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Beide hier erscheinenden Zeitangaben beweisen, daß Konrad der Philosoph im dreizehnten Jahrhundert, da es noch nicht sehr weit vorgerückt war, geblüht, und fein Chronicon verfaßt habe, also nur um 150 Jahre später, als die innere Zelle hergestellt worden. Er schöpftz die Nachrichten aus den Urkunden und Ueberlieferungen der Abtei, die ihren Ursprung in genannter Zelle genommen, von da ihren zweiten Standort in der Au am Fischbach (Fischbachau), den dritten auf St. Petersberg bei Eisenhofen an der Glon, den leßten aber auf der Burg Scheyern erhalten hat.— Konrad ist demnach, zugleich als Mitgenoß dieses religiösen Ins stitutes, ein unmittelbar von der Sache unterrichteter, und sehr alter, folglich ganz unverwerflicher Gewährsmann,

Dieses vorausgeseßt, kommt über die Theile seiner Erzählung zu bemerken, was folgt:

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3u 1. Graf Herman von Chastelin, nåmlich von Castel (nach der gemeinen Aussprache Cast 1), einer alten Burg zwischen den Städten Amberg und Neumarkt, ist auch von dem gründlichen Verfasser des bayerischen Stammenbuchs (2) Wiguleus Hund mit seiner Gemahlin Haziga und der Jahrzahl 1030 aufgeführt. Als weit entfernter Nordgauer hatte er die Gegend, wovon eben die Rede war, und andere umliegende Güter wohl nicht als angeerbt schon beseffen, oder rechtliche Ansprüche darauf zu machen, sondern diese standen seiner Gemahlin zu, die in genanntem Landestheile und im nahen Tirol verschiedene Besizungen hatte, über welche sie als freie Eigenthümerin nachmals im Wittwenstande disponirt hat.-Willingan ist das große 40 Häuser zählende Kirchdorf Willing bei Aibling, sieben Stunden von dem Walde entfernt, der in Besitz genommen worden. Sein Name ist ohne Zweifel vom lateinischen Villa, welches dieser Ort auch gewesen, mit Zusaß der deutschen Endung ingan entsprungen. Chitinrein (Chitenrain) ist sicher der Kienberg, westlich emporsteigend, und Chivirins Ursprinch die Quelle des Kiferbaches, heut zu Tage noch die Ursprung (auf oder in der Ursprüng) genannt, bildete das östliche Ende des Waldbezirkes. Dieser Kieferbach, (von Eifern, nagen; Kiferbach, ein an lockern Ufern nagendes

2) Theil I. Seite 183,

Wasser) ist um so bekannter, als er bei Kifersfelden aus dem Gebirge tritt, die von München nach Kufstein gebahnte Straße durchschneidet, und zur Linken derselben vom Innstromm verschlungen wird.

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Zu 2. Der hier genannte Diezzentenback ist der Diesbach, welcher in den Kiferbach fällt, wie die Karte zeigt. Bes sonders merkwürdig aber muß für uns die Förmlichkeit seyn, welche bei der Besignahme dieser Freiwaldung nach der Sitte das‚ maliger Zeit (ut mos erat et est) beobachtet worden. Der Chronograph giebt hierüber die folgende bestimmte Nachricht.

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„Nobilis quidam Comes de Chastelin Hermannus nomine, liberam silvam in loco qui dicitur Helingerswenga, modo autem interior Cella nuncupatur, sibi sueque uxori comitisse felicis memorie Hazige absque omni contradictione apprehendit: Sicut mos erat et est communem silvam de legitimis curtiferis apprehendere: et in potestatem sui juris tam populari more, arborum scilicet incisione, ignium ustione, domorumque edificatione, quam trium dierum in eodem loco, quod hereditario jure hereditatem retinere mos est, sessione, a monte qui dicitur Chitinrein usque ad locum qui dicitur Chivirinis Ursprinch vendicavit."

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Hier werden zwei verschiedene Formen rechtlicher Besizergreifung aufgeführt, nach gemeiner Art (populari more), und wenn sie von Erbschaftswegen geschah. Denn erstere bestand im Anschlagen der Bäume, in Bereitung und Unterhaltung einiger Feuer, dann im Häuserbau. — Die andere Form der Besignahme, welche sich auf die Erbschaftsrechte der Gräfin bezog, ward einges halten, indem der Graf mit seinen Leuten drei Tage hindurch im Walde. verharrte. Uebrigens spricht wohl die Stelle: Sicut mos. erat communem silvam de legitimis curtiferis apprehendere die Absicht und Bedingung aus, die bisherige Freiwaldung sollte von nun an ein Gemeingut für rechtlich Angesessene, nicht für andere Leute seyn.

Zu 3. Die hier genannten edeln Männer, Otto und Adalbrecht scheinen jene Mönche an sich gezogen zu haben, welche nach alter Sage vorerst bei Ellbach, ehe sie nach der Zelle gewandert sind, wohnten, und eine Capelle daselbst als ihr Bethhaus gebrauchten. Vielleicht hatten die genannten Edelmanner dort ein

eigenthümliches Gut, und dieses ihren künftigen Mitbrüdern einstweilen überlassen.

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Zu 4. Nach dem bestimmten Zeugnisse des Chronisten Konrad stammte Haziga aus dem berühmten Geschlechte der Fürsten von Scheyern, (,,nobili et antiquo genere principum de castro Schyren orta") ward vorerst mit dem genannten Grafen Herrmann von Kastel, nach dessen Hingang aber mit einem Otto Grafen von Scheyern (cuidam Comiti Ottoni de Schyren tradita) vermählt, dem sie drei Söhne Otto, Bernard und Eckard gebohren hat," wovon jedoch dieser Eckard seinen Brüdern Bernard und Otto als Erstgeborner voran gegangen. Jener zweite Ge= mahl der Haziga war nicht Otto der Erste (der schon um das Jahr 1020 1023 in einer bischöflichen Tauschverhandlung als bereits verstorben, ,,Otto Comes bonae memoriae" - ange= geben worden), sondern der zweite dieses Namens unter den Grafen von Scheyern; worüber der gelehrte P. Hermann Scholliner in seiner genealogischen Abhandlung: „Vollständige Reihe der Voråltern Otto des Großen ersten Herzoges in Bayern aus dem pfalzgráflichen Hause Scheyern Wittelsbach“ (3), die Bez weise zusammen gestellt hat, mit der Bemerkung, daß nur so jede Bedenklichkeit in Hinsicht auf ein wegen zu naher Verwandtschaft denkbares Ehehinderniß beseitiget war.

Der Chronist Conrad meldet ferner, daß jener, die Kirche in der Zelle weihende Bischof von Pola, Ellenhard, und sein Brus der Sieghard Patriarch zu Aquileia Söhne einer Schwester von Haziga's Mutter gewesen sind (filii materterae ipsius Hazigae fuerunt). Der umsichtige Geschichtsforscher Scholliner entdeckte weiter (“) daß die Mutter des Patriarchen den Namen Pilihild-a geführt, und Siegfried, einen Grafen von Playn- zum Gemahl gehabt habe; ihr Geschlecht aber war in den Urkunden nicht an: gezeigt; so konnte er denn auch die Frage nicht lösen, wie und von welchen Voreltern der Scheyerischen Grafen, von männlicher oder weiblicher Seite, die Abstammung der Gräfin Haziga: herzuleiten sey.

3) Sie findet sich im dritten Bande der neuen historischen Abhandlungen der bayers ischen Akademie der Wissenschaften, München 1791.

4) Loc. cit. §. 46.

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zu 5. Otto II. starb im Jahre 1064 (5). Seine Wittwe, die eben genannte Gráfin, hielt (wahrscheinlich von dieser Zeit an) ihren Hof zu Viengenau, wie der fleißige Hund im Stammen buche aus einem alten Scheyerischen Stiftsbuche angezeigt hat (Th. Ir. S. 223.,,Bientzenova Arx, seu Curia Hazigae com, palatinae"). Pienzenau, der alte Stammsiz eines lange erhaltenen Geschlechtes dieses Namens, besteht aus zwei vor dem Gebirge unweit von Miesbach fituirten Dorfschaften Groß- und Klein Pienzenau, wovon das Leptere eine Filialkirche enthält. In einem dieser beiden Dörfer konnte die Gräfin wohl einen ansehn lichen Si inne haben, unbekannt bleibt aber, in welchem. Auch ist nicht zu bestimmen, ob die jenseits des Feldes gegen Westen liegenden Rudera auf eine ehemalige Burg der edlen Pienzenauer, oder jener gräflichen Wittwe zurückdeuten. Die Lage beider Ortschaften auf der Höhe des rechten Ufers der Mangfall gewährte jeder, hier oder dort stehenden Burg einen weiten, zwar grotesken, doch im Ganzen sehr interessanten Prospekt, und sehr begreiflich ist der oftmalige Besuch der innern Zelle von dieser Wohnstätte aus, die nun jenem Reviere ungleich näher, als die Burg Scheyern, oder Keltege (Kellheim) gerückt war.

Nicht weniger erklärbar ist die gerühmte Vergabung eines Hofes zu Hegling (bei Aibling), eines Zehends zu Willing nebst einigen zu dieser Villa gehörigen Allodien, eines Hofes zu Amendorf, des Landguts im Zillerthal, eines Kleinguts zu Trunni's (im Traungau), eines Weinberges bei Bozen, eines Hofes und Kleinguts bei Gräfing (dem bekannten Markte bei Ebersberg); indem die Gräfin vermöge ihrer Abstammung aus einem reich begúterten Hause wohl im Stande war, durch solche Schankungen um die Regularkirche sich verdient zu machen. Die Güter, womit sie disponirte, lagen alle im damaligen Bayern in und außer dem Gebirge; und bekannt ist, daß Berchtold 1. (ihr währscheinlicher Urgroßvater) noch in Lebzeiten seines Bruders, Herzogs Arnulf I. in einem Theile von Bayern, der sich gegen. Mittag und in die Gebirge erstreckte, als Markgraf an der Etsch

5) Loc. cit. §. 43. a. Nach Angabe Conrads von Scheyern'hatte er die berufene Wallfahrtsreise nach Palástina mit den Bischöfen von Bamberg, Regensburg, und andern nebst seinem Sohne Eckard I. angetreten, kam aber nicht wieder zurück.

und Graf im Vinstgau mit dem Titel eines Herzogs waltete, ohne Zweifel also in diesen Gebirgen und in der Nähe derselben eigen: thümliche Güter besigen, und in der Folge als Herzog vom ganzen Bayern weiters erwerben konnte, welche durch seinen Schn, Heinrich den Jüngern, genannt Hezilo, an dessen Nachkommen gediehen sind.

Zu 6. Hirsau, ein Wirtembergisches ehemaliges Kloster im Schwarzwalde an der Nagold zwischen Kalw und Liebenzell entlegen, im Jahre 830 von einem Grafen Erlafried von Kalw und seinem Sohne Norbert gestiftet, zählte einstens 300 Benediktiner-Mönche, deren Abt Wilhelm Zucht und Ordnung so einzuhalten verstand, daß er allenthalben gerühmt ward, also auch vor Andern das Vertrauen der Gräfin Haziga bei Einführung der Benediktenregel in der Zelle gewinnen mußte.

Zu 7 und 8. Das Thal, worin die Zelle liegt und beinahe den Hintergrund bildet, zieht mit der Leizach von Süden nach Norden herab, wird also wie alle Thaler von solcher Richtung durch die Sonne nur im Vorübergehen beleuchtet, folglich sehr wenig erwärmt. Dieses Leztere geschah in jener frühen Zeit um so unwirksamer, als die beiderseitigen Gebirgshången noch allent halben von Wäldern starrten, welche die Luft noch mehr verkälten mußten, wozu auch der noch ungebaute Boden das Seinige, beis trug.

Der Wunsch der Versetzung des Klosters an einen freunds lichern Platz erschien demnach als erfüllungswürdig, und diese fand um so leichter statt, als die Hochkirche Freising am Gebirge zur Verwechslung dienliche Güter (wie das Prádium am Fischbach) besaß, und auf mehrere andere Ansprüche zu machen hatte, was die Geschichte der Gegenden von Fischbachau, Ellbach, Schliersee, Miesbach und Pienzenau beweisen wird.

Schlussbemerkungen.

Die edel gesinnte Gráfin, welche in vorstehender Geschichte so wohlthätig handelnd auftrat, lebte noch im Jahre 1103, wo sie vom Papste Páskal in einer. Bulle als ebend aufgeführt work. In einer andern des folgenden Jahres aber bringt sie eben dieser Papst als bereits verstorben (bonae memoriae) () in Er6) Chronicon Schyr. pag. 61, et 65.

den.

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