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Alphabet bei den neugeschaffenen Zeichen verschieden verfuhren. Innerhalb der großen Gruppen hat der partikularistische Geist der Griechen wieder Lokalalphabete Lokalgebildet. Erst mit der zunehmenden Abschleifung der Dia- alphabete lekte kamen die Griechen einer einheitlichen Schreibweise näher. Aber es war ein harter Kampf und ein langes Schwanken zwischen den Neuerungen und der alten Tradition, bis die Spezialalphabete in der den „vollendetsten Typus griechischer Schrift in Orthographie und Buchstabenform repräsentierenden Schreibweise der mächtigen Metropole griechischer Kultur im Osten, des durch seine weitverzweigten Handelsverbindungen und zahlreichen Kolonien ein- Jonisches flußreichen Milet1) aufging. Dieser Vorgang fällt ins V. Jahr- Alphabet hundert. Wilamowitz bezeichnet es als selbstverständlich, daß die handschriftliche Praxis des V. Jahrhunderts sich einer einheitlichen Schrift bedient haben müsse, da es gar nicht anders gedacht werden könne, als daß die für den Handel bestimmten Literaturerzeugnisse der Griechen beispielsweise die Werke der attischen Tragiker in einem allgemein bekannten Alphabet, dem jonischen, geschrieben und Homerexemplare in attischen Buchstaben ein Unding seien. Im Jahre 403 unter dem Archontat des Eukleides verzichteten die Athener auf die Eigentümlichkeiten ihrer angestammten Schrift und führten durch Volksbeschluß das bereits im Privatgebrauch vielfach oder fast ausschließlich übliche jonische Alphabet offiziell ein. Die Werke jener Schriftsteller, die früher in anderen Alphabeten geschrieben waren, wurden nun ins Jonische umgeschrieben. Dabei haben sich natürlich zahlreiche Irrungen ergeben, die der Textkritik viel zu schaffen machen.

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Tafel VII stellt ein griechisches Denkmal des V. Jahrhun- Denkmal derts v. Chr. dar, das zu Antipolis, dem heutigen Antibes Antipolis

1) Larfeld, Griechische Epigraphik.

von

in Südfrankreich, einer Kolonie von Massalia, gefunden wurde. Dasselbe zeigt nach Kirchhoff noch das jonische Alphabet in seiner Entwicklung. Der ovale Stein von dunkler Farbe (ein Serpentin oder Diorit, Größe: 65:21 cm) trägt die Versinschrift:

Τέρπων εἰμὶ θεᾶς θεράπων

σεμνῆς Ἀφροδίτης

τοῖς δὲ καταστήσασι Κύπρις
χάριν ἀνταποδοίη.

Der Stein gilt als eines der ältesten und merkwürdigsten Denkmäler der griechischen Kolonien in Gallien. Er gehört in die Gruppe jener unbehauenen Steine (apyoi Mío), die nach Pausanias bei den Griechen als Idole verehrt wurden. Diese Steine vertraten in der ältesten Zeit die Stelle des Götterbildes. Der Stein bzw. der durch ihn angedeutete Gott nennt sich selbst Terpon, was nach Heuzey als Beiname des Gottes Eros zu fassen ist. Das θεράπων Αφροδίτης steht auch bei Platon für "Epcos. In dem Steine ist uns somit außer der Schrift auch noch ein altes Kultdenkmal der Griechen erhalten.

Griechische Unziale
(Tafel VIII)

Für die alte Zeit, in der verhältnismäßig wenig geschrieben wurde, sind handschriftliche und inschriftliche Buchstabenformen wohl gleich gewesen. Bei der Zunahme des Schreibens auf Papyrus aber wurden die für das Einhauen oder Einritzen naturgemäß bevorzugten eckigen Formen unbequem und es kam allmählich zur Ausbildung der griechischen Unziale Unzialschrift. Besonders charakteristisch für diesen Vorgang sind die Buchstaben E nun ¤, Σ nun C, und £ nun W. Die

Unziale war die Schrift der attischen und der Alexandriner Zeit, der Handschriften aus der Zeit römischer Kaiser und der folgenden Jahrhunderte bis zum IX. Jahrhundert. Freilich spiegeln sich die Eigenheiten dieser Epochen in der jeweiligen Ausbildung der einzelnen Buchstabenformen innerhalb der Kunstgattung, doch hier verbietet es der Raum, ausführlich auf die nähere Entwicklung einzugehen.

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Beim Lesen der dialektischen Dichter, vor allem des Homer, Lesezeichen bestand für den gewöhnlichen Leser in der richtigen Betonung gar mancher der gemeinen Sprache fremden Wörter eine große Schwierigkeit. Dieser zu begegnen, wurde in Alexandria durch Aristophanes von Byzanz (ca. 200 vor Christus) ein System von Akzenten und anderen Lesezeichen eingeführt. Der von den Alten hiefür gebrauchte Sammelname προσωδίαι umfaßte nicht nur die τόνοι ( . ), χρόνοι (~~) und лvεúμata (die beiden Hälften des H: [] und + []), sondern auch andere Lesezeichen, wie Apostroph () oder ), Zeichen für Trennung und Zusammenziehung von Worten (, und -), Zeichen gegen Bildung von Diphthongen (...) und andere. Ursprünglich hatte jede Silbe im Wort ihr eigenes Akzentzeichen, z. B. έódipòs, später aber beschränkte man sich auf die Bezeichnung des Haupttons. Selbstverständlich wurden diese Lesezeichen vorerst nur da gesetzt, wo sie nötig erschienen, nämlich bei Dichterwerken, die im Dialekt geschrieben waren. In Handschriften gewöhnlicher Art finden sie sich nur gelegentlich angewandt, wo es etwa galt, ein Mißverständnis zu verhüten. Erst das VII. Jahrhundert brachte ihren allgemeineren Gebrauch.

Neben der Unziale als Buchschrift entwickelte sich schon frühe eine Schriftart für den täglichen Gebrauch: die Kur- Kursive sive. Das flüchtige Schreiben verband naturgemäß die in der Buchschrift isoliert stehenden Buchstaben, was oft eine starke Veränderung der Typen bedingte. Die Kursive rundete die noch vorhandenen Ecken in der Schrift nach Möglichkeit

Tachy

ab; die Höhe der Buchstaben wird charakteristisch unregelmäßig; die Stellung der Schrift verläßt ihre senkrechte Richtung und nimmt eine schräge Lage an.

Die Griechen hatten endlich eine ausgebildete Tachygraphie graphie. Ihre Anfänge sind dunkel, doch ist nachgewiesen worden, daß sich bereits das IV. Jahrhundert vor Christus mit der Erfindung einer Schnellschrift mühte, die von der gewöhnlichen Buchstabenschrift abwich. Die griechische Stenographie ist für uns zum größten Teile unlesbar.

Herondas- Die Unzialschrift auf Tafel VIII ist in einem Papyrus des papyrus Britischen Museums zu London (Papyr. 135) enthalten, der dem I. oder II. vorchristlichen Jahrhundert zugewiesen wird und die Mimiamben-dramatische Darstellungen kleinbürgerlicher Verhältnisse - des von der Insel Kos stammenden Dichters Herondas (Herodas, III. Jahrhundert v. Chr.) enthält. Die Abbildung ist der Text-Publikation von Kenyon entnommen und bringt die Verse (IV., 53–70):

δουλή στί, δούλης δ ̓ ὦτα νωθρίη θλίβει

̓Αλλ' ἡμέρη τε κἐπὶ μέζον ὠδῖται

Αὕτη σύ, μῖνον · ἡ θύρη γὰρ ὤικται
κἀνετίθ ̓ ὁ παστός· οὐχ ὁρῆις, φίλη Κυννοί,

οἱ ἔργα; κονὴν ταῦτ ̓ ἐρῖς Αθηναίην
γλύψαι τὰ καλά χαιρέτω δὲ δέσποινα.
τὸν παῖδα δὴ γυμνὸν ἢν κνίγω τοῦτον
οὐχ ἔλκος ἔξι, Κύννα; πρὸς γὰρ οἱ κίνται
αἷς ἀρκέσοι ἄθερμα θερμά!) πηδῶσαι
ἐν τῆι σανίσκηι· τὠργυρεῦν δὲ πυράγρον)

οὐκ ἂν ἴδη Μύελλος*) ἢ Παταικίσκος

ὁ Λαμπρίωνος, ἐκβαλεῦσι τὰς κούρας

1) übergeschrieben.

2) Das zweite p sowie der Längestrich über und das Kürzezeichen über das ǎ sind übergeschrieben.

*) ελ übergeschrieben.

δοκεῦντες ὄντως ἀργυρεῦν πεποιήσθαι;

ὁ βοῦς δὲ χ ̓ ἄγων αὐτὸν ἡ θ' ὁμαρτεῦσα

χώ γρυπὸς οὗτος οὐκι) κὼ ἀνάσιλλος*) ἄνθρωπος
οὐχὶ ζόην βλέπουσιν ἡμέρην πάντες;

εἰ μὴ ἐδόκουν τι μέζον ἢ γυνὴ πρήσσιν

ἀνηλάλαξ ̓ ἄν, μή μ' ὁ βοῦς τι πημήνηι

Griechische Minuskel
(Tafel IX)

„Das Aufhören der alten Unzialschrift und Kursive“, sagt Wattenbach,,,und die Bildung der neuen Minuskel im Abendland wie im Morgenland sind Symptome des großen Abschnittes, welchen das IX. Jahrhundert bildet. Das kümmerlich noch fortlebende antike Element verliert völlig die Herrschaft, und während bis dahin fast nur Verfall und Entartung bemerklich war, bildet sich eine neue Entwicklung aus älteren Elementen und neuen Keimen." Aus einem Übergangsgemisch verschiedenster Buchstabengestaltung von Unzialund Kursivformen entwickelt sich durch Änderung der GröBenmaße eine neue Kunstform, die Minuskel. Mit ihr ist Minuskel aber keine entscheidende Verdrängung der alten Formen gekommen; dieser Umstand sowie die freie Anwendung tachygraphischer Kürzungen verleihen ihr ein äußerst mannigfaltiges Aussehen. Man unterscheidet nach Basts Einteilung der Minuskelformen vier Handschriftengruppen: Die codices Einteilung vetustissimi im IX. Jahrhundert zeigen noch steife, viel mit Kapitalformen gemischte Züge; die vetusti entstammen dem X.-XII. Jahrhundert, sind regelmäßiger geschrieben, weisen

1) ist durch Punkte getilgt.

') die zwei A korrigiert für das ursprüngliche μ.

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