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Einstweilen versuche ich hier eine Beschreibung der typischen Tätowirung eines samoanischen Mannes zu geben, wie ich sie nach der Natur entworfen, und zwar an der Hand der Abbildungen geordnet habe. Um diese selbst möglichst deutlich zu erhalten, liess ich nachträglich die beiden Skizzen G und H anfertigen und die Ziffern, auf die ich mich im Folgenden beziehen muss, nur in diese allein eintragen.

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Im Wesentlichen besteht die Tättowirung der Samoaner aus mannichfachen und zahlreichen Systemen von meist queren Bändern, die hinten viel höher hinaufreichen als vorn, und in zwei, mit einer einzigen Ausnahme, ganz symmetrische seitliche Hälften zerfallen. Ihre obere Grenze verläuft am Rücken fast quer in der Höhe der falschen Rippen, vorn aber, stark nach unten convergirend, etwas höher als die Leistenbeuge. Nach unten reicht die Tättowirung bis etwas unter die Kniee, wo sie scharf und in ganz querer Begrenzung aufhört. Was weiter die samoanische vor jeder anderen polynesischen Tättowirung auszeichnet, ist, dass ein grosser Theil der Oberschenkel völlig einheitlich dunkel tättowirt ist, und dass elso sehr grosse und ausgedehnte Flächen vollkommen homogen dunkel gefärbt sind. Wenn also die Tättowirung der Samoaner auch nur einen verhältnissmässig kleinen Theil des Körpers bedeckt, so ist sie doch eine sehr reichliche und ersetzt an Intensität völlig, was ihr an Extensität abgeht. Die Summe von einzelnen Stichen und demgemäss auch die Summe von Farbstoff-Partikelchen, die in der Haut abgelagert sind, dürfte bei der samoanischen Tättowirung ungleich grösser sein, als bei irgend einer anderen bekannten Tättowirung in Polynesien, und überhaupt nur durch manche pa.ische Tättowirungen übertroffen werden.

Unterhalb von diesen tafagi liegen die zwei bis vier bereits Eingangs erwähnten saimutu (1), von einander durch fingerbreite weisse Streifen getrennt, in deren jedem zwei ganz dünne Streifen eintättowirt sind, die ganz den tafagi gleichen, deren Name mir aber unbekannt geblieben ist. Ebenso muss ich leider einsehen, dass ich über die Zählung der saimutu selbst nicht ganz ins Klare gekommen bin. Mit den Leuten selbst zählte ich an ihrer eigenen Haut deren drei und gab mich vollkommen damit zufrieden; dem entsprechend sind auch auf den Skizzen G und H nur drei in die mit 1 bezeichneten Klammern eingefasst; die Betrachtung der Zeichnungen A, B, C und D, an deren Richtigkeit, in diesem Punkte wenigstens, mir ein Zweifel unmöglich erscheint, würde eine Zählung von vier saimutu als das allein Richtige erscheinen lassen. Die Frage ist einfach, ob der unterste Strich, der vielleicht etwas schmäler ist, als die drei oberen, auch noch zu den saimutu gehört oder nicht. Ich bin völlig ausser Stande, diese Frage, die sich mir erst jetzt aufrollt, nach meinen Materialien zu beantworten. Jeder Samoaner, der etwas auf sich hält, wird sie mit Leichtigkeit entscheiden können. Auf diesen untersten schwarzen Streifen nun, über dessen Zugehörigkeit zu den saimutu wir einstweilen im Unklaren bleiben müssen, folgt nach unten ein schöner atualoa, mehrfach von Punkten und gogo-Fensterchen unterbrochen, und auf diesen wieder ein etwas breiterer Streifen mit zahlreichen gogo-Fensterchen, von denen vorn, neben dem Scrotum, beiderseits je drei direct neben einander stehen. Der mir für diesen Streifen (18) angegebene Name asotalitu ist mir nicht verständlich. Die Leute waren, als ich bei der Untersuchung in diese Gegend kam, bereits ungeduldig und zu einer weiteren Erklärung nicht mehr zu bewegen.

Aus diesem Grunde kann ich auch über die drei weiteren Bänder, die sich an das asotalitu nach unten anschliessen, überhaupt gar keine Angaben machen; sie sind auf G zwischen 18 und 15 eingezeichnet und auch auf den übrigen Zeichnungen sehr schön zu verfolgen. Sie sind die untersten von jenen Bändern, welche um den ganzen Leib herumgehen; was unter ihnen folgt, kommt schon unter das Perineum zu liegen und gehört also den Schenkeln als solchen an.

Die Tättowirung am Perineum selbst wurde mir als tasele bezeichnet. Es war mir nicht möglich, eine genaue Untersuchung dieser Gegend vorzunehmen. Fresenius und ich haben aber unabhängig von einander den Eindruck gewonnen, dass die ganze Mittelfleischgegend gleichmässig dunkel tättowirt ist. Das Wort tasele findet sich übrigens bei Pratt als a part of the tatooing" und noch als Verbum „to make part of the tatoo“ und „to strike a mat drum with rapid strokes“. Es ist nicht unmöglich, dass beide Verbal-Bedeutungen zusammengehören, indem gerade in dieser Gegend wegen der besonderen Schmerzhaftigkeit die Tättowirung sehr rasch vorgenommen werden könnte.

Für die grosse schwarze Fläche, welche fast den ganzen Schenkel, mit Ausnahme seiner Innenseite, einnimmt, hatte ich taûa lausaë notirt; Dr. F. W. K. Müller macht mich aber darauf aufmerksam, dass taua wohl nur eine Verbalform sein dürfte '), dass hier also nur lausaë in Betracht käme; thatsächlich hat Pratt lausae one portion of the tatooing". Die eigentliche Bedeutung des Wortes ist mir unklar geblieben; sie scheint obscön zu sein oder mit irgend einem Vorgange beim Coitus im Zusammenhang zu stehen. Die Leute erklärten es für unschicklich, darüber zu sprechen; soweit ich mich in der Sache orientiren konnte,

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1) taua verhört für e-taua,,wird genannt", also analog etwa dem Namen Budont für das Dorf Dont auf einer älteren Karte Lykien's.

schienen sie die Vorstellung zu haben, dass es „angenehm“ sei, an der Innenseite der Schenkel tättowirt zu sein. Bei der darüber auf Samoanisch geführten Unterhaltung schien mir ein Wort mami öfter vorzukommen, ich finde es jetzt bei Pratt mit sugere in coitu" übersetzt. Die Sache ist also völlig dunkel und bedarf umsomehr der Aufhellung, als sich bei Pratt ein Wort tapûlu findet, das dieser übersetzt: The part of the tatooing, made all black", während nach meinen eigenen Informationen das Wort sich nicht nur auf eine grosse schwarze Stelle bezieht, sondern, soweit ich das feststellen konnte, auf die Gesammtheit der dunklen Stellen, im Gegensatze zu vaisŭa (das Wort fehlt bei Pratt), den hell gebliebenen Partien der ganzen Tättowirung.

Eine breite, schräg über den Oberschenkel verlaufendé, unten ausgezackte Binde (7), welche das grosse, schwarze lausaë nach unten abgrenzt, heisst fusi. Das Wort steht bereits bei Pratt, und zwar als „Gürtel“ und auch als „a portion of the tatooing“.

Ganz oben an der Innenseite der Schenkel, gegen das Perineum hin gerichtet, sieht man sowohl auf C, als auch auf den beiden Skizzen H, eine kammförmige Zeichnung, selu (8). Das Wort heisst auch wirklich „Kamm"; über die Bedeutung des Ornamentes dürfte daher zunächst kein Zweifel nöthig sein.

Für die Kniegegend, gerade unter der fusi-Binde, da wo in die Skizze H die Zahl 13 eingeschrieben ist, wurde mir der Name ulumanu genannt, der sich auch bei Pratt als „a portion of the tatooing" findet. Ob er mit „Thierkopf" zu übersetzen sein möchte, vermag ich ebenso wenig zu entscheiden, als ich mit Sicherheit darüber orientirt bin, was eigentlich von der Tättowirung der Kniegegend unterhalb der fusi zu dem ulumanu gerechnet werden darf.

Ebenso bin ich auch über die Ausdehnung jener Tättowirung nicht ganz orientirt, die unterhalb des oberen Endes der fusi-Binde liegt und auf der Skizze H mit 17 bezeichnet ist. Mir wurde für das hier liegende Dreieck der Name tigivai genannt, der sonst nicht weiter bekannt zu sein scheint. Ich möchte übrigens die Möglichkeit offen lassen, dass in meinen Notizen dieser Name nicht zu dem in H mit 17 bezeichneten Dreiecke gehört, sondern zu der reichen Zeichnung, welche man in C und E neben diesem Dreiecke, also in dem oberen Theile der fusiBinde selbst, dargestellt findet. So oder so, der Name bleibt einstweilen unaufgeklärt.

Für die gleichfalls sehr reiche und ausgedehnte Zeichnung, welche man zwischen der fusi-Binde und dem selu-Kamme (8) auf der Vorderseite der Schenkel, also besonders auf C und E, sehen kann, habe ich irgendwelche Erklärungen oder Namen nicht erhalten können. Hingegen habe ich für die Darstellungen an der entsprechenden Stelle der Hinterseite der Schenkel, also für die mit 14 bezeichneten Dreiecke der Skizze G, den Namen faa-wae-wae-tuli notirt, was natürlich mit Pratt's fa'avaevaetuli übereinstimmt, das er mit „lit. like the legs of the tuli; the name of one part of the tatooing" erklärt; tuli oder tuli aber ist wohl Charadrius fulvus, also der tuli a tagaloa, über dessen grosse mythologische Bedeutung hier nur auf Tregear') und F. W. K. Müller) verwiesen sei. Für das wirkliche Verständniss der tättowirten Dreiecke, die uns als

1) Maori-Polynesian comparative Dictionary. Wellington 1891.

2) a. a. O. S. 59, 60, 61, 63 ff. Ich könnte natürlich sehr viele andere Quellen zur Kenntniss des Tangaroa nachweisen, ziehe es aber vor, nur die ganz primäre zu citiren, die uns in diesem Jahre durch die Bemerkungen von O. Stübel und F. W. K. Müller erschlossen wurde.

Verhandl. der Berl. Anthropol. Gesellschaft 1896.

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„Füsse des Tuli" bezeichnet werden, ist mit dem Namen allein freilich noch nichts gewonnen; wir sind auch hier noch auf weitere Untersuchungen angewiesen.

Noch habe ich hier drei Tättowirungen anzuführen, alle drei an der vorderen Bauchwand. Zunächst wurde mir als punialo (6) die Tättowirung auf dem Mons Veneris bezeichnet; das Wort findet sich als solches bereits bei Pratt („the part of the tatooing under the navel"), allerdings nicht mit ganz vollkommener Uebereinstimmung in der Localität, so dass auch da noch weitere Erhebung nöthig ist. Ebenso wäre natürlich nach der richtigen Uebersetzung, bezw. Bedeutung des Wortes zu forschen. Es ist nicht ganz unmöglich, dass es als Platz auf dem Bauche, auf dem man Fische fängt“ mit Pediculis pubis etwas zu thun haben könnte; ich hoffe aber auf eine wissenschaftlich ergiebigere Erklärung.

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Zu beiden Seiten des Bauches erheben sich von diesem punialo aus je drei nach oben und hinten verlaufende Linien, welche vom Mons Veneris bis hinauf zu dem tûa ziehen und so den vorderen Abschluss für die einundzwanzig tafagi bilden. Diese drei asifaeifo (5) sind auch dadurch besonders bemerkenswerth, dass nur ihre vorderen Ränder gerade, die hinteren, d. h. lateralen Ränder aber sägeartig gezackt sind. Ueber ihren Namen, den ich in den mir zugänglichen literarischen Quellen nicht wiederfinden kann, habe ich keinerlei Bemerkungen zu machen; nur, dass ich der Orthographie nicht sicher bin und einmal auch asofaifo und aso-faîfu gehört zu haben glaube, muss ich hier erwähnen.

Zum Schlusse bleibt noch die höchst merkwürdige Tättowirung der Nabelgegend selbst zu besprechen; sie wird, als besonders schmerzhaft, stets zuletzt vorgenommen, wie mir, wenn ich nicht irre, von Hrn. Stabsarzt Dr. Kraemer mitgetheilt wurde. Sie ist die einzige Tättowirung in Samoa, die unsymmetrisch ausgeführt wird, indem man die linke obere Ecke des Vierecks, in das der Nabel eingeschlossen wird, nach aussen verlängert und zwar in der Richtung gegen die beiden dünnen Fortsätze des tûa-Bandes. Als Namen dieser Tättowirung habe ich pute notirt; ich sehe aber nachträglich, dass das einfach das samoanische Wort für „Nabel" selbst ist, und kann jetzt nicht mehr ermitteln, ob ich damals etwa die Tättowirung mit der Localität verwechselte oder ob thatsächlich vielleicht diese Tättowirung ebenso heisst, wie die Stelle, auf der sie angebracht wird.

Soweit gehen meine Erkundigungen über die Tättowir-Muster der Samoaner: ich habe schon Eingangs erwähnt, dass sie lückenhaft sind. Ich veröffentliche sie gleichwohl, weil ich hoffe, dadurch Andere zur Fortführung meiner Untersuchung

anzuregen.

Eine genauere Beschreibung der beim Tättowiren in Samoa benutzten Instrumente behalte ich mir für eine spätere Mittheilung vor; einstweilen theile ich hier nach O. Stübel und F. W. K. Müller') noch den Text eines merkwürdigen und zweifellos sehr alten Liedes mit, das beim Tättowiren der Häuptlinge gesungen wird. Er lautet:

Loloma ia ae,

tuufau mai alii e

talivá mai ia i lau ula ma lau lopa na isi ae lei nonoa,

peane la a se amoga ta fesui ma lota alofa,
anei foi afiafi te tilotilo i au malofie ua ni

tuufau mai alii e tuufau mai alii e lauti usi e,

tuufau mai alii e

fepa'i a'i le au ma le sausau molia le lama ina tau,

tuufau mai alii e

1) a. a. O. S. 106 und 198.

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