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vorübergegangen sind und so viele auch die Stube betreten und längere oder kürzere Zeit darin verweilt haben (Hausierer, ferner bei Krankheit und eingetretenem Todesfall), niemand hat eine Ahnung von der Bedeutung und dem Werthe der seltenen Blumentöpfe gehabt. Pich hat wohl öfters zu seiner Frau geäussert, man könne sich doch einmal erkundigen, was es denn eigentlich für Metall sei. Aber dabei ist es geblieben, bis seine Aufmerksamkeit im Laufe der Jahre durch den Umstand rege wurde, dass die Töpfe ihre Farbe nicht veränderten, dass sie nicht schwarz wurden, wie er doch wusste, dass es mit dem Messing geschehe. So wurde denn einmal im vergangenen Herbste eines der Gefässe der Tochter mit in die Schule gegeben, um es dem Lehrer zu zeigen und von diesem Erkundigung einzuziehen.

Der Lehrer sprach die Vermuthung aus, dass es wohl Gold sein. dürfte; man möge sich des Weiteren in Stralsund unterrichten. Dies geschah denn auch. Die Frau des Pich brachte die beiden Gefässe am Sonnabend, den 23. November vorigen Jahres, hierher in die Stadt und wandte sich zunächst an einen Goldschmied. Dieser bestätigte ihr die Goldbeschaffenheit der Schalen, empfahl ihr indess mit anerkennenswerthester Uneigennützigkeit, sich zum Zwecke des Verkaufs an mich als Leiter des hiesigen Museums zu wenden. Es war unmittelbar vor dem Mittagessen, als die Frau mit dem Schatze bei mir eintrat, und, ich gestehe, als ich diesen erblickte und die Möglichkeit, ihn zu erwerben, hörte, bemächtigte sich meiner eine solche Aufregung, dass ich keinen Bissen geniessen konnte. Die Frau theilte mir mit, der Goldschmied habe die Töpfe wohl über 300 M geschätzt. „Aber" - setzte sie hinzu — „das ist ja viel zu viel, das brauchen Sie nicht dafür zu geben." Ich erklärte ihr die Gefässe kaufen zu wollen, diese aber für den Augenblick zurückbehalten zu müssen, um den dafür zu zahlenden Preis festzustellen. Ich ersuchte sie, nach einigen Tagen wiederzukommen, hielt dann indess für rathsam, den Ankauf für das „Provinzial - Museum für Neuvorpommern und Rügen“ möglichst schnell zum Abschluss zu bringen, und begab mich schon am nächsten Morgen in Begleitung des Rathsherrn Israël, als Vorsitzenden der Kämmerei, deren Verwaltungsgebiet Langendorf angehört, dorthin. Als ich dem Pich und seiner Frau die von ihnen nicht erwartete hohe Summe nannte, die ich für die Schalen zahlen könne, brachen beide in Thränen aus. Das Geschäft wurde abgeschlossen und der grössere Theil des Kaufgeldes sofort ausgezahlt.

Ich unterrichtete mich dann über die eben mitgetheilten Einzelheiten der Auffindung und liess uns, Herrn Israël und mich, an die Ackerstelle führen, wo Pich meinte, den goldbergenden Erdenkloss aufgenommen zu haben. Sie befindet sich 430 Schritte vom nördlichen Ufer des Borgwallsees. Doch wurde es als möglich, ja als wahrscheinlich angesehen, dass die Gefässe nicht gerade unterhalb des Fleckes, wo sie an der Oberfläche

gefunden wurden, in der Erde verborgen gewesen seien. Unzweifelhaft sind sie durch die in neuerer Zeit geübte, bis auf 11 Zoll gehende Tiefkultur aus dem Schoosse der Erde herausgewühlt. Die grössere der beiden Schalen (Fig. 1) hat unterhalb des oberen Randes einen 9 cm langen Riss, der durch Eingreifen der Pflugschaar verursacht sein wird. Da ist es denn sehr leicht möglich, dass das Eisen die die Gefässe umschliessende Erdscholle eine Strecke weit fortgeschleift hat. Dafür spricht auch der Umstand, dass neben dem Riss ein kleiner Theil des Goldbleches abgebogen war, so dass er nur noch lose mit dem Gefässe zusammenhing. Die Frau Pich hat, da sie das Material für werthlos hielt, das Stück vollends abgebrochen und weggeworfen.

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Die Gefässe bestehen aus feinem, nach Schätzung durch den Probierstein 23 bis 24 karätigem Golde (das kleinere aus etwas bleicherem Golde, als das grössere) und haben ein Gewicht von zusammen 383 g. Das grössere (Fig. I, a, b) allein wiegt 253 g, das kleinere (Fig. II, a, b) 130 g.

Sie sind aus gehämmerten oder gewalzten Platten getrieben, die oben am Rande eine Dicke von ungefähr 11, mm haben, weiterhin aber dünner werden.

Das grössere Gefäss (Fig. I) hat einen Durchmesser an der Mündung von 16,3 cm; die Höhe beträgt 10,5 cm. Es ist reich ornamentirt. Oben legt sich an die Mündung ein 14 mm breiter glatter Rand, den nach unten eine Schnurverzierung abschliesst. Mit dieser parallel läuft eine Perlenreihe und dann folgen fünf umlaufende horizontale Streifen; in jedem von diesen sind concentrische Ringe an einandergereiht, diese letzteren bestehend aus zwei Reifen und einem von diesen umschlossenen Buckel. An einer Stelle des obersten Streifens ist anstatt des Ringes eine dem ähnliche Figur, aus an einander gereihten Perlen gebildet, eingestellt. Der Grund für diese Vertretung scheint der zu sein, dass der noch auszufüllende Raum für einen weiteren Ring zu gross war, durch die Hineinfügung eines solchen also in den Abständen von den Nachbarringen eine Asymmetrie entstanden wäre. Die horizontalen Streifen sind von je zwei in Relief aufliegenden Linien eingesäumt, zwischen welchen sich ein parallel laufender Perlreif hinzieht. Diese Perlreihe fehlt nach dem vierten Streifen, der also von dem fünften nur durch die Relieflinien getrennt ist. Der fünfte Streifen wird durch eine kreisförmige Schnurverzierung begrenzt, welche den glatten, 4,6 cm im Durchmesser haltenden Boden einschliesst.

Das kleinere Gefäss (Fig. II), mit einem Durchmesser an der Mündung von 12.8 cm, hat eine Höhe von 8 cm. Es ist ebenfalls mit Schmuckformen bedeckt. Die Mündung wird von einem glatten, 6 mm breiten, nach unten durch eine Schnurverzierung begrenzten Rande eingeschlossen.

folgen drei horizontale Streifen, jeder oben und unten umsäumt von einer,

der eben erwähnten gleichen Schnurverzierung. Zwischen diese Schnursäume sind in Abständen von 3 und 4 mm. vertical laufende, leicht gewundene Stäbchen gestellt. Auf den dritten derartigen Streifen folgt dann eine den Boden einhegende Strichverzierung.

Innerhalb dieser letzteren, also am Boden, befinden sich zwei concentrisch geordnete Kreise, deren gemeinsame Mittelfigur aus drei concentrischen Reifen und einem von diesen umschlossenen Buckel gebildet ist. Die um diese Figur sich bewegenden beiden Kreise bestehen aus. an einander gereihten, mit der Mittelfigur gleich gestalteten Kreisbildern, nur dass deren Durchmesser ein wenig kleiner ist, als der Durchmesser der Mittelfigur.

In beiden Gefässen sind die Ornamente durch Punzen von innen herausgetrieben, und zwar dienten dazu wahrscheinlich Bronzepunzen, da Holzstempel wohl nicht so sichere und gleichmässige Gebilde hervorgebracht haben würden.

Die beiden Schalen gehören einer Gruppe gleichartiger Goldgefässe an, die mehrfach in Norddeutschland, Dänemark und Schweden gefunden sind und über die am ausführlichsten bisher wohl Herr Dr. Olshausen in diesen Verhandlungen 1890, S. 284 und 290-294 geschrieben hat. Er zählt aus Schweden 2 Gefässe, von den dänischen Inseln 28, aus Jütland 3, aus Schleswig 2, aus Holstein 5, aus Hannover 3, aus Bayern 3, vom Rhein 1, aus Frankreich 1, aus England 1, aus Irland 21), also in Summa 51. Von diesen haben das eine in Bayern gefundene Geräth, der sogenannte „goldene Hut" (Lindenschmit, Heidnische Vorzeit I, 10, Taf. 4, 1) und das ähnliche aus Westfrankreich (Lindenschmit, ebenda) in ihrer Bestimmung und Form so viel Abweichendes, dass sie kaum mit den übrigen zusammengestellt werden können. Es bleiben somit nach Abzug dieser beiden letztgenannten noch 49. Dieser Zahl würden dann noch drei Goldgefässe zuzuzählen sein: die beiden hier in Rede stehenden und ein im Königlichen Museum für Völkerkunde in Berlin befindliches, bei Werder an der Havel gefundenes, mit Zeichnungen von Vögeln geschmücktes Gefäss.

So weit sich die Fundumstände bei den vorstehend aufgeführten Gefässen (Schalen, Bechern und Schöpfgefässen) haben feststellen lassen, sind diese fast alle Einzel- und Depotfunde. Professor Engelhardt in Kopenhagen hat daher behauptet, dass, wenigstens im Norden, die Goldgefässe niemals Grabbeigaben gewesen seien. Aus unserem Funde von Langendorf lässt sich freilich kein Gegenbeweis hernehmen, doch ist beachtenswerth, dass auf dem Ackerstück, auf welchem die Goldgefässe gefunden sind, noch vor 30 bis 40 Jahren mehrere Kegelgräber vorhanden.

1) Olshausen nennt aus Irland 7 goldene Gefässe, davon lassen sich indess nur 2 mit den Langendorfern vergleichen: die übrigen 5 sind Dosen mit flachen Deckeln und Böden. Verhandl. 1890, S. 294.

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R. BAIER: Die Goldgefässe von Langendorf.

waren. Diese sind sicherlich nicht aus antiquarischem, sondern lediglich aus landwirthschaftlichem Interesse weggeschafft. Da wäre es also nicht unmöglich, dass bei deren Beseitigung von der Oberfläche die Gefässe in der Tiefe verblieben wären. Noch gegenwärtig befindet sich, einige hundert Schritte von der angegebenen Fundstelle, unmittelbar am Borgwallsee, ein ansehnliches Kegelgrab. Es soll dieses in allernächster Zeit aufgenommen werden; möglicherweise treten dabei Erscheinungen hervor, die sich in Beziehungen zu den Goldgefässen setzen lassen.

Mit Ausnahme einer einzigen, bei Karlskrona in Schweden ans Licht gekommenen Schale sind die Gefässe von Langendorf die am weitesten nach Osten gefundenen ihrer Art.

So weit ich nach den mir zur Verfügung stehenden Abbildungen der oben verzeichneten Goldgefässe urtheilen kann, ist die Ornamentation des grösseren unserer beiden Gefässe (Fig. 1) eine häufig vorkommende. Dagegen muss die des kleineren Napfes (Fig. II) als eine seltenere bezeichnet werden. Ich finde dieses letztere nur in Uebereinstimmung, aber wie die Vergleichung zeigt, in überraschender Uebereinstimmung mit der im Museum zu Kiel aufbewahrten Schale von Gönnebeck, Kreis Segeberg, Holstein. Vgl. Mestorf, Vorg. Alterth. aus Schleswig-Holstein, Nr. 356.

Nach den mit einigen dieser Goldgefässe zusammen gefundenen Altsachen, z. B. den mit der schon genannten Schale von Gönnebeck beigefundenen Bronzegegenständen, ferner nach der grossen, im Amte Odense auf Fünen gefundenen, 11 Goldschalen bergenden Bronzevase (Madsen, Bronzealderen II, Taf. 25—27) muss man die Goldgefässe der Hallstattperiode zuweisen, und zwar die meisten der ältesten Zeit dieses Styls, wie denn auch Montelius sie in die 4. bis 5. seiner Perioden, also in die Zeit von 1050-650 v. Chr., setzt.

Durchaus unsicher dagegen ist die Heimath der Goldgefässe und die Nationalität ihrer Verfertiger. Die wohl von den meisten getheilte Ansicht ist, dass diese kostbaren und schönen Arbeiten den Italikern angehören, und man kann wohl anerkennen, dass manche von ihnen an VillanovaFunde erinnern. Doch ist wohl die Frage der Untersuchung werth, ob nicht osteuropäische, längs der Donau gehende Einflüsse (Scythen, Agathyrsen) und durch diese indirect westasiatische Einwirkungen stattgehabt haben können.

Besprechungen.

Zeitschrift für österreichische Volkskunde. Organ des Vereins für österreichische Volkskunde in Wien. Redigirt von Dr. Michael Haberland. I. Jahrgang. Wien und Prag. 1895.

In Wien haben sich in der letzten Zeit zwei bemerkenswerthe Neuerungen vollzogen: es hat sich daselbst ein Verein constituirt für die österreichische Volkskunde mit der ausgesprochenen Absicht, das Material für ein entsprechendes Museum zu sammeln und zweitens ist als Organ dieses Vereins eine Zeitschrift für österreichische Volkskunde von Michael Haberlandt herausgegeben worden, von welcher bereits zehn Hefte vorliegen. Wir begrüssen beide Unternehmungen mit grosser Freude; schliessen sie sich doch in erfreulichster Weise an Bestrebungen an, wie sie auch aus dem Schoosse unserer Gesellschaft hervorgegangen sind. Die Zeitschrift soll in Monatsheften erscheinen. Im ersten Hefte bringt sie nach der Einleitung des Redakteurs einen Aufsatz von Alois Riegl, Das Volksmässige und die Gegenwart; ferner von Richard von Kralik, Zur österreichischen Sagengeschichte. Dann folgen kleine Mittheilungen, nächstdem die Ethnographische Chronik aus Oesterreich, die Literatur der österreichischen Volkskunde und schliesslich Vereinsnachrichten.

Aus dem reichen Inhalte der anderen Hefte möge ein von Wilhelm Hein veröffentlichtes salzburgisches Hexenspiel hervorgehoben werden; ferner Altes und Neues vom Tatzelwurm von Frh. von Dohlhoff; Sitten, Bräuche und Meinungen des deutschen Volkes in Steiermark von J. Krainz; die Bevölkerung am Zahori in Mähren von Franz Přikryl; aus dem ruthenischen Volksglauben von Bugiel; mehrere linguistische Aufsätze von Nagl, Neubauer, Schreiber u. s. w. Eine grosse Zahl von Abbildungen erhöht die Bedeutung dieses Unternehmens, dem wir ein glückliches Gedeihen wünschen. Max Bartels.

Fournereau. Le Siam ancien. Annales du Musée Guimet. Première Partie. T. XXVI. Paris 1895.

„L'étude du Siam, on peut le dire, n'est qu'à peine ebauchée, les Indianistes ne se sont pas encore livrés à des études très approfondies sur ce pays, si intéressant à plus d'un point de vue". Und dies werthvolle Ergebniss der im Jahre 1891 übernommenen Expedition erweist die hohe Bedeutung der archäologischen Studien auf einem Forschungsfelde, das bei bisheriger Schwerzugänglichkeit vernachlässigt geblieben ist, jetzt aber desto wirksamer in Angriff genommen werden muss, um die reichen Ernten, die hier in Aussicht stehen, baldigst gesichert zu haben, im Interesse culturhistorischer Probleme und einer universalgeschichtlich ethnischen Bearbeitung derselben.

An den Besuch Sajjanalaya's bei Kampheng-Pet, von dessen alter Ruinenstadt sich Erzählungen bewahrt hatten (cf. V. d. östl. As., III, S. 32), schliesst sich die Geschichte der Statue Siva's, die 1886 aufgefunden wurde und „occupe aujourdhui une place d'honneur dans le nouveau musée d'Ethnographie de Berlin" (p. 180), im Bronzeabguss des Originals im Musée de Vangna à Bangkok"). Die Uebersetzung der Inschriften (Capitel 6) begreift auch die bereits mitgetheilte (N. VIII).

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Siam's neuere Geschichte folgt den Einwanderungen der Laos, die, an den vom Ostrande Tibets abfliessenden Strömen niedersteigend, längs derselben ihre Hauptstädte erbauten, auf den Trümmerstätten eines mit alter Cultur bereits gedüngten Bodens, von deren einstiger Pracht die kambodischen Tempel zeugen, ihren Schatten werfend, im javanischen Reflex, über die indonesische Inselwelt (mit dem Ausgangsthor in oceanische Weiten).

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