Folge der bemerkten kreisförmig fortgesezten Circumvallation der von derselben umfangene Abdachungsraum als die zur Aufstellung der Vertheidigungs-Mannschaft bestimmte Wallplatte (Esplanade), diese Umwallung selbst aber als äußere Beschirmung der Esplanade sowohl, als auch der ganzen Befestigungsfronte darstelle. Vollkommene Bestätigung findet die Annahme des rómischen Ursprunges dieses Fortifikationswerkes durch die geogra= phische Lage desselben und durch das hiemit bedingte Bezugsverhältniß zu seiner nächsten Umgebung. Bekanntlich tritt die große römische Heerstraße von Juvavo nach Augusta bei Argetsried, im Rücken unsers Burgstalls, in ungefähr einer Stunde Entfernung, in das Gilchinger Thal, zieht an Gilching und Steinlach vorüber und wendet sich über die Höhen-Abhänge von Holzhausen der Amperübergangsstation bei Schöngeising (ad Ambre) zu. Zur nächsten Schirmung dieser Passage waren vier noch vóllig erhaltene Schanzen, zwei am Fuße der Holzhauser Höhe unweit Steinlach und zwei weiter oben Stunde súdostwärts von Holzhausen angebracht. Mit diesen stand die, eine halbe Stunde nordöstlich von Steinlach liegende, Hochschanze bei Alling in direkter Verbindung. Als weiterer correspondirender Punkt diente ohne Zweifel die durch seine unterirdischen Gånge merkwürdige, noch jezt die Spuren ehemaliger Befestigung tragende Höhe von Rockenstein. Da nun auf diese Weise der fragliche Theil der Hauptstraße und der nahe Flußübergang von der Seite des Gilchingerund des mit diesem zusammen hangenden Allinger - Thales hinlänglich gedeckt war, so mußte man einen höchst mangelhaften Begriff von der Kriegskunst und der Terrainkunde der Römer haben, wenn man ihnen zutrauen wollte, daß sie die östliche Seite der Parsberger Höhe, welche jeder feindlichen Bewegung gegen jene dem Parsberge westlich gegenüber liegende Befestigungslinie zum natürlichen Hinterhalte dienen konnte, unbesezt gelaßen håtten. Die Analogie der Grundsäze, nach welchen die Römer jede vortheilhafte Terrainposition, namentlich alle vorragenden Höhen von Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt benügten, erklärt sohin unsern Burgstall als nothwendige Vorhut jener westlichen Fortifis kationslinie. Die Wichtigkeit und selbstständige Bedeutsamkeit dieses Plages gibt sich aber aus den jezt noch nach mehr denn ans derthalb tausend Jahren vorhandenen Ueberresten, fund und ers hellt vollends, wenn man sich dieselbe im Stande ihrer Integris tåt denkt. Durch die natürlichen Vortheile, einer vorspringenden Anhöhe, durch zweckmäßige, eine namhafte Mannschaft fassende und sich gegenseitig unterstügende. Befestigungswerke dem direkten Angriffe tropend, beherrschte und bewachte der auf dem Haupt|_ fchanzhügel sich erhebende Wart-Thurm die umliegende Landschaft, schaute weit hinaus in die Dachauer und Münchner Plåne, vermits telte aber insbesondere die genannten westlichen und alle übrigen in der Nähe gelegenen Römerstätten, namentlich jene im Aubinger Lohe und am Würmufer. * Entsteht nun die Frage, ob und welche anderweitige Be stimmung das vorliegende römische Fortifikationswerk vielleicht in späteren Zeiten erhalten habe, so muß hier vor allem die hinsichtlich desselben in der Gegend des Parsberges herrschende Sage in nåhere Berücksichtigung gezogen, sodann einiger im Bereiche dies ses Burgstalls gemachter antiquarischer Funde erwähnt werden. Auf Umfrage, namentlich unter den ältesten Bewohnern der nächstbenachbarten Dorfschaften, erhält man im Ganzen den einstimmigen Bescheid, daß allgemein vererbter Ueberlieferung zufolge an der fraglichen Stelle ehemals ein Schloß gestanden habe, welches' aber schon vor Menschengedenken versunken sey. We'r auf den Schlosse gehauset habe, wisse Niemand; man habe den Plag von jeher nie anders als den Burgstall genannt. Von dem Schloffe aus habe ein unterirdischer Gang, nach Andern ein ges mauerter Weg nach Unterpfaffenhofen geführt, von welchem die an diesem Wege liegenden Grundstücke heut zu Tage noch den Namen Burgweg - Aecker trügen. In der am Fuße des Burg=" stalls entspringenden Quelle habe man von Zeit zu Zeit schwarze Pfenninge" gefunden, wie denn überhaupt im Innern des Burgstalls Geld und Schäze verborgen liegen sollen. Hieran knüpfen sich dann mehrere Schapgråber- und Teufelsbeschwörungshistörchen, denen es an schrecklichem unterirdischen Gepolter, an glühenden Hunden, an tragischen Kohlenmetamorphosen glänzender Haufen Goldes u. dgl. nicht gebricht. Rücksichtlich der Bes wohner des angeblichen Schlosses weiß ein einzelnes Individuum sogar zu erzählen, daß zulezt, ehe das Schloß versunken sey, drei Frauen auf demselben geherrscht haben sollen. Von dem früheren Besißer der Mühle zu Buchheim föll endlich die Sage ausgegangen seyn, daß diese Mühle und ein zwischen Buchheim und Holzkirchen gelegener, jest ausgetrockneter Weiher den cher maligen Herren des Burgstalls gehört hätten. 1 Was nun zunächst die mährchenhafte Zerstörungsweise des auf dieser Stelle, angeblich gestandenen Schlosses, die des Ver. sinkens nemlich betrifft, so ist dieser, an mehrere anerkannt römische castra (Lagerschanzen) gemeinsam sich knüpfende Wahn, welcher bei dem gemeinen Volke wahrscheinlich durch die Bauart solcher Schanzen und zwar zunächst durch den Anblick ihrer in Folge der vierfeitigen Abdachung nach innen eing gesunken scheinenden, von vorhandenen Mauern keine Spur, tras genden Bodenfläche veranlaßt wurde, jedenfalls ein Beweis, daß es an traditionellen Nachrichten über die wirkliche Existenz eines Schlosses an dieser Stelle eben so gänzlich fehle, wie an urkundlichen und geschichtlichen. Es gestatten es aber die Grunds fäße des deutschen Burgenbaues *), zusammengehalten mit dem oben angegebenen Lokalbefunde unsers Burgstalls, schon an und für sich nicht, im Ernste den Glauben zu begen, daß hier ie ein bewohntes Schloß in unserm Sinne des Wortes gestanden habe, indem gar nicht abzusehen ist, wie ein solches, alle seine nöthigen Bestandtheile in die Befriedung der rómischen Wallgråben einschließend und das rückwärts liegende quadratförmige Castrum in völlig unversehrtem Stande laßend auf dem verhältnißmäßig sehr kleinen Raume des höheren, aus bloßer Lehmerde kegelförmig aufgethürmten Schanzhügels Play gefunden habe. Denkt man indessen an die älteste und einfachste Form der Burgen, die bekanntlich nur einen Thurm und eine Umfassungsmauer in sich begriffen, so läßt sich die Möglichkeit nicht in Abrede stellen, daß hier eine derlei vielleicht aus dem Material der ehemaligen Römerwarte hervorgegangene Burg ges 14) H. Leo, über Burgenbau und Burgeneinrichtung in Deutschland (in F. v. Nau-mer's hift. Taschenbuch. Jahrg. VIII. Epz. 1837. S. 165–245. Jos. Heller, über die Baus art der altdeutschen Ritterburgen. Bamb. u. Üschaff. 1829, 8. Jos. Scheiger, über' Burgen und Schlösser im Lande Desterreich unter der End. Versuch einer gedrängten Darstellung ihrer Schicsale, Bauart 3c. Wien, 1837, 12. standen haben könne. 15) Hiernach hat man denn auch den übris gen Inhalt der Volkssage, soweit es sich um das Vorhandenges wesen seyn eines Schloffes als synonym mit Burg handelt, zu beurtheilen, d. h. dahin gestellt seyn zu laßen 16). Daß aber der höhere Schanzbügel in späteren Jahrhunderten wirklich, wenn auch etwa nur zu vorübergehenden Zwecken befeßt, und wahrscheinlich auch mit einem kleinen Gebäude versehen gewesen seyn müße, darauf deutet sowohl das Auffinden von Schwarzpfenningen in der am Fuße der Anhöhe hervorkommenden Quelle 17), als insbes 15) Darauf würde auch die Bezeichnung,,Burgstall" binweisen, wenn der von eiz nigen Schriftstellern hiemit verbundene Begriff weniger schwankend und von allgemeinet Unwendung wäre. Das Wort Burgstall (åltere Sprache: das burcftal) bezeichnet nemlich 1) die Stelle, auf welcher ehemals eine Burg gestanden hat (Ådelung, gramm. krit. Wtb. u. d. B. Schmeller, bayer. Mtb. I. 197. Biemann, Mittels hochd. Mtb, I. 49,); 2) die Stelle, auf welcher eine Burg noch wirklich steht (Schmeller, a. a. D. Ill. 626. Muffat, Beschreib. und Gesch. des Schlosses Hohens schwangau. S. 6.), 3) eine verfallene, in Ruinen liegende Burg (Schilter, thes. ant, teut. 111. 150. Wachter, glossar. 1. 232. Scherz, glossar. 1. 202, resp. Goldast, rer, alem. script. P. 1. p. 110. (ed. Senkenb. p. 112); 4) eine noch bestehende und bewohnte Burg kleineren Umfangs. Westenrieder, glossar, s. h. v. Abelung, a. a. D. Arnoldi, in Ersch und Gruber'ß allgem. Encyclop. XIV. 86. Krieg von Hochfelden, Gesch. der Grafen von Eberstein Carlör. 1836. S. 2. & eo, a. a. D. S. 170 u. S. 212. Lehterer hålt diese Bedeutung, obgleich fie, wie er selbst eingesteht, nur lokal gang und gåbe ist, für so prågnant, daß er bei Ausscheidung der deutschen Burgen in zwei Hauptclassen den Burgen umfassenderer Anlage oder Hofburgen die Burgftå 11e, als enger zusammengedrångte, bloß auf Vertheidigung eingerichtete und daher in der Regel bloß qus Thurm und Umfassungsmauer bestehende Burgen gegenüberstellt. Neben den vorstehend erwähnten speziellen Bedeutungen des Wortes Burgstall darf jedoch jene nicht übersehen werden, in welcher dafselbe im gewöhnlichen Leben und namentlich vom Landvolke gebraucht wird. Der gemeine Mann versteht neme lich unter Burgft all überhaupt solche Stellen, welche die Spuren ehemaliger Befesti= gung an fich tragen, auf welchen sohin ehemals, gleichviel in welcher Zeit, nach gewöhnlichen Begriffen ein Schloß, d. h. ein befestigtes Gebäude gestanden hat odér gestanden haben könnte. So kam es, daß eine große Anzahl der einfachsten römischen Schanzen mit der Benennung „Burgftall" belegt wurden. Der fel. Schlett hat bereits hierauf aufmersam gemacht (über Nömerstraßen S. 49), war aber mit andern achtungswürdigen Alterthumsforschern der irrigen Meinung, daß die Benennung „Burgstal“. nur mittelalterliche Burgstätten bezeichne, daher auch nur solchen zukommen dürfe und auf römische Befestigungs-Ueberreste nicht anwendbar sey. Eine unverwerfliche' Gewährschaft für vorerwähnte allgemeinste Bedeutung des Wortes Burgstall liefert aber Aventin, indem er daffelbe in feiner kleinen bayerischen Chronik o. D. und J. 4. (auch abgedruckt in Finauer's Bibl, bav. Bd. 11. St. 1.) ausschließlich nur für Römers stått en gebraucht. 16) Was insbesondere die Angabe der Pertinenzeigenschaft der Buchheimer Mühle und bel anderer Gelegenheit des erwähnten Weihers betrifft so scheint dieselte auf einer, näher zu besprechenden, Verwechslung zu beruhen. 17) Ein Exemplar eines solchen, v. J. 1625, wurde mir von Herrn Pfarrer Mittermaier zu Buchheim gefälligst abgetreten. 1 " sondere der Umstand, daß beim Wegführen der Lehmerde aus dem durch den Zusammensturz von oben zum Theil angefüllten nordöstlichen Walgraven unter häufig zum Vorschein kommenden ganz kleinen Kohlenstücken mehrere dem späteren Mittelalter angehörende Gegenstände, als: große eigenthümlich gewölbté Da chziegel (f. g. Hacken) und einzelne Backsteine, ein auffallend kleines Hufeisen, ein Sporn und Eisenwerk von Pferdgeschirren, bei einer ähnlichen Gelegenheit aber auch zwei neben einander gelegene eiserne Aerte aufgefunden wurden, welche leptere nach ihrer Orydation und Form ein höheres Alter in Anspruch nehmen. Dieselben kommen nemlich ihrer Gestalt nach beinahe ganz mit jenen überein, welche von competenten Alterthumss forschern für altdeutsche Streitárte anerkannt werden, und wovon z. B. ein höchst interessantes, im Antiquarium zu Augsburg aufbewahrtes Exemplar, welches im J. 1816 zu Krumbach, Landgerichts Ursberg, umgeben von 20 römischen Aschenkrügen ausgegraben worden und in v. Raiser's Lauingen tab. II. abgebildet ist. 18) Die sämmtlichen hier genannten Fundgegenstände brachte ich käuflich in meinen Besiz und bin erbötig, sie der Anticagliensammlung des historischen Vereines als Geschenk abzutreten, sowie auch drei auf den Feldern um den Parsberg gefundene römische Kupfermünzen, 19) deren Auffindung das Daseyn der Römer in dieser Gegend beurkunden würden, wenn dasselbe noch eines Beweises bedürfte. Schließlich ist noch die in der oben mitgetheilten Burgstallssage enthaltene Notiz von dem unterirdischen oder gez 18) Aehnliche Aexte wurden auf dem Berge Cunroda bei Ziegenrück an der Saale aufge= funden (f. Variscia, Lief. IV. Abbild. 2.3). Von dem Krumbacher Exemplare unterschie= den sich die zwei vorliegenden dadurch, daß sie etwas länger und dünner, und zunächst am Stiele schmåler find, und daß die Stielöffnung kein Quadrat, sondern ein Oblong bildet, welches Zeichen eines geringeren Alters zu sein scheinen. 19) Die eine dieser Münzen wurde mir von Htn. Pfarrer u. Decan v. Heußler ju Unterpfaffenhofen, die beiden andern v. Hrn. Cooperator K och dortselbst gütigst überlaßen. Erkere ist ein Aurelian mit der Reverse concordia militum, die zweite ein Claudius gothicus mit der Rev. consecratio und die dritte eine Constantinopolis mit dem gehelmten Haupte auf der Avers - und der Victoria auf der Reversseite. Alle drei Münzen find dritter Größe und gehören sämmtlich zu denjenigen, welche häufig in Südbayern · vorkommen, wie sie sich denn auch in Hrn. Ferchl's Beschreibung von 600 in Bayernaufgefundenen römischen Münzen S. 14. Sp. 2. 11, b. Sp. I. III. a. und S. 19, Sp. 1. aufgeführt und beschrieben finden. |