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Haben vielleicht die Jazyges Metanastai in vorrömischen Zeiten schon einmal Vorläufer gleicher Herkunft und Abstammung, welche in grossen Schwärmen bis zur Donau vordrangen, dann aber hier spurlos verschwanden und mit der angesessenen Einwohnerschaft verschmolzen, gehabt? Deckt sich diese Einwanderung mit dem Vorrücken der Sarmaten von Osten, jenseits des Don her, in die skythischen Länder? Gewährt uns das in der Gegend von Munkács gefundene Schwert vielleicht den Anhalt, dass der Einbruch durch die berühmten Pässe erfolgte, durch welche mehr als ein Jahrtausend später eine andere Nation asiatischen Ursprunges nach Ungarn einzog? Bieten uns die ungarischen Kurzschwerter, welche für die prähistorische Wissenschaft von gleichem Werthe sind, wie der Goldschatz von Vettersfelde, auch hinsichtlich des letzteren einen Fingerzeig, der das Dunkel, welches bisher noch diesen seltsamen Fund umhüllt, aufzuhellen vermöchte? Künftigen Entdeckungen und Forschungen bleibt die Entscheidung vorbehalten, wie weit wir diesen vorgeschichtlichen Alterthümern historische Bedeutung und Tragweite beizumessen haben.

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II.

Das Geschichtliche in den mythischen Städten

„Tulan".

Von

Professor PH. J. J. VALENTINI, New York.
(Hierzu eine Karte, Taf. II.).

(Vorgelegt in der Sitzung der Berliner anthropologischen Gesellschaft
vom 19. October 1895.)

Weder hat es ein Reich der Tulteken, noch eine Nation der Tulteken, noch auch eine tultekische Sprache gegeben. Der indianische Fürstensohn von Tezcuco, Alva Ixtlilxochitl (1560), war es, der sich an der Erfindung und dem weiteren historischen Ausbau einer solchen Fabel verbrochen hat. Er hatte diese aus mündlichen Traditionen seines Hauses und aus Bilderschriften zu einem Werke zusammengewoben, das er dem Vicekönig von Mexico zur Einsicht überreichte und dessen Inhalt alsdann, nur in verkürzter Fassung, von dem Chronisten Torquemada durch Druck in seiner Monarquia Indiana" in die Welt verbreitet wurde. Eine gesunde Kritik hat heutzutage die Thatsache des einstigen Bestehens und des tragischen Unterganges jenes so mächtigen Reiches vollständig erschüttert. War dessen Hauptstadt nach dem 7 Meilen nördlich von der Stadt Mexico belegenen Städtchen Tollan verlegt, so haben die hier vorgenommenen Ausgrabungen verhältnissmässig nur ganz unbedeutende bauliche Ueberreste blossgelegt. So auch weist gerade das ganze altmexikanische Ländergebiet, dieser von den angeblichen Tulteken ums Jahr 1050 verlassene. und dann von einbrechenden Chichimeken-Horden besetzte Culturboden nur in den Ruinen von Teotihuacan und Xochismilca Spuren alter baulicher Hinterlassenschaft auf. Hat dagegen der tultekischen Fabel die Thatsache irgend einer historischen Tradition wirklich zu Grunde gelegen, so wird der Kern derselben allem Anschein nach nicht auf dem Boden AltMexico's, sondern auf dem von Alt-Yucatan, Alt-Guatemala und Honduras zu suchen sein Denn es ist auf diesen südlichen Nachbargebieten, wo, alle nahe an einander gereiht, ob auf besonnten Hügeln, ob im Dickicht des beschatteten Urwaldes verborgen, halb zerfallen, halb auch voll erhalten, vereinzelt oder in weiten Complexen zusammengegürtet, sich den Augen der Entdecker eine Anzahl von sculpturbedeckten Palastfronten, von tempelbekrönten Pyramiden, von Thürmen und von breiten Treppenfluchten gezeigt haben, eine Anzahl von Ruinenstellen, die jetzt nahezu die Höhe von Hundert erreicht hat und doch wohl kaum noch die Hälfte von dem erreicht, was noch zu weiterer Entdeckung bereit daliegt.

Im Nachstehenden soll nunmehr ein Beitrag zu den Gründen geliefert werden, wie es hat kommen können, dass die Fabel von einem grossen Tultekenvolke sich überhaupt bildete, und dass der Schauplatz seiner Culturwerkthätigkeit gerade in die Hochlande und nachbarlichen Hochthäler von Alt-Mexico verlegt wurde. Es wird sich nachweisen lassen, dass hierfür der Lautanklang der Mexico nahegelegenen und uralten Stadt Tollan mit dem von Tulte catl einen willkommenen Anlass bot, ein Name, der überall den Spaniern entgegentrat, wo es sich überhaupt um die Bezeichnung eines Stammes handelte, der in Handwerk und in Künsten aller Art erfahren war, und dass die Conquistadoren von Mexico, als sie nach Yucatan und Guatemala vordrangen, unter den eroberten Stämmen Sagen vorfanden, in denen ein fernes und verlassenes Tulan als Urheimath bezeichnet wurde. Was von solchen Sagen noch im Munde jener Stämme lebte, was die emsig sammelnden spanischen Missionare, die bekehrten und in ihrer Vaterlandsgeschichte wundervoll erfahrenen Häuptlinge davon niederschreiben liessen, hat mehr als drei Jahrhunderte lang im Staub vergessen dagelegen.

Erst im Jahre 1839 gelang es dem amerikanischen Reisenden John Lloyd Stephens, die Vorgeschichte von Yucatan zu entdecken. Das Manuscript war in Maya-Sprache und in spanischen Lettern niedergeschrieben und ist unter dem Namen „Die Katune der Maya" bekannt. Ihm folgte im Jahre 1857 der Franzose Abbé Brasseur de Bourbourg mit der Entdeckung der Annalen der Quiche, eines Stammes der grossen Maya-Familie, der in dem Hochland von Guatemala angesessen ist, und schnell darauf auch mit der des benachbarten CaxchiquelenStammes. Die ersteren, die er Popol Vuh (das Buch der Nation), und die zweiten, die er das Memorial de Tecpan Atitlan nannte, übersetzte er an Ort und Stelle ins Französische. Von den zweiten erschien im Jahre 1885 eine revidirte englische Uebersetzung, besorgt von Dr. D. G. Brinton, mit reichen historischen, wie linguistischen Commentaren versehen. Ist nun nach nach dem Zugeständnisse beider Uebersetzer noch Manches in diesen Annalen sehr dunkel, vorzüglich weil man sich zu deren richtigem Verständniss in die ganz idiomatische Sprachweise des Indianers erst hineinzuleben und eine mehr logische Zusammenknüpfung des Erzählungsfadens vorzunehmen hat, so sind doch von vorn herein die Grundzüge der gebotenen Erzählung in sich selbst ganz klar, und man vermag eine Menge anfänglich ganz unbestimmt erscheinender Details mit Hülfe von Inductionen aus der gleichzeitigen und besser bekannten mexikanischen Zeitepoche (etwa 1300-1400 A. D.) aufzuhellen.

Hierzu soll im Nachstehenden ein erster Versuch gemacht und mit einer desfallsigen Durchsicht der Caxchiquelen - Annalen, für die der Kürze halber der Name ihres Verfassers Xahilá stehen mag, begonnen werden..

Gleich in den vier ersten und nur kurzgefassten Paragraphen wird die häufige Wiederholung des Namens Tulan dem Leser interessant. Im ersten bekennt sich der Verfasser zu seiner Aufgabe, die Geschichte seines Stammes niederzuschreiben, so wie sie ihm von seinen Vorvätern aus Tulan überliefert worden. Im zweiten nennt er deren Namen, Gagavitz und Zactecauh; sie kamen von dem Lande Tulan am Meere, dort haben wir unseren Anfang". Im dritten zählt er alle die noch lebenden Familien auf, die damals von Tulan gekommen waren, und im vierten Paragraphen macht er auf die eigenen Worte aufmerksam, die betreffs des genannten Tulan von seinen Vorvätern hinterlassen waren. Denn Gagavitz und Zactecauh sprachen so: „Vier Männer kamen von Tulan. Im Sonnenaufgang ist ein Tulan; eines ist in Xibalba; eines ist im Sonnenuntergang, und eines, ,wo Gott ist. Es hat also vier Tulan gegeben, o meine Kinder, und wir sind von dem Tulan gekommen, das am Meere liegt, da, wo die Sonne aufgeht." - Im fünften gedenkt dann Xahilá der Kriegsleute, die Alles zu Wege gebracht und geschaffen, was irgend Ruhmvolles im Stamme geleistet worden. Er nennt sie mit dem symbolischen Sammelnamen chay", das heisst, der scharfe Obsidiankiesel, mit welchem die Speere, Pfeile und Keulen dieser Krieger bewehrt waren. „Obwohl der chay", so sagt er, nicht sprechen, nicht reden, nicht gehen kann, obwohl er bloss mit Holz und Zweigen und mit Erde gefüttert wird und weder Fleisch noch Blut hat, so ist es doch der chay, o meine Kinder, der uns Alle aus dem Elende erlöst hat." Er erinnert hierbei sein Volk an eine alte, viel besungene Heldenthat, wie einst einer ihrer Vorfahren mit seiner Familie im Walde verhungert wäre, hätte ihm nicht der chay geholfen, den in Paxil vom Wolfe und der Krähe aufgehäuften Maisvorrath zu erobern. So sei es auch der chay gewesen, der ihnen ihre Freiheit von dem Tribute verschaffte, den sie in Tulan hatten zahlen müssen, in jenem „ummauerten Tulan, wo der Zotzil als Wächter stand".

Diese Worte werden für unsere Untersuchung wichtig. Die vier vorher genannten Tulan lagen für uns noch in völliger topographischer Finsterniss. Das jetzt genannte tritt aber, weil „ummauert und bewacht von dem Zotzilen", betreffs der Stelle, wo wir es zu suchen haben, in das hellste Licht. Nicht blos durch ihre sprachliche Abgrenzung, sondern auch auf Grund geschichtlicher Ereignisse kann das Gebiet dieser Zotziles, in welche das genannte Tulan verlegt wird, als der heutige District von Chiapas erkannt werden. Seine Hauptstadt San Cristobal liegt zu Füssen jener Felsenburgen von Cina catan, auf deren Eroberung es Bernal Diaz (Cap. 166 und 169) abgesehen hatte. Von der Mündung des CoatzacualcoFlusses, wo sein Hauptquartier war, ausgehend, giebt er uns eine vollständige ethnographische Uebersicht aller jener Stämme, die er auf seinem Zuge ins Hochland von Chiapas und Cinacatan antraf; er nennt unter anderen die

Zoque, die Quelenes, die noch heute auf dieser Route zu identificiren sind. So auch spricht er von einem seitwärts gelegenen Tulapan, das er jedoch nicht berührte. Angekommen in Cinacatan, hat er es dann besonders mit den Indianern von Chamula zu thun, noch heute nordwärts von der Hauptstadt an einer Lagune gleichen Namens angesessen. Cinacatan ist aber weiter nichts als der Maya-Name der Zotziles, ins Mexikanische mit Cinacatl übersetzt, beide Worte „die Fledermaus" bedeutend, welche der Totem dieser mächtigen, weit bis nach Copan und Quirigua verbreiteten Familie war. Alles dies sind Fingerzeige, die auf das Tribut erhebende Tulan als dasjenige Lokale hindeuten, wo wir unsere untergebenen Caxchiquelen an erster Stelle versammelt finden.

Wohin wenden sich diese, nachdem sie alle ihre Schätze dort abgegeben?

Mit Uebergehung der nun folgenden Paragraphen 8, 9, 10, wo des Breiten eine Organisation der ihrer Schätze beraubten Familien zu einem Wanderzuge beschrieben wird, auf welchem sie von ihrem Tulan im Berge nach einem andern Tulan ins Niederland herabzusteigen haben (s. Schluss des 7. Paragraphen), sehen wir sie ohne weitere Zwischenfälle dort angelangt. Es wird deutlich erkannt, dass sie aus ihrem Heimathgebiet an den Grenzen eines anderen Stammes angelangt sind. Die Marschorganisation wird hier zu einer Kriegsorganisation umgewandelt. Die Entmuthigten, die immer als im Packtrain der sieben Divisionen ziehend dargestellt sind, in dem sich die Alten, die Weiber und Knaben befanden, werden durch beredte Ansprache der Krieger zum Weitermarsche gestählt. Da heisst es im Paragraph 12: „Krieg wird es geben in Zuyva. Eure Herzen werden wieder froh werden. Abgegeben habt Ihr Eure Schätze in Tulan und tragt jetzt schwere Lasten. Neue Schätze werdet Ihr heimtragen. So sprachen die Krieger, sagt Mahucutah, als wir in Tulan ankamen."

An den Grenzen (Thoren) dieses neuen Tulan zeigen sie sich nun im vollsten Kriegerschmucke. Dass sie aber daselbst noch in Freundesland waren, beweist, dass sie keinen Angriff machten, noch einem solchen dort begegneten. Aber wohlmeinend werden sie vor einem Kriegszug gegen Zuyva gewarnt. Es nähern sich ihnen vier Gesandte, in der Verkleidung eines Schluchtenvogels, einer Eule und eines Papageien, die sie jedoch nur mit witzigen Spässen abfertigen. Wir sehen sie alsdann auf dem Weitermarsche an ein Wasser kommen, dass sie nicht gut zu Fusse überschreiten können. Dessen Anwohner liegen alle am Fieber krank. Dieselben können ihnen nicht helfen, wahrscheinlich nicht die Fuhrt zeigen. Der Tross ist gross, die später Ankommenden drängen nach. Aber die jungen kräftigen Männer schaffen Rath. Die Fuhrt wird gefunden und deren gesicherter Uebergang mit Hülfe der langen rothen Wanderstäbe angegeben. Sie nennen nun die Plätze, durch welche sie

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