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sein 1609 erfolgter Tod das Signal zu dem länger als fünfzig Jahre währenden Erbfolgestreit.

Kursachsen gründete seine Ansprüche auf ältere kaiserliche EventualBelehnungen. Sie waren aber durch die von Karl V. genehmigte und später mehrfach bestätigte weibliche Erbfolge in den Hintergrund gedrängt worden. Nun hätte unbestritten die Gemahlin des preussischen Herzogs Albrecht das Alleinrecht auf das Erbe gehabt. Aber sie war schon vor ihrem Bruder, dem letzten Herzoge, mit Tode abgegangen und obgleich sie eine mit Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg vermählte Tochter hinterlassen, so nahm doch die nächstfolgende Schwester, die Pfalzgräfin von Neuburg, ihr Näherrecht vor der Nichte in Anspruch. Die beiden andern Schwestern verlangten Theilung der Länder. Aber auch Kaiser Rudolph II. trat auf, und nahm die reiche wohlgelegene Verlassenschaft als heimgefallenes Lehen oder mindestens zu einstweiliger Besetzung als strittiges Gebiet in Anspruch. So hatte er die Länder zu Gunsten der katholischen Sache und seines Hauses ausnutzen und wieder durch Zwang zum alten Glauben zurückführen können. Rasch war des Kaisers Sohn Leopold aus den Niederlanden in Jülich eingefallen, aber eben so rasch sandte Pfalzgraf Philipp von Neuburg seinen Sohn Wolfgang Wilhelm, der für seine Mutter Anna die Huldigung in Düsseldorf, und Johann Sigismund von Brandenburg seinen Bruder Ernst, der Residenz und Huldigung in Cleve einnahm. Bald wäre es zwischen Beiden zum Kampfe gekommen, aber die protestantischen Fürsten, besonders Moritz von Hessen mahnten ab, und nun verständigten sich die Streitenden, um nicht dem dritten, gefürchtetsten Competenten den Weg zum Einschreiten zu eröffnen. In Dortmund traten die Prätendenten persönlich zusammen, und beschlossen einst weilen, bis zur Ausgleichung ihrer Ansprüche, die Länder gemeinsam zu besetzen und zu verwalten. Ein Mahnschreiben des Kaisers, welches die Angelegenheit vor sein Forum ziehen wollte, blieb unbeachtet Moritz von Oranien rückt mit den deutschen Truppen der Union, mit Engländern und Holländern im Interesse seiner Glaubensgenossen im Jülich'schen ein, und am 1. September 1610 war der Erzherzog mit all seinen Commissarien aus dem Lande. Jetzt suchte sich auch Sachsen mit Hilfe Brandenburgs, dem es sich genähert, und des Kaisers, auf dessen Seite es sich, trotz seines Protestantismus immer geneigt, durch den Jüterbogker Vertrag in den Mitbesitz zu drängen. Der blieb zwar unfruchtbar, da ihn Pfalz-Neuburg entschieden verwarf. Nun erklärt sich der Kaiser direct für den Kurfürsten von Sachsen als rechtmässigen Erben der Länder und ertheilt ihm eventuell die Belehnung.

Drei Jahre scheinbarer Ruhe vertliessen, aber kleine Dissidien zwischen den beiden ,,Besitzhabenden", welche Bezeichnung Brandenburg und Neuburg statt der der Prätendirenden angenommen, liessen einen

endlichen definitiven Entscheid wünschenswerth erscheinen. Alles deutete auf eine dauernde Versöhnung und Wolfgang Wilhelm machte dem Kurfürsten von Brandenburg den Vorschlag, ihm die Hand seiner Tochter mit dem jülich-clevischen Landesantheile zu bewilligen. Beide Fürsten wollten in persönlicher Zusammenkunft die Sache rasch zu Ende führen. Man setzt sich zur Tafel, trinkt nach damaliger Unsitte des guten Weines zu viel, die Meinungen gehen auseinander, werden immer heftiger behauptet und bestritten, der Erbprinz wird immer dringender, und der trunkene Kurfürst versetzt ihm zuletzt eine Ohrfeige. Diese entschied über das Schicksal der Länder, vielleicht über das von ganz Deutschland.

Jetzt beschleunigt Wolfgang Wilhelm, der Universitätsgenosse Maximilians von Bayern zu Ingolstadt, seine schon früher geplante Vermählung mit der schönen, rothlockigen Margaretha, der Schwester desselben), und tritt, unterrichtet von dem Jesuiten Reigh, der aber später merkwürdiger Weise selbst Lutheraner wurde, erst heimlich, und im Mai 1614 zu Düsseldorf öffentlich zum katholischen Glauben über. Als der streng lutherische siebenundsechzigjährige Philipp Ludwig den Schritt seines Sohnes erfuhr, liess er öffentliche Gebete für den Schutz des protestantischen Glaubens anstellen. Ihm mag dessen Uebertritt wohl der letzte Nagel zum Sarge geworden sein, denn drei Monate später starb er.

Waren dem neuen Herrn auch Ligisten und Spanier unter Spinola willkommene Helfer, das starke Wesel fällt erst nach heldenmüthiger Gegenwehr in seine Gewalt, so stritt Moritz von Oranien dagegen für die Brandenburger, die sich auch der Grafschaft Mark bemächtigen, während die vereinigten Staaten Jülich in ihre Obhut nehmen. Vergebliche Ausgleichungsversuche gehen dem Ausbruche des dreissigjährigen Krieges vorher, der auch in diesen Gegenden seinen blutigen Schauplatz aufschlug. Am 10. Mai 1624 kam abermals ein Vergleich zwischen Wolfgang Wilhelm und Georg Wilhelm von Brandenburg, der seinem Vater gefolgt war, in Xanten zu Stande. Dieser theilte ersterem Jülich und Berg, letzterem Cleve, Mark und Ravensburg zu. Aber die Generalstaaten und die Spanier, die factischen Herren des Landes, achteten nicht auf diesen Vertrag, und zogen ihre Truppen nicht zurück. Nun wandten sich die Landstände in ihrer Rathlosigkeit an den Kaiser, und so nahet 1628 der siegreiche Tilly, und bringt das Land bis auf einige Festen in des Kaisers Botmässigkeit. Ein neuer Theilungsvertrag auf Grundlage des von Xanten wird 1629 zu Düsseldorf beredet; er bleibt

*) Ihr Bild im Nationalmuseum.

ein todtes Stück Papier, weil keines der kriegführenden Heere weicht. Spanier und Kaiserliche vereinigen sich vielmehr, um, 50,000 Mann stark, in die Generalstaaten einzufallen. Schon zitterte Amsterdam. Da entriss der Heldenmuth dreier Bürger von Wesel und die kühne Entschlossenheit von kaum 2000 Mann Niederländern den Feinden die feste Stadt und damit den Stützpunkt ihrer Operationen. Sie wurden zum Rückzug gezwungen, die kühnen Gegner verfolgten ihren Vortheil von Sieg zu Sieg und trieben die Kaiserlichen bis über Wetzlar in's Innere des Reiches. Mit dem Haager Vergleich 1630 schien ein Ruhepunkt eingetreten. Da geben Wolfgang Wilhelms katholische Uebergriffe dem Zwiste neue Nahrung; von Zeit zu Zeit berührten auch einzelne Corps der Kaiserlichen und Schweden die niederrheinischen Lande. Muthvoll erwehrt sich Xanten der Kaiserlichen und auf der Hilser Haide erlitt ihr General Lamboi von den Hessen und Weimaranern unter Guebriant 1642 eine bedeutende Niederlage.

Selbst der westphälische Friede vermochte noch nicht in diesen Gegenden einen bleibenden Ruhestand zu begründen. Diess gelang erst den kaiserlichen Abgesandten durch den im September 1666 zu Cleve abgeschlossenen Vergleich. Ihm zufolge behält jeder Theil Titel und Wappen aller Länder. Brandenburg bekam nun Cleve, Mark und Ravensburg, während nebst den Herzogthümern Jülich und Berg die zu ersterem gehörigen Herrschaften Winnendal in Flandern und Breskens in Seeland die in Brabant liegende Herrlichkeit Ravenstein und Herrschaft Gestel dem Kurfürsten von der Pfalz verblieben. am 17. October 1678 besiegelte der Kaiser mit völliger Umgehung der sächsischen Ansprüche diesen Theilungsvertrag. Als die Neuburger Linie mit Karl Philipp 1742 erlosch, erhob Preussen Ansprüche an das Ganze. Friedrich der Grosse gab jedoch nach und Karl Theodor von Sulzbach empfing die Huldigung in den ihm ungeschmälert verbleibenden Gebieten.

Erst

Die französische Revolution riss alle diese Länder in ihren Strudel. Durch den Basler Frieden 1795 ging das linksrheinische Cleve, durch den von Luneville 1801 Jülich verloren. Seit 1803 regierte Herzog Wilhelm von Birkenfeld mit Halbsouveränetät in Düsseldorf, aber 1806 musste Bayern Berg gegen Ansbach und Preussen den Rest von Cleve gegen Hannover an Napoleon überlassen, der daraus für seinen Schwager Murat das Grossherzogthum Berg formte, dem auch noch andere kleinere Gebiete zugewiesen wurden. Die Willkühr des Gewaltigen erhielt aber alles im Fluss. Murat kam nach Neapel, den Titel von Berg erhielt des Kaisers kleiner Neffe Napoleon Louis, des jetzigen Kaisers älterer Bruder. Wieder ein Jahr und die nördliche Hälfte all dieser Länder wird zum grossen Kaiserreiche selbst gezogen, und wieder ein paar Jahre und

der ganze Niederrhein ist ein, bis zum heutigen Tage verbliebener Besitz Preussens.

Das Bild, der Huldigungseinzug in Düsseldorf, ist von Palme gemalt. Herzog Philipp Wilhelm von Neuburg und sein Erbprinz Johann Wilhelm sowie der Marktplatz von Düsseldorf sind Porträts.

98. Kurfürst Johann Wilhelm verschönert Düsseldorf, und legt daselbst die berühmte Gemälde-Gallerie an.

Die Liebe zu den Künsten war ein Erbtheil der Fürsten aus dem wittelsbachischen Hause, sowohl der ältern als der jüngeren Linie. Auch die neuen Herren der Pfalz hatten dieselbe überkommen, und wenn einigermassen die kriegerischen Verhältnisse ihre Kräfte nicht allzusehr in Anspruch nahmen, dieser edlen Leidenschaft, freilich nicht selten, wie wir bereits erzählt, weit über jene Kräfte hinaus gehuldigt.

Schon Wolfgang Wilhelm interessirte sich lebhaft für die Kunst und die Künstler. Als er, noch vor dem Anfall der Herzogthümer, während eines Aufenthaltes zu Madrid den Gesandten der Niederlande in einem Volksauflaufe lebensgefährlich bedroht sah, nahm er ihn auf offener Strasse rettend in seine Karosse. Diess war aber kein geringerer, als der berühmte Peter Paul Rubens, mit dem er von da an in stetem brieflichen Verkehr blieb. Schon seit der Mitte des XVI. Jahrhunderts bestand in Düsseldorf eine Malerschule, an welcher tüchtige Künstler zu finden. Unter ihnen besonders Johann Spielberg, den Wolfgang Wilhelm später selbst zu Rubens in die Lehre schickte, und dessen Tochter Adriana, welche ihre Hand dem ausgezeichneten Landschafter Eglon van der Neer reichte. Ein eigentliches Kunstleben in Düsseldorf entstund aber erst mit dem Regierungsantritte des Erbprinzen Johann Wilhelm, dem sein Vater die selbständige Verwaltung der niederrheinischen Herzogthümer übertragen hatte. Zu seiner Zeit lebte in Düsseldorf der besonders im Porträtfache ausgezeichnete Van Douven aus Roermonde. Im Jahre 1682 zum Hofmaler ernannt, war er wohl der erste, welcher in dem kunst- und prachtliebenden Herrn die Idee zur Gründung einer eigenen Gallerie weckte. Allerdings waren schon eine bedeutende Anzahl der werthvollsten Gemälde unter seinem Vater in den Besitz des Hauses gekommen, so das berühmte jüngste Gericht, das Hauptbild Rubens', welches der Herzog in Antwerpen bestellte, mit 20,000 Thalern bezahlte, der Jesuiten-Kirche zu Neuburg übergab, von wo es endlich Johann Wilhelm wieder in seine Gallerie nach Düsseldorf bringen liess, so mehrere jener trefflichen Porträts fürstlicher Personen, die der Pinsel dieses Meisters geschaffen, so die herrliche Porträt-Figur Wolfgang Wilhelms selbst, von Van Dyck gemalt. Philipp Wilhelms

erste Gemahlin Anna Katharina von Polen brachte Bilder von Rubens und Correggio mit. In Wien hatte der Herzog, nebst andern Italienern, besonders mehrere Paul Veronese, und jene herrliche Madonna mit dem Jesuskinde von Carlo Dolce erworben, die jetzt eine Perle der Münchner Pinakothek bildet. Van Douven begleitete den Prinzen nach Wien. Mit diesem Hofe bestund seit Wolfgang Wilhelms Conversion das intimste Verhältniss. Seine älteste 21 jährige Tochter Eleonore war seit 1676 Kaiser Leopolds dritte Gemahlin und die Mutter der beiden letzten deutschen Habsburger Joseph I. und Karl VI. geworden. Zwei Jahre später führte Johann Wilhelm aus wahrer Herzensneigung des Kaisers Schwester Maria Anna heim. Damals begründete Van Douven seinen Ruhm als Maler der hohen Aristokratie, so dass sein Pinsel allmählig das Conterfey von drei Kaisern und drei Kaiserinnen, fünf Königen und sieben Königinnen, und einer Menge fürstlicher Personen der Nachwelt überlieferte. Unter ihnen befand sich jenes der Schwester Johann Wilhelms, Maria Anna, der zweiten Gemahlin Karl II., des letzten spanischen Habsburgers, der, erst neununddreissigjährig, seinen Stamm kinderlos beschloss. Und in Wien starb auch der freundliche, wohlwollende und duldsame Philipp Wilhelm schon im fünften Jahre seines Regierungsantrittes in der Pfalz. Der 75 jährige Greis hatte sich vor den französischen Mordbrennerbanden im orleanischen Kriege an den Hof seines Schwiegersohnes geflüchtet, wo er noch Zeuge der Krönung seines Enkels Joseph I. zum römischen Könige war.

Ein äusserst prunkvolles und verschwenderisches Leben entfaltete sich zu Düsseldorf, wo, wie erwähnt, Johann Wilhelm seit seinem zwanzigsten Jahre als selbständiger Regent der beiden Herzogthümer mit der erst sechzehnjährigen Gemahlin Hof zu halten begann. Hatte er doch auf seinen Reisen die damaligen Höfe Europas kennen gelernt, die alle, unbeachtet ihrer Mittel, die Prunksucht Ludwig XIV., freilich manchmal in den lächerlichsten Carricaturen, nachzuahmen strebten. Und als er nach dem Tode seines Vaters auch die Herrschaft aller Kurlande überkam, als der zweiunddreissigjährige, kinderlose Wittwer 1691 eine Medicäerin, Marianne Luise, die Tochter Cosmo des III. heimführte, wurde jene Prachtliebe nur noch mehr gesteigert. In zwanzig Wagen brachte man die Kunstschätze nach Düsseldorf. Unter ihnen befanden sich die schönsten Italiener, die wir jetzt in München bewundern die Susanna des Domenichino, die beiden Madonnen Andrea del Sarto's, die heilige Familie und der Johannes von Raphael und Guido Reni's wundervolle Himmelfahrt Mariä. An der Seite dieser hochgebildeten schönen Fürstin, welche die Kunstliebe ihres Gemahls wo möglich noch übertraf, lernte Johann Wilhelm auf einer Reise nach dem Haag den damals hochgefeierten Adrian van der Werff, einen Schüler van der Neer's, kennen, dessen eben so fleissige als eigenthümlich

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