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Ergänzungsblätter zur Zeitschrift für Ethnologie.

Nachrichten über deutsche Alterthumsfunde.

Mit Unterstützung des Königlich Preuss. Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten herausgegeben von der

Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte

unter Redaction von

R. Virchow und A. Voss.

Siebenter Jahrg. 1896. Verlag von A. ASHER & Co. in Berlin.

Ein neolithisches Grabfeld bei Worms.

Heft 1.

Vorgelegt in der Sitzung der Berliner anthropologischen Gesellschaft
vom 21. December 1895.

Ich habe hier dicht am Rheine ein neolithisches Grabfeld entdeckt und bin gegenwärtig damit beschäftigt, dasselbe auszugraben. Bis heute sind schon 65 völlig unversehrte Gräber zu Tage gekommen. Die Beigaben sind ziemlich ähnlich jenen aus den Gräbern vom Hinkelstein bei Monsheim (s. Archiv f. Anthropol., Bd. III und IV), jedoch sind unsere Gräber viel reichhaltiger ausgestattet. An Gefässen sind schon an 130 erhoben worden, ferner viel Muschelschmuck, Vorder- und Oberarmringe aus Braunkohle und Schiefer.

Viele Geräthe und Waffen aus Stein, viele Feuersteinschaber und -Messer, eine Unzahl Getreidemühlen, viele Thierknochen als Reste der Todtenmahlzeit und eine grosse Anzahl wohlerhaltener Schädel, sowie andere Skeletreste konnten geborgen werden.

Die Zeit unseres Grabfeldes möchte ich etwas jünger, als die des Hinkelsteingrabfeldes und der übrigen, in den Rheinlanden gefundenen neolithischen Gräber, ansetzen, und zwar aus dem Grunde, weil beinahe durchaus der liegende Hocker fehlt und die ausgestreckte Lage im Grabe vorherrscht. Stets liegt der Kopf nach der rechten Seite geneigt und alle Skelette sind streng nach Nordwesten orientirt, so dass das Gesicht dahin gerichtet ist. Nur einmal kam bis jetzt ein schon etwas modificirter Hocker vor, den ich in (umseitiger) Photographie übersende. Oberund Unterschenkel sind nur mässig flectirt, die Arme dagegen stark gebeugt, so dass das Kinn auf die Hände gestützt erscheint. Merkwürdiger Weise ist dieser Hocker ein ganz altes Individuum, so dass der Schluss nahe liegt, dasselbe sei mit dieser Neuerung (!), der Bestattung in gestreckter Lage, nicht einverstanden gewesen.

Obwohl unser Grabfeld der Metallzeit näher liegen muss, als die früher bekannt gewordenen neolithischen Gräber, wurde bisher noch nicht die geringste Spur von Metall gefunden; hoffentlich erscheint dasselbe noch in den an der Grenze des Grabfeldes gelegenen Gräbern. Bisher scheint in den 65 Gräbern nur ein ganz geringer Theil des Grabfeldes untersucht zu sein, und ich werde bei dem anhaltend

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günstigen Wetter mit den Ausgrabungen fortfahren, so dass der Anthropologencongress, wenn er, was ich hoffe, von Speyer aus hierher einen Ausflug unternimmt, viel interessantes Material vorfinden wird. Dr. Koehl.

Vorgeschichtliche Funde aus dem Gubener Kreise.

Vorgelegt in der Sitzung der Berl. Anthrop. Ges. vom 21. December 1895.

I. Gefässe mit Ornamenten der Steinzeit.

1. Bei Kaaso im südlichen Theile des Gubener Kreises sind in der Richtung auf Vettersfelde, von dem Fundplatze des bekannten Goldschatzes kaum 1 km entfernt, südwestlich unmittelbar am Durchschnittspunkt eines Fahrweges mit der alten Guben-Pförtenerstrasse, vom Dorfe Kaaso selbst 800 m östlich, in einem Acker zwischen Sandgruben beim Rigolen Scherben und zwei wohlerhaltene Thongefüsse zu Tage gekommen. Das grössere, ein niedriger Henkelkrug (Fig. 1) mit gerundetem Boden, ist 10 cm hoch und in 4 cm Höhe 10,5 cm weit, über dieser stärksten Auswölbung ist der Gefässkörper durch 3 wagerecht verlaufende Streifen verziert. Jeder von diesen besteht aus 2 Reihen tiefer, fast scharfrandiger Eintiche, die mit einem spitzen Geräth, etwa einem Stäbchen oder Knochen, meist in

Dreiecksform von unten her so eingestossen sind, dass zwischen den dem Boden zugewendeten Spitzen die breitere Begrenzungslinie der tiefsten Partie des Eindrucks liegt. Der Rand des Gefässes, wie des Henkels, der nach aussen hin fast stumpfwinkelig gebrochen ist, während die umschlossene Oeffnung annähernd eine Ellipse bildet, ist mit demselben Instrumente gekerbt, während die Aussenfläche des Henkels im oberen Theile abwechselnd mit einem und zwei, im unteren mit schrägen Reihen von 3-4 Einstichen, bedeckt ist. Die Oberfläche ist glatt, doch an einem Theile, wo die dünne Oberhaut fehlt, durch die heraustretenden Quarzbröckchen rauh; hier glänzen einige Glimmerspähnchen. Die Farbe ist aussen, innen und selbst im Bruch blassroth; ein Theil der Unterfläche ist durch Rauch geschwärzt. Das kleinere Gefäss (Fig. 2) ist kesselförmig, 6 cm hoch und eben so weit geöffnet, kräftig gearbeitet; die untere Fläche ist mässig gewölbt. Vom Rande aus, unterhalb dessen auf einer Seite eine leichte Einbiegung zu sehen ist, ziehen sich 2 cm weit zwei einander gegenüber gestellte Oehsen herab. Die Oberfläche, die bis auf einzelne Rauchflecke braunroth ist, fühlt sich sandig an; die Innenseite ist zum Theil schieferfarben.

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Fig. 1.

Fig. 2. 13

Beide Gefässe weichen von dem bekannten Lausitzer Typus ab. Die Scherben sind ziemlich dick, braunroth und bis auf einen wenig charakteristisch. Diesem ist dicht unter dem blasig aufgetriebenen Rande ein Kreis von 1,7 cm Durchmesser mit erhabenem Rande aufgelegt. Ein ähnliches Ornament ist bei Niederlausitzer Gefässen mehrfach vorgekommen 1).

2. Bei Strega, auf dem westlichen Rande der Höhen, welche Lubst und Neisse von einander trennen, ist eine nicht sehr umfängliche Gräbergruppe neu erschlossen worden). Sie liegt 100 Schritt westlich von Stein 16,6 der neuen Forst-Gubener Chaussee. Von den beim Sandgraben gefundenen Gefässen sind 15 erhalten und der Gubener Gymnasial-Sammlung übergeben worden; 14 von ihnen treten nicht aus dem bekannten Niederlausitzer Formenkreise heraus (Fig. 3). Zwei von den Leichenurnen sind terrinenförmig, henkellos, mit Kehlstreifen verziert: bei einer, bis zu 22 cm erweiterten, mit 16 cm weiter Oeffnung, ist der obere Rand ziemlich regelmässig abgehackt. An die Buckelurnen erinnert ein nur bis zu 9 cm Höhe erhaltenes Gefäss (s. Fig. 3); es ist ungefähr in der Mitte der Ausbauchung kantig gebrochen. Auf der Kante treten 4 Buckelknöpfe heraus, umzogen von je 4 fingerbreiten, halbkreisförmigen Furchen, die durch schmale Rippen getrennt sind; zwischen diesen Ornament-Systemen sind gleichfalls auf der Kante Gruppen von je acht Punkteindrücken in Grösse eines Hirsekorns eingeprägt;

1) Z. B. im heiligen Lande bei Niemitzsch (Guben. Gymnas.-Progr. 1889, S. 7, Fig. 23), Reichersdorf, Strega (Verh. d. Anthrop. Ges. 1886, S. 573). Von Freiwalde, Kr. Luckau, besitzt ein so verziertes, mittelgrosses Gefäss in Terrinenform die Gubener Gymnasial-Sammlung. 2) Ueber die früheren Funde in dem Mathe'schen Felde westlich vom Dorfe siehe Virchow's Bericht in den Verhandl. d. Anthrop. Ges. 1886, S. 511 ff.; vgl. Guben. Gymnas.Progr. 1892, S. 117.

gleichartige sind unter dem Halsansatz über den Buckeln sichtbar. Unter den Beigefässen befinden sich kleinere Terrinen mit vielen Kehlstreifen, z. B. eine 10 cm hohe, bis zu 16 cm erweiterte mit 2 Oehsen, ferner schmalere Gefässe mit Oehsen und kantig gebrochenem Körper; bei einem derartigen von 8 cm Höhe mit mässiger Ausbauchung und verhältnissmässig weitem Halse von 3,5 cm Höhe ist die obere Hälfte spiralig gefurcht (s. Fig. 3). Ein kleineres, ganz ähnliches Gefäss von 6 cm Höhe zeigt statt der Spiralen Kehlstreifen. Das gleiche Ornament hat ein gehenkelter Topf von 10,5 cm Höhe unter dem nach aussen geneigten Halse,

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dessen Innenseite facettirt ist (s. Fig. 3). An niedrige, weitbauchige Flaschen mit kantig gebrochenem Körper und niedrigem cylindrischen Halse, wie sie z. B. von Starzeddel N. erhalten sind1), erinnert ein Gefäss von 11 cm Höhe, dessen grösste Weite 3 cm über dem Boden liegt. Tassen variiren von 5-12 cm Höhe und 9 bis 17 cm weiter Oeffnung (s. Fig. 3). Neben einem löffelartigen, flachen Henkelschälchen (8 cm Weite) steht eine napfartige Schale von 5 cm Höhe und 9 cm weiter Oeffnung, unter dem Halse eingezogen (s. Fig. 3): der Ausbauchung sind sparrenartige Strichgruppen eingeritzt, zwischen denen gleichartige senkrecht gezogen sind. Einem flachen Napf mit ausgelegtem Rande ist auf der Innenseite mit unsicheren Strichen ein Kreuz eingefurcht (s. Fig. 3).

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Fig. 4. s

Zu demselben Funde gehört aber auch ein 12,5 cm hohes krug- oder becherartiges Gefäss (Fig. 4), dessen Hals 6 cm hoch und, nach aussen gebogen, 9 cm weit offen ist. Der niedrige, nur wenig ausgewölbte Gefässkörper mit fast kantiger Biegung in 4 cm Höhe schliesst innen ausgerundet ab, steht aber auf einer flachen, unten völlig ebenen Platte von 5 cm Durchmesser, deren Rand ein wenig nach oben gedrückt ist. Unmittelbar über dem Halsansatz sitzt eine bandförmige, 2,5 cm lange und halb so breite Oehse, der Länge nach eingebogen. Den Hals umziehen spiralig in nicht ganz gleichmässigen Abständen

1) Abbild. s. Verhandl. d. Anthrop. Ges. 1884, S. 369, Fig. 6. Niederlausitzer Mittheilungen I, S. 115, Taf. 3, Fig. 10.

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22 Reihen von Schnureindrücken, und ähnliche Eindrücke sind grätenartig gescheitelt, mit dem spitzen Winkel nach oben, dem Henkel eingepresst; die Oberfläche ist glatt, innen und aussen schmutzig lederbraun, im Bruch schieferfarben; die eingekneteten Glimmerspähnchen sind stark zerkleinert, aber zahlreich. Nur bei einem einzigen Gefässe aus dem Gubener Kreise') erinnert das Ornament an das hier beschriebene. Aber die Art der Eindrücke ist bei beiden erheblich verschieden, und der Wirchenblatter Topf ist, nach den Nebenfunden zu schliessen, viel jünger. Hinsichtlich der Form vgl. Verh. d. Anthr. Ges. 1894, S. 468, Časlau. Wir kennen bis jetzt aus der gesammten Nieder-Lausitz nur wenige steinzeitliche Gefässe. Die von Voss in diesen Verhandlungen 1891, S. 71 ff., zusammengestellten stammen aus den Kreisen Calau und Luckau. Das Schnurornament insbesondere ist nur im letzteren Kreise bei Freiwalde') nachgewiesen (von Degner in den Verhandl. d. Anthrop. Ges. 1890, S. 621).

II. Kupfercelt aus dem Torfmoor bei Neuzelle.

Der in den Oderwiesen des Stiftes Neuzelle, Kreis Guben, dem ehemaligen Flussgebiete, gefundene Flachcelt von 10,5 cm Länge (Fig. 5), im Besitz der Gubener Gymnasial-Sammlung (vgl. Verh. d. Anthr. Ges. 1881, S. 92, und Guben. Gymnas.-Progr. 1886, S. 25, Nr. 3), besteht nach der von Herrn Dr. Salkowski freundlichst ausgeführten Analyse aus Kupfer ohne Beimischung von Zinn oder Zink, mit Spuren einiger anderer, nicht willkürlich hinzugefügter Bestandtheile. Das Stück ist daher dem Register bei Much, Die Kupferzeit in Europa, 1893, S. 79, einzureihen.

III. Cruciferen-Samen aus vorgeschichtlichen

Thongefässen des Kreises Guben.

Fig. 5. 2

Die aus Reichersdorfer, Haasoer, Schlagsdorfer und Grabgefässen anderer Urnenfelder unserer Gegend aufgesammelten verkohlten Samenkapseln (vgl. Verhandl. 1892, S. 270) sind in der Königl. Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin untersucht und als wahrscheinlich von einer Cruciferenart, etwa Sinapis arvensis, Feldsenf, herstammend bezeichnet worden. Sie schliessen sich den von Buschan, Vorgeschichtliche Botanik, S. 245, verzeichneten Funden an.

IV. Sadersdorfer Funde aus der
jüngeren La Tène-Zeit.

Aus dem in den Verhandl. 1895, S. 565 ff., besprochenen Gräberfelde bei Sadersdorf, Kreis Guben, sind, ausser Gegenständen der mittleren La Tène-Zeit und des provinzialrömischen Cultureinflusses, jetzt auch, für die Nieder-Lausitz zum ersten Male, Eisenfibeln mit Abschluss durch einen geschlossenen Rahmen ermittelt worden.

Fig. 6. 1/2

1) Von Wirchenblatt, abgebildet in den Verhandl. d. Anthrop. Ges. 1885, S. 150, Fig. 1. 2) Um Anderen vergebliche Nachforschungen zu ersparen, bemerke ich, dass ich im October d. J. die von Degner a. a. O. beschriebene Stelle vergeblich wiederzufinden gesucht habe. Die von ihm bezeichnete Sanddüne ist inzwischen abgefahren und als Mauersand verwendet worden.

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