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ma seiner wahren und ursprünglichen Gestalt nach beinahe durchaus ein ganz anderes ist, als es sich dem Verfasser der Symbolik durch die Vermittlung seines katholischen Standpunkts darstellte, daß eben deßwegen die Scheidung des katholischkirchlichen und des rein wissenschaftlichen Interesses nicht so durchgeführt ist, wie es der wissenschaftliche Begriff der Symbolik erfordert, wird die folgende Untersuchung lehren. Aber auch schon in die Darlegung jener allgemeinen Grundsäße hat sich so manches eingemischt, was gleich anfangs das gerechte Bedenken erwecken muß, ob es auch nur die ernstliche Absicht des Verfassers sey, die ausgesprochenen Grundsåhe als die feinigen anzuerkennen, und sie durch die That zu befolgen. In der ersten Ausgabe zwar gibt sich in dem einleitenden Theile des Werkes *) noch eine gewisse Vorsicht und Mäßigung zu erkennen, es soll, wie man sieht, vorerst noch alles vermieden werden, was den Protestanten einen zu auffallenden Anstoß geben könnte. Allein schon in der zweiten Ausgabe hat Möhler, wie wenn es nun nach dem ersten gelungenen Versuch nicht mehr eben so nöthig wäre, sich zurückzuhalten, und die angekündigte Rückhaltlosigkeit noch einen andern Sinn hätte, sich weit weniger gescheut, sogleich in seiner wahren Gestalt hervorzutreten. In dem in der zweiten Ausgabe (S. XXI-XXVIII.) neu hinzugekommenen und in der dritten und vierten Ausgabe (Einl. S. 7. f.) unverändert beibehaltenen Abschnitt spricht der Verfasser von der Wichtigkeit der Schriften der Reformatoren für die Symbolik, zugleich aber auch von einer sehr beachtenswer then Differenz zwischen dem Gebrauch katholischer Schriftsteller und der Reformatoren zum Behuf des Beweisens und Erlâuterns in der Symbolik. Die Reformatoren stehen nämlich in einem ganz eigenthümlichen Verhältniß zur Glaubenslehre ihrer

*) Doch ist nicht zu übersehen, daß auch schon die erste Ausgabe (S. 65.) von der tiefen, mit keinem Namen hinlänglich zu bez zeichnenden, Verkehrtheit der Reformation und von der Sinn, und Verstandlosigkeit des protestantischen Lehrbegriffs (S. 29.) spricht.

Anhänger, in einem ganz andern als katholische Kirchenlehrer zum katholischen Dogma. Luther, Zwingli und Calvin seyen die Schöpfer der unter den Ihrigen geltenden Ansichten, während kein katholisches Dogma auf irgend einen Theologen, als seinen Urheber, zurückgeführt werden könne. Das protestantische Dogma sey mit den Ursachen, die zu seiner Hervorbringung zusammenwirkten, gleich subjektiv, und habe keinen andern Halt und Werth, als eben sie, während dagegen bei den einzelnen katholischen Theologen, da sie das Dogma schon als ein ihnen Gegebenes vorfanden, ihr Besonderes und Eigenthümliches auf das Genaueste von dem Gemeinsamen (dem von der Kirche ausgesprochenen Dogma) zu unterscheiden sey. Den Protestanten müsse diese Auseinanderhaltung überaus schwer fallen, da ihr ganzes System nur ein zum Allgemeinen erhobenes Individuelle sey. Es sey in Luther die ungeordnete Geltendmachung eines Ichs gewesen, welches eigenmächtig als Mittelpunkt hervortreten wollte, um den sich alle sammeln follen, eines Ichs, welches sich als den universellen Menschen aufstellte, in dem sich Jedermann zu spiegeln habe, kurz: es sey formell die Erhebung an die Stelle Christi selbst gewesen, der allerdings als Jndividuum zugleich die erlöste Menschheit repräsentire, ein Vorzug, der lediglich ihm eigen sey, nach ihm aber nur der Gesammtkirche, und zwar übertragen von ihm. In consequenter Entwicklung betrachte sich in der neuern Zeit in immer weitern Kreisen jeder Protestant als einen Christus im Kleinen, und damit nun diese Erscheinung nicht gar zu toll sich herausnahme, habe man die versöhnende Auskunft erfunden, einem jeden das Seine zu lassen, d. h. ihm zu gestatten, sein eigener Erlöser zu seyn, und eben sich selbst zu repråsentiren, als das die erldste Menschheit Repräsentirende aber nur die äussersten Linien zu betrachten, worin alle Einzelne zusammentreffen. Das Gemeinsame der Protestanten könne jezt nur noch in abstrakten Formeln bestehen, die auch sehr vielen Nichtchristen genehm seyn müssen; da ein jeder sich als Christus benommen habe, sey der wahre Christ, das eigentlich Anstößige für die Welt, nothwendig hinweggefallen; da ein jeder sich

selbst erlöst habe, habe es keinen gemeinsamen Erlöser mehr gegeben.

So entfaltet nun, um vorerst nur bei diesen Såßen stehen zu bleiben, diese neue Symbolik in ihnen ihren eigentlichen Charakter, aber eben damit beginnt nun auch jene Reihe logis scher Widersprüche, durch welche der Verfasser derselben durch das ganze Werk hindurch fortgehend sich selbst auf das Haupt geschlagen hat. Sehen wir diese Widersprüche als absichtliche oder unabsichtliche an, das eine schickt sich unstreitig für einen Symboliker eben so wenig, als das andere, und es ist in dem einen Falle, wie in dem andern, im Ganzen das gleiche widri ge Gefühl, mit welchem man einem solchen Schriftsteller folgt, mögen wir annehmen, er habe sich nicht einmal zum Bewußtseyn des Widerspruchs, durch welchen er wider seinen Willen fein eigenes Werk zerstört, erhoben, oder im Bewußtseyn desselben ein solches Blendwerk für den sichersten Weg zur Erreichung seiner polemischen Zwecke gehalten. Wie grell tritt aber hier sogleich zum guten Anfang der Widerspruch hervor! Derfelbe Schriftsteller, welcher es kaum zuvor (Vorr. S. XI.) für einen Beweis eines ungemein beschränkten Verstandes erklärte, wenn man den Fortbestand der Confessionen nicht tiefer, als in Hochmuth, Uebermuth, hohlem Dünkel, frivoler Unabhängigkeitsliebe und andern dergleichen Ursachen, aufsuche, leitet nun aus eben diesen Ursachen den Ursprung der protestantischen Confession ab. Denn was anders ist der kurze unverhüllte Sinn der angeführten Hauptsäße, als die einfache Behauptung: das protestantische Dogma ist ein bloßes Erzeugniß derselben übermüthigen Selbstsucht, die von jeher die angeborne Grundeigenschaft aller Håretiker war? Und recht absichtlich scheint Mdhler in der Bezeichnung dieses in Luther wirkenden håretischen Princips, wenn er es in die Geltendmachung seines Ichs, in welchem jedermann sich zu spiegeln habe, und in die Erhebung an die Stelle Christi selbst setzt, sich so genau als möglich an den Sprachgebrauch und die Vorstellungsweise der Kirchenvåter anschließen zu wollen, die ja auch in jeder ihnen als Hårese erscheinenden Entwicklung des Dogma's einen neuen Giftaus

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wurf der alten Schlange, eine neue Opposition und Selbsterhebung des Teufels gegen Christus, oder ein neues Produkt des anmaßendsten Egoismus, der allen Håretikern gemeinsamen nevodogia, zu sehen gewohnt waren. Man sage nicht, in jener Stelle der Vorrede spreche Möhler von dem Fortbestand der Confessionen, hier aber von dem Ursprung derselben. Diese an fich ohnedieß völlig leere Ausflucht hat er sich selbst, wie wenn er selbst hiemit seinen Widerspruch noch offener håtte darlegen wollen, durch die ausdrückliche in dem fraglichen Abschnitt der Einleitung S. 12. enthaltene Anerkennung abgeschnitten, daß die Art des Entstehens eines Dings in der Regel auch seinen Fortbestand bedinge. Das Princip also, aus welchem das protestantische Dogma in Luther und den übrigen Reformatoren hervorgegangen ist, ist nur Selbstsucht und Egoismus, oder das Princip der Håresis: als ein håretisches Erzeugniß, wofür Möhler, seiner unmittelbarsten Voraussetzung nach, das protestantische Dogma hålt, kann es auch nur rein subjektiver Natur seyn, und weil es rein subjektiv ist, schließt er nun weiter, kann auch das Symbolische von den subjektiven Ansichten Luthers gar nicht getrennt werden. Zwischen Objektivem und Subjektivem kann man hier, wo alles gleich subjektiv ist, gar nicht unterscheiden, nur das katholische Dogma, ist der reine Ausdruck der objektiven Wahrheit. Es fällt hier von selbst in die Augen, wie alles dieß auf einer bloßen petitio principii beruht, die den Verfasser dem symbolischen Standpunkt, auf welchen er sich gestellt zu haben behauptet, sogleich wieder völlig entrückt. Denn nur vom polemischen, nicht aber vom symbolischen Standpunkt aus, welchen er selbst als den wissenschaftlichen bezeichnet, kann ohne eine wissenschaftliche Untersuchung über die Wahrheit eines Lehrbegriffes ein so polemisch absprechendes Urtheil gefällt werden, wie Möhler sich hier ein solches über den protestantischen Lehrbegriff erlaubt, wenn er ihn der objektiven Wahrheit des katholischen als ein bloßes Gewebe subjektiver Meinungen entgegenstellt. Mit welchem Rechte seht denn Möhler hier von vorn herein schlechthin voraus, daß der erste Grundsaß des protestan

tischen Lehrbegriffs, der Grundsaß der ausschließlichen Auctoritåt der heiligen Schrift, ein bloßes grundloses Vorgeben sey? Mit welchem Rechte betrachtet er die Reformatoren als Schdpfer eines neuen Systems in einem Sinne, in welchem alles, was in demselben auf Wahrheit Anspruch machen könnte, nur als ein subjektives Erzeugniß des Geistes seiner Urheber erscheinen soll, ohne daß es in irgend einer Beziehung auf der objektiven Grundlage des Christenthums beruhte? So auffallend fållt schon hier der neue Symboliker aus seiner Rolle, so klar stellt es sich schon hier heraus, wie weit besser er gethan håtte, statt fich fremdes Eigenthum auf solche Weise zuzueignen, den Protestanten den nur ihnen mit vollem Recht gehörenden Begriff und Namen der Symbolik zu lassen, und das eine neue Epoche des Katholicismus ankündigende Werk schlechtweg im alten gut katholischen Sinne eine Polemik zu nennen. Gibt es im protestantischen Dogma und überhaupt ausserhalb des Katholicismus nichts wahrhaft Symbolisches, so ist es nichts als leerer tåuschender Schein, einer Darstellung der dogmatischen Gegensätze der Katholiken und Protestanten den Namen Symbolik zu geben.

Möhler will jedoch nicht blos die Wurzel, aus welcher der Protestantismus hervorgewachsen ist, in ein an sich nichtiges, aller objektiven Wahrheit ermangelndes Princip verkeh ren, auch der Haltpunkt, welchen er in seinem Gegensatz gegen den Katholicismus hat, soll ihm entzogen werden. Für diesen Zweck operirt Möhler auf folgende Weise. Der Protez stantismus sey entstanden, wird S. 11. gesagt, theils aus der Entgegensetzung gegen unlåugbar viel Schlechtes und Fehlerhaftes in der Kirche, theils aus dem Kampfe gegen besondere wissenschaftliche Darstellungen des Dogma und Gestaltungen im kirchlichen Leben, die man unter dem Ausdruck einer mittelalterlichen Individualität zusammenfassen könne. In der alles verkehrenden Leidenschaft des Kampfes nun habe sich den Reformatoren die Sache in der Art gestaltet, als bestünde die bisherige Kirche aus jenem Schlechten und dieser Individualitåt, als sey aus beiden das Wesen der Kirche zusammengesetzt. Die Reformatoren haben daher nicht, wie nöthig war, zwischen

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