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Geschichte

der

Französischen Litteratur

von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart.

Von

Prof. Dr. Hermann Suchier

und Prof. Dr. Adolf Birch-Hirschfeld.

Mit 143 Abbildungen im Text, 23 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt
und Kupferägung und 12 Faksimile-Beilagen.

Χ

Leipzig und Wien.

Bibliographisches Institut.

1900.

3

HARVARD COLLEGE

OCT 16 1900

LIERARY

Mary legood find

Alle Rechte vom Verleger vorbehalten

Vorwort.

on dem vorliegenden Werke ist der Versuch gemacht worden, den geistigen Entwickelungsgang des französischen Volkes, wie er sich in seiner nationalen Litteratur ausprägt, von seinen Anfängen bis an die Schwelle der Gegenwart zu verfolgen und auf Grund der Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung im geschichtlichen Zusammenhang darzustellen.

Bei der Teilung der Aufgabe hat sich jeder von uns das Gebiet gewählt, das ihm nach seiner gegenwärtigen wissenschaftlichen Thätigkeit am vertrautesten ist; aber dabei sollte die Einheitlichkeit der Gesamtauffassung möglichst gewahrt werden. Denn in der grundsäßlichen Anschauung stimmen wir überein, daß die Litteraturgeschichte im Zusammenhang mit der ganzen politischen und kulturalen Entwickelung eines Volkes zu behandeln ist, eine Auffassung, die uns aus den Vorlesungen Adolf Eberts geläufig geworden ist, unseres unvergeßlichen Lehrers, dem wir die ersten Anregungen zu einer eingehenden Beschäftigung mit den Werken der französischen Litteratur verdanken. Für ein paar Stellen des ersten Kapitels (S. 1-8), und nur für diese, ist Eberts Vorlesung direkt benußt worden.

Die Übereinstimmung in den Grundsäßen forderte aber keineswegs völlige Gleichförmigkeit in der Behandlungsweise der beiden voneinander so verschiedenen Gebiete der mittelalterlichen und der neueren französischen Litteratur. Das Mittelalter erheischt eine andere Darstellung als der folgende große Zeitraum. Das Zurücktreten des persönlichen Urhebers in den Werken des Mittelalters, die Gebundenheit des Einzelnen an den Gesamtcharakter der litterarischen Hervorbringungen einer Gattung, der verhältnismäßig einförmige Entwickelungsgang innerhalb ganzer Jahrhunderte und manche andere von den äußeren Bedingungen des litterarischen Schaffens abhängige Erscheinungen fordern von einer Darstellung, die eine verwirrende Zerstückelung des Stoffes vermeiden will, die Zusammenfassung einzelner Zweige des dichterischen Schaffens in eine Betrachtung, die ihren Gegenstand ohne Unterbrechung durch einige Jahrhunderte hindurch verfolgt. Ist dies hier bei der Behandlung des altfranzösischen Volksepos und des Dramas im Mittelalter geschehen, so mußten auch die Angaben über den Inhalt der bedeutungsvollsten Werke und die Stilproben bei der ferner liegenden und schwerer zugänglichen Litteratur des Mittelalters reichlicher und ausführlicher sein als in der jüngeren Periode.

Seit dem 16. Jahrhundert dagegen hebt sich die Persönlichkeit schärfer von dem Grunde der Gesamtentwickelung ab, die Entwickelung selbst beschleunigt sich, der Zeitcharakter verändert

sich schneller und mit ihm die litterarischen Anschauungen und ihre Träger. Und wenn der Darsteller auch nie vergessen darf, daß der litterarische Strom unaufhörlich in Bewegung bleibt, so wird er jezt doch die einzelnen Abschnitte zeitlich enger begrenzen müssen, damit jede epochemachende Persönlichkeit innerhalb der Wirkungsdauer eines Menschenalters in einem von den vorherrschenden Zügen seiner Epoche bestimmten litterarischen Zeitbilde zum Ausdruck kommt. Dabei dienen die Daten aus der politischen Geschichte als annähernd richtig gesette Marksteine der zeitlichen Abgrenzung.

Selbstverständlich beabsichtigten wir in diesem Buche, dem ein bestimmter Umfang vorgeschrieben war, nicht, alle Schriftsteller und Werke zu erwähnen und zu besprechen, die in den Annalen der Litteraturgeschichte einen Plaß verdienen. Solche Vollständigkeit hätte sich nur dadurch erzielen lassen, daß ihr die ausreichende Würdigung wichtigerer Werke zum Opfer gebracht worden wäre.

Gemäß dem Plane unseres Buches ist auch die Litteratur des jüngsten Zeitalters behandelt worden. Abgesehen von bestimmten Persönlichkeiten, deren Bedeutung und Einfluß allgemein zugestanden wird, ist bei der Auswahl der Namen, besonders der jüngeren aufstrebenden Talente, vielleicht mancher Fehlgriff gethan und manches übersehen worden. Troßdem dürfte dieser ganze leßte Abschnitt auch als bloßer Versuch einer Übersicht vielen Lesern willkommen sein, obwohl der Verfasser sich bewußt ist, weder über die Leistungen der eigenen Zeit einen genügend hohen und freien Ausblick zu besigen noch über einen so sicheren Standpunkt zu verfügen, um das litterarische Streben von Zeitgenossen, zumal eines fremden Volkes, überall nach seiner vollen geschichtlichen Bedeutung zu würdigen.

Der altfranzösische Teil war schon vor einigen Jahren im Entwurf vollendet. Von den drei neueren Werken, die dafür in Betracht kommen, hat die kurze Übersicht von Gaston Paris dem Verfasser die besten Dienste geleistet, der freilich oft auf Grund eigener Forschung zu anderer Ansicht gelangt ist. Das Sammelwerk von Petit de Julleville und Gröbers erschöpfende Darstellung im Grundriß" (bis S. 704) sind zwar noch herangezogen, aber doch nur für wenige Punkte wirklich verwertet worden. Wie sehr der Verfasser des neueren Teiles bemüht gewesen ist, durch eigene Arbeit zu einer selbständigen Erkenntnis und Beurteilung der litterarischen Zusammenhänge durchzudringen, wird sich hoffentlich aus seiner Darstellung ergeben; wieviel Belehrung und Anregung ihm aber aus den Arbeiten anderer zu teil wurde, sei dankbar ausgesprochen, und es möge hier vor allem Sainte-Beuves, des Meisters der litterarhistorischen Kritik in Frankreich, gedacht werden und seiner lebenden Nachfolger, Brunetières, Faguets, Lansons, Pellissiers und der Mitarbeiter an Petits schon genanntem Werke.

Die Bilder und Tertbeilagen werden den Lesern zur Freude, Anregung und Belehrung, der geschichtlichen Darstellung zur Belebung gereichen. Bei der Beschaffung ihrer Vorlagen wie bei ihrer technischen Herstellung hat die Verlagshandlung kein Opfer gescheut. Schon die Auswahl der Bilder hat große Mühe gekostet und ist durch verschiedene Gelehrte in dankenswerter Weise gefördert worden. In weitem Umfang waren die Herren G. Gröber, E. Freymond, A. Thomas, bei einzelnen Bildern die Herren J. Bédier, W. Förster, L. Gautier, A. Jeanroy, P. Meyer, Mercier (Nantes), A. Piaget, E. Stengel, E. Wechßler, B. Wiese behilflich. Die

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