Hinsichtlich der übrigen Wappenschilde, lässt sich mit Bestimmtheit Näheres um so weniger behaupten, als wiederholte Uebertünchungen und Verunstaltungen, ja das Auseinandernehmen jenes Wappenfrieses und das mehrmalige Versetzen der Grabsteinplatte endlich, mehrfache Beschädigungen nach sich zogen; muthmassen kann man daher, dass Freunde und Anhänger Günthers hier eine Art symbolischer Vertretung gefunden haben. nur Den einhäuptigen schwarzen Aar im güldenen Felde hat man als den Reichsadler gedeutet, doch kann er ebensowohl das Wappen von Arnstadt sein, das unser Held hoch und werth hielt. Auch die Stadt Frankfurt führte in jenen Zeiten die gleichen Emblème und die Möglichkeit bleibt daher, dass ihr und der treuergebenen Bürgerschaft hier gedacht werden sollte. Dagegen ist unrichtig die Ansicht, dass jene Wappenschilde Ministerialen des Reichs" angehört, oder Bezug auf die Burgmannen von Friedberg hätten. Letztere waren, wie wir wissen, dem König feindlich gesinnt und wenn man auf den erwähnten Schilden auch u. A. die Wappen der burgmännischen Geschlechter, Flach von Schwarzenberg und Weiss von Feuerbach erkennen will, so ist damit kein Beweis geführt. Dieses, aus rothem miltenberger Sandsteine verfertigte Denkmal „war ursprünglich mit Wachsfarbe enkaustisch bemalt." Zwei bärtige, über dem Bogen hervorlugende, wachsende Figuren halten auf demselben zwei jener sogenannten flatternden Zettel, welche mit Inschriften bedeckt sind, wie sie in der Ornamentik des Mittelalters so häufig vorkommen. - Unvorsichtigkeit und momentane Versehn haben es aber verschuldet, wenn wir Günthers Grabschrift in verschiedener Weise, (,,eine wahre crux interpretum",) von den Gelehrten und Schriftkundigen wiedergegeben finden, doch bedarf es nicht erst der sprechenden Handgestikulation des Einen der beiden Zettelhalter, um den tiefen Sinn herauszufinden! „Der gelehrte Paläograph Batton gab zwei verschiedene Lesarten, seiner Ersteren schlossen sich Hüsgen, in seinen „Nachrichten von Frankfurter Künstlern", p. 259, wie auch Kirchner, p. 276, in verba magistri, an. Nach einer im von Fichardschen Nachlasse vorgefundenen Abschrift war dagegen Battons spätere Lesart: „Als die vntrewe gebande Trewe Vntrewe nam Gewinnes boxe J. B. Müller, in der „historischen Nachricht vom St. Bartholomäusstifte", Frankfurt 1746. p. 138, las dagegen auf dem rechten Flatterzettel: we gebande - - des Stede drowe schaden nimmt", auf dem linken Flatterzettel: ,,--gebande nam gewinnes Boren un drowe ende mit giftes wore!" an eine unverständliche Redaktion, gleich der Batton'schen; nähernd verständlicher sind einzelne Theile der von Treiber in Arnstadt, vor hundert Jahren, versuchten Entzifferung: Undruwe kain gewinnes hort Undruwe sen mit Giftes wort." ... Der verdienstvolle Historiker, Dr. Römer - Büchner versuchte gleichfalls eine Aufklärung der mysteriösen Inschrift und gibt dieselbe in seiner Monographie über „die Wahl und Krönungskirche der deutschen Kaiser" folgendermaassen: ,,falsch. undruwe. schande. zymt. Zu den ungenauen Interpretationen gehört unzweifelhaft die von Lersner stammende: ,,Falsch Untreu schand ziemt Des stete Treue schaden nimt, Untreu man Gewinns hat Untreu falsch mit Gift belohnt ward." Am richtigsten oder verständlichsten wenigstens, erscheint uns eine aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts herrührende Deutung: ,,falsch. untreu. schande. zymt. Aber was auch immer die Deutung der einzelnen Worte ein und der andern Zeile sein mag, so bleibt doch der Sinn derselben auch dem blödesten Auge unverkennbar. Der Treue ist die Untreue, dem Rechte das siegende Unrecht gegenübergestellt, und das Gift als Mittel zum Zwecke bezeichnet. Ja, das durften die trauernden Hinterbliebenen, das durften alle Freunde Günthers, das durfte die kleine, unterliegende Schaar Derer offen vor Kaiser und Reich, vor Mit- und Nachwelt behaupten, denen die Ehre der Nation, das Glück und der Friede unsres armen Vaterlands mehr am Herzen lag als zeitlicher Gewinn! An Günthers Grabe trauerten seine treue Gemahlin, Elisabeth, eine Hohensteinerin,*) sein unmündiger Sohn Heinrich, schon nach acht Jahren mit ihm im Jenseits vereint, jener Knabe, für den der sterbende Vater, noch unter den Schmerzen des Todes, aufs Zärtlichste Sorge getragen hatte. Von seinen vier Töchtern ward die älteste, Elsbeth, Nonne zu Stadt Ilm, wo sie noch 1380 lebte, Agnes vermählte sich mit Graf Hermann V. zu Henneberg, Aschacher oder Römhilder Linie, Mechtild verband sich 1360 mit Graf Gebhardt von Mannsfeld, Sophien endlich führte Graf Friedrich von Orlamünde und Lauenstein, Günthers treuer Freund, zum Altare. Die trauernde Wittwe widmete dem heimgegangenen Gatten ein bleibendes Andenken und beschloss ihre Tage im Kloster Frankenhausen, wo zahlreiche, kirchliche Handlungen die allgemeine Trauer um die Katastrophe bekundeten. Günthers leiblichem Bruder, Heinrich X., nach Andern XV., war es vorbehalten den edlen Stamm weiter fortzupflanzen; seine Nachkommen sind es, welche noch heute die Schwarzburgischen Lande beherrschen. Wiederholt deuteten wir auf Günthers hohe, kraftvolle Heldengestalt; zwei von ihm vorhandene Originalportraits, deren eines zu Rudolstadt, deren anderes zu Sondershausen aufbewahrt wird, vergegenwärtigen uns auch seine edlen Gesichtszüge, indess der Grabstein offenbar nur den Abdruck der Todtenmaske bietet, wie Sachverständige erörtert haben und etwas eigenthümlich geisterhaft Starres besass, ehe in neueren Zeiten reiche, lebhafte Neuübermalung, bei der Rückversetzung der Grabsteinplatte in den Chor des Frankfurter Domes, denselben verwischte. *) Tochter des Grafen Dietrich V. von Hohenstein. Endlich besitzt man noch ein stattliches Majestätssiegel unsres Helden, auf welchem er unter einem Thronhimmel sitzend, im Krönungsornate dargestellt ist. Die Schläfe, mit der hohen, gebietenden Stirn, umwallte reiches, dunkelbraun gelocktes Haar, ein grosses, leuchtendes Auge sah klug und ernst in die Welt des Trugs und der Täuschung, ein kleiner, dunkler Bart umfloss den Mund, der, wenn nicht zum dröhnenden Schlachtruf sich erschliessend, lieber in ehernem Schweigen verharren zu wollen schien und aus dem uns nur Aeusserungen bekannt sind, die auf stäte Geistesthätigkeit, Bedacht und Urtheilskraft schliessen lassen! Noch müssen wir der im Zeughause auf Schloss Schwarzburg aufbewahrten Waffenstücke des gemeuchelten Königs gedenken; das in rother Sammetscheide befindliche Schwert führt eine Klinge, die von der Parierstange bis zur Spitze 3 Fuss 9 Zoll misst und eine Breite von 11/2 Zollen hat. Das Gefäss, dessen Knauf mit vier erhabenen Köpfen, davon zwei behelmt sind, geschmückt ist, hat einen leichten Korb. - Die Sporen sind von Eisen und haben auf der linken Seite, in der Mitte ein Gelenk. Die Breite der Steigbügel beträgt 11/2 Zoll. Zum Andenken Günthers ist vermuthlich auch der „Kaisersaal" im alten Schlosse zu Schwarzburg, zu dem eine imposante, schwarze Marmortreppe hinanführt, erbaut worden. Sein Andenken feierte noch Jahrhunderte später eine Medaille von der Hand des berühmten Wermuth in Gotha, die auf dem Avers sein Brustbild mit dem Lorbeerkranz umwunden, auf dem Revers u. A. die Worte: „a Bavaris disertus, venenoque a medicis impeditus," nebst der dem König zugeschriebenen Devise: ,,umbra non soli cedit." zeigt. Aber auch die Dichtung ergriff den dankbaren Stoff, um uns in Günthers kurzer Regierung und tragischem Ende ein Bild unsrer nationellen Bestrebungen zu entwerfen, die an welscher Tücke und Uebermacht elendiglich scheitern müssen, solange wir untereinander nicht einig sind, und in allen jenen Gebilden der Poesie älterer und neuerer Zeit hat sich die Darstellung des Giftmords erhalten. So schildert eine der ältesten deutschen Opern, von Holzbecher, unsern Helden als das Schlachtopfer einer Parthei, die gleich dem Gespenste der von Deutschland überwundenen Roma sich als unersättlichen, erbarmungslosen Vampyr an uns rächt; in ähnlichem Sinne verfährt auch Th. Apel, der Dichter des deutschen Dramas, welches gleichen Titel wie gegenwärtige Schrift führt; Levin Schücking, der rühmlich bekannte Romanschriftsteller dagegen, hat in seinem sonst gewiss vorzüglichen Zeitgemälde, die Idee mit dem giftmischenden Famulus festgehalten, Eifersucht aber als Motiv zur Unthat walten lassen, Carl IV. von aller direkten Schuld freigesprochen. Willibald Alexis hinwiederum, der hochgefeierte Darsteller vaterländischer Zustände und geschichtlicher Episoden, geht der Sache *) direkt zu Leibeund lässt König Carl persönlich einen römischen Priester zum Giftmorde dingen. - Peinlich ist es dagegen aus so geachteter Feder die entwürdigende und empörende Aeusserung fliessen zu sehn, ,, Günther habe das heilige römische Reich für 20,000 Mark Silbers verkauft. " Als ob der sterbende Held noch auf die Letzt ein Geldgeschäft habe machen wollen! Wer die historischen und theilweise kritischen Darstellungen eines Jovius, Heidenreich, Hoffmann und Hesse, den bewährten Biographen des Monarchen, zur Hand nimmt, wer das reiche Urkundenmaterial mit nur einiger Aufmerksamkeit zu Rathe zieht, das in fürstlich Schwarzburgischen Archiven aufgehäuft liegt, wird gar schnell zur Einsicht gelangen, dass Günther, nach dem Einernten des schwärzesten Undanks, des niedrigsten Verraths, im sichern Vorgefühle nahen Todes, nur in weiser Vorsorge für seinen edlen Stamm handelte, dass er Verbindlichkeiten, die er im Sinne und zum Zweck der Kriegsbereitschaft, dem Erbe der Väter aufgebürdet, noch in Zeiten durch Cession der Verschreibungen Carls und der Reichsstände vor seinem rasch heraneilenden Ende ausgleichen und abwälzen wollte, ja dass es ihm sogar gelang, jene schwierige Aufgabe noch vollkommen zu lösen, *) im „falschen Waldemar." |