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aber hat Kruse die Copie der beiden Nrr 2. 3 alsbald eingeleitet mit der Vorbemerkung 'Von Friderikens Hand zwei halbe Bogen'. Kruse nahm doch wohl das Bündel mit nach Hause in der von Sophie Brion erweckten Meinung, nicht nur lauter Gedichte Goethes, sondern auch durchweg Goethische Manuscripte darin zu finden, die Verschiedenheit der Schrift störte ihn zunächst nicht, wie er ja auch noch später daran festhielt, sorgfältige Reinschriften und momentane Niederschriften Goethes in dem Bündel beisammen gefunden zu haben; unter dem Abschreiben von Nr 7 merkte er, wahrscheinlich an der Orthographie, daß er jetzt eine andere Hand und zwar die eines Frauenzimmers, also Friederikens, vor sich habe, er blieb aber in seinem graphischen Urteil noch immer unsicher, als er mit dem Abschreiben von Nr 1 begann und die Handschrift insbesondere von den zu allererst abgeschriebenen Nummern 4 und 5 etwas abweichend fand; auf den beiden Halbbogen mit den Nrr 2. 3 hingegen erkannte er sofort die Hand des Mädchens.

Wenn also der alte Kruse sich zuletzt fest darauf versteifte, er habe nur Handschriften Goethes und Friederikens vor sich gehabt und er habe diese 1835 genau und sicher zu unterscheiden vermocht (Deutsche Revue S. 129), so haben wir ihn aus dem Zustand seines eigenen Manuscripts zunächst soweit widerlegen können: der Studiosus Kruse fühlte sich seiner Zeit durchaus nicht sicher!

Schon diese vorläufigen Erkenntnisse waren nur möglich auf Grund der genauen Abschrift der Krusischen Copieen, die mir Albert Köster anstatt der erbetenen Collation übersandt hat und die, unter der Correctur dieses Aufsatzes noch einmal verglichen, von einer Akribie und Sauberkeit ist, dass ich sie zuversichtlich als Ersatz der Manuscripte Kruses benutze. Diese sind bekanntlich frühzeitig in den Besitz Salomon Hirzels übergegangen und aus dessen Nachlaß in die Leipziger Universitäts - Bibliothek gelangt.

Die Sesenheimer Gedichte bilden dort ein Convolut von 5 losen Quartdoppelblättern, deren Numerierung erst später erfolgt ist und darum nicht von vornherein für die Reihenfolge der Abschriften maßgebend erscheint. (Für die Sesenheimer Vorlagen, die eben nur aus ungeordneten losen Blättern bestanden, kommt eine Reihenfolge' überhaupt nicht in Betracht!) Das Doppelblatt, welches aus den Blättern 1 und 10 besteht, ist als Umschlag um die übrigen vier Doppelblätter (2 +3, 4+5, 6+7, 8+9) gelegt: es bringt S. 1a nur die Aufschrift Niederbrunn; S. 1b ist leer; S. 10ab enthalten von Kruses Hand Teile der ersten schnellen

Notizen, die er bei oder unmittelbar nach dem Besuch bei Sophie Brion noch in Niederbronn mit fliegender Hand gemacht und später z. Tl. wörtlich in seinem Aufsatz benutzt hat.

Für die Entstehung der Abschrift ist folgendes festzuhalten: a) Kruse gibt nicht auf besondern Blättern die einzelnen Blätter seiner Vorlagen wieder; b) jedes seiner eigenen Doppelblätter ist in continuo geschrieben.

Doppelblatt 2 + 3 enthalten: Nr 4 welchen güldnen Träumen) - S. 2. 2b. 3itzt, mein unvergeßlich Mädchen,) - S. 3. steht Niederbrunn 12/9 35.', folglich ist Beginn von K.s Copierarbeit.

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(Ach bist Du fort? Aus und Nr 5 (Wo bist Du Auf S. 2a oben rechts dies Doppelblatt der

Doppelblatt 4+ 5 bringen: Nr 6 (Ich komme bald, ihr goldnen Kinder,) S. 4a -; Nr 7 (Kleine Blumen, Kleine Blätter) S. 4o. 5a —; Nr 8 (Balde seh ich Rickgen wieder) S. 5a. 5b.

Doppelblatt 6 + 7: Nr 9 (Ein grauer trüber Morgen) S. 6a. 61—; Nr 10 (Es Schlug mein Hertz, geschwind zu Pferde) V. 1-10 S. 6. 7a Mitte. Der Rest von S. 7 und die ganze S. 7 ist frei geblieben.

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S. 8. 8b, 9a. ;

S. 9a Schluß Erst auf diesem

Doppelblatt 8+ 9: Nr 1 (Erwache Friedericke) Nr 2 (Jetzt fühlt der Engel, was ich fühle) Nr 3 (Nun sitzt der Ritter an dem Ort). — S. 9. Doppelblatt treten die Vorbemerkungen über die Schreiber auf.

Daß Doppelblatt 2 + 3 tatsächlich an die Spitze, Doppelblatt 89 an den Schluß von Kruses Abschriften fällt, ist wohl sicher. Ob die Anordnung in der Mitte das richtige trifft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. es kommt schließlich nichts darauf an. Autorität besitzt die Bleistiftpaginierung, wie schon gesagt, in keiner Weise, sie ist wohl gar erst vorgenommen, als die Blätter nach Sal. Hirzels Tode an ihren neuen Aufbewahrungsort gelangten. Hirzel selbst hat deren Inhalt im 'Jungen Goethe' in folgender Anordnung zum Abdruck gebracht: 8+ 9; 2 + 3; 4 + 5; 6 + 7. Unter den Gründen dafür ist der eine sofort klar, daß 67 allein einen unbeschriebenen Rest (von 1/2 Seiten) aufweist hier also, glaubte Hirzel, habe Kruse zu copieren aufgehört, sei es nun, daß er mit diesem Fragment am Schluß seines Vorlagenmaterials angekommen war, oder daß er aus irgend einem Grunde abbrechen mußte. Die Erwägung trifft aber kaum das richtige der junge Goetheenthusiast Heinrich Kruse war sicherlich in der Lage, diese 10 Verse (von Nr 10) als Torso des längt gedruckten Gedichtes Willkommen und Abschied' zu erkennen, das vervollständigt den Rest des Blattes gefüllt haben würde; er

erwartete vielleicht, daß Sophie in der Lage sei, beim Rückempfang der entliehenen Blätter diese Lücke auszufüllen daß er sich darin getäuscht haben müßte, ergibt die 'Bemerkung' Aug. Stöbers, 'Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim' (1842) S. 111, daß die alte Dame auch unter ihren Abschriften nur dies 'abgerissene' Fragment aufbewahrte.

Was nun des weitern die Copierarbeit Kruses angeht, so sind seine Schriftzüge eilig flüchtig wird man kaum sagen dürfen, wenn man im übrigen seine Sorgfalt in der Wiedergabe der unbedeutendsten orthographischen Besonderheiten constatiert. Auf dem ersten Doppelblatt begegnen neben rapiden Schriftzügen ein paar Abkürzungen (-g für -ung, sd für sind, u für und), die aber zurücktreten, sobald der Abschreiber sich häufiger Wortformen gegenüber sieht, deren archaische oder auch direct falsche Schreibweise er doch nicht normalisieren mag. So sehen wir denn in einer ganzen Anzahl von Fällen, wie er unter dem Abschreiben der Wörter oder unmittelbar nachher sein Gram in gram; Trauben, Traube in trauben, traube und umgekehrt steht in Steht der Vorlage umändert, für seine Rosen die Rossen der Friederike einsetzt, jung in iung, Herz in Hertz corrigiert, und vieles derartige sorgsam festhält; aus allem dem geht hervor, daß er bestrebt war, das orthographische Bild seiner Vorlagen aufs getreueste wiederzugeben.

Daß sich derartige Selbstcorrecturen unter dem Schreiben, welche Kruses Sorgfalt am deutlichsten erweisen, auf dem ersten Doppelblatt noch nicht zeigen, hat seinen Grund lediglich darin, daß die beiden Gedichte (Nr 4 und Nr 5), mit denen er begann, ihm in ganz besonders sauberer Niederschrift vorlagen: für Nr 5 stand ihm das noch in späten Jahren deutlich vor der Seele (Deutsche Revue S. 129). Aehnliches wiederholt sich auf dem letzten Doppelblatt: auch die Vorlage für Nr 1 war offenbar im allerbesten Zustand - und auf Friederikens krause Orthographie (Nrr 2. 3) zu achten, das hatte er inzwischen gelernt.

Geben so die Abschriften Kruses die verschiedenen orthographischen Individualitäten unter seinen Vorlagen deutlich wieder, so muß es uns, die wir heute über ein so reichliches Material zuverlässiger Abdrücke von Originalmanuscripten verfügen, möglich sein, Ersatz zu schaffen für das was Kruse ao. 1835 besser hätte vor den Originalen leisten können aber freilich doch nur dann, wenn ihm zuverlässige Facsimilia oder gar Autographen zum Vergleich zur Hand gewesen wären. An die Stelle der graphischen Kritik, die nach dem Verschwinden der Vorlagen Kruses nicht mehr möglich ist, muß die orthographische Kritik treten; von ihr

wollen wir aufsteigen zu einer höheren Kritik, die es nicht mehr mit dem Buchstaben zu tun hat.

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Ich lege zunächst das vollständige Ergebnis einer Collation vor, und es wäre mir freilich lieb, wenn recht viele meiner Leser sich diese Collation alsbald in den Jungen Goethe' eintrügen, auf den sie sich bezieht. Ich zeichne durch Sperrdruck die überraschenden Ergebnisse aus, die in den Text gehören und sämtlich in der Weimarer Ausgabe Bd 4 fehlen1); durch (sic) markier ich metrische und Reimverstöße, die für den Urheber (resp. die Urheberin) der Vorlage charakteristisch erscheinen, mit (!) wird angegeben, daß Kruse selbst durch Unterstreichung oder ein späterer Benutzer der Hs. durch NB. am Rand ausdrücklich auf die auffällige Schreibart hinweist, mit (!!) heb ich besonders krasse Schreibfehler hervor. Die Interpunction hab ich mit aufnehmen müssen 2), da sie sich durchaus nicht als gleichgiltig erweist; ich schwöre natürlich nicht darauf, daß Kruse auch hier bis ins einzelste hinein zuverlässig sei, daß er es im ganzen ist, davon bin ich für meine Person überzeugt und hoff ich auch die Leser zu überzeugen: sinngemäße und nachlässige Interpunction fallen mit Sauberkeit und Kunterbunt der Orthographie meist derart zusammen, daß wir an Kruses Abschrift auch in diesem Puncte glauben und mit ihr operieren dürfen. Kruses Selbstcorrecturen bleiben unberücksichtigt, wo über ihren Zweck kein Zweifel besteht.

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29 fehllos) 31 wär Zähen 32 Eiß! 33 Dir

42 Du 43 So höre

38 Sieh

Interpunction: Es fehlen die Zeichen V. 1. 2. 6. 8; 13. 14; 18. 21. 22; 28. 29. 30; 33. 34 (beide). 36. 39; 44. abweichend: 12 Du! 38 Gesicht:

41 Nachtigall,

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46 Joch.

42 versäumt: 3 Hertzen 4 Schickfaal

Interpunction: fehlt ganz bis auf V. 1 Engel,

1) Da der (in Bd 5 II zu erwartende) Apparat hierzu noch aussteht, läßt sich dieser Mangel noch leidlich reparieren.

2) Warum ich sie abgetrennt jedes Mal am Schluß behandle, wird bei Nrr 2. 3. 6. 7 am besten klar werden.

3) 'So ganz deutlich' Köster; wir haben also kein Recht, in fühllos zu ändern, wie alle Abdrücke seit Stöber haben; zur Bedeutung erinnere ich etwa an 'Das Blumlein Wunderschön' V. 36 f., fehllos ist hier offenbar 'frei von sinnlicher Erregung'.

4) Kruses Vorbemerkung zu Nrr 2. 3 s. S. 4 oben.

Nr 3. V. 3 gieng 7 gesottener (sic) Eyer

Blind

hort (!!) 5 sitz 9 warrlich zimlich

tisch 6 abendteuer 10 Falber] Falcke1)

11 Weeg (12 fand (sic) im J. G. ist kein Druckfehler!) Interpunction: bloß V. 1 Ort, 2 Kinder, 4 geschwinder. 12 fand.

Das Gedicht hat keine Strophenabteilung (mit der es auch wieder WA. 4, 355 erscheint) und soll keine haben! Die natürlichen Redepausen sind hier keine Strophenschlüsse; auch Stöbers Abschrift bestätigt dies.

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Interpunction: es fehlen die Zeichen: 1 Ach 3 säumen 4. 5.

8 gesehn 10. 15 verblichen 16. 17 gegangen 20. 23. 24. 25 erflehen 27 (beide). 30. 31 fühl 32 sterbe es steht abweichend: 4 davon

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17 Gegenden, 21 Grauen.

26 liebst

28 giebst.

Nr 5. Die Ueberschrift als ich in Saarbrücken, war nach Kruses in der Deutschen Revue S. 129 wiederholter Versicherung 'nicht als Titel, sondern als Bemerkung' zu fassen: 'anscheinend von seiner [d. i. Goethes] Hand, nur flüchtiger' als das Gedicht selbst, das 'besonders sorgfältig und zierlich geschrieben' war. V. 1 Du 2 Du 4 Dich 5 Du 7 Dir 8 Deinem 15 sonst 16 Monath May. 7 nachzuweinen

9 Dir 13 ruffen 14 herbey

Interpunction: fehlt 3 Städtchen 5 scheinen 8. 9. 12 abweichend: 3 Flur? 11 Feld Nr 6. V. 2 Winder (!) 5 tausendfaltig 8 Sträußgen

Interpunction: fehlt von V. 2 ab gänzlich. Nr 7. V. 1 Kleine Blätter 4 Tandlent 5 Zephier nimms 10 Rosse iung trieben (sic)

7 Kräntzgen

3 gute iunge Frühlings Götter 7 dan 8 mit zufriedener (sic) 11 einen 12 genug, (sic) 13 Seegne) diese 15 usrer (!) 16 Rossen Leben 17 Mädgen Empfindet 18 Reig Liebe 19 daß uns 20 sey schwages Rossen Band. Die Interpunction beschränkt sich auf V. 1 Blumen, 20 Band. Dazu tritt der Gedankenstrich vor V. 11.

1) So auch Stöber, über die Bedeutung der Lesart s. u. II.
2) 'Kein Grund Seegen zu lesen' Köster.

12 genug,

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