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der kleine Ort Sapandere. Die Umgebung der Jaile hat Schiefer zur Unterlage und dieser war noch theilweise mit Schneeflecken in schattigen Mulden bedeckt. Die erste Frühlings-Flora war in bester Entwickelung, denn kaum einige Schritte vom Schnee entfernt blühte Aethionema pulchellum Boiss. und neu waren hier Thlaspi densiflorum Boiss. et Ky. und Veronica gorumsensis Boiss. et Ky. Unter die interessanteren, aber häufig hier wachsenden gehört Rumex macranthus Boiss., Isatis Aucheri Boiss., Ranunculus cuneatus Boiss., Aethionema speciosum Boiss., Thlaspi indecorum Schott et Ky. Überdiess fehlten hier nicht Ranunculus arvensis L. und Androsace maxima L. Die Umgebung der Quellsümpfe war von Blüthen des Ranunculus constantinopolitanus d'Urville ganz gelb.

Von der Jaile stieg ich mit einem Führer an den felsigen Ostlehnen zu der Höhe der Baumgrenze. Noch zwischen Pinus Laricio, die bis 5000 Fuss hinaufreicht, stand im Schatten auf dem mit Föhrennadeln bedeckten Boden allgemein verbreitet Orchis pinetorum mihi, unserer Orchis mascula verwandt. An den Felsen blühte in schönster Fülle Hesperis violacea Boiss. In der Tannen- und Cedern-Region gelangte ich auf die Südabhänge, die meistens schon schneefrei waren, nur an der Baumgrenze lagen noch dicke Massen, aber selbst hier in der Höhe von 6640 Fuss über dem Meere standen überall Blumen. Unter den Zweigen der Tannen und Cedern erinnerte Ornithogalum pterocarpum an unsere Schneeglöckchen. Um den Schnee drängten sich Scilla azurea Goldb., Fritillaria aurea Schott, Muscari Strangwaisii Tenore (?), Globularia trichosantha F. M. und Arabis thyrsoidea Sibth. dem Lichte mit den sich eben öffnenden Blumen entgegen. Die sonnigen Plätze zierte Biebersteinia Orphanidis Boiss., den Felsgrund aber Podospermum villosum, Silene olympica Boiss. und tiefer herab Orchis anatolica Boiss. und Orchis pseudosambucina Tenore. Den geraden Weg an der Südlehne herabgehend traf ich eine Schmelzhütte neben Erzstollen, aus denen Eisenstein befördert und bei dem Reichthum an Holz gleich auf dem Berge geschmolzen wird. Der Hochofen ist nicht gross, aber die bedeutende Menge erzeugter Schlacken beweist, dass er seit langer Zeit im Gange ist. Das Holz zum Verschmelzen des Erzes wird nicht aus der nächsten Umgebung genommen, sondern aus entfernteren Theilen des Waldes herbeigeholt, so dass kein sichtlicher Abgang der Waldung zu bemerken ist. Die Leute kennen die Gefahr, welche durch Entholzung dieser Bergseite für ihr Dorf und ihre schönen Äcker durch Schnee im Winter und durch Regenwasser im Frühjahr drohen würde. An dieser südlichen Lehne rieseln mehrere Quellen gegen das Thal herab und werden schon in bedeutender Höhe nach weit entlegenen Äckern geleitet. Die grösste Quelle,

welche alle Felder oberhalb des Ortes, zugleich die schönsten, den Sommer hindurch mit Wasser hinlänglich versieht und dabei noch zwei Mühlen treibt, liegt Stunde vom Ort entfernt und bis zu ihr ziehen sich an der sonnigen Bergseite Tannen mit Cedern zwischen Schwarzföhren gemengt hinab. Das herrliche Alpen-Dorf, wie ich es wohl nennen darf, da es auf drei Seiten von nahen Schneealpen umgeben ist, liegt gerade an der Grenze der hiesigen Laubholz- und Nadelholzbestände. Pinus Laricio geht nicht tiefer hinab und erst weiter unten in stundenweiter Entfernung kommt Pinus halepensis vor, hier im tiefen Gebirge fehlt sie ganz.

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Die Menge

Die Griechischen Bewohner von Gorumse. der vom Tschosch Dagh mitgebrachten Pflanzen bestimmte mich, am folgenden Tage zu Hause zu bleiben, während Herr Seeboth die nächsten Schneefelder an den SüdwestAlpen, die gegen Baktschadschik zu liegen, besuchte und von dort eine Viola odorata var. nivicola zurückbrachte, die am Saume dieser Schneefelder blüht. Mein gestriger Führer brachte mir heute die von den hiesigen Griechen geschätzten Blumen ,,Laale" (Fritillaria acmodanta Boiss.), ,,Sembil" (Hyacinthus orientalis L.) und ,,Susan" (Iris iberica F. M.), Blumen, die ihrer Grösse und Schönheit wegen einen Platz in unseren Gärten verdienen. Die Tracht der Griechen in Gorumse unterscheidet sich von der der Turkomanen oder muselmännischen Einwohner nur durch den blauen Turban. Auch die Frauen sind nach Weise der Turkomaninnen gekleidet, nur dass sie zwischen ihrem vielen umgehängten Schmucktand kleiné Kreuze zur Schau tragen. Sie haben selten schöne Züge, sind aber sehr arbeitsam, indem sie unter Anderem ein Zeug aus Wollgarn weben, das nach Caesarea verschickt wird. An Mehl war jetzt Mangel im Orte, die Leute nährten sich meist von Milch, die in Überfluss vorhanden ist, und sammeln Rumex, Scorzonera, Allium, welche, an den Quellen sehr rein ausgewaschen, als Grünzeug mit Fleisch gekocht eine gute, gesunde Speise geben. Auch sammelt man Blätter von Arum conophallodes Kotschy, die in lange Kränze geflochten und so getrocknet im Winter als Gewürz dem gekochten Obst beigemischt werden. Schwämme giebt es erst im Herbst, sie werden eben so getrocknet wie bei Jede Jagd ist verboten, da sie dem Bey allein gehört, doch können die christlichen Bewohner die vielen Wildschweine für sich erbeuten.

uns.

Das Dorf bezieht seine wenigen Luxus-Bedürfnisse aus Sis; da sich übrigens ein Theil der Bevölkerung Sommer und Winter mit der Eisenindustrie beschäftigt, so ist in diesem Gebirgsdorf mehr Verdienst, als es sonst in KleinAsien so tief im Gebirge der Fall zu sein pflegt. So wie die Bewohner von Gorumse unter einander in friedlicher

Beziehung stehen - wenigstens freute ich mich über die Brüderlichkeit der Männer bei jeder Gelegenheit —, eben so unterhalten sie auch freundschaftliche Beziehungen mit dem nächsten Armenischen Dorfe, Achartsche, welches südlich und unfern von Beilankoi gelegen ist. Vielfach verschwägert und verwandt sind sie mit dem von ihren Glaubensgenossen bewohnten Orte Baktschadschik, woher reiche Eisenerze nach Gorumse gebracht werden, so dass sich diese zwei Dörfer gleichsam in die Hände arbeiten.

Ein gemüthlicher, angenehmer Charakter voll Demuth und Vertrauen zum Himmel zeichnet diese christliche Bevölkerung aus. Bei meinem vielfachen Verkehr mit allen Leuten des Dorfes erhielt ich den Eindruck, als hätten sie in ihrem ganzen Wesen Etwas aus den ersten Jahrhunderten des Christenthums.

Die muselmännische Bevölkerung fand ich hier nicht anders als sonst in Gebirgen. Das Land ist mit den Zuständen zufrieden und wird Omar Bey auch gefürchtet, so ist dagegen sein Bruder Jussuff Bey, Regent in Hadschin, der im östlichen Theil von Kassan Oglu herrscht, aber auch auf den westlichen seinen wohlthätigen Einfluss ausübt, sehr beliebt.

Den 15. Mai, am Sonntag, feierte ich den Gottesdienst in der mit einer ganz kleinen Thüre versehenen Kirche früh, als die meisten Leute bei der Andacht waren. Die Ceremonie ist einfach. Die ältesten und angesehenen Glieder der Gemeinde singen zugleich mit dem Geistlichen in der ihnen unverständlichen Griechischen Sprache; es befremdete mich, als ich wahrnahm, dass die Kirchenbücher mit Türkischen Lettern, aber in Griechischer Sprache geschrieben sind. Jung und Alt singt mit lauter Stimme jeden Sonntag 1 bis 2 Stunden in Griechischer Sprache, ohne ein Wort davon zu verstehen. Der Priester versieht seine Ceremonien hinter dem Vorhang und erscheint nur zuweilen im Angesicht der Gemeinde. Nach mehreren Segensertheilungen tritt er mit der Bibel in den Händen hervor, lässt sie anräuchern und schreitet zwischen den Männern hin, um sie Jedem oder den Ersten der Gemeinde zum Kuss zu reichen. Darauf öffnet sich der Vorhang und vor dem mit beiden Händen hoch emporgehaltenen Kelch neigt sich die Gemeinde. Zum Schluss wird ungesäuertes Brod jedem Austretenden an der Thüre gereicht. Der Besuch der Kirche ist ein sehr fleissiger. Die Frauen haben eine eigene Abtheilung im Grund der Kirche, so dass sie von den Männern durch ein Gitter getrennt sind, haben aber den Eintritt durch dieselbe niedrige Thüre ins Bethaus.

Besteigungen des Tschosch Dagh, Rundsicht von seiner Spitze. Am 16. Mai machte ich in Begleitung des Zeichners einen Ausflug auf die Nordseite des Berges zu Pferd.

Wir umgingen den Berg zur Hälfte, um die Iris iberica zu finden, und gelangten über äusserst blumenreiche Abhänge bis an die Nordwestseite, ohne jedoch neue Pflanzen erbeutet zu haben, ausser der Scrophularia fontana Boiss. et Ky. Der mächtige Argaeus, ein breiter Vulkankegel, stand uns in seiner ganzen Grösse in hora 23, an 2 Tagereisen entfernt, majestätisch gegenüber, während der nur durch ein Gebirgsthal getrennte Pakhyr Dagh sich von h. 22 bis h. 4 mit seiner Plateauhöhe ausbreitete. Nach Süden zu erhoben sich über uns hohe Wände gegen die Spitze des Tschosch Dagh, die noch mit hohen Cedern, uralten Tannen und dazwischen mit Cilicischen Pappeln bewachsen waren. An diesen unzugänglichen Abhängen wohnen mehrere Bären-Familien, wie diess auch die häufig anzutreffende Losung erweist. Der Bey pflegt mit seinem Hofe jährlich ein Mal eine Treibjagd in der Gegend zu veranstalten, um die den Hirten lästigen Thiere nicht überhand nehmen zu lassen. In den Bergen von Kassan Oglu findet man ungewöhnlich viele Saumwege in allen Richtungen, die Population ist hier dichter wie in anderen Bergen der Türkei und die Hutweiden werden sorgsamer ausgebeutet, zumal da viel mehr Fremde mit ihren Heerden sich einfinden, als diess im Bulghar Dagh der Fall ist.

Am 18. Mai bestiegen wir den Tschosch Dagh zu Pferd, so weit diess thunlich war, und erreichten auch glücklich seine Spitze. Während ich an der Baumgrenze mit dem Führer nach Pflanzen eifrig suchte, nahm Herr Seeboth eine Ansicht der Bergreihen in der östlichen Richtung nach Marasch zu auf, ohne vom Führer belästigt zu werden, der uns im Gegentheil einigen Aufschluss über die Konstruktion dieses ganz ungekannten Gebirgslandes gab. Eben so wurde von der Spitze der Argaeus mehrmals aufgenommen, wie auch die ganze Ansicht des Allah Dagh der ganzen Länge nach, vom Bos (Post) Dagh in Karsantoglu bis ans nördliche Ende jenseit Farascha. Eine Zeichnung der Südansicht, die so sehr erwünscht gewesen wäre, konnte nicht gewagt werden, ohne sich gefährlichen Unannehmlichkeiten auszusetzen. Die Gebirgsketten des Fadel Dagh setzen sich nach Süden weiter fort, die der Südostseite streichen nach Südwest, nur tiefer gegen Sis zeigen sich, da wo der Hadschin Su, der östlichste Arm des Sarus, bedeutend nach Südwest sich wendet, zwei Bergreihen von 2- bis 3000 Fuss Höhe, die von Ost nach West streichen und Kalkgestein zur Unterlage haben. Der Tschosch Dagh ist von Westen nach Osten etwas länger und dieselbe Richtung hat auch der Hadschin Dagh. Der Pakhyr Dagh, nördlich von unserer Spitze, hat auf seiner Höhe ein weites Plateau, welches eben so hoch ist wie der Tschosch Dagh, aber es erheben sich auf diesem Plateau, an seiner Ost- und Westseite, noch mehrere Gipfel

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Auf den Südlehnen des Tschosch Dagh befindet sich die Baumgrenze in 6600 Fuss, während sie an der Nordseite noch um 400 Fuss höher steigt, indem auf terrassenartigen Fels wänden Cedern, Cilicische Tannen und besonders häufig Bäume von Juniperus excelsa so weit hinaufgehen.

Die Alpen-Flora des Tschosch Dagh traf ich im Stadium der ersten Entwickelung. Um die Spitze blühte Geum heterocarpum Boiss., Ranunculus napellifolius DC., Corydalis (Cryptoceras) rutaefolia DC., Draba olympica var. heterocoma Boiss; an der Baumgrenze waren am häufigsten Lamium macrodon Boiss., Pyrethrum cedrorum Schott, Haplophyllum myrtifolium Boiss. und Eunomia iberidea Boiss. nebst anderen.

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Der Herabweg wurde durch Hochwald auf dem südwestlichen Rücken gegen Baktschadschik genommen, dass wir den von jenem an Eisenerz reichen Orte herkommenden Saumweg betraten, viele mit diesem Mineral beladene Thiere einholten und mit denselben Gorumse von der Westseite her erreichten.

Unterredung mit Omar Bey, Vorbereitungen zur Abreise.Der seit zwei Tagen erwartete Herr des Landes, Omar Bey, langte gleich nach unserer Ankunft, von einer glücklichen Jagd zurückkehrend, mit seiner ganzen Begleitung im Orte an. Es war ein festlicher Einzug. Voran ritten 10 Mann, darauf folgte der Bey selbst, hinter ihm über 20 in scharlachrothe Mäntel gekleidete Verwandte des Bey, endlich der Dienertross. Hinter dem Bey und an seiner Seite gingen einige Mann zu Fuss, ein Pfeifenträger, ein Führer von zwei Jagdhunden und dann drei Männer, die Käfige mit Steinhühnern trugen, welche als Lockvögel auf der Jagd gebraucht werden. Ich wollte sogleich meine Aufwartung machen, hörte aber, dass ich morgen angenehmer sein würde, weil heute der Bey ermüdet sei. Die Bevölkerung, welche alle Vorbereitungen zur Aufnahme so zahlreicher Gäste gemacht hatte, fürchtete Erpressungen und noch an demselben Abend sammelte der Richter alle rückständigen Steuern ein, um seinem Herrn keine Veranlassung zu herbem Unmuth zu geben.

Bevor ich noch am nächsten Tage dem Bey meine Aufwartung machen konnte, war er schon auf die Jagd gegangen. Die Leute klagten über die Plünderungen der Omarlis, d. i. der Leute des Omar Bey, aber nach dem zu

schliessen, was mir gesagt worden, sind alle Abgaben sehr mässig und ihre Steuern entrichten sie nicht allein in Geld, sondern in Eisen, Viktualien, Holzbrettern und lebenden Thieren. Alles, was der Bey mit seiner Begleitung hier verzehrt, wird nach Billigkeit angerechnet. Erst am Vormittag des 20. Mai kehrte er von seinem Jagdzug zurück und nun beeilte ich mich, ihm meinen Besuch abzustatten. Der Tyrann, wie er in allen umliegenden Provinzen ausserhalb seines Landes genannt wird, sah ziemlich heiter aus und ich war nicht wenig verwundert, als er mich neben sich auf dem Divan den Ehrenplatz einnehmen liess. In freundlichem Tone fragte er mich nach meiner Zufriedenheit und richtete alle Reden darauf ein, mich den Empfang in Beilankoi vergessen zu machen. Unser Gespräch war ganz vertraulich geworden, die Europäischen Zustände interessirten ihn nicht wenig, ich musste sogar eine Karte hinzeichnen und er folgte der Erklärung mit aller Aufmerksamkeit. Gekochte Eier, die bemalt waren, brachte der Ortsgeistliche zum Geschenk und der Bey legte sie zwischen uns und gab mir eins, um mit den Spitzen gegen einander zu schlagen, in der Erwartung, dass sein Ei nicht leicht brechen werde. Der Zufall wollte es, dass ich dem Bey sechs Eier und er mir nur zwei zerbrach, worauf er lachend bemerkte, dass mich das Glück überall auch fernerhin begleiten möge. Vor meinem Weggehen theilte. mir der Bey noch in aller Höflichkeit zu meiner nicht geringen Freude mit, dass er den Befehl ertheilt habe, sobald ich weiter reisen wolle, mir die nöthigen Maulthiere gegen die gebräuchliche Zahlung zu besorgen, dass mich fünf der erfahrensten Männer, die sich schon oft im Kampf tapfer bewiesen haben, und zumal auch meine zwei wackeren Führer ordentlich bewaffnet und von ihm mit Munition versehen bis Güllek oder viel besser bis Mersina zu begleiten und vom Konsulat ein Türkisches Schreiben an ihn über die erfolgte glückliche Ankunft zurückzubringen hätten. Ich solle nur drei Tage vor der Abreise sagen, wie viel Maulthiere ich brauche, un unter dem Schutz seiner Leute könne ich hinreisen, wohin ich wolle, es stände mir nirgends etwas im Wege, um den Kräutern nachzugehen. Der Bey verlangte Medikamente von mir, ich musste ihm darauf den Puls fühlen. Er fragte, ob nicht nach mir noch andere Europäer sein Land zu besuchen gedächten, wahrscheinlich um in Sis strenge Ordre zu ertheilen, dass Niemand eingelassen werde. Ich empfahl mich, dankte für Alles, sandte noch Pillen und machte mich emsig an die Pflanzenverpackung. Ich begann zu überlegen, ob ich dennoch nicht nach Hadschin und von dort über Marasch nach Diarbekir aufbrechen solle, doch die Wege waren zu schlecht, um mit den grossen Packeten gesammelter Pflanzen durchzukommen.

Nachdem der Bey am Morgen des 21. Mai fortgeritten war und ich ihm noch meinen Gruss und Dank zugerufen hatte, ging ich auf dem nächsten Weg zur Baumregion hinauf, die ich in 2 Stunden erreichte. An der nordwestlichen Kante des Gebirges findet man ein durchbranntes Gestein, auf dem einige seltenere Pflanzen in Blüthe standen, so Alyssum xanthocarpum Boiss., Astragalus macrochlamys Boiss. et Ky., Potentilla Fenzlii Lehmann, Hesperis flava Boiss. et Ky., Grammosciadium scabridum Boiss. An einer noch in der Baumregion gelegenen Quelle blühte Primula acaulis Jacq. sehr schön.

Am Nachmittag kamen wir über die Maulthiere überein. Die Tour bis Güllek wurde auf fünf Tagereisen berechnet und in Güllek sollte ohne Zahlung 2 bis 3 Tage Rast gehalten werden. Ein Thier wird täglich mit 25 Piastern bezahlt. Der nächste Tag nahm mich mit dem Zurichten des Gepäckes in Anspruch.

Vegetation bei Gorumse. Unter den in den letzten Tagen meist in der Nähe des Ortes eingesammelten Pflanzen erwähne ich Salvia recognita Fischer, welche ich bei Güllek im Sommer 1853 gefunden und als Salvia orgyalis dem Botanischen Garten in Wien abgegeben habe, Onosma ovalifolium Boiss. et Ky., Doronicum caucasicum MB., Astragalus schizopterus Boiss., Pisum elatius MB., Allium stenopetalum Boiss. et Ky., Verbascum petiolare Boiss. et Ky., Verbascum Tauri Boiss. et Ky., Allium gorumsense Boiss. et Ky. Der Charakter der Vegetation hat, wenn man ihn nur oberflächlich betrachtet, sehr viel Ähnlichkeit mit

der Mittel-Europäischen Flora, denn es kommen, freilich nur als Seltenheiten, hier vor: Anthyllis vulneraria L., Adonis flammea Jacq., Coronilla varia L., Agrostemma Githago L., Papaver Rhoeas L., Cerinthe minor L., Siler trilobium L., Orchis incarnata L. var., Salix Caprea L., Listera ovata R. Br., Epipactis latifolia All., Galium rectum Huds., Potentilla reptans L. Diese wachsen im Thale, aber nur sehr weit zerstreut, und ich bekam nur wenige Exemplare von diesen Species zu sehen.

Mittel-Europäische Species in der Gegend von Gorumse sind noch im Gebirge: Alopecurus Gerardi Vill., Cephalanthera rubra L., Rochelia stellulata Rchb., Senecio vernalis W. Kit., Limodorum abortivum Sw., Gladiolus illyricus Koch, Vicia sativa L., Alyssum montanum L. var., Lamium album L., Ervum Ervillia L., Cerastium anomalum Kit., Corringia austriaca Rchb., Cytisus austriacus Jacq., Fumaria officinalis L. Auch diese Pflanzen sind so schwach vertreten, dass sie eigentlich keinen Einfluss auf den Typus der Flora ausüben.

Die tributäre Provinz Kassan Oglu ist von Natur aus für sich abgeschlossen und nur durch wenige Engpässe zugänglich. Der Allah Dagh bildet eine hohe Westmauer, eben so die Berge gegen Marasch. Die Ebene von Sis, von feindlichen Awtscharen durchschwärmt, erschwert nach Süden jede Verbindung bedeutend. Es werden Jahre vergehen, ehe es einem Europäer wieder gelingt, so tief und für so lange Zeit ins Land zu dringen.

Kaukasische Exkursionen von Nikolai v. Seidlitz, 1862.

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I. Von Kubà nach Nuchà.

Im Norden des Nuchà'schen und Schemachà'schen Kreises liegen von demselben durch die Hauptkette des Kaukasus geschieden der von Lesghiern bewohnte Ssamúr'sche Bezirk und der vornehmlich von Tataren besiedelte Kuba'sche Kreis, ersterer ein armes Gebirgsland, letzterer dagegen die mannigfaltigste Abwechselung vom Hochgebirge durch dicht bewaldete Gebirgsstufen bis zur fruchtreichsten Kulturebene am Meeresgestade bietend. Der dem östlichen Kaukasus durch unser tapferes Heer und dessen einsichtsvollen Lenker errungene Friede lässt den regsten friedlichen Gütertausch zweier benachbarter Kulturländer, wie des Nuchà'schen und Kuba'schen Kreises, als eine der wichtigsten Sorgen einer erleuchteten Regierung erscheinen, zumal diese Landstriche sich in ihrem Mangel und Überfluss gegenseitig ergänzen und die rasch vorschreitende Neuzeit selbst die Kaspischen Gestadeländer

für ihre reichen, dem Welthandel erwünschten Rohprodukte eine neue Gesichtsseite nach dem Schwarzen Meere und dem viel konsumirenden Westen finden lehrt. Nuchà, dessen Seidenproduktion im mächtigsten Aufschwunge begriffen ist, das dagegen an Getreide nicht überreich genannt werden kann, führt gegenwärtig schon 14.000 Pud Rohseide jährlich aus, während der getreidereiche Kubà'sche Kreis in dieser ländlichen Industrie noch auf einer sehr niedrigen Stufe steht, indem er nur 500 bis 800 Pud Seide bedeutend niedrigerer Qualität, dagegen aber mit der ihm anliegenden Derbenter Ebene und dem benachbarten Kürinischen Chanate bis 200.000 Pud der allerbesten getrockneten Krappwurzeln erzeugt und versendet. Die beiden genannten Handels- und Bevölkerungsmittelpunkte sind in gerader Linie nur etwa 100 Werst von einander gelegen, während der gebräuchliche Post- und

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gewöhnliche Vermittelungsweg zwischen denselben der Nähe von Bakù hin, über die Stadt Schemachà an 400 Werst durchmisst. Eine so schwer übersteigliche Schranke scheint von der Natur durch das Kaukasische Hauptgebirge zwischen diesen nahe gelegenen Landstrichen gezogen zu sein, deren produktionseifrige Bevölkerungen bei näherer und häufigerer Berührung einander zu gegenseitigem Nutzen vielfach die Hand reichen müssten. Untersuchen wir diese Schranke näher, über welche gleichzeitig die nächste Verbindung der nordöstlichen Kaspischen Gestade mit der Landeskapitale Tiflis und deren Kultur- und Handelseinflüssen Statt finden müsste.

Der nächste Weg, der vom 2960 Fuss über dem Weltmeer gelegenen Kubà in die wenig niedriger liegende Nucha'sche Ebene hinüberführt, geht in südwestlicher Richtung auf das seidenreiche Dorf Kutkaschin zu. Die am Wege 6581 und 7046 Fuss hoch gelegenen Dörfer Krys und Chinalùgh deuten in diesen Zahlen schon die wenig wegbare Gebirgsregion an, aus welcher ein 11.068 Fuss erhabener Gebirgspass in steilem, kurzen Verlaufe die seltenen Gebirgswanderer nach dem 2780 Fuss hohen Kutkaschîn hinüberleitet.

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Diese malerische Gebirgsregion in der Nachbarschaft der 13.950 Fuss majestätisch emporsteigenden und weithin im Kaspischen Meere sichtbaren Schach-dagh-Kuppe hat auch die bezeichnende Eigenthümlichkeit, dass sich in ihr, ausser den Gliedern der weit verbreiteten Volksstämme der Aderbeidschanischen Tataren, den Kürinischen Dialekt sprechender Lesghier, die Tat - Sprache (ein verdorbenes Pharssî) redender Juden, Armenier, in einigen wenigen Dörfern noch mehrere kümmerliche Völkerreste erhalten haben, deren unter einander unverwandte Sprachen in gar keiner Beziehung zu den Idiomen aller umwohnenden Volksstämme stehen. Es sind diess die Budughische, Chinalûghische und Dschêkische (oder Krysische) Sprache. Die drei genannten Sprachinseln liegen dicht bei einander im Süden. und Südwesten von Kubà und die Budughische ist die ansehnlichste derselben 1).

Ausser dem oben besprochenen Gebirgspfade, der einige Monate im Jahre völlig unzugänglich ist und den wir bisher noch nicht aus eigener Anschauung kennen zu lernen Gelegenheit fanden, giebt es weiter östlich noch einige wenig betretene Pfade, die zur Verbindung des Kubà'schen und Schemachà'schen Kreises dienen. Erst näher dem Kaspischen Meere, wo die Gipfel der Hauptgebirgskette im Dibrar-Berge schon zu 7230 Fuss hinabgesunken sind, führt ein recht gut fahrbarer Weg durch das grosse,

1) Ad. Berger im Kaukasischen (Russ.) Kalender auf das Jahr 1857, SS. 338-339. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1863, Heft IV.

von Russen bewohnte Dorf Alty-aghàdsch zur Stadt Schemachà hin, doch ist diese Strasse schon so weit östlich gelegen, dass sie nicht als nähere Verbindungslinie des Daghestan mit Nuchà oder Tiflis anzusehen ist.

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Wir werden in dieser Beziehung nur einen Weg zu betrachten haben, der schon seit längerer Zeit die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich gezogen hat die sogenannte Achtinische Heerstrasse. Sie führt im Allgemeinen in westsüdwestlicher Richtung im Thale des Ssamur-Flusses, dann längs ihm tributärer Bäche in die Nähe von Nuchà aufwärts. Sie ward um das Jahr 1840 vom Ingenieur-General Burneau projektirt und begonnen, hierauf, vor etwa 10 Jahren, vom Schirwanischen Infanterie-Regiment unter der Leitung seines edlen Commandeurs, des Fürsten S. J. Wassiltschikow, weiter gebaut, um nicht zu sagen vollendet. Ich benutzte sie im Sommer vorigen Jahres, um von Kubà nach Nuchà zu gelangen, nachdem ich in Derbent den Dampfer verlassen, der mich aus der WolgaRegion in den Kaukasus gebracht hatte. Diese Strasse, als einer der wenigen guten oder am leichtesten noch fahrbar zu machenden Verbindungswege, welche zwischen den Cis- und Trans-Kaukasischen Landen vorhanden sind, verdient eine grössere Aufmerksamkeit, als ihr leider bisher geschenkt worden ist.

Kubà liegt auf einer unbewaldeten Anhöhe über dem tiefen und breiten Bette des nicht sehr wasserreichen Kudialtschai. Gleich über dieser Stadt aber erheben sich die bewaldeten malerischen Vorberge der nördlichen Kaukasus - Gehänge, über denen im Thale des Kudial-tschai die schneebedeckte Kuppe des Schach-dagh hervorglänzt, die Marschall Bieberstein, Steven und der Akademiker Karl Anton Meyer einer so gründlichen botanischen Erforschung unterworfen haben. Unter der Stadt gelangt man bald in das etwa 800 Q.-Werst fassende Dreieck des fruchtbarsten Weizenbodens würde ein Europäischer Landwirth sagen, während er hier zum Krappbaue dient.

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Am 9. Juni vorigen Jahres verliess ich Morgens Kubà auf dem Postwagen, um über Kussary, das Stabsquartier des Schirwanischen Regiments, in nordwestlicher Richtung in das Thal des Ssamùr-Flusses zu gelangen. Nachdem man über der Stadt Kubà sich mühsam aus dem Bette des Kudial-tschai auf die ihn begrenzende Höhe erhoben hat, geht es 11 Werst weit bis Kussary in stetem Auf- und Absteigen durch ein in seiner Abwechselung von Wiesen und Wäldchen an Europäische Landschaft mahnendes Terrain. Das breite Thal des Kussar-tschai bildet hier mit seinem tiefen Einschnitte eine Unterbrechung in dieser lieblichen Einförmigkeit, die nur noch einige der elendesten Dörfer bis zum 21 Werst von Kussary entlegenen Dorfe Chasry gewahren lässt. Diese Gegend ist schon von

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