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nisse wurde so ein einigermassen deutliches Bild von dem Zustand dieser Stadtgegend zur Römerzeit gewonnen.*)

Das fragliche Gebiet liegt in einer von West nach Ost sanft geneigten, nur gegen Südosten geöffneten Terrainmulde'); die Höhenunterschiede gegen die an allen übrigen Seiten sie begrenzenden mehr oder weniger steil ansteigenden Bodenerhebungen (im Norden und Nordwesten die letzten Ausläufer des Heidenberges, im Süden und Südwesten die ersten Ansätze der das Wellritzthal südlich abschliessenden Bodenwelle) sind erst durch die Strassenanlagen zu Anfang und Mitte dieses Jahrhunderts, der Schwalbacherstrasse und der Kirchgasse südlich der Friedrichstrasse, wenigstens teilweise ausgeglichen worden, früher aber nachweislich viel bedeutender gewesen. Infolge dieser Terrainverhältnisse muss die Gegend von jeher, soweit nicht die Menschenhand abwehrend eingriff, den Überflutungen durch den Dendelbach im Nordwesten, die mit ihm in Verbindung stehenden Wasserläufe im Westen und zum Teil auch durch den Wellritzbach im Südwesten, ausgesetzt gewesen sein; der über dem groben, sehr wasserhaltigen Kies, der hier den natürlichen Boden bildet, allenthalben in verschiedener Stärke gelagerte schwarze Schlamm- und Wiesenboden legt hiervon hinreichendes Zeugnis ab.

Die römische, das Kastell auf dem Heidenberge mit Kastel-Mainz verbindende Heerstrasse, welche diese Mulde nahe dem Schnittpunkte der heutigen Mauritius- und Schwalbacherstrasse (auf Baustelle a und d unseres Planes) durchquerte), kam daher an diesem Punkte leicht in Gefahr, nach heftigeren

4) Es muss natürlich davon Abstand genommen werden, sämtliche Einzelheiten, die sich im Laufe der Grabungen an den verschiedenen Punkten ergaben, hier der Reihe nach aufzuzählen; da ein systematisches Verfolgen der einzelnen aufgegriffenen Fäden durch die praktischen Anforderungen der Bauarbeiten von vornherein ausgeschlossen war, bieten diese Einzelheiten an und für sich ja geringes Interesse, und können nur dazu beitragen, das, was hier einst bestand, nach Wesen und Zeit im allgemeinen zu charakterisieren. Wäre eine nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten angestellte Aufdeckung möglich gewesen, so würden sich wohl auch über die genaue Richtung und Lage der alten Wege, die Grösse und Beschaffenheit der einzelnen Häuser und Häuserkomplexe dieser ältesten städtischen Ansiedelung auf dem Boden Wiesbadens manche Aufschlüsse haben gewinnen lassen.

5) Die auf dem Plan eingetragenen Höhenzahlen geben die Lage des Terrains (T jetzige Oberkante des Strassenpflasters) und die des gewachsenen Kieses (K), dessen Oberkante, soweit nicht Mitteilungen der Herren Baumeister Kretzer und Wolff zu Grunde liegen, nach der jetzigen Kanalsohle bestimmt ist, über dem Amsterdamer Pegel in Metern an. Sie zeigen z. B. von der Ecke der Schwalbacher- und Mauritiusstrasse bis zu der Ecke der Mauritiusstrasse und Kirchgasse ein Gefälle von etwa 2,20 m. Die Höhe des aufgefüllten bezw. angeschwemmten Bodens beträgt durchschnittlich 3 m bis 3,50 m, nur auf und hinter dem Mauritiusplatz nahezu 6 m (früher in den fünfziger Jahren sogar über 6 m); diese starke Aufhöhung erklärt sich aus der jahrhundertelangen Benutzung dieses Platzes als Begräbnisstätte; nach Abbruch der niedergebrannten Kirche wurden in den fünfziger Jahren die obersten, gute Erde enthaltenden Bodenschichten hier abgetragen.

6) Nach Spuren dieser Strasse wurde hier jetzt vergeblich gesucht; sie ist, wenn nicht schon früher, jedenfalls bei Anlage der ausgedehnten und bis nahezu auf den Kies herabreichenden Keller der jetzt abgebrochenen, in diesem Jahrhundert erbauten Häuser völlig verschwunden; ihre an anderen Punkten festgestellte Richtung ist aber durchaus gesichert, auf Baustelle a oder b hat sich früher auch ein römisches Grab gefunden. Die Frage, in welcher

Niederschlägen oder bei der Schneeschmelze durch die damals noch mit grösserem Gefälle zu Thale strömenden und an ihr sich stauenden Gewässer zerrissen oder unterspült zu werden. In welcher Weise man dieser Gefahr zu begegnen suchte, liess sich noch erkennen. Auf der Baustelle e fanden sich nämlich zwei mit sauber zugerichteten, durchschnittlich 7 bis 8 cm dicken Platten aus rotem Sandstein (Oberkante etwa 2,60 m unter jetzigem Terrain, 117,60 m über Amsterdamer Pegel) gedeckte Kanäle (e' und e), welche sich nicht weit von der Südgrenze des Grundstücks vereinigten; sie hatten eine lichte Weite von etwa 0,45 m, eine lichte Höhe von 0,50 bezw. 0,40 m. Ihre 0,30 m breiten Seitenwangen bestanden aus roh zugehauenen Bruchsteinen, die Sohle bildeten bei e' unmittelbar auf dem Kies aufliegende, den Deckplatten ganz ähnliche Sandsteinplatten, bei e' der gewachsene Kies selbst; danach dürfte e' als der Haupt-, e2 als der Nebenkanal anzusehen sein. Dicht an der südlichen Grundstücksgrenze waren die vereinigten Kanäle mit einer 0,10 m dicken, genau quadratischen Sandsteinplatte von 1,30 m Seitenlänge bedeckt; da wo sie unter der jetzigen Strasse verschwanden und weiteren Untersuchungen sich leider entzogen, mündete, soweit sich durch Sondieren ermitteln liess, ein dritter von West-Süd-West oder Südwest kommender Kanal e in sie ein; vielleicht befand sich hier auch ein den Zwecken der Kanalreinigung dienender vertiefter Einsteigschacht.')

Diese Kanäle, deren Inneres mit Schlamm, eingeflösstem gröberem und feinerem Kies, sowie zahlreichen Muscheln angefüllt war, können weder der neueren Zeit noch dem Mittelalter ihre Entstehung verdanken, da damals die Voraussetzungen für eine derartige Entwässerungsanlage, namentlich an diesem Punkte, vollständig fehlten. Auch wenn der sie bedeckende und umgebende schwarze Boden nicht ausschliesslich römische Gegenstände enthalten hätte, wäre ihr Vorhandensein nur aus den in der Römerzeit hier bestehenden Verhältnissen zu erklären: sie können allein die Bestimmung gehabt haben, die die Thalmulde herabkommenden und die römische Strasse gefährdenden Gewässer an deren westlicher Seite zu sammeln und unschädlich unter ihr hindurch- und den dem Mühlenthale zufliessenden Wasserläufen zuzuführen.") Mittelbar trug diese Anlage dazu bei, auch das östlich der Strasse in der Mulde gelegene Terrain, also namentlich die Gegend um den Mauritiusplatz, welche jetzt vor den früheren gelegentlichen Überflutungen geschützt war, in gewisser

Weise die Strasse die Terrainmulde (etwa von der Faulbrunnenstrasse bis nördlich der Mauritiusstrasse, wo sie wieder festen Lehmboden erreichte) überschritt, ob mittels Pfahlrostes oder Dammanschüttung, muss daher eine offene bleiben.

7) Die westliche Fortsetzung dieser Kanäle war auf der Baustelle d durch Kelleranlagen vollständig beseitigt; dass sie aber bestanden hat, zeigt eine Notiz, nach welcher im Jahre 1858 in der Mitte der Schwalbacherstrasse ein Kanal aufgedeckt worden ist (Ann. V 2, S. 11); zweifellos ist derselbe mit einem der jetzt gefundenen identisch.

8) Auch bei der anderen römischen Heerstrasse Wiesbadens fand sich ein ähnlicher Durchlasskanal an der jetzigen Mainzerstrasse (vergl. Reuter, Die Römer im Mattiakerland, S. 40), obwohl sich hier oberhalb derselben nur eine kleine Quelle und eine etwas sumpfige Stelle befand,

Weise zu entwässern.") Aus dem Verhältnis der Kanäle zur römischen Strasse ergiebt sich die Gleichzeitigkeit beider Anlagen mit Notwendigkeit; da der Strassenbau aus anderen, hier nicht zu erörternden Gründen unter oder wenige Jahre nach Vespasian erfolgt sein muss, verdient der Umstand vielleicht Beachtung, dass sich dicht bei den Kanälen, etwas tiefer als deren Deckplatten, ein Mittelerz von Vespasian gefunden hat (s. unten: Münzen No. 17).

In späterer Zeit, als diese römischen Anlagen ihre Bedeutung verloren hatten, ist die Umgrenzung des mittelalterlichen Wiesbaden nicht ohne Einfluss auf die Bodenverhältnisse dieses Gebietes geblieben, indem sie dasselbe in zwei getrennte Teile zerlegte1), welche seitdem unter sehr verschiedenen örtlichen Bedingungen gestanden haben. Wie sich aus dem Plane ersehen lässt, auf welchem der Zug der Stadtmauer, wo sie noch über dem Boden steht oder bis vor kurzem stand, durch eine dicke Linie, wo sie nur in den Fundamenten erhalten ist, durch zwei dünnere parallele Linien eingezeichnet ist, durchschneidet diese Mauer die Mauritiusstrasse genau auf der Grenze der Häuser No. 3 und 5, wo sie beim Neubau des ersteren im Mai 1896 abgebrochen wurde.") Durch die unmittelbar vor, d. h. westlich, der Mauer einst hinziehenden Weiher bezw. Gräben sind auf einem Streifen von höchstens zwanzig Meter Breite die älteren und tieferen Bodenschichten vollständig gestört. Das weiter westlich liegende Terrain ist, sich selbst überlassen, nach der Römerzeit wieder zu dem geworden, was es vorher gewesen war und bis in unser Jahrhundert hinein geblieben ist, zu sumpfigem Wiesen- und Gartenland; es hat nur durch natürliche Einflüsse,

9) Nach einwandfreien mündlichen Mitteilungen fand sich ein den unserigen ganz ähnlicher Kanal vor mehreren Jahren an der Stelle, wo jetzt das Maschinenhaus des Nonnenhofes (hinter Kirchgasse No. 41) steht, sowie in dem Hofraum des Accisehofes an der Neugasse; wenn diese Punkte auch nicht in genau geradliniger Verlängerung der Richtung der jetzt gefundenen Kanäle liegen, haben wir es doch ohne Zweifel mit deren Fortsetzung nach Osten zu thun. Auch auf dem Mauritiusplatze, in dessen nordwestlicher Ecke unmittelbar an der Kirchgasse, wurden im Februar 1857 unzweifelhafte Spuren eines ähnlichen Kanals entdeckt (nach handschriftlichem Bericht Rossels „eine Reihenfolge von behauenen Sandsteinen, durch Letten miteinander verbunden zog sich, anscheinend wie Deckplatten eines Kanals von der Südostecke des Mauersturzes" (einer damals aufgedeckten nicht römischen 8' dicken Mauer) „schief gegen die Strasse fort"); wenn sie nachher, weil sie im schwarzen Boden lose aneinanderlagen", als ein Gang angesehen werden, so ist diese Deutung sicher verfehlt: sie werden zwar nicht die Deck-, aber die Sohlenplatten eines Kanals gewesen sein, dessen Oberbau bei Errichtung jener dicken Mauer beseitigt worden ist. Dieser Kanal scheint direkt von der Hochstätte hergekommen, von unseren jedenfalls verschieden gewesen zu sein.

10) Auch zur Zeit, als die Befestigung des Fleckens" nur aus Wall und Graben bestand, kann die Umgrenzung nicht viel anders gelaufen sein, als nach Anlage der Mauer, die in dieser Gegend wohl im 16. Jahrhundert errichtet wurde; die zweifellos sehr alte Kirche auf dem jetzigen Mauritiusplatze war in die Umwallung sicher mit eingeschlossen.

11) Die Mauer, aus einem jedenfalls in nächster Nähe gebrochenen Material (Taunusschiefer) gebaut, besass eine ausserordentliche Festigkeit. Unmittelbar auf dem einen soliden Baugrund bietenden Kies ruhend, hat sie an dem 1,90 m hohen Sockel eine Dicke von reichlich 1,40 m, in den höheren Schichten etwa 10-15 cm weniger. Wie der Plan zeigt, verläuft sie nach Norden genau der Westgrenze der Hinterhäuser an der Hochstätte entlang; ihre Höhe betrug z. B. hinter den Häusern Hochstätte No. 10, 12, 14, wo sie gelegentlich der Neubauten freigelegt wurde, z. T. noch an 4 m über Fundament.

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denen es unterworfen war, Veränderungen, insbesondere durch Anschwemmung und Schlammablagerung eine wenn auch nicht bedeutende Niveauerhöhung erfahren. Der schwarze moorige Wiesenboden reichte daher hier, soweit nicht neuere Kelleranlagen ihn verdrängt hatten, gleichmässig von dem gewachsenen Kies an bis fast unmittelbar unter das heutige Niveau hinauf. Wegen dieser völlig gleichartigen Beschaffenheit des Bodens war daher die Grenze zwischen

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den vor und den nach der Römerzeit angeschwemmten Moorschichten meist nicht leicht und mit Sicherheit zu bestimmen, zumal auch die hier zu Tage gekommenen römischen Gegenstände in dem weichen, dauernd von Wasser durchtränkten Boden ihre Lage vielfach verändert haben mussten. Ganz anders innerhalb der Stadtmauer. Hier hat sich durch die jahrhundertelange Besiedelung1), welche öfter wiederholten Abbruch und Wiederaufbau von Häusern mit sich brachte, allmählich eine Schuttschicht gebildet, welche bei der früher üblichen leichten, der Fundamentierung nahezu entbehrenden Bauart meist hinreichte, um die tiefer gelegenen Bodenschichten vor störenden Eingriffen von oben her zu bewahren. Die wenigen Stellen, an welchen diese durch Fundamentmauern oder Kelleranlagen durchbrochen waren'), liessen die im übrigen

12) Wenn die Hochstätte jedenfalls auch nicht zu den ältesten in dem „Flecken" vorhandenen Strassen gehört (vergl. Otto, Geschichte der Stadt Wiesbaden, S. 78 u. 89), so muss sie nach den dort gefundenen mittelalterlichen Scherben doch schon im 14. oder 15. Jahrhundert bewohnt gewesen sein; von den wohl dem Ausgang des Mittelalters angehörigen rotbraunen Gefässen mit Trichterhals und Wellenfuss fanden sich mehrere fast unverletzte Exemplare.

13) Die Abbildung Fig. 1 stellt den Sachverhalt an der Südwestecke der Baustelle f dar: Rechts reicht die alte, quer durchschnittene Stadtmauer bis auf den gewachsenen Kies, auf welchem

Kies

Stadtmauer

herrschende, in ihrer Regelmässigkeit fast an geologische Lagerungen erinnernde Aufeinanderfolge und saubere Trennung der einzelnen Schichten nur mit um so höherer Deutlichkeit hervortreten. Die Abbildung Fig. 2, nach einer auf der Nordseite von Baustelle g aufgenommenen Photographie, veranschaulicht die Reihenfolge und das Aussehen der drei hauptsächlichen Schichten, wie sie sich auf fast allen Punkten innerhalb der Stadtmauer in durchaus gleicher

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Weise wiederholen: moderne Kulturschicht, römischer Bauschutt und Kulturreste, Letten- und Schlammschicht mit römischen Kulturresten; nur die Höhe der einzelnen Schichten ist an den verschiedenen Stellen eine verschiedene.

Im allgemeinen begann die römische Kulturschicht in einer Tiefe von 0,75 m bis 1 m unter dem heutigen Terrain. Die mehrfach (z. B. auf Baustelle f, g und m) angetroffenen, so, wie sie einst mit dem Dachstuhl in sich zusammengestürzt waren, lagernden dicken Schichten von Dachschiefern und Leistenziegeln, Stücke von Wandverputz und gebranntem Fachlehm, von der Wand- und Deckenverkleidung herrührende geriefelte Verblendziegel mit zum Teil noch anhaftendem feinem Kalkverputz liessen darüber keinen Zweifel, dass zahlreiche römische Häuser hier einst gestanden hatten; stellenweise fanden auch der Arbeiter steht, hinab; links, an der der Mauritiusstrasse zugewendeten Südfront des Grundstücks, zeigt sich das, namentlich im Vergleich zur Festigkeit der Stadtmauer, überaus mürbe Mauerwerk einer Fundamentmauer des jüngst abgelegten Hauses, welche bis in eine Tiefe von etwa 1,50 m unter Terrain die ältere Schicht durchbricht; der von ihr unberührte schlammige Boden, in welchem noch Teile des unten zu besprechenden Pfahlrostes erkennbar sind, sowie etwa das untere Drittel der höher liegenden römischen Kulturschicht heben sich von diesem modernen Mauerwerk deutlich ab.

Kies

Estrich Röm. Bauschutt Moderne Kulturschicht 0,80 0,15-0,20

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