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chanisch angewandte Übersetzung der lateinischen Wendung „in testimonium hujus rei“ durch,,des ze urkund“ erhielt das Wort Urkunde im alten Sinne, bis im XV. Jahrhundert eine Modifizierung des Begriffes eintrat und Urkunde die Bedeutung des beweisenden Schriftstückes annahm, also gleichbedeutend mit „Brief“ gebraucht wurde. Seit dem XVI. Jahrhundert hat sich die Bedeutung des Wortes immer mehr verallgemeinert. Nach dem modernen Sprachgebrauch, der unter Urkunden Schriftwerke, Denkmäler, kurz Quellen jeder Art versteht, spricht z. B. der Jurist von Vertragsurkunden; die Naturwissenschaft sieht in der Steinkohle eine Urkunde für das ehemalige Vorhandensein ausgedehnter Sigilarienwälder; dem Theologen gelten die biblischen Schriften als Glaubensurkunden. Die Wissenschaft hat den Begriff der Urkunde scharf umrissen, sie versteht darunter nur schriftliche Zeugnisse mit gewollter rechtlicher Bedeutung. Schriftstücke, denen eine rechtliche Absicht fehlt, bilden als Briefe und Akten eigene, dem Historiker nicht minder wertvolle Überlieferungsarten.

Bei der unzweideutigen inhaltlichen Scheidung der ein- Form zelnen Gruppen verbindet sie doch vielfach eine gemeinsame Form, da Briefe und Akten nicht selten die Ausdrucksweise der Urkunde nachahmen. Das Wesen der Urkunde als einer gewöhnlich in feierlicher Form abgefaßten Aufzeichnung brachte ganz selbstverständlich die Anwendung gewisser Formalitäten mit sich. Zu den das Rechtsgeschäft selbst behandelnden Sätzen treten zur Einkleidung noch Sätze allgemeiner Art, die zum eigentlichen Inhalt des Stückes in loserem Zusammenhang stehen. So läßt sich bei der Urkunde der Inhalt zwanglos von der Formel scheiden. Im allgemeinen sind die Urkunden regelmäßig gebaut und setzen sich aus bestimmten Teilen zusammen (Anrufung Gottes, Name und Titel des Ausstellers, Begrüßung des Empfängers, Begründung der Urkundenausstellung, Kundmachung, Darstellung

Schreibstoff

Urkundenschrift

der Sachlage, Willenserklärung des Ausstellers, Beglaubigung und Bekräftigung des Urkundeninhalts, Strafandrohung für Übertretung der Urkunde, Unterschriften, Datierung). Ebensowenig wie diese Aufstellung Anspruch auf Vollständigkeit machen kann, ebensowenig soll damit gesagt sein, daß jede Urkunde dieses Schema aufweisen müßte. Wenn auch die Zusammenstellung für die Mehrzahl von Urkunden Geltung hat, so erheischt natürlich doch jede Urkundengruppe mit ihren Eigentümlichkeiten eine gesonderte Betrachtung. Weiters ist es wohl selbstverständlich, daß der Rang und Stand des Ausstellers auf die Fassung des Urkundentextes entscheidenden Einfluß übte.

Als Schreibstoff für mittelalterliche Urkunden kamen neben vereinzelten Fällen, wo Stein, Metall, Ton, Holz etc. gebraucht wurde, hauptsächlich drei Stoffe zur Verwendung. Der alte Papyrus vermochte sich bis ins XI. Jahrhundert hinein im Gebrauch zu erhalten, wo er dann durch das Pergament, den vornehmlichsten Schreibstoff endgültig verdrängt wurde. Von der zweiten Hälfte des VII. Jahrhunderts bis zum ausgehenden XIV. Säkulum fast ausschließlich gebraucht, bleibt das Pergament auch für die Zukunft bei wichtigen und feierlichen Stücken bevorzugt. Die Verwendung verschiedener Tierfelle (in Italien Ziegen- und Lammshäute, in Deutschland Kalbfelle) und die abweichende Art der Zubereitung führt zur Unterscheidung von „italienischem“ und „deutschem" Pergament. Seit dem XIV. Jahrhundert trat das Papier in scharfen Wettstreit mit der Tierhaut und trug schließlich auch den Sieg davon.

Die Schrift der Diplome weist im allgemeinen die Züge der jeweilig herrschenden Schriftart auf. Trotzdem aber zeigt sie bedeutende Eigentümlichkeiten, die ihr ein gewisses Gepräge verleihen (Verlängerung der Buchstaben, Verzierung der Oberschäfte, eigenes Abkürzungswesen etc.), so daß in diesem Sinne von einer eigenen Urkunden- oder Diplom

schrift gesprochen werden kann. Für das Kürzungswesen gilt hier im allgemeinen das gleiche wie bei der Buchschrift (vgl. S. 38f.). Die Diplomschrift zeigt nur noch mehr Neigung zur Kürzung und weist in der Zeit ihrer eigentümlichen Gestaltung (also bis zum XIII. Jahrhundert) meist stark verschnörkelte schleifenartige Kürzungszeichen auf.

Die Einteilung der Urkunden war in ihren Grundlagen Einteilung stets eine schwankende. Während die einen die Urkunden mit öffentlich-rechtlicher Glaubwürdigkeit von den übrigen sondern, wollen andere die von öffentlichen Gewalten in öffentlicher Form erlassenen Briefe von den nichtöffentlichen Stücken privaten Charakters unterscheiden. Allgemeine Geltung hat die auf Grund der Entwicklung der diplomatischen Wissenschaft sich ergebende Einteilung, die den beiden geschlossenen Gruppen der Königs- und Papsturkunden die übrige große Masse unter einem Sammelnamen als „Privaturkunden" gegenüberstellt.

c) Königs- und Kaiserurkunden: Es ist selbstverständlich, daß die Diplome der höchsten weltlichen Würde und Macht der Christenheit, die Urkunden der römischen Könige, vor allen übrigen Urkunden besondere Achtung und Schätzung genossen und wegen ihrer rechtlichen Überlegenheit stets allgemein erstrebt wurden. Das Königsdiplom war über jede Verdächtigung erhaben, es galt für „unscheltbar". Seine bevorzugte Bedeutung gab natürlich Anlaß zu den weitgehendsten Fälschungen, da sich eine Verunechtung bei keiner anderen Urkundengattung ähnlich „lohnte“ als hier1). Schon äußerlich zeigte sich in einer würdigen ansehnlichen Ausstattung die Stellung des Ausstellers. Fehlerfreies Pergament in stattlichem Format trug in reichen Formen den Ausdruck des königlichen Willens. Niemals wurde eine Kaiserurkunde unbesiegelt hinausgegeben; die Siegel, meist kreisrund und oft ') Vergl. später die Urkunde Karls des Großen S. 63.

von bedeutender Größe, sind aus Wachs, Blei oder Gold. Die Verwendung von Goldsiegeln war stets ein Vorrecht der Monarchen.

Merkmale Außer der Buchstabenschrift erscheinen in den königlichen Urkunden noch drei Schriftzeichen: das sogenannte Chrismon, das Monogramm mit dem Handmal des Königs und das Rekognitionszeichen des Kanzlers.

Da es seit dem IV. Jahrhundert Sitte geworden war, auch Briefe und Urkunden mit Anrufung des göttlichen Namens zu beginnen, war die Einführung eines symbolischen Zeichens statt der wörtlichen Anrufung eine für den Schreiber naheliegende Vereinfachung. Die Urform dieses Zeichens, des Chrismon Chrismons, war ein einfaches Kreuz, dessen Gestalt jedoch durch angewandte Verzierungen bald stark verwischt wurde. Im allgemeinen findet sich dieses Symbol bei den Merowingern und Karolingern bis zu Karl dem Großen zu Beginn der Urkunde und vor der Kanzlerunterschrift. Seit 850 pflegt es auch neben der wörtlichen Anrufung gesetzt zu werden; dagegen fehlt es dann bei der Kanzlerunterschrift. Seit Friedrich II. nimmt das Chrismon sehr ab und verschwindet im XIV. Jahrhundert ganz.

Als natürlichste Fertigung einer Urkunde erschien von jeUnterschrift, her die eigenhändige Unterschrift. Doch in früheren Zeiten Monogramm war das Schreiben eine Kunst, auf die sich nur die Allerwenigsten verstanden. Selbst Kaiser, Könige und andere Fürsten, Bischöfe und Äbte hatten sie nicht erlernt1), wie wir in ihren Urkunden oft ausdrücklich vermerkt finden. Die Merowinger Könige konnten schreiben, Pipin jedoch war des Schreibens schon unkundig. Von Karl dem Großen ist ja allgemein bekannt, daß er sich in alten Tagen mit dem Griffel mühte, aber nach dem Berichte seines Biographen Einhard „nur wenig Erfolg" damit hatte. Da nun diese Herrscher nicht

1) So sollen z. B. auf der allgemeinen Synode von Chalcedon (451) nicht weniger als 40 Bischöfe nicht haben eigenhändig unterzeichnen können.

in der Lage waren, eine persönliche Namensunterschrift zu geben, mußte ein Auskunftsmittel ersonnen werden. Schon Kaiser Justinian hatte durch eine Verfügung ein einfaches Kreuz als Ersatz für die Unterschrift schriftfremder Leute anerkannt. Pipin und Karlmann haben sich ebenfalls dieses allgemeinen Zeichens in der Weise bedient, daß sie den vom Notar zwischen den Balken des gezeichneten Kreuzes freigelassenen Raum eigenhändig füllten und so ihre Unterschrift vollzogen. Mit dem Regierungsantritt Karls des Großen kam die Sitte der monogrammatischen Unterschrift wieder auf, wie sie in kursiver Art bereits bei den minderjährigen Gliedern des Merowingerstammes angewandt wurde. Das Monogramm enthielt in der Regel alle Buchstaben des Namens und oft auch noch des Titels (Namens-, Titelmonogramm). Es wurde von der Kanzlei soweit fertiggestellt, daß nur mehr ein oder zwei Striche zu seiner Vollendung fehlten, die vom König nachgetragen als Unterzeichnung galten. Von Karl dem Großen z. B. wissen wir, daß er in die Raute in der Mitte der Zeichnung, die durch ihre obere Hälfte das A, den unteren Teil das V=U und als ganzes das O darstellt, die beiden fehlenden Querbalken des A nachtrug und damit seine Unterschrift vollzog. (Vergl. Tafel XVIII.) Die Namensmonogramme der Ottonen zeigen zwei T, deren die Figur der beiden O schneidende Verbindungslinie den Fertigungsstrich des Herrschers darstellt. (Vgl. Tafel XIX.) Ständig findet sich bei den Monogrammen eine Hinweisungszeile, die das Handmal ausdrücklich erklärt z. B. Signum Caroli gloriosissimi regis (vgl. Tafel XVIII). Seit Konrad III. (Mitte des XII. Jahrhunderts) bildet der Gebrauch dieser Fertigung keine ständige Regel mehr. Seit der Regierung Maximilians I. wird das Monogramm durch die wirkliche Namensunterschrift völlig verdrängt.

Kanzler

Ebenfalls zur Beglaubigung trug jede Königsurkunde die Unterschrift eines Kanzleibeamten, meist des Vorstands fertigung

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