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H. V. STEVENS: Mittheilungen aus dem Frauenleben u. s. w.

den Orang Lâut, von einem Baume herab: ein Leopard würde sehr bald interveniren.

Beim Schlafen nehmen die Belendas-Mütter eine Lage ein, bei welcher der Säugling quer über der Brust der Mutter liegt, aber so, dass es für das Kind möglichst bequem ist.

[Die Fruchtbarkeit der Bělendas-Weiber scheint nach Stevens' Berichten eine günstige zu sein, aber die Kindersterblichkeit ist gross.] „Nach meinen Ermittelungen gilt es als eine allgemeine Regel, dass durchschnittlich von 6 Kindern eines todt geboren wird und zwei in den ersten drei Jahren sterben. Diejenigen, welche nur ein oder zwei Kinder, letztere in langen Zwischenräumen, bekommen, haben gewöhnlich einen guten Erfolg mit ihnen. 16 Kinder sind (in einem Beispiel) die grösste bekannte Anzahl, aber von diesen 16 starben 12, bevor sie die Reife erreicht hatten, und 7 von diesen hatten das erste Lebensjahr noch nicht vollendet." [Uebrigens waren unter diesen Kindern die Mädchen in beträchtlicher Ueberzahl, denn] „es waren 11 Mädchen und 5 Knaben“.

Die gewöhnliche Altersgrenze für das Kindergebären ist nach Stevens' Ermittelungen das Alter von 42 Jahren. Aber eine Frau war bekannt, welche sogar noch in ihrem fünfzigsten Jahre ein Kind bekommen hatte.

Besprechungen.

XVI. amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archäologischen und ethnologischen Sammlungen des Sammlungen des Westpreussischen Provinzial-Museums für das Jahr 1895, erstattet von dem Direktor desselben, Professor Conwentz. Mit 20 Abbildungen. Nebst einer Sonderanlage mit 9 Abbildungen. Danzig 1895. 4°. 63 Seiten.

Der Bericht legt ein erfreuliches Zeugniss von der fortschreitenden Entwickelung des Museums ab und giebt ein anschauliches Bild von dem Fortgange der Landesforschung in Westpreussen. Von dem rein naturhistorischen Abschnitt interessiren uns hier besonders zwei Mittheilungen. In Schönwarling bei Danzig und in Scharnow bei Wilhelmswalde wurden Rapakivi-Stücke gefunden, welche so vollständig mit dem Viborg-Rapakivi in Finland übereinstimmen, dass deren Transport von dort her (wahrscheinlich doch mittelst des einstigen Gletschers) nicht in Zweifel zu ziehen ist. Von dem Vorkommen des Succinit an der Küste Englands, besonders an der Südostküste, konnte Verfasser sich bei seinem Aufenthalte im Lande selbst überzeugen.

Der reiche Zuwachs der archäologischen Sammlung ist nach prähistorischen Perioden geordnet: wir können hier nur die wichtigsten Untersuchungen und Funde anführen. Wiederholt zeigten die neu erworbenen Gefässe eine Ausfüllung der Ornamente mit einer weissen Masse, welche von Herrn Helm genauer untersucht wurde. An einem Scherben von Kaldus haftete die weisse Füllmasse fest in dem Ornament, so dass sie nicht ganz rein erhalten werden konnte; sie bestand aus Phosphorsäure, Kalkerde, Thonerde und Eisenoxyd, wogegen Kohlensäure und Schwefelsäure fehlten. Die Analyse der weissen Füllmasse aus dem Ornament einer Gesichtsurne von Zakrzewke ergab ferner fast reine phosphorsaure Kalkerde, welche wahrscheinlich aus gebrannten, zermahlenen Knochen gewonnen wurde, die, mit Wasser zu einem Brei verrührt, in die Zeichnungen eingetragen wurde.

Der um die Untersuchung der westpreussischen Hügelgräber besonders verdiente Dr. Lakowitz hat in diesem Jahre wiederum 5 Hügel bei Gapowo, Kr. Carthaus aufgegraben, welche im Ganzen die früheren Ergebnisse bestätigten: wir möchten nur die obere Steinkiste im Gipfel des Hügels III (S. 35) für eine Nachbestattung halten, welche nicht zu dem eigentlichen Hauptgrabe gehört. Die grosse Zahl der Gesichtsurnen, welche das Museum besitzt, wurde um 9 zum Theil ausgezeichnete Exemplare vergrössert. So hat eine Gesichtsurne eine stark hervortretende Augenbrauenleiste, welche sich von der Nasenwurzel bis zum Ohre hinzieht; eine andere zeigt grosse elliptische Augen mit Wimpern, eine dritte endlich die Darstellung eines reichen Schmuckes, eines Armes, zweier Jagdspeere und eines Vierfüsslers.

Die Skeletgräber von Pentkowitz bei Neustadt, in denen ein Hakenring von Blei in der Schläfengegend gefunden wurde, gehören wohl nicht in die römische, sondern entschieden schon in die spätere Periode, da die andern Beigaben nichts für die römische Zeit Charakteristisches zeigen und die Grabform, niedrige Hügel von kreisförmigem oder abgerundet vierseitigem Grundriss, allein nicht entscheidend ist.

Von grösstem Interesse ist der Fund von Ueberresten eines alten, zusammengesetzten Bootes aus Eichenholz mitten im Lande, unter einer etwa 1 m mächtigen Moorschicht, 3 km nördlich vom Dorfe Baumgarth bei Christburg, Kr. Stuhm und 10 km südlich vom jetzigen Ufer des Drausensees. Wir entnehmen darüber dem ausgezeichneten Sonderbericht des Verfassers, der durch die Bergung und wissenschaftliche Verwerthung dieses seltenen Fundes sich ein grosses Verdienst um die Kenntniss der westpreussischen Vorgeschichte erworben hat, die folgenden Daten. Es wurden dort nach und nach ausgegraben: der Kiel, mehrere Plankentheile, durch eiserne Nieten verbunden, 6 Rippen Spanten), 2 Bänke

(Duchten), eine Querwand (Schott), zahlreiche Nieten und ein Ring von Eisen, viele Holznägel und 3 Holzstangen. Die einzelnen Theile konnten von sachverständiger Hand montirt und so die Form des Bootes wieder hergestellt werden. Der Kiel hatte ursprünglich wohl eine Länge von 9 m und beweist, dass das Boot zur Fahrt auf dem Meere bestimmt war; die weiteren Details müssen im Original selbst nachgesehen werden. Auf Grund einer eingehenden Würdigung aller topographischen Verhältnisse und aller technischen Eigenthümlichkeiten des Bootes im Vergleich mit den bekannten ähnlichen nordischen Funden aus der römischen und der Vikinger Zeit kommt der Verfasser zu dem Schluss, dass dasselbe der Vikinger Zeit angehören dürfte. Lissauer.

A. H. Keane, Ethnology. Cambridge 1896. University press. kl. 8°, XXX u. 441 p.

Es ist keineswegs ein Zufall, dass die beiden wichtigsten Werke, die in England als Einleitung in die Wissenschaft vom Menschen erschienen sind, ihre Titel zu Unrecht führen, d. h. dieselben gleichsam vertauscht haben. Tylor's „Anthropologie“ ist nehmlich fast ausschliesslich ethnologischen, Keane's „Ethnologie" wesentlich anthropologischen Inhalts. Nichts beweist besser die noch gegenwärtig herrschende Unklarheit der Begriffsbestimmungen und Grenzen beider Wissenschaften. Diese macht sich auch im vorliegenden Werke in so hohem Grade fühlbar, dass das Buch bei der Fülle des beigebrachten, in ansprechender Form gebotenen Materials zwar den Fachleuten manche Anregung geben kann, aber als einführendes Handbuch für „Students", auf die es berechnet war, nur mit Vorsicht zu benutzen ist. Das erste Kapitel enthält die Definitionen. Obwohl Ethnology" ausdrücklich von orvos, Volk, abgeleitet wird, sind als Aufgaben der Ethnologie Probleme hingestellt (p 3, die mit der Völkerkunde nicht das Mindeste zu schaffen haben, wie Monogenismus und Polygenisinus, Einheit und Alter des Menschengeschlechts, Zahl der Rassen und deren Unterschiede u. s. w., während die an dieser Stelle gleichfalls erwähnten geistigen Eigenschaften, Religion, Sprache, Begriffe von Familie, Clan, Nation, Totem, nicht in einem Werk über physische Anthropologie zu erörtern sind.

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Unter dieser Begriffsverwirrung leidet natürlich das ganze Werk, besonders diejenigen Abschnitte, in denen das Verhältniss von Sprache, Volk und Rasse, also die wichtigste Grundfrage überhaupt, behandelt wird.

Die Capitel II-VI sind bei weitem die besten des Buches. Sie erörtern das Verhältniss des Menschen zur Thierwelt, besonders zu den Anthropoiden und geben cine treffliche Uebersicht des gegenwärtigen Standes der urgeschichtlichen Forschung (Glacialzeit, Alter des Menschengeschlechts, ältere und jüngere Steinzeit).

Weniger befriedigt das Capitel VII, Specific unity". Der Verfasser beweist zwar die Arteinheit, aber nicht die Ursprungseinheit des Menschengeschlechts, auf die es ihm doch ankommt. Seine angenommenen vier Rassen entwickeln sich unabhängig von einander aus pleistocänen Vorfahren, die auf eine pliocäne Grundform zurückgehen. Damit wird im Grunde eine Vielheit, eine Polygenesis bewiesen.

In diesem Capitel werden über die Sprache Ansichten entwickelt, die seitens eines Sprachgelehrten doppelt befremdend sind (p. 159). Danach sollen Sprachen sich im Laufe der Jahrtausende so verändern können, dass keinerlei Achnlichkeit zwischen ursprünglich verwandten mehr bestehen bleibt. They will become radically distinct.

Im Widerspruch mit dieser ganz unbegründeten Annahme stehen Keane's eigene, sehr richtige Ausführungen p. 199, in denen die Persistenz des grammatischen Baues nachdrücklich hervorgehoben wird.

Das Capitel VIII „Physical criteria" ist etwas dürftig und nicht frei von Irrthümern; so wird z B. die Bartlosigkeit der Amerikaner, Mongolen und „Negroid peoples" behauptet. Für die Haarbeschaffenheit hätten, neuere Untersuchungen, z. B die von Fritsch und Waldeyer, benutzt werden müssen. Der Werth der Craniologie wird zwar mit Recht bezweifelt, dennoch werden im Text fortwährend Schädelindices als Beweismittel mit herangezogen. Auch ein neuer barbarischer Terminus wird eingeführt, der sich hoffentlich

nicht einbürgert: wir finden nehmlich p. 181 prognathism und orthognathism als „varying degrees of guathism" bezeichnet.

Das Capitel IX Mental criteria“ behandelt hauptsächlich die Sprache. Sehr beachtenswerth sind die Bemerkungen über Sprachmischung, die in Wirklichkeit nicht vorkommt. Dagegen ist der Abschnitt über die Sprache als Rassenmerkmal p. 200 ff. ganz ausserordentlich konfus und jeder Kritik sich entziehend.

Der zweite Theil behandelt die Rasseneintheilung im Besonderen. Adoptirt werden die Linné'schen Gruppen Homo Aethiopicus, Mongolicus, Americanus, Caucasicus. Der Stammbaum des Menschengeschlechts, sowie der einzelnen Rassen wird durch Diagramme veranschaulicht, ist aber gänzlich phantastisch.

Die Entstehung der vier pleistocänen Vorfahren der Menschheit wird auf dem hypothetischen untergegangenen indoafrikanischen Continent gesucht. Durch diesen erklärt der Verfasser gleichzeitig den Zusammenhang der afrikanischen und der Austral-Neger (Papuas). Der Beweis dafür ist keineswegs erbracht. Den craniologischen Argumenten von Quatrefages wird niemand, der nicht voreingenommen ist, Gewicht beilegen. Keane macht sich einer Inconsequenz schuldig, indem er andrerseits mit guten Gründen die Amerikaner von der mongolischen Rasse trennt, denn dieselben Gründe sprechen gegen eine Vereinigung der australischen und der afrikanischen Schwarzen. Eigentlich genügen dazu schon die Abbildungen des Buches. Die amerikanische Rasse wird im Ganzen zutreffend behandelt, nur vermisst man eine Berücksichtigung der neueren Forschungen in Südamerica

Eine malayische Rasse erkennt Verfasser nicht an. Er rechnet sie theils den Mongolen, grösstentheils aber den Kaukasiern zu, z. B. sämmtliche Polynesier, Dajaks und Battaks! Diese Auffassung dürfte schwerlich Anklaug finden. Am meisten befriedigt im Uebrigen die Behandlung der kaukasischen Rasse, eine Bezeichnung, der mit Recht das Wort geredet wird. Ebenso dankenswerth ist die ausdrückliche Anerkennung der engen Rassengemeinschaft der Europäer mit den dunklen hamitischen Stämmen Nordafrica's. Die Bemerkungen über die Arier, ihre Wanderungen und Ursitze p. 395 ff. sind sehr lehrreich und wichtig: the language has persisted, but the community, with whom it originated has disappeared as a distinct ethnical group dispersed amid the innumerable populations on whom it imposed one form or another of the Aryan mother tongue". Ebenso willkürlich, wie den grössten Theil der Malayen, bringt Keane auch die Aino und die Dravidier bei den Kaukasiern unter.

Von den zahlreichen Abbildungen genügen nur die der kaukasischen und mongolischen Rasse, während die der übrigen vielfach Karrikaturen sind, so z. B. der Akka p. 247, Ardi, Kalang p. 262, Caraibe p. 355.

Trotz seiner erheblichen Mängel verdient Keane's Werk doch eingehendes Studium wegen der Reichhaltigkeit des darin niedergelegten Beobachtungmaterials aus der ganzen neueren anthropologischen Literatur. Es ist lehrreich auch wegen seiner Irrthümer, die vielleicht endlich einmal eine klare Aufstellung der Grundbegriffe für Anthropologie und Ethnologie veranlassen werden. P. Ehrenreich.

R. von Erckert. Die Sprachen des kaukasischen Stammes. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Friedrich Müller. I. Theil. Wörterverzeichniss. II. Theil. Sprachproben und grammatische Skizzen. Mit einer lithographirten Sprachenkarte. Wien 1895. Alfred Hölder.

Seit die Erforschung der Sprachen der kaukasischen Bergvölker durch die bahnbrechenden Untersuchungen des Barons Peter von Uslar zum ersten Male ernstlich in Angriff genommen und durch die mustergültigen Bearbeitungen A. Schiefners] der Wissenschaft zugänglich gemacht wurde, ist auf dem bezeichneten Gebiete keine Arbeit zu nennen, die sich dem vorliegenden Werke auch nur annähernd an die Seite stellen liesse. Wer je einen Blick in dieses räumlich so eng begrenzte und dabei inhaltlich so unendlich reich gegliederte und mannichfaltige Sprachgebiet geworfen hat, weiss, mit wie ungewöhnlichen Schwierigkeiten der Forscher hier zu kämpfen hat; nicht nur, dass er

zum Theil mit den formenreichsten Gebilden der Sprachenwelt zu thun hat: auch das Lautwesen ist ein so ausserordentlich reiches und eigenartiges, dass der Linguist auf Schritt und Tritt in Verlegenheit geräth, wie er den gegebenen Lautwerth fixiren soll, und oft genug zu den umständlichsten Beschreibungen seine Zuflucht nehmen muss, ohne dennoch ein genaues Verständniss und eine vollkommen exakte Wiedergabe ermöglichen zu können, ein Uebelstand, den auch General von Erckert nicht ganz zu vermeiden vermocht hat.

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Das Werk gliedert sich, wie schon aus dem Titel ersichtlich, in zwei getrennte Abschnitte: ein encyclopädisch geordnetes Wörterverzeichniss, welches 545 Ausdrücke enthält, und eine reichhaltige Sammlung von Satzproben in 40 Sprachen und Dialekten mit beigefügten grammatischen Bemerkungen. Eine höchst interessante und lehrreiche „Allgemeine Charakteristik und Begründung der Classification der Sprachen des kaukasischen Stammes" bildet den Schluss des Werkes.

Dass bei der Mannichfaltigkeit und dem Umfange des Stoffes die Behandlung der einzelnen Idiome mehr oder weniger summarisch ausfallen musste, liegt auf der Hand und ist erklärlich genug. Wenn dieser Mangel überhaupt erwähnt wird, so soll damit nicht der leiseste Tadel ausgesprochen sein; vielmehr wissen wir dem Verfasser Dank, dass er gegeben hat, was und soviel er besitzt, denn bis dat, qui cito dat.

Es ist hier nicht der Ort, um auf die Einzelheiten des Buches einzugehen, daher will ich mich darauf beschränken, die Classification der kaukasischen Sprachen wiederzugeben, wie sie auf S. 385 fgde. aufgestellt und durch folgende Tabelle erläutert wird:

I. Die südkaukasische oder iberische (Khartvel-) Sprache.

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