlich 21 Prozent, im Februar dagegen nur 4 Prozent. Am See beginnt der Frühling frühzeitig und ist in Folge der Einwirkung des Föhns eine rasch vorübergehende Erscheinung. Zur Blüthezeit wird ein kräftiger Föhn nicht gern gesehen, weil er ein zu rasches Abwelken der Befruchtungsorgane nach sich zieht. Wie schon bemerkt, weht dieser warme Wind im Sommer nur hie und da, desto häufiger im Herbst, wo er das Reifen des Welschkorns und der Weintraube nicht wenig fördert.

Der Bodensee hat drei Inseln. Die grösste mit der Stadt Lindau liegt im Obersee, nahe am Schwäbischen Ufer, mit welchem sie durch eine Brücke verbunden ist. Im Überlinger See liegt das reizende Eiland Mainau und

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im Untersee die grosse, wein- und obstreiche Insel Reichenau. Falls der Seekessel, was höchst wahrscheinlich ist, durch Gebirgseinstürze zur Zeit entstanden ist, WO die Tertiärgebirge um das Südende des heutigen Bodensee's gehoben und auseinander gerissen wurden, sind diese Inseln als stehen gebliebene Molassenstöcke anzusehen. Sandsteinstöcke dieser Art, welche aber den Wasserspiegel nicht erreichen, giebt es vielleicht mehrere; einen solchen kennt man im Überlinger See, welcher sogar bei ausserordentlich niedrigem Wasserstand einige Zoll über das Niveau desselben emporragt.

Sowohl die Form als Grösse des Seekörpers ist fortwährenden Veränderungen unterworfen, welche alle darauf hinauslaufen, das Volumen des Wasserkessels zu vermindern; denn an der Mündung der Arge, der Bregenzer Aach, der Dornbürener Aach, namentlich aber an der des Rheins werden bei jedem Hochwasser sehr beträchtliche Geröll-, Sand- und Schlammmassen eingeschwemmt, während die Mineralmassen, welche durch den Rhein ausgeführt werden, unbedeutend sind. Während der See von Süden her langsam abnimmt, wird das Flussbett des Rheins von seinem Sturz bei Schaffhausen rückwärts immer tiefer ausgewaschen und es wird eine Zeit kommen, wo der Seespiegel merklich an Höhe abzunehmen anfängt.

Der Bodensee, besonders aber der Untersee ist reich an Fischen, unter denen mehrere Species enthalten sind, welche den übrigen Gewässern Schwabens fehlen. Unter diese Fische gehören die Grund- und Schwebforelle, das Rötheli, das Weiss-, Blau- und Kropffölchen, so wie die Kleine Muräne, also lauter dem Salmen-Geschlecht angehörige Arten. Die Grundforelle (Salmo lacustris) wird zuweilen 25 bis 30 Pfund schwer, wandert im Frühling den Rhein aufwärts, geht auch in die Ill und kommt im Sommer unter der Benennung Rhein-Lanke oder Ill-Lanke in allen Gasthöfen und Badeanstalten in diesen Gegenden auf den Tisch. Die Schwebforelle (Salmo Trutta) ist kleiner und verlässt den See nicht. Das Rötheli (Salmo Salvelinus) ist selten. Das Blaufölchen (Salmo Wartmannii) wird etwa 1 Pfund schwer, lebt auf dem Grund des See's, steigt, wenn ein Regen niederfällt oder ein Gewitter im Anzug ist, in die höheren Wasserschichten und wird dann in zahlloser Menge gefangen. Eine ähnliche Bewandtniss hat es mit dem Weissfölchen. Das Kropffölchen (Salmo Maraena media) wiegt kaum Pfund, die Kleine Muräne (Salmo Maraenula), unter dem Namen Gangfisch bekannt, kaum 4 Loth und wird im Untersee in unsäglicher Menge gefangen.

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Geröllen und Geröll-Konglomeraten so wie einigen Lokalbildungen ausgefüllt. Eine im Mittel etwa 850 Par. Fuss über das Niveau des Bodensee's ansteigende Bodenanschwellung trennt das Becken des See's vom Gebiet der Donau und dem der unteren Iller. Die tiefste Stelle dieses Walls, 510 Fuss über dem Spiegel des Bodensee's, liegt zwischen den Quellen der Riss und Schusse.

Der Pfohsand ist ein Gemenge von Sandkörnern, Glimmerblättchen und Kalktheilchen, welche wahrscheinlich in Folge eines sehr grossen und lange anhaltenden Wasserdrucks so fest auf einander gepresst sind, dass man ohne Gefahr mittelst der Schaufel und Haue kleine Kellergewölbe ausgraben kann. Um denselben den nöthigen Luftzug zu verschaffen, wird die Decke senkrecht durchstochen und die Öffnung durch eine Art Kaminhut bedeckt. Im Becken des See's scheinen alle oder doch die meisten PfohsandAblagerungen Süsswasserbildungen zu sein, denn alle mir bekannten organischen Überreste stammen von Landpflanzen und Süsswasserthieren ab, namentlich Unionen (Unio flabellula), welche man in unzähliger Menge in einer Waldschlucht bei Pfrungen antrifft. Von dieser Mollusken-Art findet man auch einzelne kalcinirte Schalen im Sand auf der Höhe zwischen Riedhausen und Königseggwald. demselben haben sich viele Sandsteinplatten eingebettet mit einer Unzahl Abdrücken dicotyledonischer Blätter, so wie sonderbar gestaltete, sehr feste, sandig-kalkige Körper. Einige gleichen Knochenfragmenten von grossen Säugethieren, die meisten aber bilden Kegel mit einer kugelig abgerundeten Basis. Ich sah diese Formen im Jahre 1826 zum ersten Mal, erklärte sie für Stalaktiten und bin heute noch dieser Meinung.

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Die Pfohsand-Ablagerungen gehen in Thonmassen von sehr verschiedener Beschaffenheit über. Jenseit der Wasserscheide, im Gebiet der Donau, kommt ein etwa 1 Stunde breiter Strich vor, in welchem ein baumnussgrosses Steinchen zu den Seltenheiten gehört; das Material zum Beschütten der Strassen und selbst der Mörtelsand muss aus den benachbarten Gegenden herbeigeschafft werden.

Im Gebiet der Donau kommen Pfohsand und sandige Thonablagerungen ebenfalls sehr häufig vor. Organische Überreste sind selten, hie und da Mytilus Brardi oder Ostrea longirostris, zum Beweis, dass man es hier mit marinischen Bildungen zu thun hat. Am Südrand des Schwäbischen Jura ist dieser Meeressand ein beständiger Begleiter der aus Süsswasserkalk zusammengesetzten Hügel, welche eine Höhe von 2000 bis 2300 Par. Fuss erreichen (am Bussen 2349 Fuss). Stellenweis kommen Einlagerungen dicht an einander liegender Quarzgerölle von der Grösse eines Hasenschrots bis zu der einer Haselnuss vor. Die kalkige Beimengung des Pfohsandes bildet sowohl im Gebiet

der Donau als in dem des Bodensee's zuweilen ein Cement, das die Sandkörner zu einem weichen Sandstein verbindet. In den Geröllablagerungen prädominiren Kalksteine von der Grösse einer Haselnuss bis zu der eines Kopfes und darüber. Die grossen Rundhöcker, unter dem Namen Mocken bekannt, lieferten früher den Kalköfen ein gutes Material, jetzt ihrer geringen Menge wegen nur noch ausnahmsweise. Jenseit der Wasserscheide, d. h. im Gebiet der Donau, nehmen die Rundhöcker schnell ab und verlieren sich bald ganz; die Gerölle sind nicht bloss abgerundet, sondern abgeschliffen und so fest auf einander gepresst, dass manche Kiesgruben völlig senkrecht abgestochene Wände zeigen, was wiederum auf einen gewaltigen, lange angehaltenen Wasserdruck hinweist. Solche Geröllmassen bilden häufig die steilen Wände der Erosionstobel, haben aber in der Regel eine nur geringe Breite, indem andere Massen, Sand, sandige Thone, Ziegel- und Töpferthone, den Raum einnehmen.

Zuweilen, jedoch nicht häufig werden die Kiesanhäufungen durch wagrecht liegende Sandschichten unterbrochen, was offenbar auf einen Wechsel von heftig und langsam bewegten Gewässern hindeutet. Organische Überreste liefern die Kiesgruben nur selten, hie und da versteinertes Holz, einzelne Schalen von Ostraciten und Pectiniten, Bruchstücke von Palaeomerix u. s. w.

Die höchsten Punkte des Ober-Schwäbischen Hügellandes erheben sich 400 bis 1300 Par. Fuss über den Spiegel des Bodensee's, haben also eine absolute Höhe von 1600 bis 2500 Fuss. Die meisten dieser Positionen gewähren imposante Fernsichten auf die in ewigen Schnee gehüllten Gipfel des benachbarten Alpenlandes. Wenn im Frühling und Herbst Südwinde wehen, ist die Luft durchsichtig wie in Italien und die von der Sonne beschienenen Schneepyramiden glänzen wundervoll. Tritt ein solcher Berg aus den Strahlen der Sonne in den Schatten, so reflektirt er ein eigenthümlich sanftes Blau, ist er aber den Strahlen eines sehr intensiven Abendroths ausgesetzt, so ist auch in Ober-Schwaben das unter dem Namen Alpenglühen bekannte Phänomen zuweilen wahrnehmbar. Höhen, welche beträchtlich weit vom Bodensee entfernt liegen, sind mit einer eigenthümlichen optischen Täuschung behaftet. Es kommt z. B. auf dem Altane des Schlosses Waldburg dem Beobachter so vor, als habe die Schwäbische, dem Bodensee vorliegende Landschaft eine tiefere Lage als der Wasserspiegel, welcher sich dem Auge als auf einer Terrasse liegend darstellt, so dass also die Arge und Schusse aufwärts zu strömen scheinen. Der Hauptgrund dieser Verwirrung liegt in der terrestrischen Strahlenbrechung, welche die Gegenstände um so mehr erhöht, je näher sie dem Horizont liegen.

Die Ober-Schwäbischen Hügelreihen bestehen, wie schon erwähnt, hauptsächlich aus Geröllanhäufungen, Pfohsand und weichen Sandsteinen, so wie zerstreut umherliegenden Erratischen Blöcken, von welchen später in einem besonderen Artikel die Rede sein wird. Die Gerölle liegen bald lose im Molasse- oder Pfohsand, bald sind sie durch Kalksinter verkittet, welcher die einzelnen Gerölle mit einem dünnen Häutchen umzieht und häufig leere Zwischenräume zurücklässt, weshalb dieses Konglomerat von Mousson mit dem Namen Löcherige Nagelfluh belegt worden ist; nicht selten sind die Konglomerat-Schichten mit Streifen von Sand oder lockerem Sandstein verwachsen. Die Gerölle bestehen wie die der lockeren Kiesanhäufungen grösstentheils aus alpinischen Kalkarten, so dass man nur hie und da Sandsteine und krystallinische Gesteine antrifft. Diese Kalknagelfluh und ihre Äquivalente, der Molasse-Sand und die Geröllablagerungen der Hügel, sind wohl jünger als die Molasse-Zone, welche das Alpen-Land umgürtet, hingegen älter als die Thalbildung des MolasseGebiets. Die Nagelfluh bildet nicht selten, wie z. B. am Heiligenberg, mauerartig abgebrochene, Ruinen-ähnliche Felsen.

Der Überlinger See wird vom Untersee durch eine aus 400 bis 750 Fuss hohen Hügeln zusammengesetzte Halbinsel getrennt. Am Südabhang derselben liegt der WindleeSee und das für Botaniker so ungemein interessante Wolmatinger Ried, von welchem sich ein sumpfiger Streifen am See hinabzieht.

Öningen liegt auf der Schwäbischen Seite des Rheins, nicht weit von der Stelle, wo der Strom aus dem Untersee heraustritt. In der Nähe dieser Ortschaft erhebt sich der Schienerberg (2041 Fuss), an dessen Südabhang die zwei berühmten Öninger Steinbrüche liegen, von welchen der eine 90 Fuss höher liegt als der andere. Das Material besteht aus wagrecht liegenden, hellfarbigen, meist bituminösen Kalksteinplatten, welche als Bausteine und zum Kalkbrennen verwendet werden. Was diese Lokalität so berühmt gemacht hat, ist aber der unerschöpfliche Reichthum organischer Überreste. Man hat bis jetzt in diesen Steinbrüchen gefunden: 6 Species Säugethiere, mehrere Arten Vögel, 12 Arten Reptilien, 19 Arten Fische, mehrere Species Mollusken und Crustaceen, 101 Arten Käfer, 4 Heuschrecken, 2 Termiten, 16 Libellen, 6 Bienen, 30 Ameisen, 5 Wespen, 2 Schmetterlinge, 17 Fliegen. Die Überreste aus dem Pflanzenreich sind kaum weniger zahlreich und mannigfaltig. Man findet blattlose und beblätterte Cryptogamen, Gefäss-Cryptogamen so wie nacktsamige Phanerogamen (Monocotyledonen), endlich auch einblättrige und mehrblättrige Dicotyledonen. Der Charakter der Öninger Fauna und Flora deutet auf ein Klima, wie es heutigen Tages an den Küsten des Mittelländischen

Meeres vorkommt. Bei Wiesloch, nicht weit von den Öninger Steinbrüchen entfernt, fand man Bernstein. Auf der Schweizer Seite, bei Bermaringen, kommt eine Süsswasserbildung vor, welche grosse Unionen enthält.

Der Winkel zwischen dem Schwäbischen Jura, dem Untersee und Überlinger See heisst Höhgäu. Der Rand des Jura wird von Basalt- und Phonolithkegeln mit 2100 bis 2700 Fuss Meereshöhe durchbrochen. Aus Phonolith besteht der Hohentwiel, Staufen, Mägdeberg und Hohenkrähen, aus Basalt der Hohenhöwen, Hohenstoffeln, Stetten und Höweneck. Auf der Nordseite des Hohenhöwen findet man einen Gyps führenden Süsswasser-Mergel mit Heliciten, Testudo antiqua und Knochen von Wiederkäuern. Die Basis bildet eine gehobene Molasse. Eine andere nennenswerthe Lokalbildung, einen Muschelsandstein, welcher treffliche Bauquadern liefert, findet man im KriegerThal bei Engen.

In den Untersee ergiesst sich in der Gegend von Radolphzell die Höhgäuer Aach, welche aus einem dem Jura angehörigen unterirdischen Wasserkessel beim Städtchen Aach hervorbricht und sogleich mehrere Wasserwerke in Bewegung setzt. In den Überlinger See ergiessen sich zwei unbedeutende Flüsschen, die Stock-Aach und Linzgauer Aach; jene mündet bei Ludwigshafen, diese unterhalb Uhldingen. Ein anderes kleines Flüsschen ist die Zussdorfer Aach, welche bei Pfrungen ihren Ursprung hat, bald darauf in einen wilden, tiefen, stellenweis unzugänglichen Tobel fällt und bei Friedrichshafen in den See mündet.

Der erste namhafte Fluss des Obersee's ist die Schusse. Sie entspringt in der Nähe von Schussenried, schleicht Anfangs durch Moorwiesen, fällt im mittleren Lauf in einen wilden Waldtobel, durchschneidet dann ein lachendes breites Thal und mündet unterhalb Eriskirch. Unter den Zuflüssen der Schusse ist die Kisslegger Aach der bedeutendste. Ihr Quellbezirk liegt in einer an Moorwiesen und Torfgründen überreichen Gegend zwischen Immenried und Röthsee, fällt unterhalb Wolfegg in einen langen wilden Tobel, unter dem Namen Höll bekannt (welcher reich an Kalktuff-Ablagerungen ist), durchschneidet hierauf den grossen Altdorfer Wald und läuft unterhalb Baienfurt in das Schussen-Thal aus. Die Arge entspringt auf der subalpinischen Terrasse, welche zwischen Staufen und Kempten das Gebiet des See's von dem der Iller absondert. Aus der Ansammlung der Gewässer dieser Gegend entstehen zwei ansehnliche Bäche, die obere und untere Arge. Jede durchschneidet wilde Tobel mit kesselartigen Ausweitungen. Unterhalb Wangen, in der Nähe von Neu - Ravensburg, vereinigen sie sich zu einem wilden Bergwasser (1503 F. Meereshöhe), welches einen tiefen Tobel durchschneidet

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und in raschem Lauf bei Langenargen in den See einmündet. Vom Zusammenfluss beider Argen an gerechnet beträgt das mittlere Gefäll 53 Fuss auf die Poststunde. An der Mündungsstelle halten sich immer viele Trüschen (Gadus Lota) auf, welche in den Wirthshäusern in Langenargen beinahe täglich zu haben sind.

Im oberen Lauf dieser zwei Flüsse, namentlich dem der Schusse, giebt es viele See'n und Weiher, auf deren Grund unzählige Schalthiere leben, im Schwigfurter Weiher z. B. Anadonta cygnea, im Waldsee'r See Anadonta zellensis, in allen aber Anadonta Anatina. In den meisten stehenden Gewässern lebt der echte Blutegel (Hirudo officinalis), häufig jedoch nur im Blitzenreuther Weiher. In den Grasboschen desselben so wie im Federsee bei Buchau und im Rössler Weiher bei Weingarten brüten viele Möven (Larus ridibundus). In den Weihern wird eine wohl geordnete Karpfenzucht seit uralten Zeiten unterhalten. Nicht in allen, aber in den meisten Ober-Schwäbischen See'n lebt ein furchtbarer Raubfisch, die Weller (Silurus Glanis); nördlich vom Federsee findet man diesen Räuber in keinem Schwäbischen Gewässer mehr und eben so wenig die Möve.

Die See'n und Weiher werden gewöhnlich von Torfgründen umgeben; sie heissen Moorwiesen, wenn sie mit Gras, Rieder, wenn sie mit Holz, gewöhnlich kleinen Birken und verkrüppelten Fohrchen, bewachsen sind, und endlich Wasenmöser, wenn Torf gestochen wird. Sämmtliche Moor- und Torfmassen gehören entschieden zu den jüngsten Bildungen im Becken des Bodensee's; im Specker Moos z. B., wohl eine der ältesten und mächtigsten Torfmassen (in der Nähe von Kisslegg), fand man auf dem Grund einer 12 Fuss tiefen Torfschicht eine Bengelbrücke von der Art, wie solche heute noch über Wassergraben und schmale Bäche geschlagen werden. Noch vor einem Menschenalter war der Torf in allen Bodensee-Gegenden ein verächtliches Brennmaterial, jetzt hat in Folge der ausserordentlich gestiegenen Holzpreise ein gut gelegenes Wasenmoos einen höheren Werth als gewöhnliches Ackerland.

Das Seegebiet ist reich an Hochwaldungen, namentlich an weit ausgedehnten Fichtenbeständen. Unter allen Nadelholz-Arten entspricht die Fichte den Ober-Schwäbischen Bodenverhältnissen am besten, liefert den höchsten Zuwachs und ganz besonders geschätzte Bau- und Sägholzstämme. Die bisher allgemein übliche natürliche Verjüngung hat mit einem grossen Übel, den gewaltigen Föhn-, überhaupt Südweststürmen, zu kämpfen, welche nicht selten in wenigen Minuten ganze Nachhiebbestände niederwerfen. Der meist kräftige Boden treibt sogleich üppigen Graswuchs und mannigfaltiges Unkraut, was zur Folge hat, dass der Anflug bald erstickt wird. Dieser Übelstand und

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