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ten; doch, „Klage", so spricht das alte Zeitbuch, das dem Schwarzburger Chronisten Jovius zum Leitfaden diente,

„Klage hub sich an dem Rhein und in Thüringen um den gemordeten König, da die Seinen mit Betrübniss zu Lande wiederkehrten und sagten von seinem Tode und seiner kurzen Herrschaft "

und wahre, unverholene Trauer erfüllte das ganze deutsche Volk und mit Recht kann man sagen, der Genius des Vaterlands stand an seiner Bahre, weinend um den gemordeten Kämpfer für Ehre, Recht und Licht.

Selbst Carl, der glückliche Ueberwinder, fühlte wohl, wie viel das Ansehn des Frühvollendeten ihm selber Abbruch that, ihm, den man vom Antheil am Giftmorde nicht freisprach, ja wie sehr jedes Auge ihn mit Vorwurf und Misstrauen ansah und Alle geringschätzend von ihm dachten.

Für eine erwünschte Gelegenheit hielt er es darum, sich den Bewohnern der Krönungsstadt und den versammelten Reichsfürsten jetzt von einer glänzenden und edlen Seite zu zeigen. Alles bot er auf, die Trauerfeierlichkeit bei Günthers Bestattung durch kirchlichen wie ritterlichen Pomp zu erhöhen, durch persönliches Erscheinen und zur Schau gestelltes Leidtragen jeden Mordverdacht von sich abzuwälzen.

Am 19. Juni ward die Leiche in königlichen Gewändern im Chor der Johanniterkapelle ausgestellt, wo die ritterliche Brüderschaft die Ehrenwache abhielt; am 20. vermuthlich ward sie mit unabsehbarem Geleite nach dem Münster des heiligen Bartholomäus übertragen.

Die Klerisei eröffnete psalmsingend mit Fahnen und Kreuzen den Zug.

Nach ihr wurde das Banner von Schwarzburg von einem ungeharnischten Ritter zu Ross getragen, diesem nach ward eines der fünf Leibrosse mit des Königs „Heergeräth" geführt; darauf jenes Schlachtross, im Trauerprogramm, welches Schwarzburgische Geschichtsschreiber citiren, als „der Renner " bezeichnet, der den König im Turnier zu Castell und im Kampfe vor Eltville zum Sieg getragen hatte.

Dem folgte ein Ross, so zwei Gewappnete ohne Helm ritten; ihnen nach zog ein Geharnischter, welcher des Königs zur Erde gesenktes Schlachtschwert und seinen Schild hielt.

Sechszehn Fackelträger, in langen Trauerflören, ebenso viel edle Vorfahren des Verblichenen symbolisch darstellend, schlossen sich Jenem an und schritten unmittelbar vor der Bahre vorauf; diese letztere, mit prachtvollen Teppichen bedeckt, ruhte auf den Schultern von zwanzig in Trauergewänder gehüllten Grafen des Reichs.

Unmittelbar hinter dem Sarge aber, gleich einem Kartenkönig spreizte sich in Krone, Purpur und Scepter, Carls „römische Majestät", wie er sich selber endlich bezeichnen durfte. - „Gegeizt hatte er nach der Ehre, die Stelle des Hauptleidtragenden einzunehmen", und nach ihm, dicht gedrängt, schaarten sich die Wahlfürsten, Herzoge, Grafen, Herrn und Reichsstädte, denen sich, in unabsehbarem Zuge, Trauernde jeden Alters und Standes anschlossen. Jedermann fühlte sich von der unseligen Katastrophe betroffen, jedermann strebte danach, dem Geschiedenen die letzte Ehre mit zu erzeigen.

Im Chore des Münsters ward der Sarg in einem Katafalk beigesetzt, Exequien wurden gehalten, Messen gelesen, an den vierzehn Altären des Doms, indess der Trauerzug und Ströme Volks die weiten Räume und Hallen, ja selbst die Plätze und Gassen rings umher erfüllten; war doch kein Auge thränenleer, keines, das nicht begehrte, den Verblichenen noch einmal zu schauen, ehe ihn die Gruft barg.

Unter dem Hochaltar, auf den ihn vor fünf Monaten die Wahlfürsten mit eigenen Händen gehoben, hatte man ein Gewölbe geöffnet, dort senkte man die Leiche ein, über die man im letzten Augenblick schwarze Tücher breitete, während, alter Sitte gemäss, die fünf Rosse nebst den Waffen, den Rittern und Reisigen geopfert, von den Freunden des Verblichenen aber alsbald für 200 Goldgülden ausgelöst wurden.

Hierauf begannen wieder die Exequien, das Grab ward von den Sargträgern mit einem seidenen Gewebe bedeckt und Gebete beschlossen den Trauerakt.

In der Blüthe der Jahre hatte Günther das Leben lassen müssen, inmitten der Vierziger hatte er fünf Monate und zwölf Tage lang das Regiment in Händen gehabt. Nur Gift allein hatte die Riesenkraft unsres Helden zu brechen vermocht und auch ihr widerstand, wie wir sahen, die in hundert Kämpfen gestählte Natur weiter, wie die schlaueste Berechnung seiner Feinde je geglaubt.

Machtvolle, unnahbare Faktoren müssen seinen Untergang beschlossen haben, Persönlichkeiten, die für den Arm der weltlichen Justiz völlig unerreichbar waren. Der Arzt Freidank, genannt „von Heringen", nahm des schauerlichen Verbrechens unerachtet, den Ruf eines Ehrenmannes mit ins Grab, aber schon der oftcitirte Chronist, Albertus Argentinensis, bemerkt, „man glaube sein Famulus habe das Gift in den Trank geworfen."

Den Freidank nennen als Thäter, das „Chronikon Würzburgense", die, Fasti Limpurgenses" und viele andre Schriften; dass der Arzt Freidank ein Freund des jungen Grafen Gerlach von Nassau, des von Carl IV. installirten Mainzer Erzbischofs, gewesen, behauptet wiederum Albertus Argentinensis oder vielmehr nach neueren Untersuchungen, Matthias von Neuenburg, des Bischofs Berthold von Strassburg Capellan.

Merkwürdig ist folgende Stelle in der „prima vita Clementis VI., apud Baluzium vitarium Paparum Avenionensium, Tom. I. Paris. 1693. pag. 251.

„Carolus autem sentiens se pro tunc armis adversus eos praevalere posse, dicitur procurasse quod dictus suus adversarius satis cito mortuus est; an autem toxico sive alio modo varii varia sunt locuti. Sed qualitercumque fuerit, non est sibi ad culpam imputandum, juxta illud dictum vulgare: Non refert an armis habeatur palma dolisne!"

Man sieht hier deutlich, wie der Clerus, unbefähigt die Unthat leugnen zu können, die Schuld von dem bigotten Monarchen, dem unterthänigen Knechte ihres Willens abzuwälzen strebt. Mit dem constatirten Freundschaftsbündniss zwischen dem jungen Kirchenfürsten Gerlach und dem alten Arzte ist freilich noch immer kein Beweis der Culposität des Letzteren geführt, während wohl klar ist, was gerade jener junge Fant auf Deutschlands erstem Bischofstuhle zu fürchten hatte, wenn Günthers siegreiches Schwert durchdrang, und auffallend bleiben die Stimmen jener Chronisten geistlichen Standes, deren wir oben schon gedach

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ten, welchen gemäss dem Freidank das Bisthum Speier zum Lohne für die verruchte That versprochen worden sei."

Hiermit nicht völlig disharmonirend ist der Inhalt der Handschrift Bernhard Rohrbachs, des Chronisten der Frankfurter Geschlechter, der über König Günthern sagt:

,,quem Jacobus quidam monachus de ordine predicatorum in porrigendo sibi sacramentum eucharistie veneno pariter sibi dando interemit."

Die Möglichkeit bleibt daher nicht ausgeschlossen, dass Freidank ein Geistlicher war und durch lockende Versprechungen gewonnen werden sollte, indess wie bereits oberwähnt, „nur sein Famulus" das Gift in den Trank mischte.

Allen Vertheidigungen und Beschönigungen zum Trotz erhielt sich indess die Meinung von einer durch Carl und seiner Helfershelfer Parthei veranlassten Vergiftung des unglücklichen Königs Günther noch bis auf den heutigen Tag, und wie wir bereits früher rügend hervorhoben, vermochte das beharrliche Ablehnen des Gesuchs um Einsicht der Münchener Archivsakten nicht dazu beizutragen, jene Ansicht irgend zu entkräften.

Ja, noch unter des Böhmen Carl Regierung und wenig Jahre nach der Katastrophe, sprach sich jene Vermuthung deutlich offen in Lapidarschrift aus. Gleich nach Günthers Hintritt nemlich schritt man dazu, sein Andenken durch ein angemessenes Grabdenkmal rege zu erhalten, vermittelst Aufstellung einer Portraitstatue, die am 11. December 1352 im Dome zu Frankfurt feierlich errichtet wurde. Meister Wasmude, ein Bildhauer, scheint mit dieser Arbeit betraut worden zu sein, wie aus vorliegenden Berechnungen über die dem Schwarzburgischen Hause verpfändete Reichssteuer hervorgeht. Das erwähnte Denkmal zeigt uns den verklärten Helden unter einem reich ornamentirten gothischen Schwibbogen stehend, auf sein treues Schwert gestützt; bekleidet ist derselbe mit dem enganliegenden Lendner, dessen wir oben erwähnten. Arme und Beine deckt der Harnisch und verräth uns die markigen Formen des Körpers, auf dem Haupt ruht die leichte, calottenförmige Eisenhaube, während der schwere Sturzhelm mit dem schwarzburger Kleinode, dem federgeschmückten Löwenhaupte, von der Rechten getragen wird, auch der noch völlig byzantinische Dreieckschild, mit dem kampfgereckten Leuen, ist nicht vergessen und schmiegen sich zwei jener Wappenthiere unter seine gewaltige Ferse.

In den Figuren, welche die Statue umstehn, erkennen Kundige den heiligen Georg, die Maria Magdalena, das Salbengefäss in Händen und St. Katharina von Alexandrien mit dem zerbrochenen Rade; die vierte Gestalt soll nach Einigen den Apostel Thomas vorstellen, doch fehlen ihm Winkelmaass und Lanze (martyrium)". *) Andre, namentlich Herr Dr. Römer-Büchner, schlossen auf St. Rochus, obwohl derselbe erst nach mehr wie 60 Jahren kanonisirt wurde und Pilgerkleid und Krückenstock einen weiten Spielraum zu Suppositionen geben (auch St. Jacobus major wird in gleicher Weise dargestellt). Indess hat der Umstand, dass St. Rochus († 1327 in einem Gefängniss Südfrankreichs,) grade um die Zeit der Katastrophe und während der unglücklichen Pestseuche hochverehrt wurde, Manches für sich und wahrscheinlich bleibt es immerhin, dass der unglückliche Monarch in Tagen schweren Siechthums den frommen Krankenpfleger Rochus, den ritterlichen Georg zu Schutzpatronen erwählte.

Was die das Denkmal umgebenden Wappenschilde anbelangt, so wiederholen sich an der oberen wie unteren Seite die Emblème von Schwarzburg, Arnstadt und Mainz, auf der rechten Seite finden wir das Hohensteiner geschachte Feld, dann noch die Schilde Cunos von Falckenstein, (des Mainzer Domprovisors, **) und des Ritters Rudolf von Sachsenhausen, (bekanntlich zweier Freunde und Anhänger des Königs, deren wir oben wiederholt gedachten.***)

*) Es fehlt nicht an Abbildungen jenes Heiligen, wo er ohne jene Attribute erscheint, sondern in wallendem Gewande mit offenem Buch und langem Stabe dargestellt ist; so z. B. am Grabmal des heiligen Sebaldus in Nürnberg.

**) Er ward 1352 Probst des Frankfurter Bartholomäusstifts und 1362 Erzbischof von Trier.

***) Bekanntlich ruhte früher die Asche des Ritters Rudolf († 1371) an der Seite seines königlichen Waffengefährten; sein Schild erscheint quadrirt: 1 u. 4, in Blau, der wachsende, weisse Schwan mit ausgebreiteten Flügeln, identisch mit dem Kleinode, 2 u. 3, von Roth und Gold in 3 Plätze getheilt, oder in Gold der rothe Querbalken; (vergl. v. Hefener-Alteneck, Trachten, II. 133.) daher ein für heraldische Forscher unschätzbares Denkmal! (Vergl. v. Mayer, „herald. A. B. C." Seite 505.) Auch v. Eye gibt in den ersten Heften seines Werkes eine Abbildung des ausgezeichnet schönen Kleinodhelms.

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