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punkte der Wissenschaft noch ein Kontinent am Südpol gezeichnet werden kann; es deutet unsere gegenwärtige Kenntniss vielmehr darauf hin, dass das noch ganz unerforschte antarktische Central-Gebiet vorwiegend aus Wasser und nicht aus Land bestehe, und die bis jetzt nachgewiesenen antarktischen Landmassen können nicht im Entferntesten auf die Benennung Kontinent" Anspruch machen. Aber die Terra Australis incognita hat schon seit Jahrhunderten die Kartographen genarrt und in die Irre geführt: vor Tasman, also vor 200 Jahren, reichte sie bis zum Feuerlande, machte von da einen grossen Bogen gegen das Kap der Guten Hoffnung, umfasste ganz Australien und erstreckte sich von Neu-Guinea quer über den Grossen Ocean bis zur Magellan - Strasse. Als Tasman zuerst die Südküste Australiens entdeckt und somit nachgewiesen hatte, dass dieser Kontinent mit einem südlicher gelegenen Polarlande nicht zusammenhinge, wurde die Grösse des letzteren bedeutend reducirt, doch dehnte man dasselbe immer noch bis Neu-Seeland auf der einen und bis zu den Bouvet-Inseln auf der anderen Seite aus und stellte beide Inselgruppen als Vorgebirge des fabelhaften Südlandes hin.

Das Problem einer grossen Terra Australis wurde damals zu einer interessanten Streitfrage und hat das Gute gehabt, Erforschungs-Expeditionen nach diesem Theile der Erde angeregt zu haben, ganz ähnlich wie das Problem der Nordwest-Passage die Erforschung der arktischen Regionen zur Folge gehabt hat, nur dass man in letzteren die Untersuchungen auf einen kleinen Theil des Gebiets beschränkte. Cook's berühmte, vor etwa 90 Jahren begonnene Reise hatte bekanntlich die Lösung des Problems eines südlichen Kontinentes hauptsächlich zur Aufgabe, seine Expedition eröffnet auch den Reigen der eigentlichen antarktischen Erforschung.

Unsere Karte, deren Einführung wir im Vorstehenden zu motiviren versuchten, ist zugleich Generalkarte und Specialkarte letzteres besonders durch die in Maassstäben von 10 bis 1 Million gegebenen Nebenkarten und bildet ihrem Wesen nach eine allgemeine, physikalische und historische Karte. Ohne solche den drei Abtheilungen zugehörigen Momente würde eine Antarktische Karte allerdings unerspriesslich sein, aber wir sind auch der Ansicht, dass auf einer derartigen Karte die Dampfer- Linien und Segelschiffs - Kurse, die Ausdehnung des Packeises und Treibeises, die Routen der Erforschungs-Expeditionen u. s. w. mit demselben Recht dargestellt werden als die Landstrassen und Eisenbahnen auf anderen Karten, die Ausdehnung der Wüsten in Afrika, die Angabe wichtiger Reise-Routen im Inneren Australiens u. s. w.

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1) Cook's Expedition hatte seiner Zeit an Grossartigkeit des Planes und der Ausrüstung nicht ihres Gleichen in der Geschichte maritimer Unternehmungen aufzuweisen und als Bahnbrecher der Expeditionen nach dem Südpol gehört ihm das grösste Verdienst, in Bezug auf geographische Resultate aber ist er von manchen seiner Nachfolger, z. B. von Bellingshausen, Weddell und besonders von Ross, übertroffen worden. Cook zeigte, dass das antarktische Festland, wenn ein solches überhaupt existire, auf den Raum innerhalb des 60° S. Br. beschränkt sein müsse, aber er erreichte selbst kein Land an irgend einem Punkte jenseit dieses Parallels. Seine Ansicht, aus der Verbreitung des Treibeises auf die Ausdehnung des Polarlandes zu schliessen, ist eine vollkommen trügerische und irrige, wie auch seine prophetischen Anschauungen, wie er sie im Vollbewusstsein seiner eigenen Thaten aussprach, höchst einseitiger und befangener Art waren. Die grösste von ihm erreichte Polhöhe war 71° 10', weiter vorzudringen, hielt er für gefährlich und tollkühn, „denn es war", sagt er 1),,,meine Ansicht und auch diejenige der Meisten in der Schiffsmannschaft, dass dieses [daselbst gefundene] Eis sich ganz bis zum Pol erstrecke oder sich vielleicht einem Lande anschliesse, mit dem es seit der frühesten Zeit verbunden gewesen sei". Und an einer anderen Stelle2): - „Die Gefahr, der man sich in einem solchen unbekannten Eismeere aussetzen würde, wollte man bis zum Lande vorzudringen suchen und seine Küsten erforschen, ist so gross, dass ich dreist behaupte, dass kein Mensch es jemals wagen wird, weiter vorzudringen, als ich gethan habe, und dass deshalb auch das Land, das weiter südlich liegen kann, niemals entdeckt und erforscht werden wird." (Ross ist seitdem um 7 Breitengrade oder 420 Nautische Meilen dem Südpol näher gekommen.) Ich schmeichle mir, dass nun die südliche Hemisphäre genugsam durchforscht worden und das Suchen nach einem südlichen Kontinent, welches die Aufmerksamkeit der seefahrenden Nationen beinahe

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1) A voyage towards the South Pole, 1772-1775, London 1777, 4o, I, p. 268. 2) Ibid. p. 231.

zwei Jahrhunderte lang beschäftigt und eine LieblingsTheorie der Geographen aller Zeiten gebildet hat, ein für alle Mal zu Ende gebracht ist."

Die Sache war die, dass Cook, ausser der hohen Meinung, die er selbst von seinen Errungenschaften hatte, so dass er glaubte, Niemand würde sie jemals erreichen oder übertreffen in Folge seiner grossen vorausgegangenen Reisen innerhalb gemässigter und wärmerer Klimate, seines Aufenthalts auf den reizenden und üppigen SüdseeInseln, für die weniger angenehme Erforschung eines Eismeeres nicht besonders empfänglich und enthusiasmirt war. Bellingshausen. Beinahe 50 Jahre lang begnügte sich die Welt mit dem Standpunkte antarktischer Geographie, wie er von Cook errungen und aufgestellt war möglich, dass seine grausigen Schilderungen und absprechenden Ansichten neue Erforschungen verhindert und hinausgeschoben hatten, da erging im Frühjahr 1819 der Befehl des Kaisers Nikolaus I. an seinen Seeminister, zwei wissenschaftliche Expeditionen auszurüsten, von denen die eine, unter Bellingshausen, so weit wie möglich im antarktischen Meere vordringen sollte.

Während Cook nur an drei Stellen den Polarkreis kreuzte, drang Bellingshausen an sechs Stellen über denselben hinaus und führte das seit seinem Vorgänger unerforscht gebliebene antarktische Gebiet auf bedeutend engere Grenzen zurück, denn von den 360 Längengraden der ganzen Kreis- Peripherie durchsegelte er, wie unsere Karte nachweist, nicht weniger als 250 dem Pole näher als Cook und vermehrte somit dessen Entdeckungen um ein grösseres Areal als irgend ein Seefahrer seit seiner Zeit. Auch entdeckte er in dem Alexander I. - Lande und der Peter I.-Insel das südlichste der bis dahin bekannten Länder. ,,Von den merkwürdigen und interessanten Resultaten dieser Expedition ist jedoch ausser Russland so gut als gar Nichts bekannt geworden", sagt mit Recht schon Erman, der das Verdienst hat, durch seinen Bericht 1) noch am meisten zur Bekanntmachung jener Resultate in der wissenschaftlichen Welt ausserhalb Russlands beigetragen zu haben 2). Es ist für die geographische Wissenschaft sehr zu beklagen, dass die Russen, welche heut zu Tage an geographischem Eifer und Fleiss von keiner anderen Nation übertroffen werden, aus nationalem Gefühl ihre geographischen Werke in Russischer Sprache drucken, wodurch sie

1) Russisches Archiv 1842, SS. 125-194.

2) Das in Russischer Sprache erschienene Werk dieser Expedition heisst: Dwukratnya isyskania w'Jujnom Ledowitom Okeanje i plawonie wokrug swjeta i pr., d. i.: Zweimalige Untersuchungen im Südlichen Eismeere und Reise um die Welt in den Jahren 1819, 1820 und 1821, ausgeführt auf den Korvetten (Sloops) Wostok und Mirny durch den Kapitän Bellingshausen, als Chef der Expedition und Commandeur des Wostok, und den Lieutenant Lasarew, als Commandeur des Mirny. St. Petersburg 1831. 2 Bde. 4o, 397 und 326 SS.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1863, Heft XI.

dem Auslande im Ganzen genommen ein versiegeltes Buch bleiben, während sie selbst bessere Sprachkenntnisse besitzen als irgend ein anderes Volk; sie schaden dadurch ihrem Ruhme und beeinträchtigen ungemein den Werth ihrer Arbeiten für die Wissenschaft.

Weddell. Die am 19. Februar 1819 von William Smith entdeckten Süd-Shetland-Inseln zogen wegen ihres ausserordentlichen Reichthums an Robben und See - Elephanten die Aufmerksamkeit Englischer und Amerikanischer Walfischfänger und Robbenschläger auf diese Gegenden und viele Expeditionen wurden zur Ausbeutung dieses Reichthums dahin abgesandt, darunter auch die unter dem Befehl des Captain James Weddell, der mit den Schiffen Jane und Beaufoy 5 Jahre lang die Inselgruppen SüdShetland, Süd - Orkney und Süd-Georgien besuchte und ausserdem im Meridian der letzten Insel weit gegen den Südpol vordrang, bis zu 74° 15′ Südl. Breite, also bedeutend weiter als seine Vorgänger. Weddell fand in dieser hohen Breite ganz gegen die Annahme Cook's ein völlig eisfreies und schiffbares Meer, angenehmes und mildes Wetter, zahlreiche Walfische und ausserordentliche Massen von Vögeln; sein Werk 1) ist daher von grosser Wichtigkeit besonders auch für die physikalisch-geographische Kenntniss der antarktischen Zone.

Biscoe entdeckte auf seiner Reise in den Jahren 1831 und 1832 das im Meridian des Kap Horn belegene GrahamLand und die demselben vorliegenden, nach ihm benannten Inseln, wie auch das unter dem 50° Ö. L. v. Gr. gelegene Enderby-Land (eine Insel, so genannt zu Ehren der Herren. Enderby in London, welche diese und die folgende Expedition aus ihren Privatmitteln ausgerüstet hatten 2).

Kemp entdeckte im J. 1834 die unweit der Enderby Insel und östlich davon gelegene Kemp Insel, aber ein Bericht über diese Reise ist uns nicht bekannt. Die Route Kemp's haben wir nach der Angabe in der Englischen Admiralitäts-Karte Nr. 1240 auf unserer Karte eingetragen.

Während die letzten vier Reisen über einen Zeitraum von 15 Jahren vertheilt sind, fallen die von Balleny, D'Urville, Wilkes und Ross in ein und dieselbe Periode von 1838 bis 1843. Dem Areal der neu erforschten Gebiete nach können sich diese Expeditionen weder mit denen Cook's noch Bellingshausen's vergleichen, selbst wenn man die der Geographie durch sie neu zugeführten Strecken aller vier zusammenrechnet, aber für die genauere Kunde und physikalisch geographische Anschauung der antarktischen Zone sind sie von höchster Bedeutung und bezeichnen in

1) Weddell, A Voyage towards the South Pole, 1822-24. London 1825.

2) Biscoe, Recent discoveries in the Antarctic Ocean. (Journ. of the R. G. S. 1833, pp. 104-112.)

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der Erforschungsgeschichte dieser Regionen eine wichtige Epoche. Besonders hat uns die Englische Expedition unter Ross die wunderbarsten Natur-Phänomene aufgedeckt. Neu entdeckt sind die antarktischen Gebiete südlich von Australien und Neu-Seeland weit über die Kursé von Cook und Bellingshausen hinaus, während uns in den übrigen drei Viertheilen der Kreis - Peripherie keine nennenswerthen geographischen Erweiterungen zugeführt wurden. Ein böses Geschick wollte es, dass auf jenem verhältnissmässig kleinem Gebiete die Expeditionen der Engländer, Franzosen und Amerikaner fast zu ein und derselben Zeit thätig waren, und ein Zusammentreffen fataler Umstände hat es veranlasst, dass zwischen ihnen ein höchst bitterer Streit über die Resultate ihrer Entdeckungen entstand, der vielleicht jetzt noch nicht verschmerzt ist und wenigstens für die Geographie bis heute nicht erledigt war. Wir glauben jedoch bei unserer Arbeit durch eben so eingehende als unbefangene Untersuchungen ein klares Resultat der Anschauung gewonnen zu haben.

Balleny führte, wie Biscoe und Kemp, eine der PrivatExpeditionen der Herren Enderby in London, die hauptsächlich des Robbenfanges halber gegen den Südpol abgeschickt wurden. Die ganze Reise südlich vom 50. Parallel beschränkte sich zwar nur auf 2 Monate, vom 17. Januar (Abreise von der Campbell-Insel) bis 21. März 1839 (Rückkehr auf den 55° S. Br.), allein in dieser kurzen Zeit gelang es, die prächtige Gruppe der vulkanischen Balleny-Inseln so wie Clarie-Land und Sabrina- oder BallenyLand zu entdecken, an sich allein ein wichtiges Resultat, aber in Verbindung mit den Entdeckungen der D'Urville'schen und Wilkes'schen Expeditionen von noch grösserer Bedeutung, denn die Balleny - Inseln bilden das östliche Ende und Clarie- und Sabrina-Land centrale Bestandtheile der von ihnen ein Jahr später entdeckten Küsten. Ferner wird die Vermuthung ausgesprochen, dass genau da Land liege, wo Capt. Wilkes sein Knox-Land angegeben hat. Dem Kapitän Balleny gebührt also eigentlich der Ruhm, das, was wir auf unserer Karte,,Wilkes-Land" genannt, zuerst entdeckt zu haben, und besonders hervorzuheben ist, dass seine Entdeckungen durchaus keinem solchen Zweifel unterliegen als diejenigen Wilkes', von dem man sagt, dass er Wolken und Eis für Land gehalten habe; denn die Existenz und Lage z. B. der Balleny - Inseln ist dreifach konstatirt worden: 1) hat der Entdecker Rauch aus zwei Gipfeln der Buckle - Insel aufsteigen sehen, wonach die Gruppe also sicher aus Land besteht und mindestens zwei thätige Vulkane enthält; 2) bewirkte er eine Landung auf einer der Inseln und brachte Steinproben mit, und 3) bestätigte Ross zwei Jahre darauf die Entdeckung vollständig. In ähnlicher Weise für sicher kann man die Ent

deckung von Sabrina-Land halten, da Balleny ein PolarFahrer von Erfahrung war. Es ist diess in der That von grosser Wichtigkeit, da es in den Polar-Gegenden oft ausserordentlich schwierig ist, Land von Wolken und EisAnhäufungen zu unterscheiden. Balleny giebt eine interessante Ansicht der von ihm entdeckten Inselgruppe 1).

D'Urville's Expedition segelte am 1. Januar 1840 von Hobart-Town in Tasmania in südsüdwestlicher Richtung ab und kam am 19. etwa in 66° S. Br. und 141° Östl. L. v. Gr. in Sicht des Landes, dem sie 10 Längengrade nach Westen folgte und die Namen,,Terre Adélie" und ,,Côte Clarie" beilegte; sie verliess die letztere am 31. Januar und kehrte wieder nach Hobart-Town zurück, wo sie am 17. Februar anlangte 2). Die etwa 1000 bis 1200 Meter hoch geschätzte Adélie-Küste war vollständig mit Schnee und Eis bedeckt, entblösstes Land oder Fels war von den Schiffen aus nirgends zu sehen, doch gelang es, dasselbe in Booten näher zu untersuchen und durch Steinstücke seinen Charakter als wirkliches Land vollständig ausser Zweifel zu setzen. Bei der Clarie-Küste sind ähnliche Beweise nicht erlangt worden, vielmehr trat dieselbe als eine ungeheuere, völlig senkrecht aufsteigende Eiswand von 100 bis 130 Fuss Höhe und etwa 20 Deutschen Meilen Längen - Ausdehnung auf, oben horizontal und von grosser Regelmässigkeit, so dass eine Unterlage von Land noch zweifelhaft ist und dasselbe vielleicht erst weit hinter der Eiswand seinen Anfang nimmt. Das Clarie-Land ist identisch mit Wilkes' Cape Carr.

Unstreitig kommt der D'Urville'schen Expedition das Prioritätsrecht der Entdeckung von Adélie-Land zu, Balleny hatte diese Küste bei einem etwas nördlicheren Vorbeisegeln nicht zu sehen bekommen und Wilkes' Geschwader, von Osten kommend, langte unter diesen Meridianen eben an, als sich die Französischen Schiffe zur Rückfahrt nach Norden anschickten. Eins der Amerikanischen Schiffe, der Porpoise, welches hier den Vorsprung hatte, gerieth jedoch in das Fahrwasser der Franzosen und holte dieselben ein. Man kann sich wohl denken, dass, wenn ein Schiff in den Ur-Einöden des südlichen Polar-Meeres einem anderen begegnet, diess ein ähnliches Ereigniss bildet, als wenn etwa in Timbuktu oder an den Quellen des Nil ein Europäischer Erforschungsreisender ganz unverhofft mit einem anderen zusammenträfe. Es wird desselben daher auch umständlich Erwähnung gethan. „Um 4 Uhr Nachmittags" (des 30. Januar 1840), heisst es bei Wilkes 3),,,bemerkten wir

1) Balleny, Discoveries in the Antarctic Ocean, 1839. (Journal of the R. G. S. 1839, pp. 517-519, und Ross, Voyage to the Southern Seas, I, pp. 269-274.)

2) Dumont d'Urville, Voyage au Pole Sud etc., tome VIII. Paris 1845.

3) Narrative of the United States Exploring Expedition, Philadelphia 1845, II, p. 343.

vor uns ein Schiff und kurz darauf ein zweites, welche beide einen Kurs nach Norden hielten; wir veränderten den unsrigen, um mit ihnen zusammenzukommen und sie zu sprechen, indem wir zuerst annahmen, dass es unsere Schiffe, der Vincennes und Peacock, seien; bald bemerkten wir jedoch, dass es fremde Schiffe seien, und da wir wussten, dass das Englische Geschwader unter Captain Ross in diesen Gewässern erwartet würde, so hissten wir um 4h 30' unsere Flagge, um,,den Entdecker des magnetischen Nordpols" zu salutiren. Um 4h 50', als wir uns den Schiffen auf 14 Seemeilen genähert hatten, zogen dieselben die Französische Flagge auf und wir schlossen daraus, dass sie die Französischen Entdeckungsschiffe unter Capt. D'Urville sein müssten." Es wurden nun Anstalten getroffen, sich mit den Schiffen nach der üblichen Weise in Rapport zu setzen, allein zu ihrem grössten Erstaunen und Ärger mussten sie wahrnehmen, dass dieselben auf eine ihnen ganz unbegreifliche Weise keine weitere Notiz von ihnen nahmen, sondern ihnen stolz und kalt den Rücken kehrten, eine Handlungsweise, die sie von Franzosen um so mehr kränkte, weil deren Nation sich sprüchwörtlich durch Höflichkeit und Aufmerksamkeit auszeichnet. Capt. D'Urville erzählt den Vorfall ebenfalls 1) und behauptet, dass die Angaben der Amerikaner irrig seien und auf einem völligen Missverständniss beruhten; zu bemerken ist, dass bei ihm der 29. anstatt des 30. Januar. als der Tag der Begegnung verzeichnet ist. An einer anderen Stelle 2) werden die Amerikaner beschuldigt, aus ihren Entdeckungen das grösste Geheimniss gemacht zu haben.

Ehe wir Capt. D'Urville verlassen, dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass er schon im Jahre 1838 beinahe 3 Monate darauf verwandt hatte, die antarktischen Regionen südöstlich vom Kap Horn zu untersuchen. Es gelang ihm zwar nicht, so weit nach Süden vorzudringen wie Weddell, und neue Landmassen wurden im eigentlichen Sinne auch nicht entdeckt denn das von ihm benannte Louis

Philipp-Land findet sich schon nebst der demselben vorliegenden Hope - Insel auf der Karte von Weddell 3) vom Jahre 1825 angegeben -, allein die genauen Aufnahmen daselbst wie auch der Süd-Orkney-Inseln und eines Theils der Süd-Shetland - Inseln sind von

besonderem Werth

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gerüsteten Expedition nahm im Allgemeinen die nämliche Richtung und Ausdehnung wie der von Balleny im Jahre vorher, aber dadurch, dass die Amerikaner durchschnittlich 2 Breitengrade südlicher segelten als ihr Englischer Vorgänger, haben sie das Glück gehabt, die ausgedehnteste Küste zu entdecken, die man bis jetzt in den antarktischen Regionen kennt. Sie erstreckt sich gerade unter dem südlichen Polar-Kreise zwischen dem 95° und 160° Ö. L. v. Gr. in einer Ausdehnung von 400 Deutschen oder 1600 nautischen Meilen und ist also doppelt so lang als die Norwegische Küste vom Nordkap bis Bergen. Von dieser Küste sind allerdings gewisse Theile von Balleny und dann von D'Urville zuerst entdeckt und an den übrigen Theilen haftet noch ein gewisser Zweifel, ob das, was Wilkes als Land angiebt, auch in Wirklichkeit Land sei oder bloss eine Eiswand und dahinter Wolken. Eigentliche Beweise dafür hat Wilkes nicht beigebracht: er ist der Landlinie nirgends so nahe gekommen, um sie aufzunehmen, wie andere antarktische Länder aufgenommen sind, hat auch keine Höhenbestimmungen gemacht; er hat nicht landen können und keine Steinproben hinweggebracht; er hat keine vulkanischen Berge entdeckt, wie es anderen antarktischen Forschern beschieden gewesen ist. Allein gerade der Umstand, dass Balleny und D'Urville an drei Stellen seines ,,Antarktischen Kontinentes" Land vor ihm entdeckt und an einer vierten solches vermuthet haben, ist der beste Beweis, dass die von Wilkes als Land angegebene Linie in Wirklichkeit eine Küste oder eine Kette von Inseln sei. Wenn somit die beiden Vorgänger der Wilkes'schen Expedition ein günstiges Zeugniss für deren Entdeckungen abzulegen scheinen, so ist bei dem einzigen Nachfolger, den dieselbe bis jetzt gehabt hat, Capt. Ross, gerade das Gegentheil der Fall.

Die Wilkes'sche, aus 4 Schiffen bestehende Expedition, die am 29. Dezember 1839 von Sydney abgesegelt war, brachte längs dieser Küste vom 16. Januar bis zum 20. Februar 1840 zu und ging dann nach Sydney zurück und von da nach Neu-Seeland, wo die verschiedenen Schiffe am 30. März zusammentrafen. Hier, unter dem Datum 5. April 1840, richtete Wilkes einen Brief an Capt. Ross (der gerade an diesem Tage im Begriff stand, von der KapStadt abzusegeln, um seine grosse Circumpolar-Reise anzutreten), in welchem er über seine Entdeckung eines antarktischen Kontinentes berichtete und die Kopie einer Karte beilegte, auf der nach den Beobachtungen seiner Expedition eine Eis-Barrière, d. h. eine feste Packeis- und Eiswand-Linie, von 97° bis 1771° Östl. L. v. Gr., dahinter Land in Form von ausgedehnten Gebirgszügen angegeben Ross' Expedition gelangte noch in demselben Sommer nach Tasmania und segelte von da in südlicher Rich

war.

tung am 12. November desselben Jahres ab, im Besitz dieses Briefes und der Karte der Amerikanischen Expedition. Auf seiner Rückkehr von diesem ersten Vordringen gegen den Südpol passirte er die Balleny - Inseln und näherte sich somit dem östlichen Ende des Landes, welches Wilkes auf seiner Karte angegeben hatte. Bei der ungünstigen Windrichtung, den heftigen Stürmen und der zunehmenden Dunkelheit der Nächte machte es Ross nicht wenig Sorge, dieses Land ohne Gefahr zu passiren; wie 'gross war daher sein Erstaunen, als, je näher man der Stelle kam, von Land keine Spur zu sehen war, so dass eventuell nicht bloss darüber hinweg gesegelt, sondern an der Stelle, wo die höchsten Berge des vermeintlichen Landes angegeben waren, bis zu einer Tiefe von 600 Faden gelothet wurde, ohne Grund zu finden!

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Es entstand in Folge dieses Umstandes ein heftiger Streit zwischen den Amerikanern, Engländern und Franzosen, in welchen die Expeditionen von Balleny, D'Urville, Wilkes und Ross hineingezogen wurden und der sich zu einer grossen Ausdehnung und Erbitterung steigerte, auf dessen Details der Zweck dieser Zeilen und der gebotene Raum uns nicht gestattet näher einzugehen 1). Wir können hier nur das geographische Resultat ins Auge fassen, welches sich folgendermaassen rekapitulirt:

9. Februar 1839: Balleny-Inseln entdeckt von Balleny; 26.

2. März

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: Land gesehen von Balleny genau da, wo ClarieLand der Franzosen (zweifelhaft, ob Land);

: Sabrina-Land entdeckt von Balleny; 19. Januar 1840: Adélie-Land (140° Östl. L. v. Gr.) entdeckt von D'Urville;

16. Jan. bis 20. Febr. 1840: Wilkes-Land (in einer ziemlich ununterbrochenen Linie vom 160° bis 95° Ö. L. v. Gr.) entdeckt von Wilkes. (Zweifelhaft, ob überall Land, wo ein solches angegeben ist, und ob dasselbe Inseln oder die Küste eines grösseren Landstriches bildet.)

Wir erklären uns den Umstand, dass Wilkes zwischen dem 160° und 166° Land gesehen zu haben glaubte, wo Ross seine Nicht-Existenz nach wies, daraus, dass diess diejenige Gegend war, in der sich die ungeübten Blicke der Amerikanischen Expedition zuerst zu erproben hatten. Wurde doch die in solchen Dingen sehr erfahrene Expedition des Captain Ross oft getäuscht: scheinbares Land mit vielen Bergen und Gipfeln, völlig mit Schnee bedeckt, war in Wirklichkeit Nichts weiter als der obere Theil der

1) Die darauf bezüglichen Haupt-Schriften s. in: Bulletin de la Soc. de Géogr., 2. série, Nr. 109.

Ross, Voyage to the Southern Seas, I, Chapt. 9, pp. 265-301; Appendix pp. 346-360.

Wilkes, Narrative of the U. St. Exploring Expedition, II, Chapt. 9. Biot, Journal des Savants, Novbr. 1848, pp. 672-687, Dez. 1848, pp. 710-728 u. s. w.

Kapitän Wilkes ist derselbe, der als Kommandant des Vereinigten Staaten - Dampfers San Jacinto am 8. November 1861 auf offener See die am Bord des Britischen Postdampfers ,,Trent" befindlichen Kommissäre der Konföderirten Staaten, Mason und Slidell, verhaftete.

Dampfschicht, welche so deutlich abgrenzte; über ihr befindet sich der dampfleere, klare, kalte Raum, unter ihr Dampf in jedem Grade der Kondensation; diese Erscheinung wird am täuschendsten am Rande von Eismassen und manchmal kommt die richtige Einsicht erst, nachdem das Schiff mitten durch sie gefahren ist. Dass sich Wilkes aber fünf Wochen lang im Anblick eines solchen Phänomens hätte täuschen können, ist nicht anzunehmen und wird schon durch D'Urville's und Balleny's Entdeckungen widerlegt.

Es ist deshalb verkehrt, das von Wilkes angegebene Land gänzlich von der Karte zu streichen, wie diess auf Englischen Karten, z. B. in Johnston's Royal Atlas (Blatt 2, Mercator) geschieht; aber es ist auch aus der Luft gegriffen, wenn man dasselbe noch heute zu einem „,Antarktischen Kontinent" machen will.

Ehe die Wilkes'sche Expedition das im Vorgehenden berührte Gebiet besuchte, drang sie im Jahre 1839 südlich vom Kap Horn bis zu den Shetland - Inseln und in südwestlicher Richtung westlich von der Peter I.-Insel bis zum 70° S. Br. vor, ohne jedoch nennenswerthe Entdeckungen oder Beobachtungen zu machen.

Ross' Expedition 1). Der am 3. April 1862 verstorbene Admiral Sir James Clarke Ross ist unstreitig der erfahrenste Polar - Reisende, den es je gegeben hat; schon im Jahre 1818 begleitete er seinen Onkel John auf dessen erster Nordwest - Expedition nach der Baffin - Bai, in den Jahren 1819 bis 1827 die vier Expeditionen Parry's, 1829 bis 1833 diejenigen seines Onkels und befehligte schliesslich die antarktische Expedition 1839 bis 1843 sowie diejenige zur Aufsuchung Franklin's 1848 und 1849, so dass man beinahe sagen kann, er habe sein ganzes Leben in arktischen und antarktischen Regionen zugebracht. Seine antarktische Expedition nimmt deshalb unter allen den höchsten wissenschaftlichen Rang ein. Sein kühnes Vordringen bis zur südlichsten erreichten Breite von 78° 10′, seine Entdeckung hoher Landmassen und thätiger Vulkane 2), 12- bis 15.000 F. hoch, einer grossen südpolaren Eiswand von einer durchschnittlichen senkrechten Höhe von 150 bis 300 Fuss, seine Bestimmung des magnetischen Südpols, seine physikalischen Beobachtungen haben Alles übertroffen, was seine Vorgänger geleistet. Meteorologische Beobachtungen wurden von Stunde zu Stunde angestellt. Wo frühere See

1) James C. Ross, A voyage of discovery and research in the Southern and Antarctic Regions, 1839-1843. 2 vols. London 1847.

2) Von den südlichsten erreichten Punkten sah man gegen den Südpol hin diese grossartigen Vulkane als prachtvolle, hohe, schneeweisse Kegel. Flammen und Rauch stiegen aus ihnen auf in 1500 bis 2000 F. hohen und 200 bis 300 Fuss breiten Säulen, der Wasserdampf in der Höhe sich verdichtend, als Nebel und Schnee wieder niedersteigend und allmählich verschwindend, bis bald ein neuer Ausbruch sich wiederholte.

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