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So heißt es Rasagangadhara p. 424: camatkāritvam cā 'lamkārasā, mānyalakṣaṇaprāptam eva und gleichbedeutend p. 357: hrdyatvam cā 'laṇkārasāmānyalakṣaṇāgatam sarvālamkārasādhāraṇam 1).

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Unsere Untersuchung hat uns also gezeigt, was unter vicchittivisesa verstanden wird: es ist, wenn alamkara definiert werden soll, die differentia specifica. Wir müssen noch das genus nennen; dies ist vägvikalpa. In der oben übersetzten Stelle aus Ananda.vardhana p. 210 hieß es: 210 hieß es zahllos sind die Formen der Rede und die Figuren sind Arten der Redeformen": anantā hi vāgvikalpās tatprakārā eva cā 'lamkārāḥ (cf. p. 8). Statt vāgvikalpa gebraucht Rasag. p. 362 vacanabhangi. Es sind darunter „Redewendungen“ verstanden, und zwar dürfte dem vikalpa, noch mehr dem bhangì, der Begriff des Künstlichen anhängen2). Ohne diesen Nebenbegriff lautet die dem Vakroktijīvitakāra in den Mund gelegte Definition: „die poetischen Figuren sind besondere Arten des Ausdrucks" abhidhānaprakāraviseṣā eva alamkārāḥ (Al. Sarv. p. 8). Eine poetische Figur wäre also: eine unser uninteressiertes Gefallen erweckende Redewendung, die des Dichters Phantasie zu diesem Zwecke zur Einkleidung seines Gedankens schuf. Zwei Figuren unterscheiden sich von einander durch die Eigenart ihrer Wendung (vicchittiviseṣa) (was wir füglich mit besonderer Reiz“ oder „Colorit, übersetzen können), die aber immer in der produktiven Einbildungskraft des Dichters ihre Entstehung haben muß. Wenn also eine Figur dieses Elementes ermangelt, wie z. B. das Yathāsankhya, da wird ihre Berechtigung als alamkara zu gelten bestritten, was in genanntem Falle zuerst der Vakroktijīvitakāra, siehe Vimaršinī p. 150, und nach ihm Jayaratha 1. c. und Jagannatha p. 478 und andere getan haben. In einem solchen Falle liegt also nur eine Redeform vor,

1) Hier möge eine Bemerkung Appayyadikṣitas ihre Stelle finden, die allerdings recht äußerlicher Natur ist: sarvo 'py alaṇkāraḥ kavisamayaprasiddhyanurodhena hrdyatayā kāvyaśobhākara evā 'lamkatāratām bhajate. Citramimāmsā p. 6.

2) So gebraucht in diesem Sinne Hemacandra für vägvikalpa p. 273 uktivaicitrya, indem er den Gedanken Anandavardhanas folgendermaßen wiedergibt: uktivaicitryamātrād bhede ca lakṣaṇakarane lamkārānantyaprasangaḥ; Jagannātha aber sagt ausdrücklich Rasag. p. 326: vicchittivailakṣanyasyaivā 'lamkāravibhāgahetutvāt. Offenbar hat Hemacandra uktivaicitrya mit vägvikalpa zusammengeworfen, um seine Behauptung zu beweisen, daß vibhāvanā viśeṣokti asamgati vişama adhika vyāghāta atadguṇa nicht verschiedene Alamkāras seien, sondern nur verschiedene Arten der einen Figur Virodha. (Vergl. hierüber Rasag. p. 461). Den von Hemacandra beabsichtigten Gedanken drückt Jagannatha genauer SO aus: kimcidvailakṣaṇyamātreṇaivā 'lamkārabhede vacanabhangīnām ānantyād alamkārānantyaprasangat. Rasag. 362.

deren Schema fest steht und durch den objektiven Gedanken gegeben ist, ohne daß der Dichter dabei ein anderes Verdienst hätte, als eine falsche Ausdrucksweise vermieden zu haben. Es gibt aber auch Figuren dieser Art, die an sich, soweit ihr Schema in Betracht kommt, durchaus unpoetisch sind, wie die Alternative (vikalpa) und der Syllogismus (anumāna); aber wenn solche Figuren mit einem anderen figürlichen Element verquickt sind, wie erstere mit einem Vergleich 1), oder sonstwie einen Reiz bekommen, wie die letztere 2), so werden sie zu poetischen Figuren. Ueber solche Fälle, wo ein anderes Element hinzukommen muß, um eine Redefigur zu einer poetischen Figur zu machen, enthält der Rasagangādhara, p. 470 folgende Auseinandersetzung, die allerdings in einem Referat über eine fremde Ansicht vorkommt: Wo der Reiz des ausstattenden Elements von dem Reiz des dadurch Ausgestatteten verschieden ist, da möge meinetwegen das Ausgestattete besonders neben dem Ausstattenden als Alamkara gelten, wie Hetu- und Phala-Utprekṣā neben Atiśayokti. Wo es aber bei dem Reiz des Ausstattenden sein endgiltiges Bewenden hat, da ist das Ausgestattete keine besondere Figur, wie beim vorliegenden (i. e. kāvyalinga). Wenn das zur Folge hat, daß dann viele von den Alten anerkannte Figuren geleugnet werden müßten, so geben wir das zu; aber was liegt daran? Darum ist kavyalinga (keine poetische Figur), sondern die Abwesenheit eines Fehlers, nämlich der mangelnden Begründung 3).“

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Ich glaube in der vorausstehenden Zusammenstellung nichts Wesentliches übersehen zu haben. Man ersieht daraus, daß die Poetiker sehr eindringend über das Wesen der poetischen Figur nachgedacht und den Kern der Sache durchaus richtig erfaßt haben. Wie kommt es nun, daß diese Darlegungen nebenher und zerstreut in den Kommentaren beigebracht, statt, wie es sich bei ihrer prinzipiellen Wichtigkeit eigentlich gehörte, im Anfang der Lehre von den poetischen Figuren als grundlegender Lehrsatz gegeben zu werden? Diese Frage wollen wir jetzt zu beantworten suchen.

1) Al. Sarv. p. 158: aupamyagarbhatvāc cā 'tra cārutvam.

2) ib. p. 146 vicchittiviseṣaś că 'trā 'rthāśrayaṇīyaḥ; aber Rasag. p. 475 asga ca kavipratibhollikhitatvena camatkaritve kävyālamkaratā.

3) yatra tu 'paskārakavaicitryād vilakṣaṇam tadupaskāryavaicitryam, tatrā 'stu nāmo 'paskärakad upaskāryasya prthagalamkaratvam, yatha 'tisayokter hetuphalotprekṣayoh yatra tū 'paskārakavaicitrya eva viśrāntis, tatro 'paskāryam analaņkāra eva, yathā prakṛte. evam tarhi bahūnām alaṁkāratvena prācīnair ūrīkṛtānām analaṇkāratāpatṭir iti cet, astu, kim naś chinnam? tasmān nirheturupadoṣābhāraḥ kavyalingam - ity api vadanti.

Die Dhvani-Lehre hatte den Erfolg, daß sie als die theoretische Grundlage der Poetik allgemeine Anerkennung fand. Das fertige System der Poetik tritt uns im Kavya Prakāśa zuerst entgegen, und dieses Werk gewann ein solches Ansehn, daß es für die ganze Folgezeit als eine Autorität ersten Ranges galt. Wir sahen, daß in demselben die Stellung und Bedeutung der Alamkaras im Anschluß an den Dhvanyaloka nach ihrem Verhältnis zur „Seele der Poesie", der Stimmung etc., bestimmt wurde, ohne daß man eine Realerklärung derselben zu geben suchte. Aber die Dhvani-Lehre blieb nicht ohne Gegner und Rivalen 1), deren Werke zwar in Vergessenheit geraten sind, deren Ansichten aber, soweit sie sachlich Beachtenswertes enthielten, sicher Berücksichtigung fanden. Für unsere Frage kommt der Vakroktijīvitakara in Betracht; derselbe ging nämlich gerade von demjenigen Punkte aus, der in der Dhvani-Lehre nicht befriedigend, wie wir oben sahen, behandelt worden war: der prinzipiellen Bedeutung der Alamkaras für das Wesen der Poesie. Während nach dem Dhvanikara die Alamkaras nur von nebensächlicher Bedeutung für das Wesen der Poesie sind, stellte er den Satz auf: uktivaicitryajivitam kavyam „das Leben der Poesie besteht in der „Buntheit" (oder Reiz) der Rede (bez. des Ausdrucks)," oder ausführlicher: vaidagdhyabhangībhaṇitisvabhāvām bahuvidhām vakroktim prādhānyāt kāvyajīvitam uktavān 2) „er erklärte, daß die mannigfaltige vakrokti, die in dem Aussprechen (des Gedankens) durch gewählte Wendungen besteht, als das Hauptsächliche das Leben der Poesie sei". Die vakrata ist also die Künstlichkeit des Ausdrucks, und dieser muß von dem Dichter selbst hervorgebracht sein: vyāpārasya pradhanyam ca kavyasya pratipede. ib. Hier haben wir nun beide Momente, die nach der obigen Untersuchung als das Wesen einer poetischen Figur ausmachend gelten, nämlich vaicitryaviseṣa (oder vicchittiviseṣa) und kavipratibhotthapitatvam. Man beachte, daß obige Sätze in Ruyyakas knappem Resumé von der Lehre des Vakrokjīvitikāra stehen; die darin behandelten Begriffe müssen also zu

1) Vakroktijivitakāra, Bhaṭṭanayaka und Vyaktivivekakāra (Mahimabhaṭṭa) Al. Sarv. p. 8 ff. Alle drei später als der Dhvanikara, siehe Vimarsinī p. 12. Ihre Zeit liegt also zwischen dem Ende des 9. und dem Anfange des 12. Jhd.

2) Al. Sarv. p. 8. In der Vimarsini ib. werden die eigenen Worte des Verfassers zitiert: vakroktir eva vaidagdhyabhangībhaṇitir ucyate und vicitrā yatra vakroktir, vaicitryam jivitāyata (so zu lesen). Ueber eine besondere Art der vakrată handeln folgende 2 Verse: yatra dūrāntare 'nyasmāt sāmānyam upacaryate | lesenā 'pi bhavet kartum (?!) kimcid udriktavṛttitā || yanmūlā sarasollekhā rūpakādir alamkṛtiḥ | upacărapradhānā 'sau vakratā kācid iṣyate ||. ib.

dessen Grundgedanken gehören. In der Tat scheinen jene beiden Ausdrücke auf den Vakroktijīvitakāra als ihren Urheber zurückzugehen. Denn wo in der Vimarsinī p. 149 f. gezeigt wird, Yathasankhya sei kein alamkāra, heißt es: etac ca Vakroktijīvatakṛtā saprapañcam uktam ity asmabhir iha nayastam. Also Untersuchungen über das, was eine Redefigur zu einer poetischen macht, hat der Vakroktijīvitakāra angestellt, und er wird darin von Jayaratha als Autorität anerkannt. Diese Untersuchungen gingen aber von den oben zusammengestellten Gesichtspunkten aus. Somit dürfen wir es als das Verdienst des Vakroktijīvitakāra ansehn, den Begriff der poetischen Figur definiert zu haben. Seine Definition wurde als richtig anerkannt und von Spätern akzeptiert; aber seine Behauptung, daß die vakrokti das Leben der Poesie ausmache, fand keine allgemeine Annahme. Man hielt vielmehr an der Lehre des Dhvanikara über das Verhältnis der Alamkāras zur Seele der Poesie fest, woraus sich, wie oben gezeigt, die ungenügende Fundierung der Lehre von den poetischen Figuren in der systematischen Darstellung ergibt.

Begriff und Ausdruck vakrokti sind aber viel älter und gehen wahrscheinlich schon auf Bhamaha zurück. Denn er sagt von der atiśayokti1): sai 'ṣā sarvatra vakroktir anayā 'rtho vibhavyate | yatno 'syām kavinā kāryaḥ ko lamkāro 'nayā vinā || und Abhinavagupta bringt in dem Kommentar zu der in der letzten Anmerkung zitierten Stelle folgendes anonyme Zitat:

vakrābhidheyaśabdoktir iṣṭā vācām alamkṛtiḥ.

„Das Aussprechen eines gekünstelten Gedankens oder eines gekünstelten Ausdrucks gilt als Schmuck der Rede". Und Daṇḍin, Kāvyādarśa II 363 sagt:

bhinnam dvidha svabhāvoktir vakroktiś ceti vanmayam. „Das ganze Gebiet der (poetischen) Rede zerfällt in svabhāvokti und vakrokti".

Also die vakrokti umfaßt das ganze Gebiet der poetischen Figuren mit einziger Ausnahme der svabhavokti (oder jati); denn auch diese reihte man sonderbarer Weise auch unter die poetischen Figuren ein. Nicht zu verwechseln ist unsere vakrokti mit einer gleichbenannten Figur, siehe Al. Sarv. p. 177: (vakroktiśabdaś că 'laṇkārasāmānyavacano 'pi 'hā 'lamkāraviseṣe samjñitaḥ); oder mit einer andern bei Vamana IV 3, 8 (sādṛśyāl lakṣaṇā vakroktiḥ). Letztere vakrokti ist offenbar das, was der Vakroktijīvitakāra (siehe note 2, S. 10) als upacārapradhānā vakrokti bezeichnet hat.

1) Ekāvalī, notes p. 589, und Dhvanyaloka p. 208.

Man ersieht daraus, daß sein System mit alten Bestandteilen des Alamkaraśāstra operierte; es scheint eine Weiterentwicklung in der Richtung zu sein, die Vamana mit seinem ersten Sūtra: kāvyam grāhyam alamkārāt bereits eingeschlagen hatte. Existenzberechtigung hatte sein System, weil es eine vom Dhvanikāra nicht genügend gewürdigte Seite der Poesie, die dieser organisch seinem System einzuordnen nicht verstanden hatte, zum Mittelpunkt des seinigen machte. Aber sein System konnte sich dennoch dem des Dhvanikara gegenüber nicht halten, weil er Dichter und Dichtung doch nur von der formalen Seite auffaßte, während jener tiefe Blicke in das Wesen der Poesie getan hatte.

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So war zwar die Frage nach dem Wesen der poetischen Figuren im Allgemeinen richtig beantwortet; es verblieben aber noch dunkle Punkte, die einer prinzipiellen Lösung unzugänglich waren. Wir sahen, daß zwei Alamkāras verschieden sind, jede ihren vicchittiviśesa, speziellen Reiz, hat. Aber ein allgemeingiltiges Kriterium dafür, ob etwas bloß ein geringfügiger Unterschied sei, wodurch nur eine Unterart eines Alamkara bestimmt werde, oder hinreiche, um einen besonderen Alamkara zu bilden, konnte man nicht angeben. Diese Frage kommt in der Vimarsinī p. 140 bei Gelegenheit der auf der Verkettung oder Gradation (śṛnkhalā) beruhenden Figuren zur Erörterung. Dort wird gesagt, daß die Verkettung selbst nicht eine Figur sei. Wenn sie es wäre, dann müßte auch die Aehnlichkeit (sādharmya) nur eine Figur bilden. Denn wenn man beim Vergleich etc. von der Aehnlichkeit absieht, so ist für die einzelnen (verwandten Figuren) kein spezieller Reiz denkbar, worauf ihre Unterscheidung beruhen sollte. Und so müßte man auch den Widerspruch (virodha) als eine einzige Figur bezeichnen; denn denn bei Vibhava etc. ist außerhalb des Widersprechenden kein Unterschied. Man käme auf diese Weise dazu, nur 7 oder 8 Alamkāras definieren zu müssen. Läßt man aber bei Vergleich etc. in der Aehnlichkeit selbst weitere Unterscheidungen zu und ebenso bei den andern Kategorieen von Figuren“, so muß man es auch bei den verketteten Figuren tun. In Rasag. p. 466 wird derselbe Gegenstand folgendermaßen dargestellt: „da auf Grund unserer Empfindung feststeht (anubhavasiddha), daß die einzelnen verketteten Figuren verschieden sind hinsichtlich ihres Reizes, so steht auch fest, daß sie alle besondere Figuren sind; darum darf die Verkettung (śṛrkhalā) gerade wie Widerspruch, Ununterschiedenheit, Aehnlichkeit nur als das gemeinsame Lebenselement (anuprāṇakatā) gelten, nicht aber als Figur. Andernfalls müßte auch Ununterschiedenheit (lies abheda) etc. eine

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