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ihm erst, nachdem die Disputation schon begonnen, gesagt, >>wie sie min begerten.« Er habe dennoch gehen wollen, wiewohl es betrüglich sei nach angefangener Disputation, allein auf Capitos und Bucers Brief gegen ihn sei er nicht gegangen und habe sich schriftlich verantwortet. Auch wolle er mit der hl. Schrift beweisen, dass die Disputation zu Bern 400 Lügen wider den christlichen Glauben inne babe. Darauf erschienen von Murner mehrere äusserst heftige Schriften gegen Bern, das nun die Hoffnungen, welche die Altgläubigen aus der Rede des Schultheissen Damm (bei Anshelm) schöpfen konnten, ganz vernichtet und der neuen Lebre vollständige Herrschaft in der Schweiz zu geben schien "). In der Schrift: » dz vnchristlich frevel einer lobl. Herrschaft von Bern ein Disputation zu halten in ihrer stadt« (4. Lucern. 1528) bemerkt er, man könne weder auf Berns Eid noch Siegel trauen; denn es babe geschworen, bis auf Vierzehnjährige herunter beim alten Glauben zu bleiben, jetzt sei es doch abgefallen. Dann finden sich in seinen Streitschriften dieser Zeit die schärfsten Ausdrücke, wie evangelische Buben und Bösewichte, Schelmen, die man an die Bäume hängen sollte u. dgl. Noch hat er zwei sehr heftige Schriften gegen Bern geschrieben, welche dieses auf das Aeusserste reizten, besonders da sie auf sein Gebiet unmittelbar aufrührerisch ein wirkten. Im Oberlande brach mit Hilfe der Unterwaldner und selbst der Urner gegen die neue Lehre ein Aufstand aus, der den freilich erst später ganz klar erkannten Gedanken einer kirchlich politisch geeinigten, unbedingten Herrschaft, unter der Bern erst gross werden sollte, zu vernichten drohte. Auch im übrigen Landesgebiete stiess die Einführung der neuen Lehre auf Hindernisse. Einige Landvögte waren für die alte Lehre. Rüders

Beiträge der hist. Gesellschaft in Basel. V. 292. Dazu Bullinger und Hottinger.

19) Seine Heftigkeit gegen Bern, um dessen Erhaltung beim alten Glauben sich Luzern so sehr bemüht hatte, kannte keine Grenzen mehr. (Vgl. Kirchhofer, p. 112.)

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wyl und das an Luzern angrenzende Langnau, welche durch kirchliche Stiftungen und Anderes in kirchlichen Beziehungen mit dem Entlibuch stunden', wollten den Messpriester geschützt durch den Landvogt behalten und entliessen ihn erst nach scharfen Androhungen im Oktober 1528. Da hielt es schwer durchzudringen, und nur einer schneidenden Thatkraft konnte es gelingen, die neue Lehre in unbedingter Herrschaft einzuführen. Kein Widerspruch durfte geduldet, keine Schmähung ungeahndet bleiben nach dem gewiss richtigen Grundsatze, dass in gefahrvollen Zeiten eine Regierung stark zu sein scheinen müsse. Alle Halbheit straft sich; nur unbedingtes Regieren hält sich. So trat dann Bern scharf auf gegen Murner, ihn um jeden Preis für seine geschehenen Angriffe zu strafen und künftigen ein Ziel zu setzen, sollte es auch der Gerechtigkeit durch thatsächliches Eingreifen zuvorkommen müssen. Zunächst schrieb es bitter klagend an Luzern (den 16. Juli 1528) und verlangt mit Berufung auf Tagsatzungsbeschlüsse, dass Murner bestraft werde für seine argen Schmähungen, die es aller Ehre bloss geben und aufrührerisch auf sein Gebiet wirken. Luzern antwortete einstweilen nicht. Daraus mochte Bern schliessen, dass man dort Murnern Vorschub leiste und ihn entwischen lasse. Daher befahl es den 31. Juli seinem Vogte Bendicht Schütz in Lenzburg, mit Hilfe der andern Amtleute im Aargau, auf Murner, wenn er über die Grenze komme, im Geheimen zu fahnden. (Staatsarchiv Bern Missiv. Q. 445. u. 471.) Nochmals schrieb Bern höchst ärgerlich an Luzern, es solle den » eerlosen Münch, den Schelmen Murner « nicht bei sich dulden, der wieder zwei neue Schmachlaster-Büchli wider Bern vssgan lassen.« Ebenso suchte auch Zürich voll bitterer Klage Luzern zum Einschreiten gegen Murner zu bewegen. An beide schrieb endlich Luzern mit höchlicher Verwunderung, wie man einen so gelehrten und wackeren Mann, wie ihr Pfarrer sei, so anklagen könne. Er babe zwar einige Büchlein geschrieben, allein die neuen Lehrer hätten noch weit mehr sie und andere Orte der Eidgenossenschaft, ja selbst Zürichs und Berns Vorfahren freventlich geschmäht. Nichtsdestoweniger wolle es gegen Murner einen

Rechtstag auf Montag den 22. Februar ansetzen. Die Klage anzubringen, ordneten Bern und Zürich Rathsboten dorthin ab, aber nutzlos. Murner wurde mit Beiziehung von Dorfausgeschossenen vom Luzerner Rath für schuldlos erklärt. Der anwesende Stadtschreiber von Zürich wurde darüber sehr aufgebracht; die Berner Rathsboten, Niclaus von Grafenried und Peter Im Hag, zeigten sich mässiger, schrieben aber an ihren Rath, dass in Luzern kein Recht gegen Murner zu erhalten sei; sie ratben nach Zürichs Meinung mit dem Handel vor die dreizehn Orte zu gelangen, also an eine gemeineidgenössische Tagsatzung, was später wirklich geschah. Inzwischen schickte Murner über diese Rathsverhandlung und Anderes an seinen Vetter Herparth Hetter in Strassburg ein vertrauliches Schreiben. Dieses wurde jedoch dem Briefträger bei Brugg durch den bernerischen Stiftschaffner in Zofingen, Conrad Tüby, und Dr. Sebastian Meyer entwendet und der Regierung von Bern zugesandt. Murner meldet, nachdem er seinem Vetter einige Aufträge wegen seiner zu Frankfurt gedruckten lateinischen Ausgabe der Disputation und wegen seiner Weinreben ertheilt hat, ganz vergnüglich den Verlauf seines Streit handels. Im Widerspruch mit dem ihn ganz entschuldigenden Schreiben des Rathes zu Luzern findet er allerdings, dass Zürich und Bern nicht umsonst klagend gegen ihn auftreten; denn er habe durch seine Büchlein, wovon er vier mitsendet, ihren Zorn wohl verdient; freilich habe er nur zur Abwehr geschrieben. Es müsse aber noch anders kommen. Alles sei voll Eifer gegen die evangelischen Sackpfeifer und Schelmen, die Weiber noch mehr als die Männer. Auch habe man treffliche Bundsgenossen an Savoyen, dem schwäbischen Bund, Wallis, den beiden Regiment (Oestreich und dem Kaiser?} u. a. m. Der, wie man sieht (s. Beilage), nicht ungeahnte Krieg brach aus, wurde aber durch Landammann Aebli von Glarus zum Frieden gewendet, in dessen zwölftem Artikel Zürich und Bern gestattet wurde, den Murner vor den XII eidgenössischen Orten und sonst gerichtlich zu verfolgen. Sogleich verlangt Bern von Luzern, dass es Murner von sich aus nach Verdienen züchtige. (Bern. Staatsarchiv.) Statt dessen lässt Luzern seinen

Pfarrer Murner über die Grenze nach Freiburg im Breisgau entwischen. (1. 1.) Unverweilt erheben Bern und Zürich Klage bei der Jahrrechnung zu Baden, und zwar zunächst gegen Luzern, weil es Murner entgegen dem 12. Art. 2) des Friedens von 1529 habe entwischen lassen. Das Schiedsgericht aber, worin nebst Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, Appenzell und Graubünden auch die Landschaft Sargans durch Hans Capetuller und Hans Walther vertreten war, erkannte, Luzern habe wegen Murner den Landfrieden nicht gebrochen, da es zur Zeit von Murners Flucht die Originalurkunde des Friedens noch nicht gehabt habe, dagegen seien Zürich und Bern berechtigt, Murper für seine Schandbücher und lästerlichen Worte als einen »Landrümigen« an Leib und Gut, wo und wie sie können und mögen zu strafen. (Rechtspruch vor den 13. Orten zu Baden Donnerstag nach St. Verena. 1529. Staatsarchiv Bern.) Zunächst legte Bern zu Strassburg") Verhaft auf Murners Pension, von 52 fl., die ibm für seine Klosteransprüche laut Vertrag zukam, und verlangt mit Zürich in Strassburg einen Rechtstag. Eine bernerische Gesandtschaft ging dorthin, aber Murner stellte sich nicht vor Gericht. Endlich richtet Murner » als armes Burgerkind«, das seine Vaterstadt doch nicht ins Elend stürzen wolle, einen Vertheidigungs- und Bittbrief um seine Pension an den Rath zu Strassburg, auf dessen Fürbitte endlich Bern nachgibt und der Streithandel ein Ende bat. Fortan mochte Murner seine Pension ruhig geniessen, zumal er gegen die Eidgenossenschaft Nichts mehr, wohl aber gegen M. Luther das Bocksspiel schrieb. Wann und wo er gestorben, ist ungewiss.

20) Vgl. Schweizergeschichte von Meyer v. Knonau. I. 385.

21) Bern verburgrechtete sich mit Strassburg zuerst 1303 (Anshelm 1., 71) Dann 1479 (Anshelm II., 245) und endlich schloss es 1529 auf Quasimodo gemeinschaftlich mit den evangelischen Städten das sog. christliche Burgrecht mit Strassburg, welcher Bundesbrief, nach dem zweiten Cappelerkrieg zerschnitten, im Staatsarchiv zu Luzern liegt.

Beilagen.*)

1.

Schreiben von Luzern an Bern, laut welchem Murner nicht zur Disputation nach Bern kommen soll.

6. Januar 1527.

(Stadtbibliothek Bern. VI. pg. 176.)

>> Den frommen fürsichtigen wysen Schultheiss vndt Rhatt der Stat Bernn, vnsern besonders gutten fründen, vnd getrüwen lieben Edtg.

Vnser fründtlich willig dienst auch was wir eeren liebss vnndt guttes vermögen zuvor fromm, fürsichtig wyss Insonders gutt fründt vndt getrüwen lieben Eidtgnossen eüwer schryben vnnss vff hinnfür zuo kommen, berüerendt den wirdigen hochgeleerten berren Thomass Murner Doktor, der hl. schrifft vndt beider Rechten, jetzund vnsern Kilchherren, vff eüwer disputatz ze schicken haben wir alless InnHaltss verstanden vndt darob etwass verwundern empfangen. Angsehen dass schryben So ir kurtzlich hieuor vnnss Inn antwortss wyss zugeschickt, darzuo sonderlich gemelt, dass der so die Disputatz gedruckt, nit der Eeren wort gaben biss zu siner Zyt, Sonder vnnsern Kilchherren für einen biderman vndt einen christlichen Doctor achten vnndt hallten, vnndt wir wol vnnser Kilchherr Doctor Murrner geneigt, vnndt guttwillig eüwerem begären stat zuo thun, So aber nit allein wir, sonder noch acht ort der Eidtgnoschaff dass willenss sindt vnndt angsechen habendt Niemandt vff die Disputatz ze schicken, Angsechen die Disputation zuo Badenn, damit vnss wol benügt vandt ander vrsachen Darumb So habent wir vnssren Kilch Herren gheissen daheim bliben vndt lassent es genntzlich

*) Bei Abdruck dieser Beilagen, deren mehrere aus dem Staatsarchive Bern herrühren, habe ich Herrn Berthold von Mülinen-Gurowski, Archivar in Bern, für seine stets freundliche, gefällige Güte meinen wärmsten Dank zu sagen. H.

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