für vaterländische Geschichte, herausgegeben von dem historischen Vereine von und für Oberbayern. Erster Ban d. 2. Heft. Mit drei lithographirten Tafeln. München 1839. Druck und Verlag von Georg Franz. 骨 VIII. Die Glocke zu Gilching. Von dem f. Bibliotheksekretäre Föringer. (Gelefen in der Plenarversammlung des hist. Vereins für Oberbayern am 15. Oktober 1838.) ** Die Kirche des Pfarrdorfes Gilching im k. Ldg. Starnberg bewahrt eine Glocke, welche zu den ältesten und interessanteren in Oberbayern vorhandenen Denkmälern dieser Art gehören dürfte. Sie mißt in ihrer Höhe c. 1 7, und im Durchmesser ihrer untern Weite 1'5". Ihr Metall ist von weißlich grüner Farbe. Der Dauerhaftigkeit desselben mag sie es danken, daß sie neben zwei jüngeren viel stattlicheren Schwestern ihr Dasein und ihre Integritåt. bis auf unsere Tage gerettet hat. Nach einer mehrhundertjährigen Aktivität erfreut sich nunmehr ihre hellklingende Stimme einer anständigen und wohlverdienten Ruhe. Die Feierabende anzukünden, Kinderleichen zu Grabe zu geleiten, an die Lodesstunde (,,Schiedung“) Christi zu erinnern, und am Frohnleichnamsfeste stimmen zu der Andacht Chor" ist allein noch ihr friedliches und ehrwürdiges Geschaft. Unverbürgter Sage zufolge soll sie auf dem Gründelberge unweit Gilching, wo ehemals ein Schloß gestanden haben soll, ausgegraben worden sein. Einen sichern und urschriftlichen Ausweis über ihre Entstehung trågt sie aber selber an sich, ihre Legende. Diese besteht aus drei von unten nach oben zu lesenden Zeilen in c. " hohen Majuskeln, welche nur sehr schwach aus der Oberfläche hervortreten, und gegenwärtig an einigen Stellen fast ganz abgeglåttet sind. 1 Die erste oder unterste Zeile, den unteren Saum der Glocke füllend, enthält in rückwärts gerichteter (von der rechten zur linken schreitender) Schrift (1) die Namen der vier Evangelisten: S LVCASS MACVS (3)† S MATHEVS + SÈS IOHANNES + Die mittlere Zeile lautet in rechtstehender Schrift: SM + ARNOLDVS + SACERDOS () + DE GILTEKIN + Die oberste auf der entgegengeseßten Seite und in der Mitte der Glocke stehende Beile, endlich, wieder in rückwärts zu lesender Schrift, leidet in ihrem Schlußworte nicht nur an Undeutlichkeit, sondern auch an einer offenbaren Corruption, und heißt nachges bildet (4) so: JIFFISEEM Ein rühmlich bekannter auch um die Alterthumskunde Oberbayerns vielfach verdienter Forscher, Herr Ludwig Zenker, welcher bereits die vorliegende Inschrift in der Zeitschrift „das Inland" (Jahrg. 1831. E. 614.) erörterte, äußert sich über diese Stelle so: ,,Das dritte Wort der obersten Zeile soll fundavit heißen. Der Priester machte eine Stiftung (ein Vermächtniß) zum Guß dieser 1) Bekanntlich find theils absichtlich theils in Folge technischer Unkunde links gre kehrte Schriftzüge in Legenden mittelalterlicher Glocken eine häufige Erscheinung. Vgl. Kruse, deutsche Alterthümer Th. I. H. 2. S. 57. H.3. S. 20. Neue Mittheilungen des thuring, sächsischen Vereines 2c. hg, v. Förstemann Bd., II. S. 595. 2) Ein durch bas C in Marcus gezogenes Strichchen deutet das fehlende R an, sowie ein ähnliches bei dem vor den ersten drei Namen stehenden Buchstaben S die Abkürzung von Sanctus, 3) Das Schluß S in Sacerdos steht verkehrt. 4) Ich gebe obige Copie, wie ich sie vor einigen Jahren aus freier Hand genommen. Bei der in den Jahren 1836 — 1838 vorgenommenen Erweiterung der Kirche wurde auch der Thurm erhöht, und der Glockenstuhl neu gebaut, hiebei aber unsere Glocke höher ge= hangen und so zwischen das Gebälke eingeengt, daß jest die Lesung der Inschrift mit weit mehr Schwierigkeit verbunden ist, als früherhin. Bas übrigens die Gilchinger Kirche durch das Unzugänglicherwerden des schägbarsten ihrer alterthümlichen Denkmale verlor, gewann fie in Folge derselben Veranlassung dadurch, daß bei Wegnahme des vorigen. Kirchenpflasters vier unter demselben verborgen gelegene (jegt in der Hinterwand des neu erbauten Kirchenschiffes eingemauerte) alte Grabsteine dortiger Ortöpforrer aufges funden wurden, wovon ein andermal, Glocke;fundare hat hier die Bedeutung von ordinare. Die Buchskaben find,” wie man sieht, neckischer Weise versezt, unter einander gemengt, das N und D' find zusammengefügt, und dem umges stürzten A zwei V, ein großes und ein kleines, angehångt; um sie in...: die gehörige „Ordnung zu stellen, beziffern wir sie folgendermoffen wat ...] 1904, X 90 ESTLAN 87 3 4 5 6 21 TINDAVvF Ich will indeß noch nicht behaupten, daß meine Lesart, wenn gleich die füglichste und dem Sinn angemessenste, auch die einzig richtige fet, du vil jazd in 757 Diefer Lesart des Herrn Zenker kann ich nicht beipflichten. Das Verbum fundare in der angegebenen Bedeutung mit dem Infinitiv des Passivs zu' construiren, möchte schon von Seite der Sprache als unstatthaft erscheinen. Allein nach meiner Uebergeugung heißt das fragliche Wort nicht fundavit, sondern fecit Arnoldus sacerdos de Giltekin me fundi fecit -) und was Hr. Benker für eine neckische Versetzung und Vermengung der Buchstaben hält, ist nach meinem Dafürhalten eine vom Glockens gießer beim Formbildungsgeschäfte nachträglich vorgenommene Correctur des zweiten und dritten Buchstabens dieses Wortes. Statt des E stand nämlich ursprünglich ein V, und statt des C ein N. Höchst'wahrscheinlich hatte nämlich der Formbildner aus Versehen, das zunächst vorhergehende Wort FVNDI' noch einmal zu seßen angefangen, ward aber dieses Fehlers nach dem dritten Buchstaben gewahr, und berichtigte denselben in der Art, daß er kurzweg über dem ursprünglichen V ein E, und über dem ursprünglichen N ein C in die Form eingrub. Durch diese Vermengung geschah es denn, daß allerdings (vel quasi) die Buchstaben zu Lage kamen, welche in dem Worte fundavit enthalten sind. Durch die in das ursprüngliche. V hineinragende Mittelzunge des E wurde nämlich ersteres zum umgestürzten A; der hinter die senkrechte Hauptlinie des E hinausreichende linke Schenkel des V bildet neben jenem selbst auch noch ein kleines v, sowie sich das über dem N anges brachte C mit einem der senkrechten Schenkel des N zu einem' (rechtstehenden) D gestaltet. Was nun das Alter dieser Glocke betrifft, aus dem Charakter der Schriftzüge, und aus so zieht Hr. Zenker deren Aehnlichkeit |