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VI.

Urkundliche Geschichte

des

Frauenklosters Oberschönenfeld.

Von

Dr. Theodor Wiedemann,

Curaten bei St. Johann in München, Mitglied der historischen Vereine von und für Oberbayern und von Schwaben und Neuburg.

§. 1.

Entstehung des Klosters.

In einer schönen Gegend der Reischenau, im Gebiete der ehemaligen Markgrafschaft Burgau, am Hungerberge, hatten sich gegen Ende des zwölften und Anfang des dreizehnten Jahrhunderts mehrere Beguinen niedergelassen. Diese Bes guinen waren ledige oder verwittibte Frauenspersonen, welche im Drange der Zeitverhältnisse einem innern Bedürfnisse folgend sich einem betrachtenden Leben hingaben, sich selbst eigene Lebensregeln in Beziehung auf Sitte, Umgang und gemeinschaft. liches Gebet gaben, einer Vorsteherin Gehorsam gelobten und so in kleinern Gesellschaften zusammenlebten 1). Nach der in einer handschriftlichen Chronik von Oberschönenfeld, welche dem treffli chen Geschichtsforscher Placidus Braun zu Gebot stand 2), aufbe wahrten Tradition des Klosters erbauten im Jahre 1211 zwei fromme Frauen aus dem gräflichen Hause Dillingen diesen Beguinen auf einem Hofe, der Oberhof genannt, eine Wohnung und legten so den Grund zum nachmaligen Kloster Oberschönenfeld. Eine jüngere Chronik dieses Klosters 3) bezeichnet den Grafen Mangold IV. von Dillingen-Wörth als den Ers

1) Vgl. Rost, über Beguinen, Archiv des hist. Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg, Würzb. 1846, IX. H. 1. S. 84.

2) Braun, Geschichte der Bischöfe von Augsburg II. S. 543; dessen Geschichte der Grafen von Dillingen und Kiburg (hift. Abhandlungen der k. b. Akademie der Wissenschaften, München 1823, V. 420).

3) Diese Handschrift enthält & Blatt in 4o; beigefügt ist ein Verzeich= niß der Vorsteherinen von Oberschönenfeld, welches bis 1633 reicht. Dieselbe befindet sich in meiner eigenen Handschriften-Sammlung. Eine wortgetreue Steichele, Beiträge z. Gesch. d. Bisth. Augsburg. II. BI,

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bauer dieser ersten Wohnung und seßt dieses Ereigniß ebenfalls in das Jahr 1211. Doch diese Angabe ist unrichtig, da Graf Mangold IV. am 4. April 1191 bei der Belagerung von Acre sein Leben verlor 4). Daß aber ein Zweig des edlen Geschlechtes der Grafen von Dillingen den Beguinen am Hungerberge diese Wohlthat erwiesen, wie die Schönenfeldische, und laut einer Kaisersheimer Chronik zugleich die Kaisersheimische Tradition angibt, wird auch durch den Umstand einigermaßen wahrscheinlich, daß Bischof Hartmann von Augsburg, der lehte Graf von Dillingen, fich des Gedeihens von Oberschönenfeld mit besonderem Eifer annahm. Die jüngere Chronik nennt, jedoch ohne alle Begründung, als erste Vorsteherin dieser religiösen Gesellschaft Hildegard von Brenns berg, und gibt an, ste habe von 1211-1220 diese Würde beklei tet. Stengel 5) bezeichnet ebenfalls, ohne einen Namen der ersten Vorsteherin anzugeben, das Jahr 1220 als das leßte ihres Amtes. Ihre Nachfolgerin sey Anna Metter vom Jahre 1220-1230 ge wesen. Unter ihrer Leitung habe sich, wie die Chroniken sagen, die Anzahl der Beguinen so sehr vermehrt, daß ihre bisherige Ansiedelung zu enge und unbequent wurde. Sie hätten daher ihren bisherigen Aufenthalt zu Oberhof verlassen und in einer angenehmen Ebene am Flüßchen Schwarzach eine neue Wohnung erbaut, welche sie Schönenfeld nannten 6). Unter der dritten Vorsteherin Willibirgis v. J. 1230-1251 nahmen die Bes guinen zu Schönenfeld die Regeln des Cisterzienser-Ordens an, und wurden von Jnnocenz IV. durch eine Bulle vom 28. Aug. 1248, die älteste unter den noch vorhandenen Urkunden von Oberschönenfeld, mit allen Privilegien begnadiget, welche der Cisters zienser Orden vom römischen Stuhle erhalten hatte 7). Die neue Abtiffin Willibirgis fand aber den Ort Schönenfeld für das einfame Leben und die klöfterliche Ruhe nicht geeignet; fie kaufte daher

Copie ist in dem Repertorium von Oberschönfelder Briefereien" enthals ten, welches sich im k. allgemeinen Reichsarchive befindet.

4) Braun, Geschichte der Grafen von Dillingen und Kiburg 1. c. 6. 449.

5) Mantissa ad comment. rerum Aug. Vind, bei Kuen Script, rer. monast. I. p. 59.

6) Die jüngere Chronik; Braun Geschichte der Bischöfe von Augs, burg, 11. 543.

7) Dat. Lugduni V. Kal. Sept. pontificatus nostri anno sexto. Orig. mit Bleifigel im k, allg. Reichsarchive, Oberschönenfelder Urkunden fase. I,

von dem Ritter Heinrich Fraß (Vraz, gula) von Wolfsberg, einem Dienstmanne der Augsburgischen Kirche, den Oberhof nebst Zugehörden an Aeckern, Wiesen, Weiden und Hölzern zurück und suchte bei Bischof Hartmann um die Erlaubniß nach, das Kloster wieder an den ersten Ort überseßen zu dürfen. Der Bischof be stätigte im Schloß Mergentau am 13. März 1250 (oder 1251) den mit dem Ritter Heinrich Fraß geschloffenen Kauf, und ertheilte der Abtissin die Erlaubniß, das Kloster von Schönenfeld nach dem Oberhof zu übersehen und die verstorbenen Schwestern daselbst zu begraben 8). Am 13. Mai 1251 bestätigte dann der Ritter Heins rich Fraß in Gegenwart und mit Beiftimmung seines Sohnes Conrad den mit der Abtissin Willibirgis geschlossenen Kauf des Gutes Oberhof auf ein neues 9). In diesem Dokumente erscheint der Name der Abtiffin Willibirgis zum erstenmale urkundlich. Bald darauf starb Willibirgis; ihr Dahinscheiden verhinderte die UeberFiedelung nach dem Oberhofe, und die Klostergemeinde blieb im Orte Schönenfeld.

S. 2.

Abtissin Adelheid I. *).

Die Abtiffin Adelheid leitete die Angelegenheiten des Klosters vom Jahre 1251-1271. Am 11. Dez. 1254 schenkte Volks

8) Siehe die Urk. in den Beilagen nr. 1. Braun 1. c. läßt den Kauf des Oberhofes nach erfolgter Bewilligung des Bischofes zum Transferiren des Klosters vor sich gehen, allein diesem widerspricht der Wortlaut der Urkunde, uno Braun selbst, S. 329.

9) Der Verkäufer nennt sich Hainricus dictus vraz de Wolfsperch. Der Kauf geschieht apud ecclesiam s. Gerdrudis in Augusta. Zeugen: Oswaldus, Sifridus de Pherse, Francho, milites; Chov pradus cervus senior, Volkwinus, Chovnradus cervus iunior, Livpoldus cervus, Siboto cervus, Hesse, Hanricus Priwe, Chovnradus Barrer, Sifridus Tare, Chovnradus Sparrer, Hanricus Sparrer, Marquardus Hentschuher, Hanricus de Vetingen, Chovnradus Schoenenberger, Hermannus Ruechlin cives Augustenses. Acta est hec protestatio et promissio III. Idus Maii. Das Sigel ein schreitender Wolf mit dem Namen Heinric. Hvraaz. Ueber das Geschlecht der Fraße von Wolfsberg (eine Burg oberhalb Steinekirch bei Zusmarshausen), bes urkundet von c. 1126-1346, f. v. Raiser, Antiquar. Reise von Augusta nach Viaca, Denkw. des Db.-Don.-Kr. 1829 G. 60–64.

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*) Der Einreihung dieser frühern Abtissinen und der Angabe ihrer

mar von Kemnat (Kemenate) dem Kloster Oberschönenfeld mit Beistimmung des erwählten Augsburger Bischofes Hartmann (Hartmanni electi Aug.) und dessen Kapitels vor Unserer Frauen Altar zu Augsburg die Advokatie und das Patronatrecht über die Kirche in Dietfire (Dietkirche) 10). Am 5. Febr. 1255 ge nehmigte Bischof Hartmann (Augustensis ecclesiae electus et confirmatus) die von dem Ritter Volkmar von Kemnat gemachte Schenkung der Kirche zu Dietkirch, des Kirchensaßes und der Advokatie, und trat mit Consens seines Kapitels alle und jede Ges rechtsame seiner Kirche daran an das Kloster ab, jedoch unter der Bedingung, daß die Abtissin ihm und seinen Nachfolgern stets

Amtsjahre liegen hauptsächlich die Nachrichten der oben genannten Chro niken zu Grunde. Eine dritte handschriftliche Chronik, welche von der Abtiffin Elisabeth Herold (1633 — 1657) mit Benüßung der Quellen sehr fleißig und umsichtig verfaßt wurde und noch im Kloster zu Oberschönenfeld hinterlegt ist, führt auf einen Eintrag ins Todtenbuch fich flüßend die erste Abtiffiu ohne Namensangabe auf mit der Bes zeichnung „die alte Abtissin“ (erst eine spåtere Hand schrieb bei: Hildegundis von Brennberg), und gibt ihr und ihrer Nachfolgerin Anna Metter eine Regierungszeit von ungewissem Anfang bis zum Jahr 1251, ohne für jede derselben bestimmte Jahre ausscheiden zu können. Die Amtszeit der britten Abtiffin Willibirgis fällt nach dieser Chronik in die Jahre 1251–1262; dann erst folgt die Abtiffin Adelheid bis zum Jahre 1270, an welche fich Hilda bis 1268 reiht. In wie weit urkundliche Nachrichten mangeln, können diese Angaben natürlich eine historische Sicherheit nicht ansprechen.

10) Consig. Electus et capitulum eccl. Augustensis. Testes: Sifridus decanus, Rudolfus vicedomnus, Wernherus custos, Sifridus scholasticus, Cuno plebanus, magister Volkmarus, Heinricus de Stouphen, Wernherus de Gvtenberch, Hermannus summus villicus, Ludewicus de Taphhein, canonici majoris ecclesiae Augustensis; Sifridus dapifer de Donresperch, Heinricus camerarius de Wellenburc, Bartholomeus de Wale, Oswaldus de Augusta, ministeriales ejusdem ecclesiae; cives vero ejusdem civitatis, Covnradus ceruus senior, Volkwinus, Henricus Brivw, Heinricus de Vtingen, Chonradus Schoenenberger. Act. III Id. Decemb. (c. 8. s.) Orig. cit. loc. Volkmar von Kemnat, ein angesehener Name zu seiner Beit, besaß die Burg Kems nat bei Kaufbeuren und war in der Reischenau begütert. Er ist ein treuer Genosse König Konradins, in dessen Urkunden er häufig als Zeuge auftritt, und wird von wandernden Sängern gerühmt wegen seiner Güte und Freigebigkeit. S. Stälin wirtemb. Gesch. II. 771.

einen tauglichen Weltpriefter für diese Kirche präsentire 11). Am 23. März desselben Jahres bestätigte Papst Alexander IV. sämmt liche Privilegien und Besizungen des Klosters, nahm das Kloster und seine Besizungen in des apostolischen Stuhles Schuß und ver lieh ihm reichliche Privilegien nach den großen Vorrechten des Cister cienserordens 12), nachdem er mehrere Tage zuvor, am 4. März, die Schenkung der Kirche und des Patronatrechtes zu Dietkirch durch Volkmar von Kemnat dem Kloster besonders bestätigt hatte 13). Unter den Besitzungen werden in dem påpstlichen Schirmbriefe fol gende namentlich aufgeführt, nämlich der Ort, auf dem das Klofter gebaut ist, das Patronatrecht zu Dietkirch, Befißungen in Villenbach, Wengen, Breitenbrunn, Mödishofen (Masseinshoven), Baiersried, Schellenbach, Rettershausen, Neukirchen (Nuitkyrhen) und die Besizungen auf dem Gebiete der Stadt Augsburg. Mancher wohlhabende Rittersmann mag daher sein Schärflein zum Baue des Klosters beigetragen und die Gründung kräftig unterstüßt haben; manches mag aber auch gräflich Dillingisches Erbgut gewesen seyn. Am 1. Juni 1256 bestätigte auch Bischof Hartmann von Augsburg dem Convente alle und jede Freiheiten des Ciftercienser Ordens und sämmt liche Befizungen, gab ihm den Ritter Volkmar von Kemnat, seine

11) Consigill. Capitulum eccl. Augustensis, Testes: Lude wicus summus praepositus, Syfridus decanus, Syfridus scholasticus, Werenherus custos, Chvno plebanus, Vlricus cellerarius, Wernherus de Gvtenberc, Vlricus magister coquinae, magister Volkmarus, Otto de Baldern, Hermannus summus villicus, Heinricus de Baizwil, Marquardu's de Beringen, Syfridus de Alkeshvsen, Albertus de Vischach, canonici Augustenses. Act. Nonas Febr. (c. 2. s.) Orig. cit. loc.

12) Bulle mit dem Bleifigel im Reichsarchiv, unterzeichnet v. Papste und folgenden Carvinålen: Odo, Tusculanus episcopus, Stephanus, Penestrinus ep, frater Johannes tituli S. Laurencii in Lucina presbyter cardinalis, fr. Hugo tit. S. Sabinae présb. card., Riccardus S. Angeli, Octavianus S. Mariae in via lata, Petrus S. Georgii ad velum aureum, diaconi cardinales. Dat. Laterani per manum Guillelmi magistri scholarum Parmensis, Romanae ecclesiae vicecancellarii, X. Kal. April. pontif. Alex. Pap. IV. anno secundo.

13) Dat. Laterani IV. Nonas Martii, pontif. anno secundo. Orig. 1. c. fasc. II.

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