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Wortumfang und Wortform.

Von

J. Wackernagel.

Vorgelegt in der Sitzung vom 19. Mai 1906.

1.

Längst festgestellt ist der Gebrauch des Altarmenischen das Augment nur dann zu setzen, wenn die betr. Präteritalform ohne das Augment einsilbig wäre; also z. B. eber er trug" elikh, er verließ" etu er gab". Man pflegt diese Bedingtheit des Augments durch den Wortumfang als etwas spezifisch Armenisches zu betrachten; tatsächlich ist sie fast in allen indogermanischen Sprachen zu treffen, die vom Augment noch etwas wissen. Belehrend ist zunächst das Germanische, wenn anders die Zurückführung gewisser ihm angehöriger Präteritalformen auf indogermanische Präterita zu Recht besteht; einerseits got. iddja „er gieng" aus ig. e-yet, anderseits die dezidiert unaugmentierten ahd. tèta aus ig. dhidhet, scrirun aus -snt. Vor allem gilt es aber diejenigen indogermanischen Sprachtypen näher zu untersuchen, in denen das Augment fakultativ ist: zunächst das homerische Griechisch und die vedische Sprache; dann das Mittelindische 1).

Daß Homer von der Freiheit das Augment wegzulassen im Ganzen keinen Gebrauch macht im gnomischen Aorist, hat Platt

1) Keine Spur von Rücksicht auf den Umfang der Verbalform zeigt der iranische Gebrauch und Nichtgebrauch des Augments: von den Mundarten, in denen es vermöge Bewahrung des alten Präteritaltypus überhaupt vorkommen kann, führen es Altpersisch und Yaghnōbi (Geiger Iran. Grundr. II 340 f.) strikt durch; umgekehrt hat das Avestische zwar fakultativen Gebrauch, aber der vorherrschenden Neigung zur Abwerfung sind auch die Einsilbler zum Opfer gefallen, und Formen wie cois „du hast versprochen" cõist „er hat versprochen" ganz gewohnlich.

Journal of Philol. 19, 217 ff. festgestellt (vgl. meine Studien zum griech. Perfektum, Göttingen 1904, S. 8 A.). Man scheint bisher nicht darauf geachtet zu haben, daß neben diesem semasiologischen Moment auch Rücksicht auf den Wortumfang beschränkend wirkte. Nie augmentlos erscheinen bei Homer in der Regel solche Präterita, bei denen ohne Augment ein kurzvokalisches Monosyllabum entstände. Daher neben size zwar exɛ, aber neben oxe (ohne die Komposita zehnmal) oxes (1 mal) čoyov (3 mal) kein *oyé, *oxés, *6xóv. Ebenso zwar néhɛ(v) (11 mal) aber nur enλɛ M 44, was indeß durch die konstante Anwendung des Augments im Medium ἔπλετο (40 mal) ἔπλεο ἔπλευ (6 mal) neben πέλοντο (4 mal) etwas an Beweiskraft verliert. Ebenso extα (7 mal) und exτav III pl. (2 mal). Abweichend nur die gleich näher zu besprechenden øráv und øáv, deren Auftreten durch die zugehörigen langvokalischen Singularformen bedingt ist. Oder man wird vielleicht besser sagen, daß absolute Abneigung gegen Einsilbigkeit nur bei kurzvokalischem Auslaute bestand und ἔσχον, ἔκταν von ἔσχε, ἔκτα (wie auch ἔπλετο von exλɛ) nachgezogen wurden. Wie fest in den betr. Formen das Augment saß, zeigen die mit ihnen gebildeten Komposita. Sie haben das Augment ausnahmslos. Wol könnte man z. B. xαtéxtav als jüngere Schreibung eines echthomerischen *xatάxtav fassen; aber bei dem dreimaligen vлɛéoye ist dieser Ausweg abgeschnitten. Danach darf man aus dem ausschließlich üblichen xéónov ÉnɛonEV auch auf ausschließliches *ἔσπον *ἔσπεν (nicht *σπόν *σπέν!) schließen; vgl. unten S. 150 über Exλo. Und umgekehrt erklärt sich das augmentlose Präteritum viones έvionɛ daraus, daß das zugehörige Simplex längst verschollen war.

Einsilbige Präterita mit langem Vokal wurden nicht gescheut; daher ist bei solchen das Augment sehr oft weggelassen. Immerhin stellt sich bei näherem Zusehen heraus, daß der Gebrauch der augmentlosen Form doch nicht ganz frei war. Erstens ist eine ganze Anzahl auch dieser Präteritalformen nur augmentiert belegt. So kommt nur yvov vor (4 mal), kein *yvæv, ebenso nur Eyvos (4 mal), ἔδυν (2 mal), ἔσβη (2 mal), ἔστης (ν 179), ἔτλην (5 mal), ἔτλης (8 mal), ἔτλαν (φ 608), ἔφθης (λ 58), ἔφυν (2 mal). Zweitens scheint mir sehr bemerkenswert die fast völlige Beschränkung der augmentlosen Formen auf den Satz- oder Versanfang. Bei ory or oráv gilt diese Beschränkung absolut. στην beginnt an seiner einzigen Belegstelle 1744 den Vers (allerdings nicht den Satz), or steht 76 mal am Versanfang und zugleich hinter Interpunktion, H 225 und 458 zwar am Versanfang, aber so daß noch ein Satzstück vorausgeht. Endlich oráv steht viermal am Versanfang

hinter Interpunktion; 4 216 (ἀρτύνθη δὲ μάχη, στὴν δ ̓ ἀντίοι) hinter Interpunktion, aber nicht am Versanfang.

Nicht ganz so fest ist der Gebrauch bei den andern hier in Betracht kommenden Verben; doch nicht so, daß er das an oτnv gewonnene Gesetz umstieße: do steht am Versanfang hinter Interpunktion 416, am Versanfang ohne Interpunktion 118, bloß hinter Interpunktion P 218, aber 85 Bélos d'els éynépaλov dv. Tin beginnt dreimal den Vers nach Interpunktion, aber 78 heißt es ἔνθ ̓ οὔτ ̓ Ἰδομενεύς τλῆ μίμνειν. — φθῆ steht ganz streng 1 451, ebenso φθάν 4 51, aber χ 91 ἀλλ' ἄρα μιν φθῆ τηλέμαχος. φῆν φῆς [nicht φῇς: z. Β. η 239] φῆ sind ganz streng blog am Versanfang nach Interpunktion gesetzt (2 mal, 1 mal, 10 mal). Ebenso páv in der Ilias Z 108. Aber in der Odyssee treffen wir nicht bloß legitimes páv im Versinnern nach Interpunktion 6 342 (φὰν γάρ μιν ἀληθέα μυθήσασθαι), sondern β 357. η 343 ὡς φάν. Endlich bei ẞ vai folgen der Regel die seltnern Formen ßñv: viermal am Versanfang mit Interpunktion, 196 am Versanfang ohne Interpunktion, und ẞáv: 21 mal am Versanfang mit Interpunktion, 56 am Versanfang ohne Interpunktion. Etwas mannigfaltiger ist der Gebrauch bei dem häufigen ẞñ: 1) 100 mal steht es am Versanfang hinter Interpunktion; 2) B 665. II 221. P 213 3. 604 am Anfang des Verses, aber nicht eines Satzes; 3) B 16. 4 292. 364. K 149. 416. 468. X 137. a 563. o 62. p 348. 551. 574 hinter Interpunktion, aber nicht am Versanfang: also im ganzen 117 mal der allgemeinen Regel gemäß. Daneben aber dieser widersprechend zugleich im Satz- und Versinnern 1) 15 mal in der Phrase avτào ó ẞñ, 2) 1 439 δ ἐκ δὲ Χρυσηὶς νηὸς βῆ ποντοπόροιο, Π 702 τρὶς μὲν ἐπ' ἀγκῶνος β ἢ τείχεος ὑψηλοῖο, Γ 397 ἔπιθεν δὲ κορυσσάμενος βῆ ̓Αχιλλεύς, γ 468 = ψ 163 ἔκ ῥ ̓ ἀσαμίνθου βῆ δέμας ἀθανάτοισιν ὁμοῖος, φ 51 ἡ δ ̓ ἄρ ̓ ἐφ' ὑψηλῆς σανίδος βῆ ἔνθα τε ... - Entschieden widerspricht der Regel bloß qu, das an allen elf Belegstellen im Satz- und Versinnern steht; aber es handelt sich dabei um eine einzige Phrase: ἔν τ' ἄρα οἱ φῦ χειρί.

Diese eigentümliche Stellung der augmentlosen Monosyllaba, an der mit größter Strenge auch das einer zweisilbigen Nebenform entbehrende sagte" teilnimmt, ist wohl begreiflich. Sie ist nicht durch metrische Nötigungen bedingt. Von den augmentierten Formen waren allerdings manche vom Versanfang ausgeschlossen, aber die augmentlosen durchaus nicht vom Versinnern. Die Ursache liegt tiefer. Das erste Wort des indogermanischen Satzes ist voller (stärker? höher?) betont als andere Satzteile. Als solches kam ein Monosyllabum am deutlichsten zur Geltung, wäh

Kgl. Ges. d. Wiss. Nachrichten. Philolog.-histor. Klasse, 1906. left 2.

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rend es sich bei Setzung an späterer Stelle gewissermaßen im Satzgefüge verlor.

In der höhern poetischen Sprache der Folgezeit, die von Homer die Weglaßbarkeit des Augments geerbt hat, treffen wir den Einsilblern gegenüber teils ähnliches teils noch strengeres Verfahren. Ein *xτά *лlé *oxέ kennt auch sie nicht (exλev Pind. N. 6, 51). Die langvokalischen hat zwar Pindar, und erst noch ohne Beschränkung in der Stellung: Ο. 6, 49 Φοίβου γὰρ αὐτὸν φᾶ γεγάκειν. N. 6, 58 ayyεlos ßav (so Hermann für unmetrisches eßav). I. 2, 11 ös φᾶ. 8 (7), 58 Ελικώνιαι παρθένοι | στάν. Aber den Tragikern scheinen sie völlig fremd zu sein, vgl. die Beispiele für Weglassung des Augments bei Gerth in Curt. Stud. I, 2, 259 ff. und bei Lautensach Grammat. Studien (1899) S. 165 ff. - Einsilbler, die bei Homer nicht vorkommen, finden sich nach Homer nur mit Augment: Hesiod Th. 30 καί μοι σκῆπτρον ἔδον. Demeterhy. 111 οὐδ ̓ ἔγνον. Pind. P. 9, 79 ἔγνον ποτε . . . . Θῆβαι. Kallim. Hy. 1, 49 κηρίον ἔβρως und Epigr. 30, 2. 5 ěy vwv. Besonders mache ich aufmerksam auf Diodoros Sardianos Anth. Pal. 9, 219, 7 лlo und Krinagoras ibid. 11, 42, 7 xλws (beide 1. Jahrh. a. Ch.): das Augment ist korrekt abstrahiert aus Homers ἀπέπλω ἐπέπλως παρέπλω, Hesiods ἐπέπλων (vgl. oben S. 148 über *блоv).

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Auch im Rigveda sind zahlreiche Präterita,'die ohne Augment einsilbig wären, nur augmentiert belegt: 2 sg. akt. ápām „ich trank“ 10, 119 dreizehnmal; 1 sg. med. akri 10, 159, 4c. 174, 4°, avri 3, 51, 5 (dreisilbig zu lesen!), áhve zehnmal (ein- bis zweimal dreisilbig zu lesen, vgl. die Nebenform áhuve); - 2 sg. ágan 3, 37,10 (dazu nach dem Padatext 'gan 10, 29, 4), ághas 5, 29, 8. 8, 12, 8, ajais, 9, 72, 5, anat du hast zu Stande gebracht" 7, 7, 7°, áyās 3, 29, 16o. 9, 82, 56, avāṭ führtest" 10, 85, 116, áśres 3, 54, 11c. 5, 33, 2o ; - 3 sg. akrant 5, 59, 1a und akrān 2, 11, 8. 9, 69, 3° (zu krand-), ákṣār 9, 43, 5c, ucet sammelte" 10, 102, 2d, acait der" 6, 44, 7, acchan 6, 28, 5a. 61, 9o, atsār 10, 28, 4o, ádyaut ,,trank" fünfmal, aprās „füllte"

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ließ sichtbar wer

10, 34, 1a, ájais 8, 40, 11o, átan 6, vierzehnmal, ádhok 4, 19, 7, ápāt sicher sechsmal [dazu nach dem

Padatext 'pras 1, 115, 1°. 4, 14, 2o. 53, 3a. 9, 72, 5; vgl. unten], ábhraț 1, 66, 6a. 4, 6, 5a, ámyak 1, 169, 3, ȧyat 10, 85, 7

[vgl. got. iddja 124, 8. 3, 31, 2,

oben S. 147], ayan viermal, araik 1, 113, 14. 2b. 16. asrot 1, 39, 6. 7, 32, 5o, ástar 2, 11, 20h. 7, 18, 44. 10, 111, 6a, asyān 9, 89, 1, asrāk 4, 53, 3° u. 4o, ásvär 10, 148, 5°, áhvat 1, 106, 6. 8, 8, 9b (1,24, 12c u. 13° dreisilbig zu lesen); 3 pl. ákran zwölfmal, ávyan 3, 49, 76 [ryan angeblich PB. 24, 1, 9!], asur (zu sa-) 1, 179, 2o, ahyan 6, 40, 24. 9, 26, 4. 9, 26, 3 'hiyan oder hiyan). Also

im ganzen 39 Formen an 114 Stellen, oder mit Ausschluß der Fälle mit dreisilbiger Messung 38 Formen an 109-110 Stellen. Nicht gerechnet sind dabei die Stellen, wo ein vom Padatext gesetztes Augment durch den Sandhi unsichtbar geworden ist, nämlich (außer 'pras 'hiyan oben) 'tan 6, 67, 6a, 'dar 10, 121, 10, 'prās fülltest" 1, 52, 13 und 'vart 7, 59, 4. 10, 124, 4a hinter à, 'dham 10, 145, 6a und 6 hinter -e und -ā, 'pās „trank“ 5, 29, 8' und 'pur tranken" 1, 164, 7 hinter -a: wiewohl ich überzeugt bin, daß in allen diesen Fällen der Padakara die Absicht des Verfassers getroffen hat.

Diesen ausschließlich augmentierten Präterita stehn entgegen zwei Gruppen. Erstens die wenig zahlreiche solcher einsilbiger Präteritalformen, die nur augmentlos vorkommen. Aber von diesen widersprechen in Wirklichkeit nur die präterital gebrauchten, weil nur für diese die Augmentform als mögliche Nebenform in Betracht kommt: 1 sg. dām 10, 49, 1°(?); 2 sg. dhas 5, 32, 5a. 8, 85, 16 und vielleicht 3,30,3 (39 mal ist die Form injunktivisch; 1, 63, 1 und 1, 72, 7 kommen wegen der Möglichkeit 'dhaḥ zu lesen (siehe unten] nicht in Betracht); bhet „spaltetest" 7, 18, 20 (injunktivisch 1, 104, 8o), várk 1, 63, 7°, vés „brachtest" (?) 1, 63, 2a (sonst ist rés, soweit überhaupt Verbalform, injunktivisch); 3 sg. dhat 4, 27, 5a = 5° (?), bhak 7, 18, 13, vet wußte" 10, 53, 9a (Graßmann: „komme“), sat 5, 45, 2a (injunktivisch 7, 28, 4), adhi-skán 10.61, 7 [skan VS. 1, 26 f. und skān Kāṭh. 1, 9 (p. 4, 13). MS. 1, 1, 10 (p. 6, 3) injunktivisch); dárt 2.3 sg. 1, 174, 26. 6, 20, 10o. 27, 5a; - 3 sg. med. ápi gdha 1, 188, 5d. - Also im ganzen bei vollster Rechnung 12 Formen an 17 Stellen, in bezeichnendem Mißverhältnis zu den vorgenannten augmentierten 38 Formen an 110 Stellen.

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Nicht in Betracht kommen einmal die bloß injunktivisch oder zeitlos gebrauchten Einsilbler 1 sg. sthām (1 mal); 2 sg. jes (6, 4, 4a), dhak (von dagh-, 2 mal), bhāk (3 mal), yāṭ (10, 61, 21o), yaus (2, 32, 2o), star 8, 3, 2b; 3 sg. dhak (von dagh-, 2 mal), nat (7, 104, 23") und prá-nak (4 mal), pát „hüte“ 4, 55, 5°. 8, 31, 2°, rát 6, 12, 5a, stan 10, 92, 8d. Sodann die Fälle, wo zwar der Padatext eine augmentlose Form gibt, aber ein mit dem Auslaut des vorausgehenden Wortes kontrahiertes Augment vorausgesetzt werden kann. Das gilt nicht bloß für Stellen, wie 10, 8, 9d pára vark, wo niemand die Möglichkeit párāvark aus pára avark zu schreiben bestreiten wird (anders 8, 65, 11, wo pára varg Injunktiv ist), sondern auch für 6, 26, 3 dāsúṣe vark, 10, 28, 7a daśuṣe ram, das den einzigen Beleg für ram bilden würde. Ich stehe nicht an, hier 'vark 'vam

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