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Vereinsnachrichten.

(Vom 1. Juli bis 30. Sept. 1898.)

1. Oktober

Vorstandssitzungen. Es fanden zwei Sitzungen statt, am 11. Juli und 8. Aug.

Ausflüge. Das Wetter und andere Umstände haben dieselben in der zweiten Hälfte dieses Sommers wenig begünstigt. Wurde schon der am 9. Juli nach Königstein unternommene Ausflug

durch schlechtes Wetter beeinträchtigt,

so musste der für den 30. Juli geplante Ausflug nach Sonnenberg des Regens wegen ganz unterbleiben. Den nach Burg Reichenberg bei St. Goarshausen bereits auf den 7. August festgesetzten Ausflug verhinderte der Tod des Fürsten von Bismarck und die aus diesem Anlass auf den gleichen Tag gelegte Trauerfeier, sodass bei der gleich darauf erfolgenden Abreise des Besitzers der Burg, des Herrn Prof. Dr. von Oettingen, der die Führung der Besucher übernehmen zu wollen sich in liebenswürdigster Weise bereit erklärt hatte, für dieses Jahr auf den Besuch der Burg verzichtet werden musste. Die alsdann folgende grosse Hitze lud nicht zu Ausflügen ein. Grossen Genuss dagegen bot der am 8. Sept. in diesem Jahre wiederholte Ausflug nach dem Kastell Holzhausen a. d. H., wo Herr Dr. Pallat neue Ausgrabungen vorgenommen hatte.

No. 3.

Annalen. Das 2. Heft des 29. Bandes ist seit längerer Zeit unter der Presse und wird in den nächsten Tagen zur Ausgabe gelangen.

Mitglieder. Der Verein hat 4 Mitglieder durch den Tod verloren: die Herren Kommerzienrat F. Gräber (Wiesbaden), Pfarrer R. Schneider (Buchenau), ForstJ. Siegel (Weilburg). Ausgetreten ist meister Schultz (Kaub) und Pfarrer Herr Pfarrer Manger (Dillenburg). Eingetreten sind die Herren Oberlehrer Dr. Clemm (Giessen), Amtsrichter Ebel (Nastätten), Kandidat des höheren Schulamts Adolf Klemme (Wiesbaden), Stud. geod. W. Bauer (Poppelsdorf). Die Zahl der ordentlichen Mitglieder beträgt jetzt 445.

Bibliothek. Frl. von Cohausen

(Wiesbaden) schenkte derselben die Spe

zialkarte von Nassau in 51 Blättern und die Generalstabskarte der Rheinprovinz.

Bildersammlung. Auch dieser wurden wiederum dankenswerte Geschenke gemacht oder sonstige Förderung zu Teil von den Herren Appellations - Gerichts-Vizepräsident a. D. Dr. jur. Bertram, Professor Dr. W. von Christ (München), Amtsgerichtsrat a. D. Düssell (Wiesbaden), Dr. med. Justi (Idstein), Major a. D. Kolb (Wiesbaden), Forstmeister Zais (Eltville), Kunsthisto

riker Dr. E. Zimmermann (Dresden) und von dem Nassauischen Kunstverein.

Herr Amtsgerichtsrat Düssell hat auch mit der Inventarisation der Landschaftsbilder begonnen.

Bericht über die im Winter 1897/98 gehaltenen Vorträge.

(Schluss.)

Herr Bibliothekar Dr. Zedler:

Der nassauische Publizist Johannes Weitzel.

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Johannes Weitzel, 1771 zu Johannisberg im Rheingau geboren und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, wurde durch die französische Revolution veranlasst, als politischer Schriftsteller aufzutreten. Zunächst ganz im Banne Rousseau'scher Ideen stehend, gab er 1795 eine Schrift Geist der fränkischen Revolution" heraus. Der Grundgedanke dieser Jugendarbeit, dass es zur Erwirkung der wahren Freiheit nothwendig sei, die Bildung des Volkes zu heben, wird in seiner im Jahre 1800 erschienenen Schrift,,Über die Bestimmung des Menschen und des Bürgers" dahin präzisiert, dass das Moralgesetz zur Herrschaft gelangen müsse. In der von ihm herausgegebenen Monatsschrift Egeria veröffentlichte Weitzel im Jahre darauf einen umfangreichen Aufsatz Über die Ursache grosser Staatsrevolutionen", in dem er zur Erreichung der von ihm geforderten Tugendherrschaft mit praktischen Vorschlägen hervortritt, die für seine damalige eigene politische Unreife sowie für die seiner Zeit um so bezeichnender sind, als er schon als Verwaltungsbeamter in dem von den Franzosen besetzten linksrheinischen Gebiete die Welt und die Menschen kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hatte. Bei der 1800 stattfindenden Reorganisation der französi

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Herr Archivar Dr. Meinardus: Die Nassau-Oranische freiwillige Jäger-Kompagnie. 1814-1815.

Anknüpfend an einen früheren Vortrag über den Aufstand im Sieg-Departement im Januar 1813 schilderte der Vortragende zuerst die Wiederbesetzung der Nassau-Dillenburger Lande durch die Avantgarde der schlesischen Armee im November 1813, die Stimmung des Landes, aus dem schon damals viele Jünglinge und Männer, darunter die in französischer Zeit geflüchteten Deserteure, freiwillig zu den Fahnen der Verbündeten herbeieilten. Die Organisation der Wehrkraft, die Bildung eines Regiments, der Landwehr, der freiwilligen Jäger und des Landsturms geschah erst Anfang des Jahres 1814 durch Heinrich v. Gagern. Die Aufforderung zur Bildung einer

Kompagnie freiwilliger Jäger ist vom 22. Dezember 1813 datiert. Deren Mobilisierung und Schicksale während des Feldzugs von 1814 und nach der Rückkehr Napoleons, wo die Kompagnie von neuem errichtet wurde, im Sommer 1815, bildeten den Hauptinhalt des Vortrags. Ausser anderem führte der Vortragende eine Anzahl von Namen freiwilliger Jäger an, die den ersten Familien des Landes angehörten, und erwähnte die Schwierigkeiten, welche mit der Ausrüstung und Bewaffnung der kleinen Schar, an deren Spitze der Tribunalrichter Bergmann gestellt wurde, verbunden waren. Die Kosten wurden durch freiwillige Beiträge aufgebracht und hieran beteiligten sich in heroischer Weise selbst die ärmsten Gemeinden des Landes. Aus den vorhandenen Berichten Bergmanns wurden die Schicksale der Kompagnie, 1814 bei der Belagerung der Festung Mainz, 1815 in der Schlacht von Waterloo mitgeteilt. Wenn es auch keine Heldenthaten waren, von denen der Vortragende berichten konnte, der Geist, der diese kleine Truppe beseelte, war der einer reinen Kampfesbegeisterung für das Vaterland, und als Bergmann im April 1816 nach Abwickelung aller Angelegenheiten zum letzten Mal das Wort an sie richtete, wiederholte er den Dank von Fürst und Volk für die treue Erfüllung der heiligsten aller Pflichten.

Herr Sanitätsrat Dr. Florschütz:
Die keltischen Ringwälle.

Der Vortragende berücksichtigte besonders unsere nassauischen Ringwälle. Die des Altkönigs können mit ihren Thoren, Zwinger und Pferch als typisch für die zahlreichen Steinbefestigungen des Taunus gelten. Die Form dieser Befestigungen ist von dem jeweiligen

Gelände abhängig. Wo durch Steilabsturz desselben ein natürlicher Schutz nach verschiedenen Seiten gegeben war, beschränkt sich die künstliche Befestigung nur auf die sogenannten Abschnittswälle, welche auf den gefährdeten Seiten Sturmfreiheit bieten sollten und sich oft mehrfach wiederholen; als Kern dieser Wälle finden sich noch oft die Überreste der ursprünglichen Schutzmauern, welche durch ihren Zusammensturz zur jetzigen Wallform geführt haben. Diese Mauern sind Trockenmauern, d. h. ohne Mörtelverband. Sie waren ohne weitere künstliche Hilfsmittel nur möglich, wenn die Steine der äusseren Mauerbekleidung, der Futtermauern (zwischen denen durch meist aufrecht gestelltes kleines Geschiebe, die Kernmauer und somit eine geschlossene Mauerung hergestellt wurde) gut lagerhaft waren. Andernfalls half man sich durch zwischengelegte Rundhölzer. Von Cohausen hat zuerst für die Ringwälle des Altkönigs und vor kurzem Herr Architekt Thomas für die der Goldgrube die ursprünglichen Holzeinlagen in den dortigen Mauern nachgewiesen: senkrechte anderthalb Meter voneinander abstehende, in die Futtermauern eingefügte Rundhölzer, welche quer durch die ganze Mauerstärke hindurch verankert gewesen zu sein scheinen, was bei dem Material der Mauern, dem Taunusschiefer, wohl notwendig war und für alle Wallburgen des Taunus anzunehmen sein dürfte. Diese Wallburgen dienten als Rückzugsplätze zu Zeiten der Gefahr. Ihre Entstehung fällt in die Spät-La Tène-Periode. Die aufgefundenen Bronzen weisen auf die ansässigen Kelten als ihre Erbauer zurück, welche sie wohl als ersten Schutz gegen die andringenden Germanen um 250 v. Chr. errichteten. Letztere scheinen sie wenig benutzt und die Römer selbst sie kaum berücksichtigt zu haben.

Herr Kunsthistoriker Dr. Zimmermann:

Die Kirchen von Eberbach und Marienstatt in ihrer kunst- und kulturgeschichtlichen Bedeutung.

Einsam und abgelegen erheben sich in einfacher, aber solider kräftiger Bauart die Cisterzienserkloster-Kirchen von Eberbach und Marienstatt im Rheingau, wie im Westerwald. So bekunden sie schon äusserlich das Grundwesen ihres Ordens, der in jener grossen zur Weltverachtung führenden Reaktion des Christentums gegen die sinnesfrohe Antike eine der äussersten Spitzen darstellt. Sein Ausgang war der Benediktinerorden gewesen, den einst der Abt von Monte Casino als erste Organisation des abendländischen Mönchtums gegründet hatte, seine unmittelbare Ursache der Verfall des Cluniacenserordens, der selber dem Benediktinerorden gegenüber schon eine Reformation bedeutet hatte. Die Benediktiner hatte ihre grosse Kulturaufgabe, die Kultivierung der Länder, zu sehr mit der Aussenwelt in Berührung gebracht und damit verweltlicht, die Cluniacenser die Konzentration ihrer Gesamtorganisation auf das einzige Cluny zur Selbstüberhebung geführt. Die Neugründung musste, wenn sie Erfolg haben sollte, die Möglichkeit der Vermeidung beider Gefahren gewähren.

Das war es, was am Ende des

11. Jahrhunderts in Frankreich versucht wurde, als Robert von St. Michel Tonnerre, ein Cluniacenser, sich einsam in die Berge zurückzog und einen neuen Orden gründete, das war es, was Gemeingut der ganzen Welt wurde, als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der mittelalterlichen Kirche, Bernhard von Clairvaux, sich diesem jungen Orden anschloss. Das grosse Beispiel seiner Askese, das Bernhard bald von seiner eignen Grün

dung zu Clairvaux gab, der Schwung seiner Beredsamkeit fiel an sich schon in eine Zeit allgemeinsten religiösen Aufschwungs. Die Kämpfe zwischen Kaiser und Papst hatten durch den Sieg des letzteren zur Steigerung der religiösen Seite des Lebens geführt. Ein christlicher Gottesstaat schien jetzt erst möglich auf Erden. Zu gleicher Zeit kämpften in fernen Orten die Christen mit den Ungläubigen. So zieht der junge Orden schon 1123 in Deutschland ein, 1124 in die Schweiz, 1135 in Italien u. s. w. Erst in der Zeit der Reformation war die Welt wieder von so gemeinsamen religiösen Empfindungen durchweht.

Der neue Orden war sowohl hinsichtlich der Lebensregelung, wie auch der Organisation eine Reformation. Die Organisation bekam etwas DemokratischPatriarchalisches, in dem zwar das Mutterkloster an die Spitze trat, doch unter die Kontrolle seiner ersten Töchterklöster, wie im übrigen die Töchterklöster unter die ihrer Mutterklöster, gestellt wurde. In der Lebensregelung wurden mit schärferer Logik die Konsequenzen der Askese gezogen, indem durch Unterdrückung alles nur irgend als sinnlich Verdächtigen die volle Weltverachtung zur Thatsache gemacht wurde. Die Fortentwickelung lag hier in dem Verbot jeglicher Beziehung zur Aussenwelt, in dem Verbot wissenschaftlicher Thätigkeit und vor allem in der Kunstverdammung, die hiermit zum ersten Male in aller Schroffheit ausgesprochen wurde. wurde. Verse machen, wie bildnerisch schaffen, war in gleicher Weise verboten, die Farbe als ein vermeintlich stark sinnliches Element besonders gehasst, kostbare Materialien als Zeichen der Üppigkeit völlig verpönt. Nur in den Pfarrkirchen hielt Bernhard Bilder als eine Art Bildersprache für das lesensunkundige Volk für erlaubt. So bleibt für die

Mönche nichts weiter, als Beten und Arbeiten, vor allem Arbeiten im Felde in eigner Person,

Von diesem frühen kräftigen Geist des Cisterzienserordens ist die Kirche des Klosters Eberbach, die 1134 noch zu Lebzeiten Bernhards von Clairvaux neu begründet wurde, ein beredtes Zeugnis. Seine einsame Lage im grünen Waldthale verrät die Flucht vor der Welt, seine Lage im acker- und weinbauenden Rheingaue den landwirtschaftlichen Betrieb, die erstaunliche Grösse des kirchlichen Gebäudes giebt Kunde von den grossen Zukunftshoffnungen des rasch aufgeblühten jungen Ordens. Dreischiffig ist seine Anlage, in Kreuzform und in einem Zuge scheint dies Gebäude errichtet zu sein, dem damals Nassau, ja vielleicht das ganze östliche Rheinufer von Mainz ab an Grösse nichts zur Seite zu stellen hatte. Von Kunstverachtung aber spricht die grosse Einfachheit des Innern wie des Aussern, die keine Ornamente, nur die reichere Durchführung konstruktiver Bauteile als nicht sündhaften Luxus geduldet hat. Dafür ist das architektonische Grundelement der Romanik, die Harmonie der Verhältnisse, wie an den meisten Cisterzienserkirchen, in grossartiger Weise zur Durchführung gekommen, an der man sich gleichsam für die Unterdrückung des Kunsttriebes schadlos zu halten gesucht hat.

Doch fällt auch dies Element fort, sobald sich die nüchtern-praktische Erwägung in den Vordergrund drängt. Geradezu hässlich wirkt der bei Cisterzienserkirchen häufige westliche Abschluss der Kirche durch ein halbes Joch, dessen Ursache nur Raummangel gewesen sein kann, noch unschöner der östliche Abschluss des Querschiffes, in dem die niedrigen Eingänge zu den kleinen für die Einzelandacht der Kirche erforder

lichen Einzelkapellen in gar keinem Verhältnis zu den hoch aufsteigenden, ungegliederten Querschiffswänden stehen. Die Kapellen sind ohne jegliche architektonische Lösung an den damaligen Kirchentypus angeklebt. Charakteristisch für den Cisterzienserstil jedoch ist der rechteckige Chorabschluss, der in schroffster Weise die bisher in der christlichen Baukunst als Ideal dastehende runde Apsis ignoriert. Eigentümlichkeiten des Ordenslebens zwangen dazu nicht; so hat man als einzige Erklärung die leichtere Konstruierbarkeit desselben gefunden, wobei vielleicht die ursprüngliche Holzkirche des Urmutterklosters zu Citeaux das erste Beispiel gab. Die allgemeine Verbreitung dieser Eigenart aber hat ihre Ursache in der straffen Organisation des Ordens, dem innigen Zusammenhange der Klöster untereinander, die in der That zum ersten Male in der christlichen Kunst zu einer festgeschlossenen Bauschule führt, die durch ihre Internationalität sich die Kenntnis aller Fortschritte der Baukunst sichert.

Daher ist die Eberbacher Kirche auch ein durchaus „moderner Bau", als solcher durchgehend gewölbt und im „gebundenen System" errichtet, d. h., da sich das romanische Rundbogen-Kreuzgewölbe am leichtesten über Quadrate spannt, so ist hier das Quadrat eines Mittelschiffsgewölbes zum Grundmass für den ganzen Bau genommen, indem dem Chor und Querschiffe gleiche Masse, den Seitenschiffen nur ein Viertel zugewiesen wurde. Dies System war in Deutschland zuerst an den grossen rheinischen Domen zur Anwendung gekommen, auf dem rechten Rheinufer ist Eberbach hierfür das erste Beispiel, das bald reiche Nachfolge fand. Die kunsthistorische Bedeutung Eberbachs liegt vor allem in dieser Neuerung.

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