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Sprache und Schrift

Die erste bedeutsame Äußerung geistiger Fähigkeiten Sprache zeigte sich beim Menschen in der Sprache; mühsam stieg er zu ihr auf den Sprossen von Mienenspiel und Gebärdenausdruck empor. Daß heute noch Kinder und Naturvölker mit beschränktem Sprachkreise zu diesen unvollkommenen Bezeichnungsmitteln Zuflucht nehmen, bezeugt ihre Ursprünglichkeit. Von der Zeichensprache bis zum klar artikuliert kundgegebenen Denken, bis zur Lautsprache, die schon eine Summe von Bezeichnungsmitteln für Empfindungen, Vorstellungen und Begriffe voraussetzt, war ein weiter Weg, zu dessen Vollendung es jedenfalls riesiger Zeiträume bedurfte. Ein weiterer gewaltiger Fortschritt im Bildungsgange der Menschheit war es, wenn sie damit begann, das flüchtige Wort mit sichtbaren Zeichen festzuhalten, um ihre Gedanken der Ferne zu übermitteln oder einer späteren Zeit zu sichern. Einen Zeitpunkt der Erfindung der Schrift auch Schrift nur annähernd zu bestimmen, ist unmöglich. Erst aus verhältnismäßig später Zeit menschlicher Ansiedelung sind schriftliche Erzeugnisse auf uns gekommen. Mit ihnen erst beginnt die eigentliche Geschichte eines Volkes; die frühere Zeit nennt daher die Wissenschaft die prähistorische =vorgeschichtliche.

Die erste Stufe der Schriftentwicklung bestand nicht in der Aufstellung irgend eines Alphabets. Wie bei der Gebärdensprache der Ausdruck der mit dem darzustellenden Gegenstande vorzunehmenden Tätigkeit das Naheliegende

Bauckner-Hösl, Schrift und Urkunde

ist, so bildet für das schriftliche Festhalten desselben zu

nächst sein Aussehen, sein Bild das Maßgebende. Es darf Bilderschrift also die Bilderschrift als ursprünglichste Art schriftlicher Silben- und Wiedergabe angesprochen werden. Erst in späterer Zeit entBuchstaben- wickeln sich Silben- und Buchstabenschrift.

schrift

Schriftarten

der orientalischen Völker

Von den orientalischen Schriftformen, in denen uns Literaturdenkmäler erhalten sind, die für die Kultur des Abendlandes von besonderer Bedeutung waren, kommen hier die der semitischen Sprachen in Betracht. Man ver- Semitische steht darunter jenen vorderasiatischen Sprachstamm, der Sprachen sich vornehmlich über Mesopotamien, Palästina, Syrien, Phönizien und Arabien erstreckte. Dazu gesellt sich hier noch das Ägyptische, das mit dem Semitischen verwandt ist, Ägyptisch aber nicht ohne weiteres zu dieser Sprachengruppe gehört.

Der Grund, daß die Wissenschaft das Babylonisch-Assyrische, Hebräische, Aramäische, Arabische, Syrische, Phönizische zu einer Gruppe der semitischen Sprachen zusammenfaßt, liegt in den gemeinsamen Eigentümlichkeiten, die der grammatikalische Bau derselben aufweist, gleich wie wir das Indische, Persische, Gotische, Griechische, Lateinische, Slavische samt den germanischen Sprachen zur indogermanischen Sprachenfamilie zusammenreihen.

Den semitischen Sprachen gemeinsam ist in der Haupt- Semitischer sache Folgendes: den Kern und Stamm eines Wortes bilden Sprachbau die Konsonanten; die Vokale, die meistens (das Babylonische macht hier eine wichtige Ausnahme) in der Schrift gar nicht bezeichnet werden, dienen zur Differenzierung des Stammbegriffes (z. B. arab.: qatala er hat getötet, qutila er ist getötet worden, ohne Vokal ge

schrieben sehen beide Formen gleich aus: ), der Stamm besteht fast durchgängig aus drei Konsonanten (Trilitteralität), das Verbum hat nur zwei Tempora, Präfixe und Suffixe spielen bei der Bildung der Formen eine wichtige Rolle. Die Schrift läuft bei den meisten von rechts nach links.

Dies diene zur allgemeinen Einführung. Die Besonderheiten der einzelnen Schrift- und Sprachformen werden im Folgenden bei den betreffenden Abschnitten erwähnt.

Keilschrift

Erfinder

Keilschrift
(Tafel I)

Die Keilschrift ist die Schriftform der alten westasiatischen Reiche Babylonien und Assyrien, die entweder auf Steindenkmälern scharf eingeritzte oder herausgemeiselte derbe Linien mit einem verdickten Ende (von der Wissenschaft Keile genannt) und Winkelhaken zeigt oder auf weichen Tontafeln solche in zarterer Ausführung eingekerbte Bilder aufweist. Dieses Schriftsystem fand später auch in Armenien, bei den Elamiten und in Persien Aufnahme, wo sich eigene Keilschriftarten entwickelten. Die Schrift läuft immer von links nach rechts, wie unsere abendländischen Alphabete, nur in der ältesten Zeit stehen die Bilder untereinander und sind von oben nach unten, gleich dem Chinesischen, zu lesen. Die Keile sind nur mehr die Überreste von linearen Bildern, die jene ältesten Schreiber auf ihre Denkmäler zeichneten.

Die Erfinder dieser Schriftform sind die Sumerer, ein Volk von nichtsemitischer Herkunft, das vor 4000 Jahren vorchristlicher Zeitrechnung am Euphrat und Tigris herrschte. Wir sind über die ältesten Keilschriftformen besonders

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