Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Besprechungen.

F. Martins Sarmento. R. Festus Avienus, Ora maritima. 2a. Edição. Porto 1896. 8vo., 164 pag. c. 1 Carta geographica.

Der berühmte Erforscher von Sabroso, der Citania dos Briteiros und anderer prähistorischer Plätze im nördlichen Portugal hat das bekannte Lehrgedicht des Festus Avienus über die Küsten des westlichen Europa zum Gegenstande einer ausführlichen Erörterung gemacht. Er zeigt dabei eine sehr ausgedehnte Kenntniss der Literatur, auch der deutschen; so ist ihm Müllenhoff's wichtige Abhandlung wohl bekannt. Gleich diesem weitsichtigen Interpreten der klassischen Schriftsteller geht Herr Sarmento weit über die beglaubigte Geschichte hinaus in das Gebiet der Sage und der volksthümlichen Tradition. Er unterscheidet sich nur dadurch von den meisten seiner Vorgänger, dass er die sagenhaften Schilderungen der Thaten des Hercules, der Argonauten-Fahrt und der uralten Völkerwanderungen wörtlich nimmt und so das grosse Gebiet von der Donau und vom baltischen Meere bis zum atlantischen Ocean mit Bildern der frühesten Seefahrten und Landnahmen erfüllt. Grosses Geschick in der Aneinandergliederung mythologischer und historischer Erzählungen wird ihm gewiss gern zugestanden werden, aber sein Material ist nach der Meinung des Ref. nicht so reich, um allen seinen Hypothesen sichere Unterlagen zu gewähren. Immerhin bietet es einen grossen Reiz, ihm auf seinen Pfaden durch zum Theil deutlich erkennbare, zum Theil ganz phantastisch umgestaltete Landschaften zu folgen. Die physische Anthropologie kommt dabei gar nicht, die prähistorische Archãologie nur gelegentlich zur Mitwirkung

Der Verf. zerlegt seine Auslegung der Ora maritima in zwei Theile, einen geographischen (p. 1-60) und einen ethnographischen p. 61-162).

Für den ersteren ist zunächst entscheidend der Abschnitt über die Säulen des Hercules in der Vorrede. Die Angabe des Avienus, dass dieselben auf einem nördlichen Vorgebirge am Sinus Oestrymnicus standen, widerstreitet so sehr allen anderen Ueberlieferungen, welche sie an die Meerenge von Gibraltar versetzen, dass Müllenhoff angenommen hatte, es seien an dieser Stelle einige Halbzeilen des Gedichtes verloren gegangen. Hr. Sarmento weist diese Annahme zurück und erklärt die zweifellose Verwechselung aus einem, durch griechische Autoren herbeigeführten Missverständniss des phönicischen Periplus, das von Avienus vorgefunden und bei der Unsicherheit der damaligen Erdkunde gläubig aufgenommen sei. Jedenfalls ist seine Deutung, dass das Oestrymnische Vorgebirge, an dessen Fuss sich der gleichnamige Sinus öffnete, das westliche Vorgebirge der Bretagne sei, einigermaassen verträglich mit den Voraussetzungen, welche man auf Grund des Textes der Ora maritima machen kann. Denn der Sinus Oestrymnicus muss die westliche Oeffnung des Kanals la Manche sein. Ob jedoch Hr. Sarmento dieses Vorgebirge, das er auf seiner Karte als Pr. Oestrymnis bezeichnet und dem er den, soweit Ref. sieht, sonst ungebräuchlichen Namen Finisterrae de Bretanha (Bretagne) beilegt (p. 4), nicht mit dem Vorgebirge Finisterre (Landsend) von Britannien (England) verwechselt, lässt Ref. um so mehr dahingestellt, als der Verf. selbst die nördlichen Säulen des Hercules an das andere, nördliche Ende des Kanals, an den Pas de Calais, verlegt. Diese Annahme erscheint auch zulässig, wenn man das Vorgebirge Landsend als das Prom. Oestrymn. des Avienus ansieht. Auch bleibt dabei die Reihenfolge in der Aufzählung der geographischen Punkte unberührt. Diese geht, wie Verf. nachweist, von dem Sinus Oestrymnicus aus, überschreitet den Biscayischen Meerbusen (magnus aequoris fusi sinus), ohne die Küsten zu berühren, geradeswegs und folgt dann der Küstenlinie der iberischen Halbinsel in ihrer ganzen nördlichen und westlichen Ausdehnung bis zur Bai von Sado und zum Cyneticum jugum, dem jetzigen Cap S. Vicente, ungefähr bis zu der Grenze zwischen Cyneten und Tartessiern am Rio Ana.

Das ganze iberische Küstenland bis zu dieser Gegend erscheint in der Ora unter dem Namen Ophiusa: der nördliche Theil als Ophiusae latus, der westliche als Ophiusae frons. Das Innere des Landes wird kaum berührt. Von den nördlichen Inseln kennt Avienus Irland (insula Hiernorum), England (insula Albionum) und die insulae Oestrymnides.

Der ethnographische (oder, wie wir sagen würden, ethnologische) Theil behandelt die verschiedenen Völker, die in der Ora erwähnt werden, unter Beibringung eines grossen literarischen Materials, das auch die Nachbarvölker und zum Theil alle grossen europäischen Völkerwanderungen der Vorzeit umfasst. Da diese Betrachtungen sich vielfach in weit zurückgelegene Zeiten erstrecken, so sind sie mit umfangreichen linguistischen, namentlich aber mit mythologischen Excursen ausgestattet; auf diese kann hier nur hingewiesen werden. Von den Völkern der Ora werden folgende besprochen:

1. Die Albionen, die damals den Norden Englands bewohnten. Der Verf. bringt sie mit Albion, dem mythischen Gegner des Hercules auf seinem Zuge nach Erythia, mit den PseudoColchidiern oder Albionen des Argonautenzuges und mit den Kymri von Hu Gadarn in Beziehung. Seiner Meinung nach ging eine grosse prähistorische Wanderung von Kleinasien aus, zunächst in gemeinsamem Zuge bis zu den Quellen der Donau, dann in zwei getrennten Linien, die eine längs der Rhone zum Mittelmeer (Umbrier und italiotische Völker), die andere, wozu auch die Albionen gehörten, längs des Rheins. Letztere suchten der Sage nach ein wunderbares Goldland; es zeigte sich aber, dass das Gold Zinn war. Daraus entwickelte sich ein reicher Handelsverkehr sowohl nach der Nordsee, als über Calais nach dem Rhein, der Rhone und dem Mittelmeer, und es begann die Herstellung der Bronze, mit der besonders das in der Argonauten-Sage erwähnte „Seenland“, d. h. die Schweiz, versehen wurde. Da traten (seit dem 12. Jahrhundert) die Phönicier (Tyrier) in diesen Handel ein, und die Bronzekultur verbreitete sich längs der Donau und der Rhone.

2. Die Ligurer der oestrymnischen Bezirke. Sie hätten ursprünglich in kalten Gegenden (regiões geladas da ursa) gewohnt, seien aber von da durch Celten vertrieben und nach England geflüchtet, wo sie sich in Morinia, in der Nähe von Dover, ansiedelten. Als ursprünglichen Sitz der Ligurer betrachtet Verf. die Ufer des baltischen Meeres; die Invasion der Celten erfolgte von Scandinavien aus. Diese Auffassung sei zweifellos. Gegen die Ansicht mancher Linguisten, dass die Albionen ein celtischer Stamm gewesen seien, spreche die Thatsache, dass sie schon zur Zeit des Periplus ein alter Stamm in England waren, während Celten auf der Insel noch nicht erschienen waren, nicht einmal auf dem linken Rheinufer. Schon Jacob Grimm soi mit starken Gründen gegen die These aufgestanden, dass die Celten eines der ältesten Völker Europa's waren. Sie seien nicht, wie die anderen, aus Kleinasien auf der Donau-Strasse angelangt, sondern von Scandinavien aus über das baltische Meer eingebrochen, hätten den Rhein erreicht, die ligurischen Stämme vertrieben und längs der grossen Ströme Europa durchzogen. Nachdem sie sich in Central-Gallien zu einer starken Macht entwickelt hatten, begannen sie mit dem Ende des 7. Jahrhunderts ihre Verwüstungszüge. Wiederholt erhebt Verf. Klagen über die Wildheit der Celten und ihre brutale Zerstörungswuth; nicht sie seien die Civilisatoren Europas gewesen, im Gegentheil, sie hätten die Ligurer, die zweifellos die Bronzecultur an das baltische Meer gebracht hätten, verjagt und zum Theil vernichtet. Sie waren es, die auch den continentalen Zinnhandel über die Rhonestrasse unterbrachen; sie brachten den grossen Kataklysmos des 5. Jahrhunderts.

3. Die, von keinem alten Schriftsteller sonst erwähnten Oestry mnier bewohnten einen grossen Theil von Süd-England, speciell Cornwall. Von da aus entwickelte sich der neue Zinnhandel, der über See zu den Tartessiern und den karthagischen Colonien in Spanien ging. Nach der Ora hatten die Oestrymnier früher die nordspanische Ophiusa bewohnt, von wo sie der Sage nach durch Schlangen vertrieben wurden; Verf. glaubt jedoch, dass sie in ältester Zeit die ganze Ophiusa einnahmen und auch Colonien bis in den Kanal la Manche vorgeschoben hatten, dessen beide Ufer von ihnen besetzt waren. Als Hu Gadarn mit den Kymri einrückte, fand er hier ein verwandtes Volk mit gleicher Sprache und von derselben Abstammung vor, ebenso in Armorica (Llydaw) und der Gascogne (Gasconha). Die als Lloegrwys (Ligurer) bezeichneten britannischen Oestrymnier könnten Auswanderer aus der Ophiusa gewesen sein. Der Verf. kommt hier auf seine Vermuthung von der Ver

wandtschaft der Albionen mit den Kymri zurück, ja er hält es für möglich, dass diese die reinsten Repräsentanten der Oestrymnier sein könnten. Man müsse dann freilich bis auf die tyrische Zeit zurückgehen.

4. Die Hierner. Die Tyrier (prisci) nannten Irland die heilige Insel; nach der Tradition war sie von Nemediern bewohnt, als die Milesier aus Spanien, gleichfalls in tyrischer Zeit, dahin kamen. Letztere hält Verf. für Oestrymnier.

5. Die Oestrymnier der Bretagne gehörten demselben Stamme an, wie die eben besprochenen.

6. Die Ligurer und Draganer der nördlichen Ophiusa. Ihr Land entspricht der Lusitania Strabo's; es reichte von der Küste bis zu einer Linie, welche von der Quelle des Douro nach Westen lief. Der Verf. setzt die Ankunft dieser Völker gleichfalls an das Ende des 7. Jahrhu derts und betrachtet sie als eine Folge der grossen Celten-Wanderung. Das Land war damals leer (vacua gleba).

7. Die Cempsen und Saefen. Nach der Ora wohnten die ersteren ursprünglich auf der Insel Catara im südwestlichen Spanien. Verf. betrachtet beide als tartessische Stämme.

8. Dic Cyneten, nächste Nachbarn der Tartessier, welche die alten Schriftsteller streng von den Iberern trennen. Der Verf. hält die Tartessier für ursprüngliche Ligurer mit Bronzecultur. Ihre spätere Einwanderung ins Innere von der westlichen Küste her erfolgte im 7. Jahrhundert. Aber sonderbarerweise erscheint hier der Name eines Flusses Sicanos, dessen Umgegend im 15. Jahrhundert erobert wurde (Thucydicles); es ist daher wahrscheinlich, dass eine wiederholte Invasion stattgefunden hat.

Die Zeit wird lehren, ob diese Auffassungen vor einer strengen Kritik standhalten werden. Nach unserer Auffassung wird im Einzelnen Vielerlei dagegen einzuwenden sein. Wer sich aber in die Beweisführung des Verf. vertieft, wird anerkennen müssen, dass darin gewisse Hauptpunkte mit Geschick und Consequenz entwickelt sind, welche verdienen, genau geprüft zu werden. Dahin gehört insbesondere der Gedanke, der schon von Unger und neuerlich wiederholt von Hrn. S. Reinach entwickelt ist, dass in der Bronzezeit über ganz Europa eine gemeinsame Cultur geherrscht habe, die an verschiedenen Orten verschieden bezeichnet worden ist, für die aber der Name der mykenischen dem Gedankengange der klassischen Archäologen am meisten entspricht. Mit grosser Schärfe weist der Verf. die Bezeichnung einer uralten celtischen Cultur zurück. Aber ebenso wenig will er von einer skandinavischen oder irischen oder ligurischen Bronzekultur im Sinne einer ursprünglichen etwas wissen. Ein lehrreiches Beispiel dafür bietet er in seiner Betrachtung der alten Cidades (p. 130–132, 140, 142) von Portugal, die er selbst in mustergültiger Weise ausgegraben hat. Leider hat er noch jetzt keine ausführliche Darstellung derselben gegeben, und so kommt es, dass er auch hier auf den Bericht verweist, den Ref. für den Compte-rendu des IX. internationalen prähistorischen Congresses in Lissabon geliefert hat, sowie auf das bekannte Werk des Hrn. Cartailhac über die prähistorischen Perioden in Spanien und Portugal. Verf. knüpft seine nur zu kurzen Bemerkungen an ein Paar Zeiler der Ora (v. 195-196): Cempsi atque Sacfes arduos colles habent Ophiusae in oris. In uer That liegen die berühmten Cidades in der Gegend, wo diese Völkerschaften zur Zeit des Periplus (oder des Avienus) sassen. Verf. sagt: Estas povoações nos altos são sem duvida alguma os montes fortificados, em que os Lusitanos e os Gallegos defenderam a sua liberdade contra a invasão romana, as cidades, que eram o centro da sua civilisação material, e de qua nào faltam ruinas por todo o nosso paiz. Mit Recht findet er, dass diese Reste eine approximative Idee von der Cultur der alten Weststämme geben, wern man die Einflüsse abrechnet, welche seit jener Zeit über sie hingegangen sind. Die in Bas-relief eingegrabenen Ornamente der Steine, welche namentlich in der Citania sich in unzähligen Varianten wiederholen, zeigen stets denselben Styl. Es ist derselbe, der an den Bronzegegenständen der beiden Hauptstationen und aller gleichzeitigen Stationen hervortritt, kurz der Styl der Bronzecultur; da derselbe aber auch an den Portalen der Wohnungen und an anderen Architekturstücken erscheint, so beweist er eine, in diesem Theil der Halbinsel naturalisirte Kunst. In Sabroso erkennt man deutlich, dass dies eine vorrömische Cultur ist.

Die Frage, woher diese Cultur stammt, lässt der Verf. unberührt. Er schliesst damit, sie den alten arischen Einwanderern zuzuschreiben. Aber damit ist die Untersuchung erst eröffnet, welches arische Volk der erste Träger derselben war. Dass nicht jedes arische Volk daran gleichbetheiligt war, ist leicht ersichtlich. Wenn die Celten sie nicht erfunden haben, so wird ihnen doch nicht bestritten werden können, dass sie an der Entwickelung derselben stark betheiligt waren. Haben sie die Cultur aber erst von einem anderen Volke empfangen. so muss dieses aufgefunden werden. Vorläufig weisen alle Indicien nach dem Orient, und das war auch der Grund, warum Ref. bei den skulpirten Steinen der Cidades, deren mykenischen Styl er wohl zuerst hervorgehoben hat, auf die Phönicier hinwies. Es ist dieselbe Frage, welche auch in Mykenae selbst nicht übergangen werden kann. Sind die Cidades Gründungen der Cempsi und Saefes, wie recht wohl möglich ist, so mögen die Phönicier, die ihre Küsten rings umschwärmten, an der Gründung derselben einen ebenso grossen Antheil gehabt haben, wie ihnen derselbe für die Akropolen von Hellas und Kleinasien nicht abgesprochen werden kann. Möge der fleissige und geistvolle Mann, dessen Werk uns vorliegt, dessen in der von ihm zu erwartenden Arbeit über die Argonauten nicht vergessen! Rud. Virchow.

Oscar Montelius. La civilisation primitive en Italie depuis l'introduction des métaux. Stockholm 1895. gr. 4to. 547 Col. avec des figures insérées dans le texte et un Atlas de Pl. XXI dans la Série A et de Pl. 113 dans la Série B.

Diese Publikation des berühmten schwedischen Alterthumsforschers verspricht eines der grössten und wichtigsten Quellenwerke für die ältere Metallzeit zu werden. Der vorliegende Abschnitt umfasst als ersten Theil eine typologische Uebersicht der italischen Fibeln, vorzugsweise nach Funden, die in Norditalien, wenigstens diesseits des Apeninn, gemacht sind (Série A, p. I-VI et Col. 1-28); der zweite Theil bringt „Materialien für die Geschichte der primitiven Civilisation in Italien", nehmlich die Erläuterungen zu den in der Ueberschrift bezeichneten Tafeln (Série B, p. 29 - 548). Ein dritter Theil wird Süditalien, Sicilien und Sardinien behandeln. Nach einer Angabe des Verf. sollen diese überwiegend topographischen Materialien demnächst in typologischer und chronologischer Ordnung vorgeführt werden; zugleich sollen die hauptsächlichsten ethnologischen Fragen diskutirt und die Entwickelung der italischen Civilisation in den verschiedenen Perioden, unter Berücksichtigung des Einflusses der Völker des östlichen Mittelmeerbeckens (Griechen, Kleinasiaten und Phönicier), dargestellt werden. Die Genauigkeit in den Beschreibungen der einzelnen Funde und Fundplätze, die Vollständigkeit in der Aufzählung derselben, die Fülle und die prächtige Ausführung der Tafeln zeigen schon jetzt, dass für alle künftigen Arbeiten im archäologischen Gebiet dieses Werk eine sichere und zugleich unentbehrliche Grundlage bilden wird.

Gerade in Deutschland, wo von jeher die Aufmerksamkeit auf die altitalische Archäologie eine so allgemeine und gespannte war, wird ein solches Werk, das in bequemster Form und in ganz authentischer Weise das Zurückgehen auf die vielen und so sehr zerstreuten Funde in Italien gestattet, mit besonderem Danke aufgenommen werden. Mit hoher Anerkennung wird man erfahren, dass die höchst kostbare Ausstattung des Werkes durch eine Vereinigung officieller und privater Kräfte erzielt ist: die schwedische Regierung, die Akademie für Archäologie und die Gesellschaft Letterstedt in Stockholm, Herr J. W. Wilson in Gothenburg und ein Anonymus haben zu den Kosten gesteuert. Ein schönes Beispiel, dem wir recht zahlreiche Nachfolge wünschen.

Der Verf. bezeichnet die Zeit vom Beginn des zweiten vorchristlichen Jahrtausends bis zu den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung als den Spielraum für seine Ausführungen. Er begrenzt speciell für die Fibeln folgende Perioden:

1. Die ältesten Typen stammen aus dem 15. Jahrhundert v. Chr., wie parallele Funde aus griechischen Gräbern der Zeit des ägyptischen Königs Amenophis III. beweisen.

2. Die Certosa-Fibeln beginnen mit dem 5., die ältesten wahrscheinlich mit dem 6. Jahrhundert v. Chr., denn sie finden sich in etruskischen Gräbern, welche gemalte griechische Vasen aus dieser Zeit enthalten.

3. Die ältesten La Tène-Fibeln sind nahezu gleichalterig mit den Certosa-Fibeln, denn sie gleichen diesen mit Ausnahme der Schleife vollständig.

4 Jede dieser Perioden beträgt mit Einrechnung der Zwischenzeiten 150-200 Jahre. Eine in das Einzelne eingehende Besprechung verbietet sich bei der Fülle des Materials. Es mag also nur darauf hingewiesen werden, dass Funde aus reinem oder fast reinem Kupfer öfter in den ältesten Gräbern Italiens vorgekommen sind, als man gewöhnlich annimmt. So in den Bestattungsgräbern von Remedello, Provinz Brescia (cine Axt und 2 Dolche, Col. 194). Die für Kupfer gehaltenen Stücke aus der Nekropole von Cumarola, Provinz Modena, sind leider nicht analysirt worden (Col. 198). Dagegen lieferten die Brandgräber von Norditalien durchweg Bronze.

Von grösstem Interesse ist die Nebeneinanderstellung der Ergebnisse aus den norditalischen Pfahlbauten und den Terramaren, sowie die ausführliche Schilderung der Funde aus den weltberühmten Nekropolen von Bologna, Villanova, Marzobotto und Este, welche viele unserer vaterländischen Alterthümer erläutern. Auch die Ansae lunatae und die Buckelurnen aus der Terramare von Gorzano, Provinz Modena (Pl. 18), werden nicht verfehlen, Eindruck auf unsere Landsleute hervorzubringen.

So wünschen wir denn dem prächtigen Werke recht zahlreiche Leser und aufmerksame Betrachter. Möge es dem arbeitsamen und kenntnissreichen Verf. bald gelingen, dasselbe zu Ende zu bringen! Der Dank der Mit- und Nachwelt ist ihm schon jetzt gesichert. Rud. Virchow.

Max von Chlingensperg auf Berg. Die römischen Brandgräber bei Reichenhall in Oberbayern. Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn. 1896. kl.-fol. 66 Seiten mit 1 Karte, XXII Tafeln und 2 Ansichten der Brandgräber.

Der, durch seine trefflliche Untersuchung der merovingischen Gräber bei Reichenhall allgemein bekannt gewordene fleissige Forscher hat ein neues, diesmal römisches Gräberfeld aufgedeckt und liefert jetzt eine musterhafte Beschreibung desselben. Er hat in diesem Friedhofe (Verf. schreibt Frithof") 307 Brandgräber des I. und II. Jahrhunderts geöffnet und daraus eine Fülle der mannichfaltigsten, freilich vielfach durch Bruch oder Brand beschädigten Beigaben zu Tage gefördert, die jetzt im Nationalmuseum zu München aufgestellt sind. Er hebt namentlich die norisch-germanische Fibeln (Flügelfibeln nach Tischler) hervor. Ref. möchte ausserdem auf die zahlreichen Gefässe aus Terra sigillata (Taf. XVI–XX) hinweisen, welche z. Th. an die römische Töpferei in Westerndorf erinnern, deren Verschiedenheit Verf. jedoch mehrfach darlegt. Unter den rohen Thongefässen sind für uns Nordländer namentlich die auf Taf. I und II abgebildeten, sowohl nach Form, als nach Ornament (Welle, wichtig. Verf. bemerkt (S. 49), dass dies Ornament im römischen Gallien und Britannien weniger auftrat, dagegen vom Rhein an nach Oesterreich hinein immer häufiger erscheint und in Ungarn zwischen dem 4 und 7. Jahrhundert von den Südslaven übernommen wurde Auch die Thonfiguren, die als Kinderspielzeug gedeutet werden und vorzugsweise Vögel, doch auch Reiter darstellen (Taf. XIII), sind bemerkenswerth. Dagegen sind Waffen so spärlich, dass man an eine überwiegend friedliche Bevölkerung denken muss.

Unter den sonstigen Ausführungen erwähnt Ref. besonders die interessanten Schilderungen der alten Alpenwege und der sich daran schliessenden Handelsstrassen nach Norden und Osten. Einige Funde, so namentlich ein keltischer Quinar (Taf. V, Fig. 21) und das Fragment ciner eisernen Spät-La Tène-Fibel, beweisen durch ihre Seltenheit, dass die alte norische Bevölkerung schon fast ganz geschwunden war.

Wir begrüssen die schöne Arbeit als ein sehr werthvolles Glied in der Kenntniss der Cultur der römischen Occupations-Periode. Rud. Virchow.

« AnteriorContinuar »