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lichen Bregma-Narben in natürlicher Grösse in Lichtdruck oder Heliogravure wiedergeben. Ich besitze zwar Papier-Abklatsche und Gyps-Abgüsse von sämmtlichen Narben; ich möchte aber der Publication eines so überaus kostbaren Materiales durch die Leipziger Gelehrten nicht vorgreifen, und das in Berlin und Braunschweig befindliche Material reicht allein nicht aus, um ein völlig erschöpfendes und abschliessendes Bild der Verhältnisse zu geben, weil sich gerade unter den Leipziger Schädeln die schönsten und grössten Bregma-Narben befinden; ich beschränke mich daher auf die beiden Abbildungen (Fig. 2 und 3), welche das Wesen dieser Narben gut erkennen lassen.

Derartige Narben, wie ich sie hier an Canarier-Schädeln beschreibe, sind bisher völlig ohne jede Analogie gewesen; es ist ein sonderbares Zusammentreffen, dass gleichzeitig Manouvrier') einige Schädel aus neolithischer Zeit beschreibt, die im Dép. Seine et Oise gefunden wurden und araloge Narben aufweisen, welche die Form eines T haben, dessen senkrechte Haste der Pfeilnaht entspricht, während die quere etwas oberhalb des Lambda-Winkels zu liegen kommt. Es ist nicht unmöglich, dass auch diesen Verletzungen ähnliche Anschauungen, sei es nun religiöser oder therapeutischer Art, zu Grunde liegen, wie den Bregma-Narben der Canarier.

Hr. Rud. Virchow: Mir sind Veränderungen der Sagittalgegend, wie sie Hr. v. Luschan zeigt, lange bekannt. Zur Zeit, wo ich als junger Unterarzt auf der Irren-Abtheilung der hiesigen Charité beschäftigt war, wendete der dirigirende Arzt, Prof. Ideler häufig bei Geisteskranken Brechweinstein-Salbe zu Einreibungen auf den Scheitel an, um die im Inneren vorausgesetzte Entzündung „abzuleiten“. Es entstanden dadurch Geschwüre, die gelegentlich den Schädel angriffen und bis zur Perforation fortschritten. Ein solches Präparat, welches genau der Fig. 3 des Hrn. v. Luschan gleicht, ist noch in der Sammlung des Pathologischen Instituts vorhanden. Dass die alten Canarier ähnliche Reizmittel angewendet haben, scheint mir nicht ausgeschlossen.

3. Defecte des Os tympanicum an künstlich deformirten Schädeln von Peruanern.

(Hierzu Tafel III.)

Dass die künstliche Deformation des Schädels Einfluss auch auf die Form der Gehörgänge haben kann, hat Rud. Virchow 1894 (Verhandl. S. 406) gezeigt. Er wies darauf hin, dass unter 158 von Hrn. Uhle in Nord-Argentinien gesammelten, meist deformirten Schädeln 63 mal, also bei 42,5 pCt. Abplattungen und Verengerungen der Gehörgänge vorkämen. Bei 17 pCt. dieser selben Schädel fanden sich ausserdem partielle Hyperostosen des Os tympanicum und bekanntlich hat man versucht, auch wirkliche Exostosen im Gehörgang auf Deformation des Schädels zurückzuführen, offenbar mit Unrecht, denn die grössten Exostosen kommen ohne Deformation vor und gerade bei den am meisten deformirten Schädeln finden sich keine Exostosen, wie Rud. Virchow mehrfach hervorgehoben hat. Thatsächlich ist die Veranlassung zu den ächten Exostosen des Gehörganges noch völlig unklar; in einzelnen Fällen liegt sie vermuthlich in dem constanten Reiz, der durch schweren Ohrschmuck und grosse Ausdehnung des Ohrläppchens bedingt wird.

Hingegen möchte ich im Folgenden auf eine Erscheinung hinweisen, die wohl 1) Rev. mens. École d'anthropol. 1896.

sicher mit dem Deformiren der Schädel im Zusammenhang steht, aber soviel ich weiss, bisher nicht beachtet worden ist. Es handelt sich um Lücken und Substanzverluste im Os tympanicum. Dieses etwas eingerollte Knochen-Plättchen, welches die vordere und untere Wand des Gehörganges bildet, entsteht bekanntlich aus einem ursprünglich offenen Ringe; Zuckerkandl') und Bürkner) haben die weiteren Wachsthums-Verhältnisse zuerst vollkommen klar gelegt, viele anatomische Lehrbücher ignoriren sie aber bis zum heutigen Tage. Es empfiehlt sich daher, um das zu erläutern, was ich Neues zu zeigen habe, erst das bisher Bekannte kurz anzudeuten. Das nachstehende Schema (Fig. 1), nach eigenen Präparaten, aber Figur 1.

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mit Benutzung einer Skizze von Bürkner entworfen, soll die Entwickelung des normalen Paukenringes innerhalb der zwei ersten Lebensjahre versinnlichen. Nahe dem offenen Ende des Ringes bilden sich schon früh kleine Vorsprünge, die Zuckerkandl als Tubercula tympanica antica und postica beschrieben hat. Sie sind völlig unregelmässig; sehr häufig entsteht vorn ein grosser, hinten ein Paar kleinerer Vorsprünge, wie dies beib ersichtlich ist, oder umgekehrt. Diese Vorsprünge werden immer grösser, bis sie schliesslich zusammenfliessen und eine Lücke einschliessen, wie sie bei d schematisch gezeichnet ist.

Im Laufe der nächsten Lebensjahre pflegt sich auch diese Lücke allmählich mit Knochenmasse auszufüllen, so dass sie im fünften Lebensjahre meist vollkommen verstrichen ist. Sie bleibt aber, wie Bürkner gezeigt hat, in sehr vielen Fällen persistent; dieser hat in Würzburg, Frankfurt a. M. und Dresden eine Reihe von 1060 Schädeln darauf hin untersucht, und giebt als Resultat ein Schema, das ich hier mit einer kleinen Modification (Abtrennung der Malayen" [inclus. Polynesier und Mikronesier] von den „Papua") wiederhole.

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1) Zur Entwickelung des äusseren Gehörganges. Monatsschrift für Ohren-Heilkunde. 1873. 2) Beiträge zur Anatomie des Gehörorgans. Archiv f. Ohren-Heilkunde, XIII. 1878.

Aus dieser Tabelle würde sich ergeben, dass Lücken im Os tympanicum weit häufiger sind, als gewöhnlich angenommen wird, und dass sie bei allen Rassen ungefähr gleichmässig vertheilt sind. Inwieweit das letztere zutrifft, vermag ich nicht anzugeben; jedenfalls ist das von Bürkner untersuchte Material viel zu klein, als dass seine Statistik irgendwie zuverlässig erscheinen könnte; auch sind, soviel ich weiss, ähnliche Untersuchungen seither nicht wieder aufgenommen worden; auf grosser Basis unternommen, würden sie sicher ein gutes Thema für eine Dissertation geben. Persönlich habe ich einstweilen den Eindruck, als ob diese Lücken viel weniger häufig wären, als Bürkner nach seinem kleinen und unzulänglichen Materiale annehmen konnte; immerhin habe ich selbst ein Paar Tausend Schädel aus sehr verschiedenen Gegenden darauf hin angesehen und kann bestätigen, dass solche Lücken thatsächlich wohl bei allen Rassen gefunden werden. Sie entsprechen vollkommen den normalen Lücken im Os tympanicum zweijähriger Kinder und sind nichts weiter, als ein Ausdruck mangelhafter Ossification.

In strictem Gegensatz zu ihnen stehen andere Lücken, die an derselben Stelle durch Usur entstanden sind; schon Hyrt (Wiener S.-B., XXX) und Zuckerkandl haben auf diese Art von Lücken aufmerksam gemacht, aber letzterer wies darauf hin, dass das Os tympanicum schon nach dem 30. Lebensjahre anfange zu atrophiren und Hyrtl nimmt eine wirkliche Usur durch den Gelenkkopf des Unterkiefers an. Soweit ich diese Sache verfolgt habe, ist der Gelenkkopf selbst wohl in den meisten Fällen an solcher Usur unschuldig, aber wir müssen uns doch mit der Vorstellung befreunden, dass bei der Kaubewegung von den Weichtheilen ein solcher Druck auf das Os tympanicum ausgeübt wird, dass unter Umständen Usur des Knochens eintreten kann. Derartig entstandene Lücken lassen sich in manchen Fällen von den primär gebildeten gar nicht unterscheiden, und doch besteht zwischen diesen beiden Arten von Lücken ganz genau dasselbe Verhältniss, wie etwa zwischen Defecten im harten Gaumen, die durch Lues entstanden sind, und solchen, die mit einem angebornen Wolfsrachen zusammenhängen.

Eine dritte Art solcher Defecte im Os tympanicum scheint bisher völlig übersehen worden zu sein; sie findet sich bei deformirten Schädeln. Ich bin auf sie zunächst bei einer Serie von 39 Schädeln aufmerksam geworden, die Prof. Hettner in der Nähe von Cuzco für das Berliner Königl. Museum für Völkerkunde gesammelt hat. Völlig gleichartige Lücken finden sich aber auch sonst so häufig an künstlich deformirten Schädeln, dass es wirklich wunderbar ist, dass ein solcher Befund bisher, wie es doch den Anschein hat, unbemerkt bleiben konnte.

Ich lasse aber das grosse Material an deformirten Schädeln, das gegenwärtig in Berlin angehäuft ist, einstweilen bei Seite, und beschränke mich hier zunächst auf die 39 Hettner'schen Schädel. Unter diesen sind nur 14 ohne Defecte des Os tympanicum; 5 haben einen solchen auf einer Seite, 20 aber auf beiden Seiten. Es würde das also mehr als 50 pCt. Schädel mit beiderseitigen Defecten ergeben; de facto muss aber aus der Hettner'schen Serie noch eine Zahl von Schädeln ausgeschieden werden, die nicht deformirt sind und die ganz ohne jeden Zweifel einer anderen Zeit und einem anderen Stamme angehören, als die deformirten Schädel; da diese auszusondernden aber gerade alle ohne Defecte sind, so gestaltet sich der Procentsatz für die übrigen noch viel höher, und es würde sich bei genauer Prüfung ergeben, dass etwa 70 oder 80 pCt. der Hettner'schen deformirten Schädel mit Defecten des Os tympanicum behaftet sind. Freilich

sind diese Defecte sehr ungleichartig, einzelne sind nur ganz klein und entsprechen höchstens einem Nadelstiche, andere aber sind etwa linsengross, und wieder andere so ausgedehnt, dass man thatsächlich von einem vollständigen Mangel des Os tympanicum sprechen muss.

Die Tafel I giebt eine genaue Vorstellung der verschiedenen Arten dieser Lücken. Sie ist nach photographischen Aufnahmen hergestellt, an denen, wie man leicht ersehen kann, nichts retouchirt oder sonst geändert ist, als dass links der Eingang in den Gehörgang etwas deutlicher markirt wurde, da er bei der für die Aufnahme sonst nöthigen Art der Beleuchtung nicht genügend hervortrat; auf der rechten Seite war eine solche Nachhülfe überflüssig. Die Abbildungen sprechen im Uebrigen für sich selbst, ich habe ihnen kaum viel hinzuzufügen. Bezeichne ich die vier Ansichten von oben nach unten mit a-d, so sieht man bei a, links (vom Beschauer), den unregelmässigen Defect, von der Grösse, wie er etwa dem Durchschnitte für diese Schädel entsprechen dürfte, rechts aber einen fast vollständigen Mangel des Os tympanicum. Aus technischen Gründen mussten die Aufnahmen stark verkürzt genommen werden, da sonst eine Entfernung des Gesichts nöthig gewesen wäre; der Defect erscheint daher weit kleiner auf dem Bilde, als er in Wirklichkeit ist; thatsächlich ist der Gehörgang völlig ohne vordere und untere Wand. Es ist in der That schwer, sich vorzustellen, wie es hier mit den Weichtheilen bestellt gewesen sein mag.

Aehnliche totale und fast totale Defecte des Os tympanicum treten uns in der Hettner'schen Serie mehrfach entgegen, auch wenn ich von dem auf der Tafel III unter c abgebildeten Befunde der rechten Seite hier absehe. In diesem Falle ist es nehmlich nicht ganz ausgeschlossen, dass intra vitam nur einzelne grosse Lücken vorhanden und durch schmale Knochenleisten von einander getrennt waren, die später abgebrochen sind; es lässt sich zwar nirgends auch nur eine Spur von solchen Bruchstellen erkennen, aber der ganze Defect macht mir doch einen etwas unsicheren Eindruck, so dass ich diesen Fall nicht zu denen mit vollständigem Fehlen des Os tympanicum zählen möchte.

Sehr interessant und für viele weitere Fälle typisch ist aber der Schädel, von dem in bein Stück der Basis abgebildet ist; man sieht da sehr schön die siebartige Durchlöcherung beider Paukenbeine, besonders des (vom Beschauer) rechten, mit 11 grösseren und kleineren Lücken, die freilich alle zusammen genommen noch nicht so gross sind, als der Defect von c links.

Ganz unten, bei d, habe ich zum Vergleiche noch den betreffenden Abschnitt eines Schädels hersetzen lassen, den ich 1878 in Paris unter der Angabe Arica erworben habe; haben alle die Hettner'schen Schädel die typische LongheadForm, so ist dieser Arica-Schädel ein ganz besonders typischer Flathead; aber ähnliche Formen sind ja auch sonst so vielfach aus Peru bekannt, dass ich an der Angabe Arica zu zweifeln keinen Grund habe. Bei diesem Schädel nun sieht man zunächst beiderseits grosse, fast symmetrische Defecte des Paukenbeines, die schr weit nach innen gerückt sind; ausserdem aber rechts (vom Beschauer) noch einen weiteren sehr grossen Defect, der fast bis an den Rand des Knochens reicht und von diesem nur noch eine ganz dünne, kaum 1 mm breite Brücke übrig lässt; wäre auch diese abgeschmolzen, so wären die Formen entstanden, die sich so häufig in der Hettner'schen Serie finden, in denen das Paukenbein nicht nur in seiner Mitte, sondern auch von seinem freien Rande her stark geschwunden und usurirt ist. Vorstehend gebe ich eine Ansicht des linken Schläfenbeines desselben Schädels von der Seite (Fig. 2), um den hohen Grad von Verdrückung zu zeigen, den der äussere Gehörgang erfahren hat. Die zweite Abbildung (Fig. 3) betrifft

ebenfalls einen Schädel aus Arica, aber einen mit der typischen Longhead-Verschnürung; auch hier ist es zu gewaltiger Deformirung des Gehörganges gekommen, während das Paukenbein derselben Seite zwei sehr grosse Defecte aufweist; auf der rechten Seite hingegen ist der Gehörgang weit offen, das Paukenbein aber papierdünn und besonders in seinen unteren Antheilen stark nach vorn ausgebuchtet.

Figur 2.

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Figur 3.

Verkümmerung des Paukenbeines an

einem Flathead-Schädel aus Arica, Peru.

Flachgedrückter Gehörgang eines Longhead-Schädels aus Arica, Peru.

Für die richtige Beurtheilung dieser Paukenbeindefecte an deformirten Schädeln ist es sehr nützlich gewesen, dass sich unter der Hettner'schen Serie vier kindliche, aber sehr stark verschnürte Schädel befanden, bei denen sich die vorhandenen grossen Lücken leicht auf Stehenbleiben in einem noch früheren Stadium zurückführen liessen. Was aber von diesen kindlichen und jugendlichen Schädeln sicher ist, das dürfte wohl auch für die Schädel der Erwachsenen zutreffen. Wir werden daher die grossen und zahlreichen Paukenbein-Defecte an deformirten Schädeln in der Art erklären müssen, dass wir annehmen, dass im Zusammenhang mit der Verschnürung und Verbildung des kindlichen Hirnschädels auch auf das Os tympanicum ein derartiger Druck ausgeübt wird, dass die für die ersten Lebensjahre normale Lücke desselben nicht mehr ausgefüllt werden kann und dass dann weiterhin neben ihr, durch wirkliche Usur, noch weitere Lücken entstehen, bis schliesslich die höchsten Grade dieser Verbildung bis zum completen Schwund des Paukenbeins führen können.

Wo einzelne deformirte Schädel, oder auch grössere Serien von solchen, derartige Defecte nicht aufweisen, wird man zunächst an grössere individuelle Resistenz und dann auch daran denken müssen, dass da die Deformation des Schädels auf andere Weise und mit solchen Methoden hervorgebracht wurde, welche die vordere und untere Wand des äusseren Gehörganges wenig oder gar nicht in Mitleidenschaft zogen.

Daran aber, glaube ich, wird man dauernd festhalten müssen, dass ein bestimmter causaler Zusammenhang zwischen grossen Defecten des Os tympanicum und den verschiedenen Arten der Schädel-Deformation besteht.

Hr. Rud. Virchow bemerkt, dass ähnliche Defecte am Meatus auditorius externus auch an nicht deformirten Schädeln anderer Rassen vorkommen. Er habe

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