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Darauf hatten die Unholde vor den Augen des Zitternden dem todten Urjadnik die Kleider abgezogen, welche der Räuber-Hauptmann anlegte, worauf der Trupp, seine abgetriebenen Klepper gegen die frischeren und besseren Postpferde vertauschend, in aller Gemüthlichkeit mit Sack und Pack abzog.

Solche Begebenheiten waren natürlich nicht geeignet, uns mit besonderem Vertrauen zu erfüllen. Ich wandte mich daher an unseren Kreis-Hauptmann hier, den schon erwähnten Hrn. Baranowski, der mir zu meinem Erstaunen jedwede Schutzbegleitung abschlug. Doch ich liess mich dadurch nicht abschrecken und miethete mir für die Dauer meiner Reise einen mir bekannten, waffenerprobten Privatführer, Namens Mirsa Hairapetjan Burdshio, der mir auch auf der ganzen Reise die besten Dienste leistete, zumal ich ihn in eine alte UrjadniksUniform gesteckt hatte, die er, Schrecken einflössend, mit Würde zu tragen verstand. Der arme Mirsa! Er ist auch schon nicht mehr! Einige Tage ist es her, während ich dies schreibe, dass man ihn todt seinem armen Weibe und seinen 6 hungrigen Würmern nach Hause gebracht hat. Räuber, die sich für friedliche Reisende ausgegeben und ihn zur Begleitung in's Gebirge gedungen hatten, haben ihn im Walde, hinterrücks, meuchlings erschossen und beraubt. Er ruhe in Frieden!

Am 2. August ritten wir unserer vier, ich selbst, meine Gehülfen Lewon Chatschaturjanz und Gabriel Chublaroff, und der erwähnte Diener Mirsa bei herrlichem Wetter aus Schuscha wieder nach Nordwesten, den blauen Bergen zu, die uns diesmal im Stillen etwas weniger einladend erscheinen wollten, als im vergangenen Jahre. Mit gespannten Berdanka's passirten wir Nachmittags jedoch glücklich den finsteren Wald und athmeten auf, als wir denselben hinter uns hatten und in das Chatschenaget-Thal hinabstiegen.

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Abends um 5 Uhr erreichten wir Dawschanli-Artschadsor, wo wir wie gewöhnlich ein gastfreies Unterkommen fanden. Leider erfuhr ich hier, dass der neue Pristaw Ali-Aga, der an Stelle des früheren liebenswürdigen J. Nowruso w jetzt hier residirte", schon seit 8 Tagen von Dawschanli abwesend, auf der Verfolgung des besagten Räubers Dali-Ali begriffen sei und wohl schwerlich vor einer Woche zurückkehren werde. Da ich ohne den Pristaw leider nichts anfangen konnte, zudem der diesmal selbst anwesende Besitzer des Gutes Artschadsor, ein reicher Armenier, Namens Doluchanjanz, sich meinem Unternehmen, trotz aller scheinbar freundlicher Zugeständnisse, bald geradezu feindselig gegenüberstellte, so beschloss ich, erst die Rückkehr des Pristaw's abzuwarten, mit dem ich auf Grund meiner Vollmachten leichter verhandeln zu können glaubte. Ich benutzte nun die erste Zeit zur Ausführung dessen, was mir als besonders wichtig am Herzen lag, nehmlich die Umgegend von Artschadsor nach Keil-Inschriften zu durchforschen.

Wir ritten nach dem Kloster Gandsassar, in dessen Nähe sich steile Granitfelsen befinden, die wohl geeignet gewesen wären, wegen ihrer in's Auge fallenden Lage Inschriften zu tragen. Wie wir aber auch an den Abgründen herumkletterten und suchten, wir fanden nichts. Schöne, alte Kloster-Ruinen mit uralten Friedhöfen in tiefer Waldesstille und andere stumme Zeugen untergegangener Culturstätten gab es weit und breit genug, aber die gesuchten Keil-Inschriften fanden sich nicht. Zwar versicherten mich Mönche, tiefer in den Wäldern Inschriften, wie ich deren ihnen abgebildet zeigte, bemerkt zu haben. Wir durften uns jedoch nicht zu weit aus der Gegend entfernen, wenn wir nicht unser Leben auf's Spiel

Werthes, und den Worten des Beraubten vertrauend, dass diese Papiere werthlose Legitimations-Dokumente seien.

setzen wollten. Abends brachte man zwei Erschossene in's Dorf, einen Räuber und einen der zur Verfolgung aufgebotenen Landleute.

Da ich nun aber doch vor Ungeduld brannte, meinen Haupt-Kurgan mit der grossen Steinsetzung, den „Heidenhügel", von dem ich schon im vorigen Bericht sprach, in Angriff zu nehmen, so miethete ich mir um hohen Lohn vorläufig einige Arbeiter und begab mich noch am 3. August Abends an den Platz in der Nähe des Marktes „Basar" (nicht Basarkent), um meine Dispositionen für die demnächst zu beginnende Grabethätigkeit zu treffen. Wie gross aber war mein Erschrecken, als ich, mich dem Grabhügel nähernd, bemerkte, dass die Steine abgewälzt und das Grab vollständig durchwühlt war. Auf Befragen der Budenbesitzer dort stellte sich nun heraus, dass ein armenischer Mönch vom benachbarten Kloster MetzaranzAkopowank, dessen Bekanntschaft ich im vorigen Jahre gemacht hatte, dies Grab, unter dem Vorwande, von mir dazu beauftragt zu sein, in höchst frecher Weise und auf die schnödeste Art ausgeraubt hatte.

Es gelang mir noch, einige auf dem Grabe herumliegende Gegenstände, wie Stein-Pfeilspitzen u. A., zu sammeln, leider aber sind mit der unberufenen Zerstörung des am meisten charakteristischen Grabes dieser ganzen Gegend, wie sich nachher herausstellte, höchst werthvolle archäologische Seltenheiten der Wissenschaft verloren gegangen.

Von solchen erwähne ich nur eine grosse Bronze-Figur, ein Kalb oder, nach der Beschreibung der Arbeiter, wahrscheinlicher einen Panther darstellend (vielleicht der Hauptgötze dieser Gegend?). In dieser Figur sollen die Augen aus eingesetzten Edelsteinen gebildet gewesen sein, nach Aussage meiner mir von früher her bekannten Gewährsmänner, die dem Mönche damals beim Graben geholfen haben, des Müllers Ter-Abramjanz aus Artschadsor und des Alexander Tünjanz aus Akopowank. Ausser diesem hat der Mönch, Wahan Dadjan ist sein Name, noch verschiedene auf Kronsland belegene Gräber und Kurgane ausgeraubt und ist dann, nachdem er den weniger werthvollen Theil des Gutes dem Kloster Etschmiadsin übergeben hat, um seine Versetzung in ein Grenzkloster eingekommen, um dort seinen kostbaren Raub leichter ohne Aufsehen an den Mann zu bringen. Somit blieb mir nichts übrig, als einen anderen Kurgan auszuwählen.

Grab Dawschanli-Artschadsor Nr. 2.

Arbeitszeit: 6 Tage, vom 3. bis 8. August 1894.

Dasselbe liegt 600 Schritte östlich vom Kurgan Nr. 1 und 80 Schritte vom Hauptwege entfernt, welcher, parallel mit dem Flusse Chatschenaget laufend, hier den Markt Basar" durchschneidet. Siehe den beigefügten General-Grundriss über Lage der Grabhügel südlich von Dawschanli-Artschadsor (Fig. 23).

Maasse des Grabhügels Nr. 2: Umfang unten: 162 Fuss, oben 66 Fuss; Höhe 18 Fuss.

Wie bei Grab Nr. 1, liess ich auch hier einen 8 Fuss breiten Durchschnitt in der Richtung West-Ost machen.

Das Material, aus welchem dieser, in seiner Form Nr. 1 ganz ähnliche Kurgan bestand, war ebenfalls schwarze Erde, mit Rollsteinen durchsetzt.

Ich liess bis zu einer Tiefe von etwa 3 m graben, doch zeigte sich wider Erwarten keine Steinkiste. Dagegen ergab sich in der Folge, dass dieser Grabhügel auf einer natürlichen, geringen Erderhebung errichtet war, welche aus gelbem Sande, mit Lehm untermischt, bestand. In diese natürliche Erhöhung waren drei 12 m tiefe Gräber gegraben, und zwar in der Form, wie sie in Fig. 24 durch Skizze veranschaulicht ist.

Fig. 23. Plan der Kurgane bei Dawschanly-Artschadsor.

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A Ackerland. Ae, Ae Aecker. Ba Basar und Strasse nach Basarkent. D Dawschanly-Artschadsor. Fl Ch Fluss Chatschenaget. J Inschriften von Tschäpindsor. S Schlucht. Wa Weg nach Artschadsor.

(links oben) Fundstelle der Gabel Fig. 26. (in dem Winkel. der beiden Wege) Fundstelle des Pferde-Gebisses Fig. 27.

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In den Vertiefungen oder Einschnitten lagen die Skelette eingebettet, während die Gräber nach der Leichen-Bestattung mit Erde und Rollsteinen zugeschüttet und der Hügel darüber errichtet worden war.

Die Skelette, deren ich zwei vorfand, lagen mit den Füssen nach der Mitte des Hügels gerichtet. Leider war es mir nur möglich, zwei dieser EinschnittGräber zu öffnen, während das dritte Grab, dessen Lage in der Skizze durch Punkte angedeutet ist, und welches an der, den Hügel auch nach dieser Seite durchsetzenden Rollsteinschicht leicht zu erkennen war, vorläufig in Folge plötzlichen Grabeverbots Seitens des Besitzers unerforscht bleiben musste.

Auch diese Gräber lieferten wieder eine reiche Ausbeute an Beigaben, doch erforderte es unendliche Geduld, die Sachen aus der überaus zähen Lehmschicht herauszuschälen, in der sie eingebettet lagen.

Es gelang mir jedoch, mit Hülfe eines nach meinen Angaben zu dem Zwecke gefertigten stählernen Haken-Instrumentes, alles heil heraus zu bekommen, mit Ausnahme des prachtvollen Bronze-Schwertes, das leider der Ungeduld eines Arbeiters zum Opfer fiel und in der Mitte zerbrach.

Ich gebe von dem Grabe a nachstehend eine Skizze, um zu zeigen, in welcher Lage die Skelette und die Beigaben bei letzteren gefunden wurden:

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Das Skelet in Grab a (Fig. 25) gehörte anscheinend einem jugendlichen Manne an, denn das Gebiss ist schön erhalten, ganz ohne Fehler. Der Schädel zeigt den originellen Typus der Schädel dieser prähistorischen Gräber: langes Hinterhaupt, sehr flache, zurückgelegte Stirn mit stark vortretenden Supraorbital wülsten und sehr vorspringender Nase (mächtige Adlernase). Der mit einem Bronze-Diadem geschmückte Kopf war auf die rechte Seite geneigt. Der Mund war mit Goldstaub angefüllt. Die Hände und Füsse lagen ausgestreckt.

Die Hauptbeigaben befanden sich unmittelbar links neben dem Skelet. An der Schulter stand eine kleine Urne (das einzige keramische Product in diesem Grabe). Dann lagen in der Hüftengegend: 1 Schwert, 2 Messer, 2 Dolche, 1 zierlicher Wurfspiess, Lanzen, 1 gabelförmiges Instrument u. s. w.

Zur rechten Seite des Skelets fand ich Eberzähne, Ringe und auf der Brust des Todten eine Goldblech-Hülse und einen Schmuckgegenstand aus Carneol; auch lagen Reste eines Pferde-Gerippes neben der Leiche.

Grab benthielt kein vollständiges Skelet, da dem diesem Grabe entnommenen, in Rückenlage ausgestreckt vorgefundenen der Kopf fehlte (Fig. 24, b).

An Beigaben fanden sich hier, ausser einigen verstreuten Urnenscherben aus grauem Thon, auf der linken Seite nur Pfeilspitzen aus Stein und Bronze, auf der rechten 3 Pferde-Gebisse, sowie Theile und Verzierungen von Pferde-Geschirren vor. Ferner wurden diesem Grabe auch Pferde-Knochen, solche von Hunden, und Krallen von kleinen Raubvögeln entnommen.

Fundgegenstände aus dem Grabhügel Dawschanli-Artschadsor Nr. 2. Nr. 1.

Gabelförmiges Bronze-Instrument von aussergewöhnlicher Grösse (Fig. 26). Nr. 2. 3 Bronze-Pferde-Gebisse in der bekannten Form, nur zierlicher, als die im Grabe Nr. 1 gefundenen (Fig. 27).

Nr. 3. ein doppelschneidiges Bronze-Schwert ohne Parirstange (Fig. 28), mit
4 Blutrinnen, stumpfer Spitze und kunstvoll gearbeitetem, durchbrochenem
Knauf. (Eingelegte Holzstücke.) In der Mitte gebrochen.
Kleiner Bronze-Hammer (Fig. 29).

Nr. 4.
Nr. 5.

Flacher Bronzering mit Strich - Verzierung und Haken in Vogelform [Bogenspanner?] (Fig. 30).

Nr. 6. Cylindrische Goldblech-Hülse') mit eingepressten Thier-Abbildungen, z B. springenden Antilopen. Theil eines Scepters oder einer Reitgerte? Nr. 7. Schmuck-Gegenstand aus dunkelrothem, achatähnlichem Stein, in Form einer grossen, schönen, flachen, durchlochten Perle mit Strich-Ornament (Fig. 31).

Nr. 8. Massiver Bronzering vom Pferde-Geschirr mit Band-Verzierung (Fig. 32). Nr. 9-11. Bronzeringe, flach, massiv, wohl zum Pferde-Geschirr gehörig, davon einer mit unsymmetrischer Loch-Verzierung (Fig. 33).

Nr. 12. Hohler Bronzegriff eines Instruments (Reitpeitsche?) mit Band - Verzierung (Fig. 34). Unten eingelegt mit rothem und weissem Stein. In der Höhlung befinden sich noch Holztheile; ebenso in dem Loche am Fusse eine Holzniete.

Nr. 13.

Nr. 14.

Eine zierlich geformte, in sanfte Wölbung auslaufende Wurf-Lanzenspitze aus Bronze (Fig. 35). Ganz abweichend in der Form von den bisher beobachteten flachen Lanzenspitzen.

2 zweischneidige Bronze-Dolche mit Loch-Verzierung und Holzmosaik am Griff und Knauf (Fig. 36 und 37). Bei Fig. 36 hat sich der Knauf abgelöst; Fig. 37 ist schön erhalten.

Nr. 15. Bronze-Pfeilspitzen, theilweise unten noch mit Bast umwickelt. Verschiedenste Form; gegen 30 Stück (Fig. 38-40).

1 Dieselbe ist abgebildet in meiner akademischen Abhandlung S. 55, Fig. 5.

Rud. Virchow.

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