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Sage vom König Rudolf von Habsburg.

Mitgetheilt

von

Pl. Weissenbach.

1

Wir betreten das Gebiet der Sagen. Es ist für den Forscher eine schwierige Aufgabe, darin eine objectiv ausgemittelte Wahrheit zu finden. Das Reich der Urkunden, obgleich, wie alles auf Erden, dem Zweifel auch ausgesetzt, ist das zuverlässigere, sicherere. Die Chroniken, voll von Sagen und Histörchen, haben durch die Leichtgläubigkeit und eine Art Prunksucht, mit der sie oft Unsinniges aufgenommen oder nacherzählt, dem in ihnen liegenden Kern gehaltvoller, auf geschichtlichem Boden wurzelnden Sagen selbst viel geschadet. Mit kalter Hand darf man diese nicht erdrücken; man soll sich ihnen freundlich nähern. Tragen sie in sich selbst die Merkmale der Glaubwürdigkeit, verstossen sie sich nicht gegen den natürlichen Gang der Dinge, lassen sie sich in die geschichtlich ausgemittelten Thatumstände fügen, stellen sich sogar Urkunden unterstützend um sie herum, so hat auch der Forscher keinen Grund mehr, bei der Verneinung zu verharren.

Als eine Sage solchen Gehaltes darf diejenige betrachtet werden, welche den Grafen Rudolf von Habsburg auf der Jagd sein Pferd dem verwahrenden Priester geben und des Letztern Empfehlung zur Königswahl mitwirken lässt. Sie ist von den Chroniken in die Geschichtswerke über das Haus Habsburg hinübergegangen, und wie sie durch ihren poetischen Zauber den Dichter (Schiller) angezogen, so wurzelt sie jetzt noch in der Volkstradition und gewinnt durch urkundliche Verhältnisse an Glaubwürdigkeit.

Wir lassen zuerst die Chroniken und Geschichtschreiber sprechen, dann sind die einschlagenden Urkunden zu prüfen und an deren Hand die Stätte aufzusuchen, von woher sie stammt und wo noch das Volk davon redet.

1.

Ueber die Sage verhandeln :

Joannes Vitoduranus, ed. Tesaur. hist. Helvet. Tiguris. Anonymus Leobiensis bei Hieronim. Pez Script. rer. German, und Hagen ib. Trithemius Chron. Hirsaug. Wernh. Schodolers Chronik. Aegid Tschudi's helv. Chronik. Guillimannus Habsburgiaca. Dominicus Tschudi's Origo et Genealogia comit. de Habsburg. Gerberts Codex Epist. Rudulfi I. Joh. Müllers Geschichten schweiz. Eidgenossenschaft. L. Wirz helvet. Kirchengeschichte. Lichnowsky Geschichte des Hauses Habsburg. Anderer, die nachschrieben, nicht zu gedenken.

Befreit von den Ausschmückungen, in welche sie von Jedem gehüllt wird, lautet nach den zusammentreffenden Auffassungen die Sage dahin:

Rudolf, damals noch Graf von Habsburg, ritt, wie er gewohnt war, eines Tages wieder dem Weidwerk und der Jagd nach, als er an einem stark angeschwollenen, wilden Bach ohne Steg einen Priester traf, welcher einem Kranken die Sterbesakramente spenden wollte, durch den Bach aber aufgehalten war. Rudolf, fromm, freundlich und ritterlich, hiess den Priester sein Pferd besteigen und über das Wasser setzen. Als der Priester ihm das Pferd wieder zurükgeben wollte, weigerte sich Rudolf und überliess es dem Geistlichen, weil er das Pferd, welches das Heiligthum getragen, nicht mehr reiten möge. Dér Priester aber wurde später Kapellan bei dem Erzbischof von Mainz und machte, eingedenk jener Handlung, bei diesem Churfürsten, so wie bei Andern seinen Einfluss dahin geltend, den Grafen Rudolf bei der Königswahl zu empfehlen.

Einige der Chronikschreiber führen als Zugabe die Reden an, welche der Graf und der Priester über das Pferd gewechselt. Andere lassen den Priester sich über seine arme Pfründe, welche ihm die Haltung eines Pferdes nicht gestatte, klagen. Nach Einigen soll durch das Beispiel Rudolfs gegenüber dem Pfarrer sich sein Begleiter haben bewegen lassen, dem Sigristen ebenfalls sein Pferd zu schenken. Auch soll Rudolf dem Priester nicht nur das Pferd, sondern noch Güter und Besitzungen geschenkt haben.

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Die Einen lassen den Grafen auf jene Handlung zu einer Klausnerin unter einer Fluh und Höhle kommen, welche ihm seine künftige Ehre prophezeite, die Andern lassen ihn in das nahe gelegene Kloster Fahr sich begeben, wo ihm eine Klosterfrau seine künftige Höhe weissagte.

Die Zeit, in welcher sich die Scene am Bache zugetragen, wird verschieden angegeben. Die Einen setzten die Jahrzahl 1251, so Schodoler nach der Abschrift der Muri - Bibliothek, Andere 1265, so Guillimann, andere 1266, so Aegid Tschudi, andere 1270, so Trithemius. Besser stimmen die Bezeichnungen der Landesgegend überein. Die Nähe des Klosters Fahr wird von denen vorausgesetzt, welche den Grafen nach der Begebenheit dort finden. Andere bezeichnen geradezu die Gegend zwischen Baden und Fahr. Dem widerspricht die Annahme, dass der Platz nicht sehr weit vom Kloster Muri entfernt sei, nicht. Siehe Guillimann, Aegid und Dominic Tschudi.

Die Bezeichnung dieser Gegend ist geeignet, der Sage Glaubwürdigkeit zu erhöhen, weil da Rudolf und sein Haus Herrlichkeiten, Patronate und die Jagd hatten. Die Verschiedenheit der Zeitbestimmungen vermögen dieselbe nicht zu schwächen, weil in allen angegebenen Jahren Rudolf in der Nähe sich aufhielt und handelnd, kämpfend oder jagend auftrat. Doch hierauf kommen wir zurück.

Ueberall wird mit der Begebenheit auch deren Folge erwähnt und die Verwendung des dankbaren Priesters bei seinem Herrn und den Mitwählern erzählt. Es ist wohl glaublich, dass ein Priester dieser Gegend Kaplan des Erzbischofs von Mainz werden konnte, wurde doch später des Bäckers Sohn von Isny, Heinrich Glöckelmann, der Knoderer, vom Beichtvater Rudolfs, vom Guardian in Luzern und in Basel, zum Bischof an letzterm Ort und endlich zum Erzbischof von Mainz selbst erhöht. Es ist aber auch ferner glaublich, dass der Kaplan Einfluss hatte und man seinen Versicherungen Gehör gab, denn zu solchen Stellen brauchte man tüchtige Köpfe. Allerdings muss zugegeben werden, dass durch eine solche That Graf Rudolf eben noch nicht fähig zur Krone geworden wäre, dass sie ihm die Bahn nicht dazu geebnet haben würde, wenn nicht seine ganze Persönlichkeit und die Einflüsse der Zeitverhältnisse

gewirkt hätten. Die Geschichte weiss auch, dass Graf Rudolf noch in anderer Beziehung zum Erzbischof von Mainz gestanden. Dieser Churfürst war dem Landgrafen für das Geleit, das dieser ihm auf der Reise nach Italien gegeben, und wobei dieser seinen Charakter, Muth wie sein Wort offenbaren konnte, zu Dank verpflichtet. Aber bei allem dem konnte die Freundschaft des Kaplans dem Grafen immer noch zu Statten kommen, des Rathgebers Eifer für seinen alten Herrn konnte den Erzbischof zum Entschlusse bringen, für denselben einzustehen, und jener konnte auch zum Bestimmen der andern Wahlfürsten behülflich sein. Wie viel hat nicht schon in der Geschichte ein Augenblick der Anregung bewirkt ?

2.

Es ist hier nicht am Ort, den Schauplatz, auf dem sich der rüstige, muthvolle Rudolf, Graf von Habsburg und Landgraf im Elsass, vor seiner Wahl zum König, bewegte, und der sich jedenfalls diesseits und jenseits der Alpen erstreckte, zu messen, so wenig es erforderlich ist, allen den Landgräflichen, Vogteiund Grundherrlichen Rechten desselben und dessen Hauses nachzuforschen. Zu unserm Zwecke genügt es, nachzuweisen, dass da, wo die Sage spielte, und zu ihrer Zeit, Graf Rudolf Grafschafts-, dann andere specielle und Jagd-Rechte inne hatte, dass er sich da in mannigfachen Lebensbeschäftigungen aufhielt, dass er sogar da Patron des Priesters und dessen Kirche

war.

2

Auf dem rechten Limmatufer, an dem das Kloster Fahr stebt, waren im 13. Jahrhundert und zur Zeit unserer Sage die Freiherren von Regensperg mächtig. Das Kloster Fahr selbst ist ihre Stiftung. Da drüben hat Graf Rudolf wohl nicht friedlich gejagt, wohl aber mit dem Schwert gehaust, als er mit den Zürchern des Regenspergers Städtchen Glanzenberg vernichtete. Je nach dem man die Ausschmückung der Sage durch die Weissagung der Klosterfrau zu Fahr in eine Zeit verlegt, wird diese Zugabe unwahrscheinlich. Dagegen bestanden die Habsburgischen Grafenrechte auf dem gegenüber liegenden Ufer der Limmat. Da von dieser Gegend bei Dietikon

und Urdorf an, wo sich der untere Albis in Hügel verliert, wo der Hasenberg ob dem Egelsee, ob dem Thal der Reppisch, ob Rudolfstetten sich erhebt und auf der westlichen Seite ins Thal der Reuss bei Bremgarten und Eggenwil hinabsteigt, wo er als Mutscheller südwärts in das Zürchersche Freiamt an den obern Albis sich erstreckt, nordwärts aber als Rordorferberg, Heitersberg etc. gegen die Limmat sich zieht und zwar vom Kreuzliberg ob Baden bis wieder das Limmatthal über den Rüdliker gegen Dietikon hinauf, — auf diesem ganzen schönen, Wald- und Gewild-, Frucht- und Fischreichen Gebirgsareal zwischen der Albiskette und der Reuss und Limmat, war überall Habsburgische Grafschaft und Habsburgische Jagd.

Wir legen für diese Behauptung folgende urkundliche Belege vor :

Nach der Acta Mur. vergabte Graf Albert von Habsburg seine Besitzungen und Höfe von der Höhe des Hasenberges bis an die Tiefen der Reuss zwischen Bremgarten und Eggenwil mit dem Patronatrecht der Kirche und dem Zehnten zu Eggenwil dem Kloster Muri. Die grafschaftlichen Rechte blieben natürlich dem Hause; diese Gegend gehörte zur Grafschaft Baden. In ciner Menge von Urkunden vom 13. Jahrhundert bis zum 15. hinab nennen die Habsburger Bremgarten ihren Thurm oder ihre Burg oder Stadt, den Schultheissen den Ihrigen, die Bürger ihre Getreuen. Auch das Patronatrecht der Kirche gehörte ihnen. Siehe bei Marq. Herrgott Genealog. Habsb. die Urkunden von den Jahren 1239, 1242, 1243, 1253, 1256, 1259, 1261, 1272, 1279, 1338, 1346, 1374, 1387, 1408; bei Trudp. Neugart Codex dipl. die von den Jahren 1246 u. 1247; im Archiv zu Bremgarten Brief vom J. 1287, die Handfeste, welche die Herzoge Friedrich und Leopold und ihre Brüder im J. 1309 gaben, Briefe von 1359 u. 1375, die Documente über die Erwerbung des Kirchensatzes 1411, 1412 u. 1420 etc.

Vom Wendelstein bei Zufikon, von Dietikon, dem Schäflibach und Honrein bis gegen Zug hinein ging nach der alten Rechtung des freien Amts auf dem rechten Reussufer der Herrschaft von Oestreich Grafschaft. Von der Landgerichtsstätte von Berkon ob Bremgarten bis zu der zu Rifferschwil am Albis führte eine offene Landstrasse. Siehe die in diesem Heft ab

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