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Besprechungen.

J. Heierli und W. Oechsli. Urgeschichte des Wallis. Mit 9 Tafeln und 1 Uebersichtskärtchen. Zürich 1896. 84 S. in 4°. (Mittheilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band XXIV, Heft 3.)

Das Wallis, durch seine geographische Lage fast gänzlich von den angrenzenden Gebieten abgeschlossen, bietet dem Forscher ein lehrreiches Beispiel, wie trotz aller natürlichen Hindernisse die Cultur in die entlegensten Gegenden eindringt, wie eigenartig sie sich dort entwickelt und wie zähe alte Ueberlieferungen dort festgehalten werden. War auch die einzige Verbindung mit der Aussenwelt vom Genfer See her bequem genug, so stieg die südliche Cultur doch nicht auf diesem Umwege durch das untere Rhonethal in das obere hinauf, sondern bahnte sich direct über die Alpen ihren mühevollen, aber näheren Weg in das Wallis hinein. Diese vorgeschichtliche Entwickelung des Wallis schildert uns Hr. Heierli in den ersten 3 Abschnitten des vorliegenden Werkes in lichtvoller, streng wissenschaftlicher Weise, indem er zuerst alle bekannten Funde kritisch zusammenstelltund dieselben dann auf Grund eigener Anschauung ihrem archäologischen Charakter nach beschreibt. In der Steinzeit war das Wallis nur wenig bewohnt: nur von Tourbillon bei Sion konnten Gräber mit neolithischer Keramik (Scherben mit Finger-, Fingernagel- und Stäbchen-Eindrücken) constatirt werden. Aus der Bronzezeit sind schon zahlreiche Fundorte bekannt, und zwar nicht nur das ganze Rhonethal (besonders in der Umgegend von Sitten), sondern auch die Seitenthäler zum grossen St. Bernhard (Liddes) und zur Gemmi Leuk) hinauf; nur das Oberwallis und die Visperthäler scheinen noch schwach bevölkert gewesen zu sein. Unter den Funden sind besonders die Nadeln ausgezeichnet: sogen. Keulennadeln, durchlocht, mit verzierten Oeffnungen, aus den jüngeren Bronzepfahlbauten her bekannt: Rollen-, Ruder- und Scheibennadeln, wie sie nicht nur in der Schweiz sonst sehr selten sind, sondern ausserhalb Norddeutschlands nur noch im Kaukasus und ähnlich in Südamerica von Rud. Virchow') nachgewiesen sind. Die Vermuthung Virchow's, dass diese Schmucknadeln in Hannover, Meklenburg und Brandenburg auf italischen Import hinweisen, findet in dem Nachweis derselben im Wallis, wo sie auch, wie dort, durch kleine Buckel und Gravirungen fast stets verziert sind, eine wesentliche Stütze. Weiterhin wurden aufgefunden: Spangen mit einfach umgerollten Enden, Spiralringe mit einem spitzen und einem aufgerollten Ende, Ringe aus fossilen Muschelschalen, Ketten aus Spiralröhrchen, Gehänge in Sichelform oder aus Schnecken, selten aus Bernstein, Gürtelbleche mit kleinen Haken auf der Rückseite, wie sie in den Gräbern von Golasecca in der zweiten Periode auftreten; ferner Rand-, Absatz-, Lappen- und Löffelcelte, Messer mit massivem Griff und 3 Knoten daran, einschneidige Rasirmesser mit Ring unten, wie in den Brandgräbern von Bismantova: ferner Meissel, Hohlcelte, Knopfsicheln, Pfeil- und Lanzenspitzen; trianguläre Dolche, auch mit Vollgriffen und schön verzierter Klinge, wie sie in der Schweiz nur noch im Berner Oberlande am Thuner See, dagegen häufig einerseits in Norditalien (z. B. im Pfahlbau von Polada, im Depotfunde von San Lorenzo in Nuceto bei Forli und in Castione bei Parma), andererseits nördlich in Bayern, Hessen und Norddeutschland (z. B. Gauböckelheim in Rheinhessen, Malchin in Meklenburg, Daber in Westpreussen), wie auch westlich in der Gegend von Lyon, vorkommen; endlich Schwerter mit schwacher Rippe und sanft geschweifter Schneide, darunter eines mit allen Charakteren der ungarischen Form, welches sicher von Osten her importirt worden ist.

Noch viel zahlreicher und charakteristischer in Technik und Verzierung sind die Funde aus der Eisenzeit. Das untere und mittlere Rhonethal innerhalb des Wallis, besonders wieder die Gegend von Sitten-Conthey, waren dicht bevölkert, weniger das obere und die Visperthäler; der Weg über den grossen St. Bernhard und über die Grimsel waren viel begangen und auch die Pässe über die Furca und den Simplon schon bekannt. Unter den Funden sind vertreten: Messer, Lanzen, Schwerter aus Eisen; Nadeln und Fibeln aus Bronze; Ringe und Spangen aus Bronze, Silber, Gagat und Glas; Perlen aus 1) Das Gräberfeld von Koban, Berlin 1885, S. 32.

Glas; Münzen aus Potiu, Silber und Gold, endlich Bronzestatuetten eines gallischen Gottes Taranis. Unter den Fibeln finden wir die altitalischen Formen, nehmlich halbkreisförmige, Schlangen-, Certosafibeln und ausserdem noch die Golaseccaform mit Schieber; ferner die Früh- und Mittel-La Tèneformen, die ersteren zum Theil mit Emailplatten.

Von ganz besonderem Interesse und dem Wallis eigenthümlich sind die verschiedenen Formen der Spangen mit dem „Walliser Ornament" (d. h. tief ausgegrabenen Kreisen mit stark markirtem Mittelpunkte), welches wohl zuerst mit Spangen der jüngeren Bronzezeit importirt, dann selbständig und roher im Wallis fortgebildet und bis in die Römerzeit hinein beibehalten wurde. In der Früh-La Tènezeit sind die Walliser Spangen noch ganz dünn, entweder breit tonnenförmig oder schmal bandförmig und mit einem oder mit mehreren concentrischen Kreisen und Mittelpunkt verziert; dann werden sie in der Mittel-La Tènezeit schwerer und massiver, nehmen zuweilen Endstollen an, während das Kreisornament roher wird; zuletzt in der Spät-La Tène- und römischen Zeit erhalten nur die Enden Querleisten und Kreisverzierungen und nehmen so das Aussehen von Schlangenköpfchen an. Heierli konnte nicht nur die Zeitstellung dieser 3 Typen durch die Begleitfunde genau bestimmen, sondern auch die Uebergangsformen sicher nachweisen: jedoch müssen wir den Leser in Betreff dieser auf die sehr sorgfältigen Untersuchungen des Verf. im Original selbst verweisen. Frühe Kaisermünzen sind durch das ganze Wallis zerstreut; vorrömische Münzen dagegen wurden vorzüglich auf dem Wege von Martigny zum St. Bernhard und auf diesem selbst in der Umgebung des Hospizes gefunden. In Martigny wurden eine Sequanermünze, in Liddes 5 keltische, darunter 1 Salassermünze, weiter hinauf in Bourg St. Pierre und in der Umgebung des Hospitiums 92, darunter Münzen der Salasser, Allobroger, Sequaner, Volcer, auch Massalioten und deren Nachahmungen gefunden. Es kann hiernach kein Zweifel herrschen, dass der Pass über den grossen St. Bernhard schon in der vorrömischen Zeit von Händlern fleissig benutzt wurde. Erwägt man aber, dass in der Nähe des Hospizes beim Mont Joux, auf italischem Boden, unter vielen anderen Gegenständen eine Schlangenfibel, ein bronzenes Rasirmesser und Thonscherben von zweifellosem Hallstattcharakter gefunden wurden, so muss man diese Benutzung des Passes auch schon für die erste Eisenzeit sicher annehmen, und da von keinem anderen Pass, der von Italien in das Wallis führt, ein Beweis vorliegt, dass er in so früher Zeit von Händlern begangen worden ist, so können auch jene triangulären Dolche, welche aus Norditalien durch das Wallis und das Berner Oberland nach Deutschland eingeführt worden sind, nur über den grossen St. Bernhard dorthin gekommen sein.

Wenn Hr. von Duhn in seiner bekannten Arbeit über die Benutzung der Alpenpässe im Alterthum zu dem Schlusse kommt, dass dieser Verkehr in so früher Zeit ansschliesslich ein localer war, von Volk zu Volk, von Thal zu Thal, so widerstreitet dies den von Heierli festgestellten Thatsachen durchaus nicht. Denn von Duhn gesteht es gerade für den St. Bernhard zu, dass, „wenn auch ein intensiverer Verkehr zwischen der Schweiz und Italien erst seit Caesar's Zeit beginnt, doch auch früher die Bedeutung des Passes eine ungewöhnlich grosse war": war er doch von jeher der nächste und beste Weg von Italien nach der Westschweiz, dem Rhein, nach Ost- und Nord-Frankreich, Britannien und Deutschland. In dem IV. Abschnitt hat Hr. Oechsli die älteste Geschichte des Wallis nach dem heutigen Standpunkte der Geschichtsforschung in höchst dankenswerther Weise bündig und übersichtlich zusammengefasst Die ersten Anwohner des obersten Rhonelaufs tragen nach den ältesten Quellen germanische Völkernamen. Als später keltische Stämme eindrangen, mischten sich jene mit diesen, so dass sie als Halbgermanen, oder nach ihrer Nationalwaffe, dem Gaesum, einer besonderen Art von Wurfspiess, als Gaesati oder Lanzknechte bezeichnet wurden. Caesar kannte nur noch keltische Stämme. Der Mons Poeninus oder grosse St. Bernhard wurde von italischen Händlern noch zur Zeit Caesar's nur unter grossen Gefahren und gegen Zahlung von hohen Zöllen überschritten. Noch unter Augustus war er ein steiler Saumpfad, erst zur Zeit des Bürgerkrieges zwischen Otho und Vitellius ist er eine Heerstrasse. Tacitus stellt ihn an die Spitze der gallischen Pässe.

In einem Excurs über Avien's Schilderung des Rhonelaufs wird die Interpretation Müllenhoff's mit Recht verworfen und die ganze Beschreibung des Oberlaufs auf das Wallis und den Genfer See bezogen, und nicht, wie Müllenhoff will, auf die Umgegend von Lyon und einen hypothetischen See bei Arles, der nie existirt hat.

Die Abbildungen auf den 9 Tafeln und die Karte unterstützen das Verständniss de Textes und die Orientirung des Lesers in vortrefflicher Weise.

Wir empfehlen die schöne Monographie als Muster für alle ähnlichen Arbeiten und sehen dem Erscheinen der „Urgeschichte der Schweiz", welche Hr. Heierli uns in Aussicht stellt, mit Spannung entgegen.

Lissauer.

Vilhelm Boyl. Fund af egekister fra Bronzealderen i Danmark.

Med

27 Kobbertavler samt afbildninger i Texten af A. P. Madsen. Kjøbenhavn 1896. fol. 186 S.

Das in dänischer Sprache geschriebene Werk ist von einer freilich sehr viel kürzeren französischen Beigabe (Trouvailles de cercueils en chêne de l'âge du bronze en Danemark. XXXVI Seiten) begleitet, die manche Schwierigkeit bei weniger sprachkundigen Lesern überwinden helfen wird. Die Darstellung des Verf. ist übrigens auch im Dänischen so klar und scharf, dass die Benutzung des Originaltextes leicht von statten geht.

Vorweg mag die schöne Ausstattung des Werkes, sowohl die typographische, als die ikonographische, lobend hervorgehoben werden. Ganz besonders erfreulich sind die wundervollen Tafeln des Herrn Madsen, dessen grosse Kunstfertigkeit aus früheren Arbeiten genügend bekannt ist.

Es handelt sich hier um die in ihrer Art, namentlich in ihrer Zahl ganz einzigen Bestattungsgräber, welche den Besuchern des Nordischen Museums in Kopenhagen schon seit einer Reihe von Jahren als grösste Merkwürdigkeiten entgegengetreten sind: die Leichen sind in mächtigen Eichensärgen in ihrer Kleidung niedergelegt worden, und diese hat sich unter dem chemischen Einflusse des gerbstoff haltigen Holzes mehr oder weniger vollständig erhalten, während leider von den Skeletten nichts oder nur wenig übriggeblieben ist. Die Folge davon ist, dass unter den vielen und höchst sorgsamen Details, welche der Verf. über jeden einzelnen Fund beibringt, so gut wie nichts zu finden ist, was sich auf die physische Beschaffenheit des alten Bronzevolkes bezieht.

Der erste, genauer bekannte Fund einer „Eichenkiste" wurde schon im Jahre 1823 gemacht. Dann kamen lange Pausen, nach denen hier und da ein neues Grab entdeckt wurde. Aber erst in den letzten Jahren, nachdem die Aufmerksamkeit geschärft war, mehrte sich die Zahl der Fundplätze, und jetzt ist sie bis auf 33 angewachsen. Die meisten (16) liegen in Nord-Jütland, 10 in Süd-Jütland, besonders an der Ostküste in der Gegend von Hadersleben und Apenrade, 7 in Seeland. Ueberall hat man starke Eichenstämme benutzt, die an beiden Enden scharf abgeschnitten und dann der Länge nach durchgespalten sind, so dass die eine Hälfte die Mulde, die andere den Deckel bildet. Darin liegt die Leiche mit den mancherlei Beigaben, welche die Bronzezeit bezeugen.

Der Verf. hat aus der Literatur eine Anzahl von Parallelfunden aus anderen Ländern gesammelt (S. 170). So 28 Funde aus Schweden, namentlich aus den altdänischen Provinzen Schonen und Halland, andere aus England und Schottland, ein paar aus Deutschland (einen von Ruchow bei Güstrow und einen von Friedrichsruhe bei Parchim in Meklenburg, sowie einen von Wunstorf in Hannover). Er macht dabei aufmerksam darauf, dass in verschiedenen Gegenden, namentlich in Süddeutschland, solche Baumkisten noch in der Eisenzeit im Gebrauche waren.

Ref. will noch erwähnen, dass sich in einigen Baumkisten ausser Bronzewaffen (darunter prächtige Schwerter) und Schmuck, sowie Kleidern und Kappen aus Wolle, vorzüglich erhaltene Holzgeräthe fanden. So insbesondere häufig grosse Schalen, die äusserlich sehr regelmässige, aus Zinnnägeln hergestellte Ornamentlinien zeigen, wie wir sie im Süden auch an thönernen Gefässen kennen. Ein paarmal lag in der Kiste ein längerer Stock aus Holz, dessen oberes Ende einen Haken bildet (Pl. VIII, Fig. 9 und Pl. XIII, C. 2): ich möchte darin einen Hirtenstab sehen, wie ein ähnlicher aus dem sogenannten Grabe des Sophokles bei Athen zu Tage gekommen ist1). Die grösste Ueberraschung bereitete

1) Der Verf. glaubt von dem in C. 2 abgebildeten Stabe annehmen zu sollen, dass derselbe bei einem missglückten Beraubungsversuche liegen geblieben sei. Auf den zweiten Fall dürfte eine solche Erklärung nicht passen.

dem Ref. der Anblick der Fig. 1 auf Pl. XIV: ein Holzgeräth von scheinbar ganz moderner Form, das zu Füssen der Leiche in einer Baumkiste des Guldhøi Nr. 1 lag (Pl. XIII, A. 2). Mit Recht vergleicht Verf. (S.75) es mit einem Klappstuhl; in der französischen Uebersetzung (p. XVIII) verwandelt sich dasselbe in eine „Chaise“ (?) ou table basse (?). Was es indess gewesen sein mag, es zeigt eine ganz neue Seite der alten Technik.

Rud. Virchow.

Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Hercegovina, herausgegeben vom bosnisch - hercegovinischen Landesmuseum in Sarajevó, redigirt von Moriz Hörnes. Wien 1896. Band IV mit 9 Tafeln und 975 Text-Abbildungen.

Der vorliegende neue Band dieser wichtigen Mittheilungen schliesst sich seinen Vorgängern würdig an. Ueber den 3. Band haben wir im vorigen Jahre (1895. XXVII. S. 180) berichtet. Damals stand im Vordergrunde des Interesses die musterhafte Beschreibung des Gräberfeldes von Jezerine, welche Wenzel Radimský geliefert hatte. Jetzt ist dieser hervorragende Alterthumsforscher auch begraben. Aber noch enthält dieser Band 7 Abhandlungen des Verstorbenen, welche den schweren Verlust fühlbar machen. War der seltene Mann doch eben so bewandert auf dem prähistorischen, wie auf dem römischen Gebiet; seine Arbeiten über Butmir und Domavia werden für immer denkwürdig bleiben. Mit Recht ist ihm im Eingange des Bandes ein tief empfundener Nachruf gewidmet. Sein wohlgetroffenes Bild zeigt das freundliche Gesicht, die klugen Augen, die hohe Stirn, die seinen Freunden nicht aus der Erinnerung schwinden werden. Ein grosser Theil der prähistorischen Forschungen ist nun Hrn. Fiala zugefallen, der durch zwei Abhandlungen den Beweis liefert, dass er stark in der Arbeit geblieben ist. Die erste derselben bringt den Bericht über die Untersuchung alter Grabhügel auf dem Glasinac für das Jahr 1894, die andere einen zusammenfassenden Bericht über die prähistorische Ansiedelung auf dem Debelo brdo bei Sarajevo, zwei Fundplätzen, welche den Besuchern des Landes wohl bekannt sind. Beide Berichte sind reich mit wohlgelungenen Abbildungen ausgestattet. Was den Glasinac betrifft, so erfahren wir, dass der nördliche Theil des Hochplateaus „durch die Arbeiten der vergangenen Jahre ganz absolvirt worden ist", und dass die Arbeiten des letzten Jahres daher in dem bis dahin weniger ausgebeuteten südlichen Theile ausgeführt wurden, insbesondere in der Gemeinde Sočica und in den uns geläufigen Ortschaften Rusanovići, Ilijak u.s. w. Es wurden daselbst 154 Tumuli geöffnet, von denen 100 Skeletgräber, 9 Brandgräber, 17 gemischte (Skelet- und Brandgräber), 28 ganz leer waren. Der Zeit nach gehörten 119 der älteren Eisenzeit, 3 der La Tène-Periode, 5 der Römer- und eines der Völkerwanderungszeit an. Sehr reiche Fundstücke wurden gesammelt; Hr. Fiala hebt darunter namentlich eine silberne Charnierfibel (Fig. 38) hervor, die seiner Meinung nach auf griechischen Einfluss hindeute.

Am Schlusse kommt er auf die, schon auf der internationalen Conferenz in Sarajevo 1894 erörterte Differenz mit Hrn. Salomon Reinach (Verh. 1895. S. 55 und 364) über die Bevölkerungszahl des alten Glasinac und über die Bedeutung dieses Platzes zurück. Er legt (S. 29) seine Gründe vor, wesshalb er glaubt, eine Besiedelungsperiode von 700 Jahren (800 bis etwa 100 v. Chr.) annehmen zu sollen und aus der Zahl von 20 000 Tumuli die Gesammtsterblichkeit einer Bevölkerung von etwa 10 000 Köpfen berechnen zu dürfen. Gegen die Annahme des Hrn. Reinach, dass hier ein Campus sacer für eine grosse Umgegend bestanden habe, nimmt er auf das Entschiedenste Stellung; er gesteht höchstens zu, dass sich unter den bis jetzt bekannten 42 Wallanlagen dieses Bezirkes eine oder die andere Opferstätte befinden möge.

Die Abhandlung über die Ansiedelungen auf dem dicht bei der Hauptstadt gelegenen Berge Debelo brdo ist eine höchst erwünschte Fortsetzung und Vervollständigung einer früheren Arbeit über das benachbarte Sobunar (vergl. Verhandl. 1895. S. 47). Der Platz ist besonders bemerkenswerth, weil er allem Anschein nach von der neolithischen bis zur Völkerwanderungszeit als Befestigung und später als Ausiedelung gedient hat. Dem ent

sprechend ist auch die Zahl und Mannichfaltigkeit der Fundstücke ungewöhnlich gross. Unter ihnen zeichnen sich namentlich die Thonsachen durch Sauberkeit der Ausführung und der Verzierang aus. Der Verf. giebt eine grössere Anzahl prächtiger Abbildungen davon; manche derselben erinnern an Fundstücke aus dem nicht weit entfernten Butmir. Der Nachweis einer römischen Ziegelei unterhalb des Platzes, am linken Ufer der Miljacka, die schon früher unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, wird auch hier (S. 71) wieder erwähnt, aber nur in Bezug auf die römische Zeit; läge es nicht nahe, den vortrefflichen Thon dieser Stelle auch für die prähistorische Töpferei zu verwerthen?

Hr Fiala beschreibt auch eine Anzahl von Wallbauten im nordwestlichen Theile des Landes (S. 94). Unter ihnen ist von besonderem Interesse der auch von Radimský (S. 73) geschilderte Čungar im Bezirksamte Cazin, wo ein prächtiger Bronzehelm gefunden wurde. Einen etwas verschiedenen, jedoch der gleichen Kategorie angehörenden Bronzehelm beschreibt Hr. Truhelka (S. 381. Fig. 1-2) von Vrankamen bei Krupa, wo ganz in der Nähe 1888 ein Depot karthagischer und numidischer Münzen entdeckt ist. Hr. Hörnes erinnert daran, dass diese Helme gewöhnlich der letzten vorrömischen Zeit, also der Tène-Periode und den Galliern zugezählt werden, aber er findet eine so grosse Uebereinstimmung mit einem Helme aus Paestum (Montelius, Civilis. primitive de l'Italie. I. Pl. III. Fig. 3), dass er kein Bedenken trägt, ihn für italisches Fabrikat zu halten. Es ist dabei zu erwähnen, dass bei Vrankamen auch eine Bronzemünze des Königs Hiero II. von Syrakus (275-216 v. Chr.) gehoben ist.

Eine besondere Abhandlung über die griechischen Münzen des Landesmuseums hat Hr. Carl Patsch (S. 113) geliefert. Ref. hatte früher (Verh. 1893. S. 174) darauf aufmerksam gemacht, dass er in dem Museum keine einzige griechische oder makedonische Münze gesehen habe, die im Lande aufgefunden sei. Jetzt ist diesem Mangel abgeholfen, indem, abgesehen von der oben erwähnten sicilischen Münze, 10 andere (6 von Dyrrhachium, 3 von Apollonia und eine nachgeprägte Tetradrachme Philipp's II.) im Lande gesammelt sind.

Besonders zu nennen sind ferner ein Paar volkskundliche Abhandlungen des Hrn. Truhelka über die Tättowirung bei den Katholiken Bosniens und der Hercegovina (S. 493) und über die phrygische Mütze in Bosnien (S. 509). In beiden Fällen glaubt der sonst sehr vorsichtige Autor auf prähistorische Anfänge zurückgehen zu dürfen. Man wird den Werth seiner Gründe anerkennen müssen, obwohl gerade der fast ganz ausschliesslich bei Katholiken vorkommende Gebrauch der Tättowirung und die Gestalt vieler einzelner Zeichen an eine Beziehung zu der christlichen Religion denken lässt und die phrygische Mütze doch nicht bloss im Orient vorkommt. Wer im Innern von Norwegen gereist ist, wird die rothen phrygischen Mützen der dortigen Landbevölkerung im Gedächtniss haben; ja, die sogenannten „Zipfelmützen" der Bauern in manchen Gegenden von Deutschland stehen diesen Formen gewiss sehr nahe. Indess mag es sein, dass die höhere Ausgestaltung der Kopfbedeckung in einzelnen Theilen von Bosnien (und nur um einzelne Gegenden handelt es sich) eine atavistische Bedeutung an sich hat. Jedenfalls verdient der Gegenstand eine eingehende Prüfung, zumal da die Verwandtschaft der Phrygier mit den Thraciern ein altes und in letzter Zeit sehr bevorzugtes Problem darstellt.

Schliesslich kann noch besonders darauf hingewiesen werden, dass Hr. Leopold Glück einen wichtigen Bericht über die Spaniolen geliefert hat (S. 587). Er theilt mit, dass diese Leute noch heutigen Tages unter einander spanisch, wenn auch mit türkischen und bosnischen Beimengungen sprechen, dass die Mehrzahl derselben aus Constantinopel und Salonichi, ein sehr geringer Theil aus Italien eingewandert ist, und dass die meisten von 30-40 Familien abstammen, die 1604 mit dem Banquier des damaligen Gouverneurs von Bosnien ins Land gekommen sind. Die Hoffnung, dass es gelingen werde, hier den reinhebräischen Typus aufzufinden, hat sich leider nicht erfüllt; es zeigte sich vielmehr, dass eine beträchtliche Anzahl von Individuen einen ausgemacht gemischten Typus hat und dass die Spaniolen „Mischlinge einer dolichocephalen und einer brachycephalen Rasse sind“, oder, wie Verf. sagt, dass sie ihre Entstehung „der Kreuzung einer dunklen semitischen mit einer lichten nicht-semitischen Rasse" verdanken. Aber er schliesst aus der geringeren Verhältnisszahl für den lichten Typus (2 pCt.), dass die Kreuzung bereits vor vielen Jahr

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