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verbreitet angiebt. Im Russischen Reiche ward er in der Krim beobachtet, doch aus Trans-Kaukasien von Ledebour in seiner,,Flora rossica" nur bei Helenendorf über Elisabethpol und aus dem Karabàgh bezeichnet. Die nur etwa 2 Linien messenden Steinfrüchtchen, deren eiweissloser grüner Same die charakteristische Eigenthümlichkeit der Familie und selbst dem Laien die Ähnlichkeit mit der nahe verwandten essbaren Pistacie verräth, sind zu klein für letzteren Gebrauch. Auch das Harz, das von den Tataren vielfach zum Kauen benutzt wird und deshalb auf dem Markte überall feil ist, wird hier nicht gesammelt, eben so wenig weiss Jemand hier das schön geaderte harte Holz) zu Tischlerarbeiten zu schätzen, nur als wohlriechendes, viel Hitze gebendes Brennholz ist es den Eingebornen bekannt.

Über der flachen, wenig geneigten Thalsohle des Turjantschai steigen hièr steile, sehr verwitterte, hellgelbe Lehmberge empor, deren gleich hohe Gipfel nach Süden alle gleichmässig steil abfallen, nach Norden hin aber allmählich geneigt sind. Letztere Abhänge sind stets mit den schönsten verschiedenartigen 2) Wachholder-Sträuchern, die man fast als Bäume bezeichnen könnte, bewachsen. Ausser dem Dienste, den dieselben den Steppenbewohnern als harzreiches Brennholz leisten, haben sie einen hohen ökonomischen Werth als manche Jahrzehnte lang in den Weingärten der Ebene ausdauernde Pfähle. Vom kleinen Dorfe Ssawalàn, das vormals mit 23 anderen Dörfern im Nucha'schen Kreise der Kompagnie zur Verbreitung des Seidenbaues in Trans-Kaukasien gehörte, jetzt aber von der Krone wieder eingezogen ist, zweigte ein Thal rechts hin nach NO. ab und wies einen Weg zum mächtigen,

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der Kaukasischen Hauptkette gelegenen Dorfe Bum, während wir links in nördlicher Richtung am KarassûBache hinaufritten, wo wir in etwa 3 Werst Entfernung das Dorf Därä-Achmet-begli erreichten. Dicht dabei, gleichnur verschiedene Höfe desselben Dorfes darstellend, liegt das Dörfchen Kuschlàr, wo die regelmässig in 2 Faden Entfernung von einander auf den Höfen gepflanzten hübschen Maulbeer-Bäume an die frühere segensreiche Wirkung der Europäischen Seidenbauer erinnerten. Zu diesem Dorfe, wo wir die Pferde wechselten, waren wir recht steil hinaufgestiegen und auch gleich hinter dem Dorfe führt der Weg steil auf den Rand eines Plateau's hinan. Wir verliessen hier das bisher verfolgte, einen Durchschnitt durch dieses Plateau bildende Thal des Turjan-tschai und seiner Nebenbäche, dessen zu beiden Seiten beobachtete

1) Siehe Chr. v. Steven, Verzeichniss der auf der Taurischen Halbinsel wild wachsenden Pflanzen, Moskau 1857, S. 103?

2) Es sind diess Juniperus excelsa und Oxycedrus. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1863, Heft V.

Gebirgszähne die Verwitterungsformen seines leicht zerstörten Gesteins sind.

Der Rand dieses Plateau's hat hier eine, wenn auch spärliche, doch verschiedenartige Baumbekleidung. Auf der Höhe angelangt fanden wir Wiesen, die auf dem gegen die Kaukasische Alpenkette mässig geneigten Boden bald in die Steppe der Ssarydshà übergehen. Diese Wiesen sind das Äquivalent des Grasreichthums der ausgedehnteren Schirach-Steppe bei Zarskiji Kolodzy, die in früheren kriegerischen Zeiten Tausende von Militärpferden eines grossen Stabsquartiers ernährte. Von Kuschlàr bis zum Armeni

schen Dorfe Tossik ritten wir etwa 10 Werst weit über den ebenen, überall gepflügten Boden der Ssarydshà, deren braune, lockere und tiefe Erdkrume ganz ohne Steine ist. Paliurus-Büsche finden sich überall zerstreut, Carduus benedictus, die Pest der Mughàn-Steppe, hat sich hier mit den zahllosen Blätterrosetten von Sinapis als Hauptunkraut angesiedelt. Auf den vom herumstreichenden Vieh stark gedüngten Wiesen unter dem Dorfe Tossîk fanden sich massenhaft echte Champignons (Agaricus campestris).

Tossik liegt, wie das uralte Armenische Dorf Sögütli, das wir zur Linken liessen, am Abhange der BosdaghKette, die sich hier viele hundert Fuss steil über die Ssarydshà erhebt, um von der anderen Seite fast eben so steil gegen die Nucha'sche Ebene hinabzusinken. Es ist diess das nördliche, diese Steppenregion genau abgrenzende Randgebirge, das sich in dieser Form wenn auch nicht überall unter demselben Namen bis nach Kachethien hinzieht, wo es die kostbaren Wein spendenden Gärten trägt, welche sich im Kaukasus eines so wohl verdienten, Rufes erfreuen, der sich bei verbesserter Kommunikation auch nach Europa hin ausdehnen wird. Die beiden letztgenannten Wohnplätze tragen schon ganz das charakteristische Gepräge der Armenischen Dörfer, die wir bald am Nordabhange des Bosdagh kennen lernen werden: nur ausnahmsweise Baumpflanzung, dachlose, an oder in den Berghang hineingebaute Häuser, oft bedeckt von mächtigen Pyramiden der zur Feuerung dienenden getrockneten Düngerfladen (kisik), Alles eine Ernährung der Bewohner durch ausgedehnten, oft ohne Düngung getriebenen Ackerbau andeutend. Am Gebirgsabhange bei Tossîk beginnen die zahllosen Rollsteine, die den Charakter dieses Randgebirges mit bedingen. Über steinreiche Äcker hin und in steilem Aufsteigen viele hundert Fuss hinauf geht es nun auf den Bosdagh. Crataegus pyracantha mit ihren zahllosen feuerrothen Früchten erscheint hier, ferner Rhus Cotinus, der Perrücken-Baum, violettgrün beblättert, wie er in seiner wahren Heimath an den Vorbergen der KaukasusKette im Herbste dieselben lebhaft färbt, während die Blätter getrocknet und auf Reisstampfen gepülvert unter

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dem Namen ssaragàn als Gerbestoff einen wichtigen Ausfuhrartikel nach Russland bilden; dann Rhus Coriaria, ein Strauch mit, seinem eben genannten Verwandten so unähnlichen, gefiederten Blättern, die nicht technisch verwandt werden, während dagegen seine Früchte, der ssumàk, als säuerliches Pulver in der Küche der Tataren vielfache Anwendung finden.

Oben im schmalen Gebirgssattel angelangt warfen wir noch einen Rückblick auf die Steppen- und Wiesenregion der Ssarydshà, ehe wir die sehr von ihm verschiedene Überschau genossen, die sich über die Ebene vor uns aufthat. Diese wird hier nicht mehr vom Airy-tschai, sondern von vielen Flüssen durchfurcht, die selbstständig der Kurà-Ebene zueilen, ohne immer diesen Strom zu erreichen, da sie meist zur dort so nöthigen Bewässerung der Felder und Gärten ihr Wasser hergeben müssen. Diese Ebene, über der die Kaukasischen Alpen in all ihrer Majestät mit zahlreichen breiten Thalmündungen, in denen die reichsten seidenbauenden Dörfer gelegen sind, emporsteigen, hat ganz den Charakter der Alasan-Ebene, mit der sie ein natürliches Ganze bildet: Baumgarten-Meere, zwischen denen ausgedehnte fruchtreiche Getreidefelder wogen, mit zerstreuten mächtigen Bäumen bestanden. Der Nordabhang des Bosdagh ist nicht nackt wie der Südabfall desselben gegen die Ssarydshà hin, sondern mit denselben Waldessenzen bedeckt, die sich am Abfalle der Schirach-Steppe über Muganlû und auf der Fortsetzung desselben Gebirges in Kachethien finden. Auch hier hat die sorglose Waldvernichtung Grosses geleistet und sicher der Fruchtbarkeit des Landes grossen Abbruch gethan. Jetzt sieht man hier nur buschartige Eschen, Eichen, Buchen (Carpinus Betulus), Cornus mascula, Sambucus nigra, Prunus, während riesige Baumstumpfe die vollführte Verwüstung beurkunden.

Ein dermaassen mit Humus bedeckter Abhang wie dieser, dem noch eine Spur seines werthvollen natürlichen Schmuckes geblieben ist, könnte noch durch eine Schonung, wie sie hier nicht leicht zu erwarten ist, wieder bewaldet werden. Anders steht es um denselben Gebirgszug im Süden von der Stadt Nuchà, wo nur eine rationelle mühsame Waldpflanzung der häufigen Dürre abhelfen könnte, welche die thätigen, früher wohlhabenden Einwohner der Armenischen Dörfer Geibulàgh und Daschbulàgh, die ihre Felder nicht bewässern können, fast an den Bettelstab gebracht hat. Jahr für Jahr bedecken sie den Gebirgsabhang rings um ihre Dörfer mit ihren Getreideaussaaten und haben in sieben bis acht auf einander folgenden regenlosen Sommern kaum ihre Aussaat geerntet, so dass manche Armenier hier in der äussersten Bedrängniss ihre Töchter den Tataren verkauften. Und diess

geschah in der Nähe einer reichen, gewerbfleissigen Stadt, wo beim grossen Mangel an Arbeitskräften der rührige Armenier immer noch leicht sein Brod finden kann. Von den Dörfern Geibulagh und Daschbulàgh westwärts giebt es auf der hier schon nicht mehr Bosdagh genannten, aber in derselben Naturbeschaffenheit weiter streichenden Bergkette keine Dörfer mehr, bis in der Nähe von Signach die Wohnsitze der Grusiner beginnen. Die Ebene ist mit wenig Ausnahmen wie die Thäler der Kaukasus-Kette von Tataren bewohnt, welche die Armenier an die relativ unfruchtbare Kette des Bosdagh zurückgedrängt haben. Von Daschbulagh östlich finden wir denn am Abhange dieses Gebirgszuges lauter Armenische Dörfer bis tief in den Lahîtsch'schen Distrikt hinein, wo bei Annäherung dieses Gebirgssystems an die Kaukasischen Alpen die an den Hochgebirgen gesammelten und hier aufgefangenen Dünste selbst ohne Bewässerung sehr lohnende Kulturen begünstigen, eine Naturerscheinung, die sich bei ähnlicher Bodenkonfiguration auch in Kachethien am anderen Ende dieses Gebirgszuges wiederholt. Schon über Nidsh lässt mich die natürliche Bekleidung des Gebirgsabhanges an die Möglichkeit sehr erfolgreicher Maulbeerbaum- und Weinpflanzungen ganz ohne künstliche Bewässerung glauben.

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Mehrere Werst vom Fusse des Bosdagh entfernt liegt das weit ausgedehnte reiche Dorf Nidsh (nicht Nisch, wie es manche Karten fälschlich bezeichnen), wo wir, nachdem wir etwa 1 Stunde schon in der Ebene und mehrere Werst weit durch das Dorf geritten waren, unser Unterkommen für die Nacht suchten. Grosser Wasserreichthum zeichnet Nîdsh aus, dessen breite, mit tiefen Gräben versehene Wege zwischen Hecken durchführen, die viele schöne Wiesenplätze, abwechselnd mit Maulbeer- und den verschiedenartigsten anderen Baumgärten, sorgfältig umschliesHerrliche Erlenbäume, die im Kaukasus nicht eben häufig sind, finden sich hier neben stattlichen Eichen. Uralte Birnbäume giebt es hier wie im oberen Dorfe Sigsit dicht bei Nuchà, das, hoch im Gebirgsthale unter einer Alp gelegen, zahlreiche Spuren der ausgedehnten Gartenkultur seiner vormals christlichen Bewohner aufweist und dessen jetzige muhammedanische Bevölkerung noch nicht vergessen hat, dass sie theils von christlichen Armeniern, theils von deren Tatarischen Verdrängern abstammt. Hier in Nidsh, wie in jenem eben genannten Sitze einer alten, halb verschollenen Kultur, sieht man noch an den Stämmen dieser mächtigen Fruchtbäume eine starke Einschnürung, die den Fleiss eines Gärtners bezeichnet, der vor manchen hingeschiedenen Generationen das junge Bäumchen pflanzte und pfropfte. Die fruchtspendende Bewässerung ist in Nidsh so reichlich, dass man das eingeerntete Heu auf hohen Gerüsten zu Schobern zusammenlegen muss, um es vor

der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Die thätigen und wie die Armenier, mit denen sie viel Ähnlichkeit haben, wenn sie gleich zu einem anderen Stamme gehören, genügsamen Einwohner haben so reich tragende Felder, dass durch diese wie durch Wallnüsse, Kastanien und andere Früchte) hier nicht wenige Dorfbewohner Kapitalien von mehreren zehntausend Rubeln besitzen. Viele derselben bauen sich solide Wohn- und Wirthschaftsgebäude aus Stein, die übrigens in der Weise der Bauten von reichen Armeniern nicht gerade bequem und praktisch eingerichtet sind. Die Bewohner von Nidsh sind Uden (oder Udinen nach Russischer Sprachweise). Die spärlichen Trümmer dieser kleinen Nation leben in einigen Dörfern, die meist im abgelegenen Winkel zwischen der Kaukasus- und Bosdagh-Kette liegen. Ursprünglich war die Heimath dieses jetzt seinem Untergange entgegengehenden Volkes etwa 80 Werst südwestlich von Nîdsh, am Terter-tschai, kurz vor dessen Mündung in die Kurà, an deren rechter Seite. Sie hiess Berda oder Perthaw und noch jetzt sind an diesem Orte unter ersterem Namen die Ruinen einer Stadt bekannt, die Schah Abbas zerstörte, Mauern von ungebrannten Lehmpasten und ein hoher Thurm aus verschie denfarbig glasirten Ziegelsteinen. Dieses war die Hauptstadt der Udischen Provinz des Armenischen Reiches, die sich vom Fusse der Karabagher Gebirgskette bis an die Kurà im jetzigen Dshiwanschirischen Distrikte hinzog. Wie die Armenier häufig vor den Verfolgungen der Kuba'schen, Baku'schen, Schirwanischen (Schemachà'schen) und Karabagher Chane sich unter den Schutz des mächtigen Schekî'schen (Nucha'schen) Chans flüchteten, so thaten es auch die ihnen ähnlichen schüchternen Uden. In Nîdsh sind ihrer jetzt 370 Höfe, auf denen aber, da die Familie hier in Armenischer Weise meist auch nach der Heirath aller Kinder zusammenbleibt, zu 30 bis 50 Personen auf vielen derselben leben. Die Uden dieses Dorfes gehören dem Armenisch-Gregorianischen Glaubensbekenntnisse an und sprechen noch ihre ursprüngliche Sprache, wenn sie gleich schon die Hälfte der Wörter vergessen und durch Tatarische ersetzt haben, während auch die ihnen noch erhaltenen Ausdrücke häufig von denen im Munde der Uden in Wartaschin selbst ihrer Wurzel nach verschieden sind. Denselben christlichen Glauben bekennen ihre Nachbarn in den etwa 1 Deutsche Meile nach Osten von Nîdsh zusammenliegenden Dörfern Dshourly, Mirsabegli und SsultànNuchà, die ihre Sprache mit der Tatarischen vertauscht haben. Eben so tatarisirt sind die Bewohner des nahe beim Bosdagh im Süden von Wartaschîn befindlichen Dorfes

1) An Haselnüssen allein verkauft dieses Dorf für 30.000 Rubel jährlich.

Jengikent, die aus Michlikoach in der Nähe von Bum ausgewandert sind und nur noch den Armenischen Glauben bewahrt haben, obgleich sie noch kürzlich nach Aussage Landeskundiger Udisch sprachen. Am reinsten hat sich diese alte Sprache in Wartaschîn (wart Armenisch = Rose, schîn Dorf) erhalten, doch auch hier, in einem Thale der Kaukasischen Hauptgebirgskette, etwa 40 Werst südöstlich von Nuchà, bekennen sich von mehr denn 700 Familien, welche dieses reiche 1) Dorf an Einwohnern zählt, 110 Familien zur Griechisch-Russischen oder Grusinischen Kirche und nennen sich, wie im Orient überhaupt die Religion über die Nationalität 2) gestellt wird, in Folge dessen Grusiner. Ein nicht unbedeutender Theil der Bewohner dieses ursprünglich ganz Udischen Dorfes, 50 Familien, bekennt sich zum muhammedanischen Glauben, spricht aber noch Udisch unter einander; nur 50 zur Armenisch-Gregorianischen Kirche gehörige Familien werden hier Uden genannt und nennen sich selbst so. 50 Familien hierher aus Nuchà übergesiedelter Armenier gehören wirklich zu dieser Nation. Noch etwa 500 Familien Juden, welche die Tat-Sprache (ein Iranisches, wenig vom eigentlichen Pharssi abweichendes Idiom) reden, sind hierher aus Kuba, wo ihre Glaubensbrüder noch jetzt sich befinden, eingewandert.

Wenn ich oben den Wunsch an den Tag legte, die Sprachen der Chinalûgher, Kryser, Budùgher, Rutùler möchten bald erforscht werden, da es sonst zu spät werden könnte, so gewährt es mir im Interesse der Völkerkunde des Kaukasus eine um so grössere Befriedigung, hier anführen zu dürfen, dass die Sprache der Uden vom Akademiker Schiefner in St. Petersburg zum Gegenstande seines Studiums erkoren wurde und dass noch kürzlich zur allendlichen Entscheidung einiger Ungewissheiten mein geehrter Freund Herr Ad. Berger 3) aus Tiflis eigens dieser Nation wegen eine Reise nach Nuchà und nach Wartaschîn unternahm, somit die Sprache der Uden wohl sehr bald den Europäischen Philologen zur Beurtheilung ihrer Verwandtschaft vorliegen dürfte. Schriftzeichen dieses Volkes sind bisher nicht aufgefunden und existiren wohl kaum, da 'dasselbe sich nur der Armenischen oder Grusinischen bedient und von keinen eigenen weiss. Um so auffallender und

1) Unter der Herrschaft der Schekî'schen (Nuchà'schen) Chane vermochte Wartaschîn ihnen eine Abgabe von 32 Batman (à 25 Pfd.) oder 800 Pfund Seide alljährlich zu entrichten.

2) Die sich zur Römisch-katholischen Kirche bekennenden Armenier, wie ebensolche Griechen, wollen nie anders als Katholiken heissen, auch wenn sie nach ihrer Nationalität befragt werden.

3) Dieser kenntnissreiche Orientalist, dem die Landes- und Sprachkunde des Kaukasus und Persiens viel Aufklärung verdankt, beschäftigte sich in letzter Zeit ausser der Udischen mit der Abchasischen (einem Adighê- oder Tscherkessischen Idiom), der Awarischen und anderen Sprachen vom Lesghischen Stamme. Seinen Arbeiten auf diesem Gebiete sehen wir mit Ungeduld entgegen.

interessanter sind mir zwei sehr schön erhaltene Grabsteine mit reicher Skulptur, die ich im Hofe unseres Wirthes in Nidsh, Hukassow, vorfand. Kein Muhammedaner, der sie gesehen hat und es giebt deren in der Nähe genug, die das Tatarische, Persische und Arabische ken

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vermochte diese Schriftzeichen zu entziffern. Dennoch scheinen mir letztere Arabisch zu sein und zwar jungen Datums wegen der Punkte, welche die Vokale andeuten; überhaupt ist die Steinart leicht verwitternder Natur und somit die Grabsteine bei der guten Erhaltung für nicht sehr alt zu halten. Christliche Abzeichen fehlen auf beiden, wenn nicht ein Reiter in Phrygischer Mütze mit einem Speere, an dem ein Fähnchen zu sehen ist, für ein solches zu halten ist. Vielleicht sind es Udische Laute, durch Arabische Schriftzeichen ausgedrückt, welche beide Grabsteine mit so schönen Charakteren bedecken. Jedenfalls sind diese Kunstwerke schon ihres ästhetischen Werthes wegen einer Nachbildung durch die Photographie gewiss werth. Sie waren auf diesen Hof etwa 10 Werst weit hergeholt, wo zwischen den Dörfern Tschochùr-Kabalà und Ssultàn - Nuchà sich im Walde ausgedehnte Ruinen, wohl einer grossen Stadt, befinden. Es soll dort deren viele bei einigen wohl erhaltenen Thürmen geben, doch wurden sie leider bisher zu Bausteinen verwandt, ein Unfug, dem man eben gesetzlich zu steuern im Begriffe ist. Am 25. September (a. St.) verliess ich am Morgen das Dorf Nidsh. Westwärts ging es am Fuss des Bosdagh hin, an welchem die Armenischen Dörfer Sirik und Hoschkäschin über uns zur Linken lagen. So erreichten wir nach 5 bis 6 Werst Rittes den Turjan-tschai, der jetzt recht viel klares Wasser führte. Das bisher mit Bäumen bestandene Gebirge verändert hier seine Physiognomie, da es von nun an nur Paliurus-Büsche trägt. Am linken hohen Thalgehänge des Turjan-tschai, der sich, bevor er das Gebirge durchbricht, aus mehreren Zweigen zusammensetzt (an deren einem dem ssary-ssû, kaltes Wasser wir, ihn stets unter uns zur Rechten lassend, von Nîdsh hergezogen waren und ihn jetzt bei seiner Mündung durchritten), finden sich weisse, sehr poröse Kalksteinschichten mit Höhlen, die an der mit Bäumen bewachsenen Wand ein recht pittoreskes Gepräge tragen. Eben so interessant, wenn gleich in anderer Weise, ist das rechte Ufer des Flusses, das wahrscheinlich aus Sandstein besteht, der aber so fest ist, dass er selbst eine hohe Steilwand bilden konnte.

Am Gebirgsabhange oder an dessen Fusse hin ging es nun 10 Werst weit bis zum Thale von Jagubly über sehr fruchtbare Äcker, denen aber doch der Mangel einer künstlichen Bewässerung in manchen Jahren sehr verderblich wird. Am Gebirge weideten auf den von den Herbstregen

schön grünenden Brachfeldern mächtige Schafheerden der Lesghier von Filifli. Dieses Dorf, dessen Bewohner vor längerer Zeit aus dem Ssamur'schen Bezirke seiner Armuth wegen in den Nuchà'schen Kreis übersiedelten, liegt im Norden von hier an der Kaukasus-Kette. Dieses wie das gleichfalls von Lesghiern bewohnte Dorf Daschaghyl und das jetzt von Tataren besetzte, in alten Zeiten christliche Dorf Ober-Geinùk sind die einzigen Dörfer mit ausgedehnter eigener Schafzucht im Nuchà'schen Kreise. Ein Hirt, den wir am Wege trafen und ausfragten, hütete 800 Schafe, wird auf 6 Monate gemiethet und erhält für diese Zeit ausser seiner dürftigen Kleidung und Nahrung 7 Schafe. Die Hirten sind sehr geschickt im Entbinden der Schafe und führen zu diesem Zwecke selbst Zangen. Sehr erfahrene Hirten werden daher nicht selten bei schweren Geburten der Frauen als Entbindungskünstler zur Hülfe gerufen.

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5 Werst hinter dem eine schöne Fernsicht über die Ebene nach allen Seiten hin geniessenden Dorfe Jagubly kommt man am Bosdagh fortreitend zu den Dörfern Top und dem nur durch eine tiefe Schlucht von ihm getrennten Saràb. Alles dieses sind wie solches vorhin vom Bosdagh erwähnt wurde Wohnsitze der Armenier, die hier sehr viel Heu um ihre dachlosen Häuser herum auf Balken zu Schobern zusammenlegen. Saràb hat auch Weingärten, die unbewässert gedeihen und einen feurigen guten Wein geben sollen. Bei Jagubly hatten wir an unserem Wege die schwarzen Filzzelte nomadischer Tataren (Täräkamà genannt) gesehen, die hier eben ihr Feld zur Wintersaat bestellten, um bald an die Kurà zurückzukehren, wo sie den Winter in der wärmeren Ebene zubringen. Ritter (Erdkunde, Theil X, S. 352) erwähnt unter demselben Namen in den Türkischen Grenzlanden Ziegeuner-ähnliche Turkmanen als aus Persien stammend. Wir fanden unter den wandernden Horden Trans-Kaukasiens häufig Nomadenlager mit dem eben genannten Tatarischen Namen belegt und halten sie für Zweige der vielen Turanischen, Sunnitischen Völkerschaften, die so zahlreich als Wanderstämme zwischen den ansässigen Bewohnern Irâns auftreten und mit Zigeunern als Stammgenossen nicht selten deren Sitten und Neigungen annahmen. In solchen Horden ist es, wo man Musikanten und die sonst im Orient so sehr verpönten Tänzerinnen antrifft. Landstrecken, die von diesen Nomaden bebaut werden, sind dem geübten Auge leicht durch die Nachlässigkeit der Bearbeitung kenntlich, so auch hier, wo die Täräkamà überall die Paliurus-Büsche im Felde stehen gelassen und die Erde kaum mit ihrem primitiven Pfluge aufgeritzt hatten. Die Russische Regierung thut dem Lande daher eine grosse Wohlthat, wenn sie solche Horden anzusiedeln sucht, wie diess im benach

barten Berguschet'schen Distrikte in der Kurà-Ebene geschieht, wo durch die projektirte und zum Theil schon in Angriff genommene Bewässerungsregulirung zu solchem Zwecke viel Land gewonnen wird. Auch sind diese Volksstämme einer festen Ansiedelung, wenn ihnen hierzu bewässerbares Land geboten wird, nicht gerade abgeneigt, doch werden immerhin noch manche Jahre vergehen, ehe sie auch nur die geringe Kunst des Garten- und Feldbau's der lange angesiedelten Tataren und Armenier erreichen werden.

Unter dem gewöhnlichen Gekreisch der Dorfbewohner, das den Aufenthalt in Armenischen Dörfern eben so wie die grosse Unreinlichkeit und der Reichthum an Ungeziefer im Vergleiche mit Tatarischen Dörfern so unangenehm macht, wechselten wir die Pferde und ritten bei stetem Regen, der uns den ganzen Tag über kaum einen Augenblick verschonte, längs der Bosdagh - Kette weiter westwärts. In 5 Werst Entfernung kamen wir an den Aldshigan-tschai, dessen breites Thalbett, in dem selbst Reisfelder Platz finden, hier tief einschneidend durch das Gebirge bricht. Letzteres streicht mit dem bisher an demselben bemerkten Charakter 10 Werst weit zu unserer Linken westsüdwestwärts und ist auf dieser Strecke mit drei Armenischen Dörfern besetzt, ehe man nach Alliar an einem Vorsprung dieser Kette gelangt. Zu unserer Rechten hatten wir dabei den ziemlich tiefen Einschnitt eines Seitengewässers des Aldshigan-tschai mit abgeflachten, unfruchtbaren, gelben Lehmufern, hinter denen die Gärten reicher Tatarischer Dörfer (in deren Reihe auch das vormals Udische Jengikent liegt) sich hinziehen. Einige Werst von Alliar sahen wir jenseit des Wassers eine hohe, viereckige, thurmähnliche Ruine (Aghdsha-Kalà, weissliche Fe

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stung, genannt). Von hier an begann ein nicht sehr breite, Schilfband, das Werste weit bis zum Dorfe selbst sich erstreckte. Alliar, wenn gleich von Armeniern bewohnt trägt in weiten Maulbeergärten versteckt ganz den Stempel der anmuthigen Tatarischen Dörfer und nicht den der Armenischen Gebirgsdörfer, die wir stets zu unserer Linken hatten. Auch liegt es nicht hoch am Abhange, sondern unten am Fusse der hier etwas niedrigeren BosdaghKette, was der möglichen Bewässerung wegen eine unvergleichlich vortheilhaftere Lage ist. Hier, wo der Weg um ein Vorgebirge eine kleine Wendung nach links macht, entspringt der Dägnä-Arch (Kanal oder Graben von Dägnä), der in geringer Entfernung von unserem westlich verfolgten Wege beim Tatarischen Dorfe Ibrahim - Reut vorbei unter der Bosdagh-Kette 6 Werst weit hinfliesst, das in einem Défilé des Niedergebirges liegende halb Tatarische, halb Armenische Dshafar-Abad bewässert, dann in tiefem Einschnitte durch das Gebirge fliesst, um nach Bewässerung der grossen Dörfer Dägnä von der Turùt-Steppe aufgesogen zu werden. Dieses ein eigenes Flusssystem darstellende Gewässer muss ich seines tiefen Thalbettes wegen für einen natürlichen Wasserlauf halten und vormals mag es in den Adshi-Noûr (Bitter-See) gemündet haben, bis es zur Bewässerung dieser neu angelegten Dörfer von seinem natürlichen Laufe abgelenkt wurde.

Die vom Airy-tschai und dessen Nebenflüssen bewässerte, hier 20 Werst breite Ebene auf der Poststrasse kreuzend fuhren wir am nächsten Tage nordwärts der Stadt Nuchà zu, die am Fusse der Kaukasischen Alpen sich über 10 Werst weit als ein Wald von Maulbeer- und Fruchtgärten hinstreckt.

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Die Flussgebiete des Binue, Alt-Kalabar und Camerun in West-Afrika.
Bemerkungen zur Karte dieser Regionen, Tafel 6.

Wie die Karte von Kongo und Angola, welche das letzte Heft des vorjährigen Jahrgangs dieser Zeitschrift enthielt, so ist auch die in der Überschrift näher bezeichnete ein Resultat der Vorarbeiten für eine Sektion unserer 10 Blattkarte von Inner-Afrika, nämlich derjenigen, welche den eigentlichen gänzlich unbekannten Kern von CentralAfrika umfasst, von uns aber Dar Banda genannt wurde, weil der westliche Theil der von den Mohammedanern so benannten Region noch darauf fällt. Wir hatten gehofft, dieses Blatt ziemlich anfüllen zu können mit einer grossen Menge von Völkernamen und Flüssen, weil Kölle's

Karte zu seiner berühmten ,,Polyglotta africana" den Wohnort mehrerer Stämme gerade in das Gebiet der genannten Sektion verlegte und die Einleitung des Werkes zahlreiche Angaben über Flüsse, die Nachbarstämme, ihre relative Lage, Sprache u. s. w. enthielt, deren Ausnutzung zu der eben ausgesprochenen Hoffnung berechtigte. Noch mehr wurden wir in dieser Hoffnung bestärkt, als in der

1) Map of the Tropical Regions of Africa, extending nearly to 20° North and South Latitude, showing the approximate localities of the languages collected by the Rev. S. W. Kölle. Compiled and drawn by A. Petermann. 1:7.218.000.

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