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2. Nordost- und Central-kürinische Gruppe.
a) Tabassaranisch (Nord- und Süd-).
b) Agulisch (Burkixan und Košan).
c) Kürinisch (Eigentliches und Axty).

3. Südkürinische Gruppe.

a) Budux.

b) Džek.

c) Xinalug.

4. Udisch.

Der Verf. kommt zu dem Schlusse, dass alle diese Sprachen sich mit einander so innig verwandt erweisen, dass sie Abkömmlinge einer in ihnen aufgegangenen Ursprache zu sein scheinen.

Es bleibt nur zu wünschen, dass sich jüngere Kräfte finden mögen, die im Stande sind, auf dem von dem Verf. gelegten Fundamente und nach dem von ihm entworfenen Grundrisse weiter zu bauen, das Material, das er mühsam an Ort und Stelle zusammengetragen, zu vervollständigen und die Lücken allmählich auszufüllen. Die russische Regierung aber würde sich im höchsten Maasse um die Wissenschaft verdient machen, wenn sie sich entschlösse, diesem Gebiete friedlicher Eroberung Unterstützung und wohlwollendes Interesse zuzuwenden. W. Grube.

W. Kükenthal. Forschungsreise in den Molukken und in Borneo im Auftrage der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1896. 321 S. 4to. mit 10 Farbentafeln, 52 photographischen Tafeln und einigen Karten.

Der Verfasser, Zoologe von Fach und erfahrener Reisender, giebt hier eine anziehende Darstellung seiner Erlebnisse und Resultate während einer Reise nach NiederländischIndien und seines Aufenthaltes auf Ternate, Halmahera, Batjan, Celebes und Sarawak auf Borneo, die Resultate selbstverständlich nur so weit, als sie ohne eingehende systematischzoologische Bearbeitung des Gesammelten sich auf der Reise selbst der Anschauung eines mit dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft vertrauten, denkenden Forschers darbieten. So findet denn der Leser Reise-Erlebnisse, Ethnographisches und Naturschilderungen in reicher anziehender Abwechslung neben einander. Die Reise-Erlebnisse entsprechen der jetzigen Leichtigkeit und Bequemlichkeit des Reise-Verkehrs und den geordneten friedlichen Zuständen der besuchten Gegenden, enthalten aber doch mancherlei, was für die Lebensweise und die geselligen Verhältnisse daselbst sehr charakteristisch ist und das Ethnographische kräftig illustrirt.

Die eingehende Schilderung der Lebensweise, Sitten und Anschauungen der Alfuren auf Halmahera und der „Kayars" auf Borneo wird durch zahlreiche photographische Aufnahmen ihrer äusseren Erscheinung und durch sorgfältig ausgeführte farbige Abbildung ihrer Geräthe, Waffen, Kleiderstoffe u. dgl. unterstützt; freilich hat die nur photographische Darstellung der Eingeborenen bei aller Zuverlässigkeit doch immer den Nachtheil, dass wir ihren Gesichtsausdruck nie in den günstigsten Augenblicken geistiger Belebung, sondern nur in solchen blöder Erwartung oder Verlegenheit erhalten; eine rühmliche Ausnahme macht die Photographie der durch das Fenster des Laboratoriums hereinblickenden neugierigen Bewohner von Ternate (S. 44). Auffällig ist, dass Verf. bei den Kayans nichts von den aus Holz geschnitzten Thierbildern fand, welche der Unterzeichnete, theils in Relief, theils allseitig ausgeführt, Nashornvogel, Krokodil und die grosse Wassereidechse darstellend, bei den Dayakern vom Batang-lupar-Gebirge erhielt und seiner Zeit in der anthropologischen Gesellschaft vorzeigte.

Unter den Naturschilderungen tritt ganz besonders diejenige des bunten Thierlebens auf den Korallenriffen anschaulich hervor; es ist das, was auf den vom Binnenland kommenden

Zoologen den gewaltigsten Eindruck macht und in entsprechender, wenn auch individuell anderer Weise, z. B. von Klunzinger betreffs des Rothen Meeres und vom Unterzeichneten ebenfalls für die Molukken und Singapore geschildert wurde.

Interessant ist es, dass Verf., der ja auch die hochnordische Thierwelt aus eigener Anschauung kennt, die allgemeine Annahme bestätigt, dass nach dem ersten Eindruck das Litoral im hohen Norden eine grössere Anzahl von Thier - Individuen darbietet, aber eine weit geringere der Gattungen und Arten. Charakteristisch ist es auch, dass er hier in den Tropen von der Bedeutung der Farbe für das Leben der Thiere cindringlich ergriffen wird und derselben einen längeren, auch ins Theoretische und Physikalische eingehenden Exkurs widmet.

Betreffs der zoogeographischen Abgrenzungen und verwandter Fragen ist er mit seinem Vorgänger Wallace, den er stets mit Hochachtung nennt, vielfach in Widerspruch, und mit Recht; die natürlichen Verhältnisse sind viel zu komplicirt, um sich mit so einfachen Theorien erschöpfen zu lassen, wie Wallace und Andere es lieben.

Verf. betont besonders die indischen Thierformen, welche auf Celebes vorkommen; er vermuthet, dass die baumkletternden Beutelthiere durch gelegentlich angetriebene Baumstämme dahin gekommen sein könnten, und nimmt an, dass in schr alter Zeit eine Landverbindung Australiens mit dem ostasiatischen Festlande stattgefunden habe, da Spuren der altindischen Fauna noch bis Halmahera, Batjan und Flores sich vorfinden.

Diese Verbindung sei zuerst durch einen zwischen Celebes und den Molukken eintretenden tiefen Meeresarm unterbrochen worden; einerseits hätten sich dann die Molukken von dem noch länger mit Australien in Verbindung bleibenden Neuguinea getrennt, aber dennoch in Folge der fast ununterbrochenen Inselverbindung mancherlei neue Einwanderer von dort erhalten, - andererseits habe sich dann Celebes von dem bis in späte Zeit unter sich in Landzusammenhang gebliebenen Complex von Borneo, Java und Sumatra abgetrennt. Die für Celebes so charakteristischen Säugethiere, Anoa, Babirussa und schwarzer Pavian, seien alterthümlich-indische, nur auf Celebes in Folge seiner ziemlich frühen Abtrennung erhaltene, während Wallace darin Zeugen einer einstigen Landverbindung mit Africa finden wollte. Das Schlussresultat Kükenthal's ist: „eine scharfe Grenze zwischen indischer und australischer Fauna ist überhaupt nicht zu ziehen; bis Celebes und Flores einschliesslich haben wir eine verarmte indische Fauna; dann tritt ein Mischgebiet auf, das, je weiter wir nach Osten kommen, um so reiner australisch wird.“ Zu einem ähnlichen Resultat, dem des abgestuften Ineinandergreifens der indischen und australischen Fauna mit näherem Anschluss von den Molukken an Neuguinea, von NordCelebes an die Philippinen, von Borneo und Sumatra an Malacca, Siam und überhaupt Hinterindien, ist der Unterzeichnete schon auf seiner Reise in jenen Gegenden 1861-1863 gekommen und hat es auch zuerst als Reisebemerkungen in Pfeiffer's malakozoologischen Blättern 1863, dann in den zwei zoologischen Bänden der Preussischen Expedition nach Ostasien 1876 and 1877, näher ausgeführt. Wenn Kükenthal diese Ausführungen berücksichtigt hätte, so würde er nicht gesagt haben, dass die Fauna von Celebes auch bei der Untersuchung anderer Thierklassen durchweg einen verarmten indischen Charakter zeige; denn unter den Land- und Süsswasser-Mollusken treten eigene Formen auf, die keine näheren Verwandten auf dem Festlande von Indien, auch nicht auf Sumatra, Java oder Borneo finden, wohl aber auf den Philippinen und auf den Molukken (Xesta, Obba, Chloritis, Neritina labiosa), und er würde auch die auffällige Thatsache erwähnt haben, dass zwei grosse Familien von Süsswasserthieren, welche auf dem Festlande von Indien, sowie auf Sumatra, Borneo und Java eine grosse Rolle spielen, die Cypriniden unter den Fischen und die Unioniden unter den Mollusken, auf Celebes trotz seiner Seen und Flüsse vollständig fehlen, wie auf den Molukken. Wenn bei Wallace Celebes zu sehr australisch, so erscheint es bei Kükenthal ein wenig zu indisch.

E von Martens.

L. Gentil Tippenhauer. Die Insel Haiti. Leipzig 1893 (F. A. Brockhaus). Kl. fol. 693 S. mit 30 Holzschnitten, 29 Abbildungen in Lichtdruck und 6 geologischen Tafeln in Farbendruck.

Das grosse, vortrefflich ausgestattete Werk ist die erste eingehende Darstellung über Haiti, welche die deutsche Literatur besitzt. Der Verf., der sich selbst einen „Enkel dithmarschener Germanen und haitianischen Afrikaner" nennt, Cap Haitien habe ihn ,, entstehen sehen", erklärt, dass er „die deutschen Gaue, wo während 15 Jahren sein Geist deutsches Wissen, deutschen Edelsinn und deutsche Erziehung empfing, als seine psychische Heimath betrachtet habe. So wollen wir das für deutsches Publikum bestimmte Prachtbuch als eine erwünschte landsmännische Gabe empfangen und dasselbe der Aufmerksamkeit unserer Landsleute auf das Beste empfehlen Es ist einer solchen Empfehlung in der That in hohem Maasse würdig. Möge die Absicht des Verf., durch seine Arbeit auch eine stärkere Betheiligung Deutschlands an der wissenschaftlichen, culturellen und commerciellen Erschliessung des Antillen-Edens hervorzurufen, voll in Erfüllung gehen!

Aus dem reichen Inhalte des Buches, welches sowohl die naturwissenschaftlichen, als die socialen und politischen Verhältnisse in den mannichfaltigsten Richtungen und mit ausgiebigen Detail-Nachweisen erörtert, kann für unseren Leserkreis hauptsächlich die dritte Abtheilung (Quisqueya als Wohnsitz des Menschen) hervorgehoben werden.

Der erste Abschnitt derselben (S. 369-473) behandelt die Einwohner seit der Entdeckung bis auf die Jetztzeit, und zwar zunächst die ehemalige Bevölkerung. Diese ist bekanntlich durch die scheussliche Wirthschaft der Conquistadores gänzlich vernichtet worden. Der Verf. glaubt jedoch, dass noch Spuren derselben in Blut, Sitte und Sprache der jetzigen Einwohner existiren (S. 385). So gebe es noch Frauen mit indianischem Blut, die im dominikanischen Theil Indios, in Haiti Ignes genannt würden und sich durch symmetrische Form, grosse schwarze Augen und langes, überreiches, schwarzblaues, straffes Haupthaar auszeichneten. Dagegen hält er die Erzählungen von den Vienviens in den BahorucoBergen, die sich noch in der Reinheit ihres Ursprunges erhalten hätten, für unglaubwürdig. Trümmer der alten Sprache jedoch hätten sich bis in die heutige Zeit erhalten. Ganz besonders seien jedoch zu erwähnen „Hunderte von Resten indianischer Cultur in Höhlen, auf den Spitzen der Berge und im Sande der Ebenen". Von diesen, die zum Theil auch bei uns scit längerer Zeit bekannt sind, giebt er eine Aufzählung (S. 386), theils aus literarischen Quellen, theils nach mündlichen Mittheilungen; soweit sich erkennen lässt, hat er selbst keine der Stellen selbst besucht. Sie sind merkwürdig genug, um der Aufmerksamkeit späterer Forscher empfohlen zu werden.

In einer Beziehung ist dieses Kapitel etwas dunkel. Der Verf. sagt, dass zur Zeit der Entdeckung die Antillen von dem Stamme der Cibuneys, zu welchen auch die Taïni (die Edlen) gehörten, bewohnt waren, dass aber in einigen Theilen der Insel auch Kariben und Arrowaken sassen. Von den Taini giebt er, leider ohne genaue Citate, eine Beschreibung, in der er auch schildert, wie die Mütter durch Einschnüren zwischen Brettern die Köpfe ihrer Kinder deformirten. An dieser Stelle bringt er die lineare Profil-Zeichnung eines „Kariben“-Schädels, auch wieder ohne Angabe, woher dieser Schädel stammt und auf Grund welcher Merkmale er als karibisch angesehen wurde. Ref. möchte durch diese Bemerkungen nicht etwa einen Zweifel an der Richtigkeit der Deutung ausgedrückt haben; hat er doch selbst in seinen Crania americana (S. 1S) die Beweise für das Vorkommen so deformirter Schädel bei Kariben gesammelt. Aber er würde es doch gern gesehen haben, wenn der Verf. für den von ihm abgebildeten Schädel nachgewiesen hätte, dass er in Haiti gefunden ist und dass er ein karibischer und nicht ein tainischer war. Nach seiner Angabe (S. 372) sassen die Kariben im ganzen Nordosten und Südosten der Insel, in Magua und Higuey; „die Ciguayen und die Bewohner Higueys", heisst es, „waren fast rein karibischen Blutes". Die Kariben, die er von Guyana herleitet und gegen das Jahr 1400 eindringen lässt, unterschieden sich von den „Insulanern, die ausschliesslich Marien und Xaragua bevölkerten", durch hohen Wuchs, grössere Muskelstärke, moralische Energie und kriegerische Geberdung. Während die Taïnis nur Steinäxte, Kolben (macaua) und Schleudern als Waffen führten, kannten die Kariben ausserdem Bogen, Pfeile und Köcher.

Alles dieses hätte genauer Belege bedurft, zumal da im weiteren Verlauf seiner Darstellung der Verf. häufig nur von „Indianern" spricht, ohne dieselben genauer zu bezeichnen. Nur bei der Beschreibung der Zemes oder Chemis (S. 377), der FamilienGötterbilder, von denen er eine Anzahl bemerkenswerther Abbildungen liefert, wird erwähnt, dass sie nitainischen Ursprunges seien.

Es folgt dann das zweite Kapitel: Herren und Sklaven der Colonialepoche (S. 389), ein sehr trauriges, aber auch sehr gut geschriebenes Kapitel. Hier schildert der Verf. die Entstehung der Flibustier und Boucaniers, welche ihre Namen von den Flyboten und von Boucan erhielten; mit letzterem Namen bezeichneten die Kariben die Orte, wo sie das Fleisch ihrer Gefangenen kochten und räucherten, und derselbe übertrug sich auf die Boucaniers, weil sie vorzugsweise das geräucherte Fleisch der auf der Insel verwilderten Ochsen genossen. Schon 1503, vor Las Casas, wurden Neger in Santo Domingo eingeführt, und 1510 der Negerhandel förmlich legalisirt. So entwickelte sich der in jeder Beziehung verderbliche Gegensatz zwischen den Kreolen (auf der Insel geborenen Abkömmlingen weisser Eltern) und den farbigen Mischlingen, der in dem dritten Kapitel über die Freien der Jetztzeit (S. 408) in seinen Consequenzen genauer ausgeführt wird.

Wir erfahren hier, dass die meisten schwarzen Sklaven von der afrikanischen Westküste eingeführt wurden (S. 440): Senegal-Neger, Joloffs und Fulahs, Fulup von der Gambia, Nagos, Neger der Pfeffer-, Zahn- und Goldküste, namentlich Kru, Fanti, Aschanti und Dahome, Ibos vom Alt-Calabarfluss, Mandingos, Bambara vom Rio Nunez, Haussa, Bewohner von Benguëla, Angola, Congo und Loango, nur vereinzelt von Mozambique und Madagascar. In den 7 Jahren von 1783 bis 1789 betrug die Zahl der gekauften Neger 171 362. Im Anschlusse daran mag hier auf das höchst interessante Kapitel III im III. Abschnitt der III. Abtheilung verwiesen werden, welches überschrieben ist: „Polytheistische Reminiscenzen im Vaudoudienste" (S. 507). Es handelt sich dabei um einen aus Africa eingeführten Götzendienst, der in heimlichen Versammlungen geübt wurde und dessen Mittelpunkt eine Schlange war. Trotz aller Verfolgungen erhielt derselbe sich, zum Theil in höchst barbarischen Formen, während der ganzen Colonialzeit; „augenblicklich besteht er nur in seinen Auswüchsen und civilisirten Entartungen“ (S. 509). Nichtsdestoweniger führt der Verf. (S. 519) auch aus neuerer Zeit Fälle an, wo Menschenopfer gebracht und Kannibalismus geübt wurde. Wenn er sich trotzdem, so schon in dem Vorwort, mit Entrüstung gegen die grausenerregenden Berichte wendet, welche Zeitungsschreiber und andere Autoren über die Kannibalen von Haiti in die Welt geschickt haben, so mag es sein, dass dabei eine unzulässige und verwerfliche Verallgemeinerung stattgefunden hat, aber er selbst kann doch nicht umhin, Fälle, die gerichtlich controlirt und gestraft wurden, bis zum Jahre 1863 anzuführen, und sein zusammenfassendes Schlusswort lautet (S. 524): „Diejenigen, die Menschenopfer verrichten, thun dies in tiefster Unwissenheit und abergläubischer Furcht vor den von den Papalois aufgeschwindelten Geistern. Dass aber, wie ab und zu behauptet wird, Menschenfleisch auf den Märkten verkauft wird, ist absolut zu leugnen“.

Es mag endlich noch auf das höchst interessante Kapitel über die kreolische Sprache auf Haiti (S. 474) aufmerksam gemacht werden, in dem Proben dieses verunstalteten Jargons in grösserer Zahl geliefert sind.

Wir schliessen, indem wir der gewissenhaften und lehrreichen Arbeit des Verf. volle Anerkennung zu Theil werden lassen. Die naturwissenschaftlichen Abschnitte über Meteorologie, Geologie, Flora und Fauna machen den Eindruck erschöpfender Kenntniss. Wenn die, an sich naheliegende Frage über den Einfluss des Klimas auf die Gesundheit der Menschen und die Acclimatisation der Europäer in dem betreffenden Abschnitt (S. 528) nicht befriedigend gelöst wird, so erklärt sich dies aus dem, für alle spanischen Colonien geltenden Erfahrungssatz, dass die amtliche Statistik in dieser Richtung höchst defekt ist. Was der Verf. über die Fruchtbarkeit des Bodens, über die paradiesische Schönheit der Vegetation und über die Abwesenheit schädlicher Thiere beibringt, scheint dafür zu sprechen, dass die herrliche Insel auch für europäische Colonisation ein geeigneter Platz werden könnte, sobald die politische Entwickelung mehr Bürgschaften des inneren Friedens und der gesicherten Ordnung bieten wird. Rud. Virchow.

David Murray.

Glasgow 1896.

An Archaeological Survey of the United Kingdom. 8 vo. 113 p.

Der Verf. legt in einer sehr warm geschriebenen Abhandlung die Nothwendigkeit dar, eine staatliche Aufsichtsbehörde für die gesammten archäologischen Ueberreste in dem vereinigten Königreich, wir würden vielleicht sagen, eine archäologische Landesanstalt einzusetzen. Er zeigt, wie trotz mannichfacher Akte der Gesetzgebung die Erhaltung der Alterthümer sowohl in England und Irland, als namentlich in Schottland empfindliche Lücken hat, die seiner Auffassung nach in vielen anderen Ländern nicht bestehen. Was letzteren Punkt anbetrifft, so hat er sich bemüht, den Stand der Gesetzgebung in einer grossen Zahl von Ländern zu ermitteln, aber es ist ihm dies nur sehr unvollkommen gelungen, da er sich vorzugsweise an das codificirte Recht hält; die überall so zahlreichen Specialverordnungen und noch mehr die actuelle Handhabung derselben hat sich fast ganz sciner Kenntniss entzogen. Genau genommen, zeigt er sich nur über die französischen Verhältnisse vollständiger unterrichtet. Wie es scheint, sind ihm die deutschen Verhältnisse aus eigener Anschauung nicht bekannt; nicht einmal von dem Mainzer Museum spricht er eingehend, obgleich die Einrichtung desselben seinem Gedanken in vielen Stücken entspricht.

Es muss dabei erwähnt werden, dass nach seinem Wunsche die archäologische Landesanstalt ihre hauptsächliche Thätigkeit auf die Registrirung der vorhandenen Alterthümer, ihre genaue Beschreibung und Kartirung richten soll. Zu diesem Zwecke giebt er in einem Anhange A einen umfassenden Fragebogen, wie derselbe von dem Comité historique des arts et monuments seinen Correspondenten vorgelegt worden ist. Wir besitzen genug solcher Fragebogen, aber sie erstrecken sich nicht auf das Mittelalter, welches in dem französischen Questionnaire einen so grossen Raum einnimmt; wir überlassen das den historischen Vereinen und den Provinzial-Conservatoren, welche diese Aufgaben mit besonderer Vorliebe verfolgen. Dagegen legen wir besonderen Werth darauf, die prähistorischen Verhältnisse bis zur Völkerwanderungszeit durch Vereine erforschen zu lassen, welche nach deutschem Sprachgebrauch meist anthropologische genannt werden. Diese Vereine finden ihren Mittelpunkt in der Deutschen anthropologischen Gesellschaft, deren jährliche Generalversammlungen hauptsächlich den Zweck verfolgen, die Agitation in die einzelnen Landestheile zu tragen. So ist es gelungen, nicht nur in allen Landestheilen Deutschlands Localmuseen entstehen zu lassen, wie sie Mr. Murray wünscht, sondern auch die locale Forschung überall in Gang zu bringen und gemeinsame Anschauungen über den Fortschritt der Cultur zu gewinnen. Der schwierigste Punkt ist der der Localmuseen, für welche Mr. Murray besonders plaidirt. Auch wir fördern sie, wo es irgend möglich ist, aber wir empfinden daneben doch die Nothwendigkeit, grosse Nationalmuseen zu haben, in denen Repräsentanten aller Culturepochen gesammelt und auch für das Studium derjenigen, welche weder Zeit, noch Geld für immer neue Reisen haben, zugänglich gemacht werden. Immerhin wird man dem Gedanken, archäologische Landesanstalten zu gründen, nicht abhold sein können, so sonderbar es uns Continentalen auch erscheinen mag, dass gerade in England die freie Thätigkeit der Bürger durch ein staatliches Organ angeregt werden soll.

Rud. Virchow.

Konstantin Könen. Gefässkunde der vorrömischen, römischen und fränkischen Zeit in den Rheinlanden. Mit 21 Tafeln. Bonn 1895 (P. Hanstein). 8vo. 154 S.

Der Verf. hat die günstigen Umstände, welehe ihm seine langjährige Localforschung und seine Stellung gebracht haben, dazu benutzt, eine zusammenfassende und durch ihre gedrängte Form übersichtliche Darstellung der rheinischen Gefässe bis zur Zeit der Karolinger zu liefern. Er folgt dabei der jetzt meist angenommenen Chronologie, so dass die Vergleichung mit anderen Aufzeichnungen und Sammlungen sehr erleichtert ist. Noch mehr würde dies der Fall sein, wenn eine übersichtliche Erklärung der Abbildungen ge

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