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einer solchen, dem Flor der Wissenschaften gewidmeten Stiftung geführt haben, da er selbst von sich sagt, dass er ein Laye und unstudierter Mann sei, nur seiner Muttersprache mächtig.

Damals, und das ganze Mittelalter hindurch, galten die Universitäten noch für geistliche Anstalten, und desshalb eine päbstliche Bestätigung für sie als nothwendig. Diese war erfolgt, und so wurde denn am 1. Oktober 1386 der Stiftungsbrief ausgestellt und am 18. desselben Monats die hohe Schule mit einer Messe in der heil. Geistkirche durch den Cistercienser Mönch Reginald eingeweiht. Schon am folgenden Tage begannen die Vorlesungen. Auch diese Anstalt hatte, wie Ingolstadt, einen sehr geringen Anfang. Sie zählte nur drei Professoren: den aus Paris berufenen berühmten Scholastiker Marsilius von Inghem, seiner Heimath bei Utrecht benannt, welcher über Logik las und damit in das ganze System der aristotelischen Philosophie einführte, den oben erwähnten Reginald, der sich seinen Doctorgrad gleichfalls in Paris erworben und mit seinem Vortrage über den Brief des heil. Paulus an Titus die Exegese und Dogmatik verknüpfte und endlich den Magister Heilmann Wunnenberg aus Worms, welcher mit der Philosophie, die auch er nach Aristoteles tractirte, alles verband was man in jener Zeit von Naturlehre und Medizin wusste oder träumte. Doch schon drei Wochen später vereinigte sich Magister Ditmar von Suerthe aus Prag mit ihnen, und gab Unterricht in den freien Künsten und am Ende des Jahres traf Dr. Johannes von Nort, gleichfalls von jener Hochschule her ein, der über canonisches Recht und das vierte Buch der Decretalen las. Schon im ersten Jahre ihres Bestehens zählte Heidelberg in seinen vier, ganz nach dem Muster von Paris abgetheilten Facultäten über 500 Studenten. Diese Universität, deren Tochter sie sich mit Stolz nannte, blieb ihr Vorbild und noch lange heisst es in ihren Acten und Verhandlungen:,,modis et manieribus Parisiis solitis." Marsilius war der erste Rector, (er ward siebenmal gewählt), deren anfangs jedes Viertel-, seit 1394 jedes halbe Jahr ein neuer an's Ruder kam, bis man erst 1525 begann, die jährlichen Wahlen einzuführen. Bald mehrte sich die Zahl der Lehrer, unter welchen die Theologen Seltow und Konrad von Geylinhausen, der erste Kanzler, dann Clementis, ein Aragonier, zu nennen sind, deren Letzterer, damals ein seltener Fall, das bürgerliche Recht erklärte. Die Philosophie zu der man alles rechnete, was nicht zur Theologie, Medicin und Jurisprudenz gehörte, blieb jedoch die herrschende Facultät, sie galt als die Vorhalle für alle übrigen, zählte die meisten Zuhörer, und an ihr lehrten bald neben Marsilius und Suerthe noch sechs Magister der freien Künste. Auch bedeutender Privilegien und Rechte erfreute sich Heidelberg. Die Cleriker waren eximirt und die junge Stiftung besass unter dem Rector ihren eigenen Gerichtsstand. Das gab allerdings zu manchen Reibungen

Syraner. Fresken des Nationalmuseums,

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Anlass. Der Geist eines nicht selten völlig ungeistlichen zügellosen Lebens fing auch hier, wie längst auf den Hochschulen Italiens und Paris, alsbald zu wuchern an, und veranlasste scharfe Pönen gegen Würfelspiele und Schuldenmachen, gegen das Herumvagiren auf den Fechtschulen, ja selbst gegen das Berauben der Gärten und Weinberge. Nächtliche Tumulte und Muthwillen an den Häusern ehrsamer Bürger, Umzüge mit den Insassen der Frauenhäuser mussten wiederholt strenge verboten werden. Ebenso das Tragen von Waffen nach der Abendglocke. Doch liess es auch die Gegenparthei nicht an Herausforderungen fehlen. Schon im 2. Jahre der Universität wurden die ohne Arg sich im Freien belustigenden Akademiker von den kurfürstlichen Jägern mit den Waffen in der Hand überfallen. Dafür mussten die rohen Gesellen barfuss und barhaupt vor Rector und Studenten einzeln Abbitte leisten. Diese eigenthümliche Bestrafung hing mit dem Begriff der geistlichen Gerichtsbarkeit zusammen, den die Universitäten zähe festhielten.

Drei Jahre nach ihrer Stiftung zählte die Hochschule 1050 Studenten. Nur theilweise wohnten dieselben mit ihren Magistern nach Art der Klostergeistlichen in grossen Häusern, Bursen genannt, deren erste Geylinhausen gestiftet. Die übrigen fanden ihr Unterkommen bei den Bürgern, wo der Student seine wöchentliche Kost um drei Kreuzer erhalten konnte; freilich betrug damals der Gehalt der Lehrer auch nicht mehr als 50, höchstens 100 fl. was, wenn man den Werth des Geldes selbst zwanzigfach höher anschlägt, immerhin höchst bescheidene Summen entziffert. Die Immatriculation musste mit 12 Silberdenaren, das Honorar für ein Collegium je nach seinem Umfange mit einem bis acht Groschen bezahlt werden. Dagegen kosteten die jährlichen Disputirübungen die bedeutende Summe von drei Gulden. Schon Rupert II. verlieh den Professoren fixe Besoldungen, Antheil an mehreren Zehnten und Zöllen und übergab das, dem reichen Juden Hutz abgenommene Haus den oben erwähnten zwölf Magistern der freien Künste zur Wohnung.

Es fehlte viel, dass damals die Universitäten schon die Arena einer freien Geistesgymnastik gewesen.*) Sie schienen nur bestimmt zum Erlernen eines engbegränzten, geheimnissvoll und ängstlich bewachten nur dem Eingeweihten zugänglichen Lehrstoffes. Wo, wie in Jurisprudenz und Medizin, die Erklärung dieses gegebenen Stoffes das Wesen des Unterrichtes ausmachte, war der Missstand weniger fühlbar. Desto mehr aber in Philosophie und Theologie. Dass hier, wie damals überall, Aristoteles oder vielmehr sein Commentator Porphyrius der Grundstein

*) Wie viele, und in wie vielen Disciplinen sind sie es denn heute? Welche Zeit erübrigt noch, selbst gut angewandt, nach dem ängstlichen Erwerbe der Brodwissenschaft für jenen freien Aufschwung des Geistes?

alles höheren Wissens war, versteht sich von selbst.

Sein Text, wenn er nicht einer christlichen Glaubenslehre widersprach, war unantastbar wie die Vulgata selbst. Der dürrste Scholasticismus mit all seinen unverständlichen Formen, seinem barbarischen Vortrage, seiner unpractischen Tendenz, seinen unerschöpflichen Spitzfindigkeiten und eiteln. Haarspaltereien, so dass man Sätze herauscalculirte, die philosophisch wahr und doch theologisch unwahr sein konnten, beherrschte beide Disciplinen. Bei alledem aber hatte die Bearbeitung dieses unfruchtbaren und steinigen Bodens den unläugbaren Vortheil, dass sie den Scharfsinn übte, und den Geist für eine gewisse gelehrte Klopffechterei dressirte, welche in der damals allein üblichen Kampfweise kühn an die Prüfung so mancher, von Rom als unfehlbar aufgedrungener Glaubenslehren herantrat und so zuerst der Willkühr der Päbste einen Damm entgegen setzte. Das wahre Verständniss der Alten blieb den damaligen Universitäten mit ihrem jämmerlichen Zerarbeiten elender Wortklaubereien ohnehin verschlossen; der Geist derselben vermochte sich erst im Lichte des Humanismus zu entfalten.

In die grossen, im Schoosse des Scholasticismus aufgetauchten Partheiungen der Nominalisten und Realisten spaltete sich bald die ganze Hochschule. An der Spitze jener, welche die allgemeinen Ideen und Principien der Dinge als ein blosses Product der Abstraction setzten, stund Marsilius selbst, sie ward die herrschende. Als Vorkämpfer der Realisten, welche jene Universalien als ein ausserhalb des menschlichen Geistes wirklich Vorhandenes bezeichneten, sehen wir die Angehörigen der dem heil. Dionysius geweihten Burse. Der Kampf zog sich durch das ganze Mittelalter herab, bis endlich die Nominalisten den Sieg davon trugen. Obgleich ihr Streit sich eigentlich nur auf die Realität der allgemeinen Begriffe bezog, so ging doch von ihnen ein freier, und von der kirchlichen Theologie unabhängiger Geist aus, der den grossen philosophischen Systemen der folgenden Jahrhunderte den

Boden ebnete.

Es ist hier nicht der Raum, die Schicksale der Hochschule zu Heidelberg weiter zu verfolgen. Auf ihr concentrirte sich bald, wie in einem Brennspiegel, die geistige Bewegung des ganzen Landes, wogegen von ihr vorzugsweise in den kirchlichen Wirren der späteren Jahrhunderte das entscheidende Wort ausging. Wir werden ihr in dieser historischen Bilderreihe der Pfälzer Geschichte späterhin noch einigemale begegnen.

Die Darstellung der Uebergabe des Stiftungsbriefes durch Kurfürst Rupert I. an Marsilius von Inghem ist von Adamo. Ist auch die Composition des Bildes gerade nicht misslungen, so dürfte diess doch weniger von der Farbengebung zu rühmen sein, welche dasselbe kalt und unharmonisch erscheinen lässt.

77. Kaiser Rupert nimmt den Böhmen die oberpfälzischen Städte und Schlösser wieder ab 1401,

Mit dem edlen Grafen Heinrich von Luxemburg, eigentlich Lützelburg, d. i. die kleine Burg, welcher als Heinrich VII. und Nachfolger des erschlagenen Albrecht von Oesterreich 1308 den deutschen Königsthron bestieg, war dieses Haus zuerst emporgekommen. Sein Sohn, der abentheuernde Johann ward, erst dreizehnjährig nach dem Abgange des letzten Königs von Böhmen, Wenzel III. aus dem Stamme der halbmythischen Libussa, zum Könige des Landes erwählt; er hatte Wenzels jüngere Schwester zur Gemahlin. Ein Zeitgenosse Ludwig des Bayern, war er lange Zeit dessen treuster Anhänger und Kampfgenosse, dann sein erbittertster Gegner und fand, in späteren Jahren erblindet, seinen Reitertod als Bundesgenosse der Franzosen an dem Unglücktage bei Crecy 1346. Dessen staatskluger Sohn Karl, als Nachfolger Ludwigs auf dem Kaiserthrone der IV. genannt, wusste die erworbene Machtstellung des Hauses auf's treffliche zu benützen. Ein steter Feind des wittelsbachischen Hauses, welches allerdings seinen Bruder Johann um das schöne Erbe von Tyrol gebracht, suchte er dasselbe wie er konnte zu schädigen und zu seinem Vortheile zu schwächen. Schon im Jahre 1346 war es den Intriken Clemens VI. gelungen, ihn als Gegenkönig auf den deutschen Thron zu erheben, den er hierauf im folgenden Jahre nach Ludwigs Tode wirklich bestieg und unangefochten behauptete, nachdem auch der von der bayerischen Parthei aufgestellte König Günther von Schwarzburg schon nach wenig Monaten durch Karls Gift aus dem Wege geräumt worden war. Ein wahrer Stiefvater des Reiches, das er bis 1378 beherrschte, war Karl ein um so besorgterer Vater für seine böhmischen Erblande, und wohl der trefflichste Regent, dessen sich dieselben jemals zu erfreuen gehabt, und der sie zu ihrer schönsten Blüthe gebracht. Ihm galt die deutsche Kaiserkrone nur als ein Mittel zu Böhmens Vergrösserung. Die Würde des Reiches, für welche sein. echt deutscher Vorfahr so schwere Kämpfe bestanden, opferte er, an Aussehen und Gesinnung schon völlig slavisirt, seinem Vortheile so sehr auf, dass er nicht allein den Städten Italiens die Freiheit und dessen Tyrannen die Herrschaft um Geld verkaufte, sondern auch der Freundschaft des Pabstes das schimpfliche Zugeständniss machte, nicht ohne seine Erlaubniss Rom zu betreten. Doch dankt ihm das Reich die sogenannte goldene Bulle, welches Gesetz endlich Ordnung in die Wahl eines deutschen Königs brachte. Durch sie war auch die Kurwürde ausschliesslich an die pfälzische, ältere Linie der Wittelsbacher gekommen.

Dass die Erbfeindschaft eines solchen Kaisers und seine wälschen Praktiken ungemein verderblich für die in mehrere Zweige vertheilte

und überdiess unter sich uneinige jüngere ludwigische Linie werden musste, ist sehr erklärlich. Wie Karl dem einen Zweige Brandenburg abzulisten und abzudringen gewusst, ist bereits erzählt. Die Pfälzer hingegen verstund er vollends in sein Interesse zu ziehen, und allmählig ihren bayerischen Vettern zu entfremden. Rudolphs II. einzige Tochter Anna wählte er zur Gemahlin, Ruprecht I., der Rothe, ward als sein Vicarius bezeichnet, wenn vielseitige Thätigkeit den Kaiser in Italien oder in den böhmischen Landen ferne hielt, und die wichtigsten Verhandlungen gingen durch seine Hand. Nachdem aber Rudolph II. 1353 im gleichen Jahre mit seiner Tochter gestorben war, traten Karls Plane, der unerschöpflich war an Prätensionstiteln zur Vergrösserung seines Besitzes, auch auf Kosten seiner Pfälzer Freunde nur zu deutlich hervor. Als nämlich Ruprecht, der Neffe des Rothen, im Kriege Ludwigs von Brandenburg mit dem falschen Waldemar, dem Werkzeuge Karls and Friedrichs des Strengen von Sachsen, in die Gefangenschaft des Letztern gerathen war, hatte ihn der Kaiser um 12,000 Mark gelöst, wofür ihm eine Anzahl Burgen und Aemter in der obern Pfalz verpfändet wurden. Aus dem Brautschatze Anna's machte er wieder auf andere Anspruch, und nach Rudolphs Tode benützte er jetzt die Gelegenheit, weitere 20,000 Mark, die er demselben geliehen, einzufordern. Für all dieses mussten ihm nun die beiden Ruprechte, der Rothe und dessen Neffe und Mitregent, der sogenannte Harte, auf einem Tage zu Hagenau eine Menge von Orten der obern Pfalz mit allem Zubehör an Gütern, Jagden, Einkünften und Lehenrechten als erbliches Besitzthum abtreten, und diesen Vertrag liess Karl, um recht sicher zu gehen, Sowohl von den Kurfürsten des Reichs, als auch von den bayerischen Agnaten bestätigen, und erhob ihn gemäss kaiserlicher Machtvollkommenheit zum Reichsgesetz. Dazu kamen dann noch mehrere erkaufte und eingelöste Güter vom Stift Waldsassen und von den Nürnberger Burggrafen. Ein Jahr später fügte er alles durch eine besondere Bulle als Pertinenzstücke zu seinem Königreiche Böhmen, befahl dass jeder künftige König vor seiner Krönung die Bewahrung der Integrität des ganzen Gebietes beschwöre; im Veräusserungsfalle sollte ihn der Fluch des Meineides treffen. Ueberdiess bezeichnete die Bulle jeden Staatsbeamten als Majestätsverbrecher und vogelfrei, welcher in eine solche Veräusserung willige. So gelang es ihm denn, die Gränzen seines Knigreichs bis auf eine halbe Meile vor die Thore der Reichsstadt Nürnberg zu rücken. In Erlastegen sah man die Gränzmarken des Reiches und Böhmens, es stunden nämlich nächst diesem Dorfe vier Sitze um eine Säule errichtet, auf welcher einerseits der Adler, anderweits der böhmische Löwe eingehauen zu sehen waren. Ja selbst nach Franken griff er hinüber, wo er die Städtchen Homburg am Maine, Heiling-feld, wo noch der böhmische Löwe ober dem Thore, Mainbernhein,

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