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Zum Verzweiflungskampf gestaltete sich die Fehde; man focht nicht nur Mann gegen Mann, sondern verheerte wieder die Dörfer, versengte die Feldfrüchte und führte die gefangenen wehrlosen Landbewohner in Bande.

Ja, dieser Krieg war grässlich, denn er zerstörte die Früchte des Fleisses so manchen Jahrzehnts. Was aus dem tollen Treiben des Interregnums gerettet worden, was die schreckliche Zeit des entarteten Albrecht überlebt, was die Kriege gegen Kaiser Adolph den Nassauer etwa verschont, oder was seitdem wieder mühsam erstanden, dem ward jetzt ein sicherer Untergang zu Theil, denn bei zerstörten Fruchtgärten, zertretenen Saaten, rauchenden Trümmern vernichteter Dörfer, hörte jede Arbeit des Landmannes auf! An den Heerstrassen und überall wo Begegnungen stattgefunden, blieben die Gefallenen unbestattet liegen, der Leichenqualm lockte Schwärme von Raben aus den Lüften, das Raubzeug aus den Schlünden unsres Waldgebirges herzu. Nachts sah man den Himmel von Feuersbrünsten blutig geröthet und die Ferne durchzuckte der verzweiflungsvolle Wehruf der Beraubten, der in Knechtschaft Fortgeschleppten.

Friedrich trachtete vor Allem die Achillesferse seines Hauptgegners zu treffen und warf sich mit Macht auf das emporblühende Arnstadt, Günthers Lieblingswohnsitz.

Belagerungswerkzeug wurde aufgepflanzt und eifrige Anstalt zum Sturm auf die Mauern und Thürme getroffen, - da aber, nach den Paar ersten Waffengängen, brach schon Hader und Zwist unter den Führern aus, und Friedrich, des Widerspruchs ungewöhnt, fand ihn plötzlich im eigenen Lager! - *)

*) Bekanntlich hatte das Gräfliche Haus Schwarzburg das Arnstädter Gebiet unter dem Titel eines Kaufs und unter nachmaliger Kaiserlicher Bestätigung erworben. Der Markgraf behauptete dem ungeachtet lehnherrliche Ansprüche darüber zu besitzen und wollte daher Stadt und Schloss Arnstadt geschont wissen. Freilich verhehlte er nicht die Absicht, es für sich selber zu erwerben. Der blühende Zustand der Gewerbe war dagegen den Erfurtern ein Dorn im Auge; namentlich scheinen die durch Kaiserliche Gnade eingerichteten freien Jahrmärkte viel bös Blut gemacht und ihren Neid gestachelt zu haben. Vergleiche Hesse, Geschichte von Arnstadt S. 166 und 167.

Im Chronikon Sanpetrinum heisst es, in Beziehung auf die Jahreszahl, wohl mit Unrecht:

Die mannhaften Erfurter nemlich bestanden auf gänzlicher Zerstörung des Platzes und verharrten mit obstinatem Trotze auf Durchführung des heroischen Planes, obwohl sie dem Markgrafen, der zürnend ihre Führer vor sich beschied, naiv eingestanden,

„es sei Solches schlechterdings nothwendig, um die Concurrenz zu vernichten, die Arnstadt dem Erfurter Handel mache; - und um des willen müsse der Ort vom Erdboden verschwinden."

Erbittert wandte Friedrich den Krämerseelen den Rücken, sammelte sein Volk, zog noch in derselben Nacht bis Erfurt zurück und wandte sich gegen das Orlamündische Städtchen Buttelstädt, dessen Mauern, von Streitern entblösst, stürmender Hand weniger Widerstand in Aussicht stellten.

Dies war das Zeichen für Günther und seine Waffenbrüder, zum schleunigen Ausfalle gegen Erfurts tapfere Kämpen; - jubelnd schloss sich ihm an, was in Arnstadt nur irgend fähig eine Waffe zu tragen; - doch nur ein Schlagen war's, nicht eine Schlacht!" und erst hinter den Gräben und Wällen ihrer eigenen Stadt machten die Flüchtigen Halt, das gesammte Lager und Feldgeräth im Stiche lassend.

Zitternd entsandten die Väter des Raths Eilboten über Eilboten an den Markgrafen, auf die Strasse nach Buttelstädt, fussfällig Abbitte zu thun, demüthig bettelnd um Hülfe gegen den dräuenden Feind vor den Thoren.

Friedrich, wir wissen es, so leicht versöhnbar gegen die Städter, heisst die Bürger guten Muthes sein und seine Schaaren eilig den Rückmarsch antreten.

„A. 1342, in vigilia sanctorum apostolorum Simonis et Jude factus est magnus conflictus prope ciuitatem Arnstete, etc."

Der Tag des Gefechts wäre demnach etwa der 27. October (,,vigilia", Vorabend vor Simon und Judas) gewesen, allein auch diese Angabe ist nicht richtig, wie man aus dem Zusammenhang der Thatsachen ersehn wird; steht doch der Zeitpunkt des Friedensschlusses zu Weissenfels, Donnerstag nach Jacobi, 1345, urkundlich fest. Uebrigens findet sich auch noch eine zweite Lesart in der Chronik des Petersklosters vor:

„A. 1344, circa festum omnium sanctorum (1. Novbr.) facta est. discordia inter Marchionem Misn. Fridericum et ciuitatem Erford. ex una parte et Guntherum Comitem de Schwarzburg de Arnstete nec non Fridericum et Hermannum fratres de Wimar parte ex

altera."

Im Schutz ihrer festen Thürme wagen die eben noch Flüchtigen das abgebrochene Gefecht wieder aufzunehmen, wobei den Ortskundigen das von Teichen, Sumpf und Gräben coupirte Terrain nicht geringen Vorschub leistet.

Günthers Feldherrnauge, der Seinen Lage überfliegend, zieht seine Reitergeschwader gegen das Blachfeld zurück, lässt sie an geeigneten Punkten Posto fassen, dann das Gros des Fussvolks sich sammeln und langsam die Höhen gewinnen, um die Städter aus ihrer maskirten Stellung heraus zu locken.

(,,Ad Egenstadiam, [dem Dorfe Egstedt, südöstlich von Erfurt, zwischen dem Höhenzuge der s. g. „Wagd" und dem „Steiger-Wald" gelegen, einem Terrain, in Gestalt einer Sackgasse], berichtet der Chronist Fabricius, im Einklange mit andern Quellen,,,in insidiis collocarat equites Comes, ad quem locum cum oppidanos simulata fuga allexisset: subito renovatum proelium et pugnatum est animis ardentibus.")

Nichts weniger wie „Flucht" war es, oder Annahme „retrograder Stellung," aus s. g. „strategischen Rücksichten," vielmehr nur ein meisterhaftes Herauslocken des Feindes aus einem Terrain, dessen Vortheile nunmehr ganz auf seiner Seite waren.

Doch den Städtern ist der Kamm geschwollen, in Eifer und Hitze folgen sie nach, das Gefecht kommt an den Bergabhängen wieder zum Stehn, auf dem festen Boden halten Günthers Mannen, wie die seiner Genossen, die Stürme der Erfurter kaltblütig aus, ja ihre Linien öffnen sich sogar, sie um so besser zu empfangen.

Da bricht aus der Lisière des Eichwalds die Reiterei wieder hervor und fasst die Angreifenden im Rücken und der Flanke.

Im dichtgedrängten Angriffskeil der städtischen Schaaren mäht das Schwert der Ritter und Reiter und unter Strömen Bluts scheint der Tag bereits entschieden!

Doch, da schmettern die Drometen des Markgrafen plötzlich das Thal herauf, denn im entscheidenden Augenblick erscheint er mit frischen Truppen auf dem Wahlplatz, und Schwärme von Reisigen stürzen sich hastig vorwärts, um den Bedrängten Luft zu machen. Im Momente stockt die Aktion; die eben noch siegreichen Reitergeschwader müssen nach allen Seiten Front machen und von der Offensive ablassen. Hin und her wogt das Getümmel und Günther muss endlich die Seinigen sammeln, um dem unerwarteten Feinde, (den das Gerücht so fälschlicher Weise, auf dem Marsche nach Meissen geschildert,) in festerer Stellung die Stirn zu bieten. Fechtend und wohlgeordnet führt er seine Leute aus dem Kampf, einen neuen Stützpunkt suchend, um dem Gegner des Tages Ruhm und Entscheidung wieder zu entreissen.

Erst in der Gegend von Arnstadt, da wo die Waldhöhen wieder etwas zurücktreten und eine weite Fläche der Begegnung grösserer Massen Spielraum leiht, da wo die steilabfallenden Ufer der Gera vor Umgehung sichern, erst dort nimmt Günther eine neue Stellung ein, ohne den Seinen, die seit dem Grauen des Tags unter Waffen, Rast und Erholung zu gönnen, sieht er doch den Markgrafen inmitten seiner Schaaren mit Mühe die Ordnung aufrecht erhalten. Hier verleiht der Fürst Belohnungen, dort ertheilt er den Ritterschlag an die Tapfersten, indess ein neuer Aufmarsch nicht zu Stande zu kommen scheint.

Im Moment nun, wo Günther seine Reiter wieder zum Angriff führen will, trifft neuer Drometenruf sein Ohr und eine stattliche Colonne Gewappneter debouhirt aus dem Brückenkopf. Jauchzen durchdringt das Heer, „das sind die Mannschaften, die der Mainzer Erzbischof durch seinen Bruder Rupert zur Stelle entsendet!" In kleinen Tagemärschen vom Rheine her sich fortbewegend, kommen sie so spät und doch noch zeitig genug, um ihr Schwert in die Wagschale zu legen und den blutigen Lorbeer pflücken zu helfen. Neuer Muth beseelt die ermüdeten Kämpfer, Siegesgewissheit dringt durch die Reihen, und unter Günthers Schlachtruf brausen die rasch zur Sturmcolonne vereinigten Reiterschaaren unaufhaltsam vorwärts. Hier gilt es die Scharten der verflossenen Stunden auszuwetzen, gilt es für das Erbe der Väter und die eigene Unabhängigkeit einzustehn! „Jetzt oder niemals," ist die Losung des Augenblicks!

Umgeben von den Häuptern seiner Waffenbrüder bleibt Günther überall voran, sein Schwert, seine Stimme sucht herausfordernd den Markgrafen im Kampfgewühl, - doch in wilder Flucht reisst das Heer den Fürsten, den Führer, dessen Commando niemand mehr Folge leistet, mit sich fort. Aus vielen Wunden strömt sein Blut zur Erde; vergebens sucht er eine Handvoll Leute, die dem gegnerischen Choq nicht erlegen, zu sammeln und den Rückzug zu decken, doch umsonst! Todt liegen seine besten Hauptleute auf der Wahlstatt, - Wenzel von Stein, *) Heinrich von Heroldshausen und Dietrich von Tennstedt, (alle aus Thüringischem Geschlechte,) und viele Andre noch, sind Günthers Reitern erlegen, und besiegeln ihre Treue in blutigem Tode!

Um ein Haarbreit würde Friedrich selbst, nebst den Trümmern seines Heeres niedergehauen oder in Gefangenschaft gerathen sein, wenn nicht die Laune der Kriegsgöttin es beschlossen, nach so wechselvollem Tage noch einmal die Entscheidung, oder den Ausgang vielmehr, dem blinden Zufall in die Hände zu spielen.

Dumpfe Gerüchte vom Schwanken der Schlacht, veranlassen den Abt des Petersklosters zu Erfurt und die Väter der Stadt einen Wagenzug gen Arnstadt zu entsenden, um die Verwundeten aufzunehmen und die Todten. **)

Ihnen vorauf schreiten Drometer oder Pfeifer, nach der Sitte des Zeitalters; auf wirbelt der Staub in den letzten Strahlen der Abendsonne und hüllt den langen Tross in eine dichte Wolke, die die Fliehenden, zu Tod Gehetzten, unter Geschrei und Lärm in sich aufnimmt.

,,Das sind feindliche Reiterschaaren," ruft es in Günthers Heer, ,,das ist Succurs!" und Günther ordnet die Seinen, dem neuen Angriff zu begegnen, obwohl der Tag sich zu Ende neigt und die Nacht die Partheien zu trennen droht.

Das Benehmen der Trossbuben und Wagenlenker bei solchen Gelegenheiten ist so sprichwörtlich, dass wir ihm kein Wort zu widmen brauchen.

Wie Günther das Fussvolk zur Stelle geführt, zu erneutem Angriff ordnet, er selbst mit seinen Reitern wieder voransprengt, findet er nur einen von Verwundeten und Sterbenden übersäeten

*) „Dominus de Lapide."

Jovius.

**) Nicolaus v. Syghen erzählt: „Abbas Sancti Petri conjungi jussit

tres currus monasterii, in quibus defuncti adduci deberent. Simile fecerunt aliqui de civibus amicatis et potentioribus erford., qui suos defunctos ad paterna sepulcra tumulari affectabant aut etiam vulneratos si qui nondum essent defuncti sed lesi ad Erfordiam reducerentur et sic cum aliquali potentia licet timore erf. exeuntes habentes duos fistulatores in curribus. Qui cum circa Arnstete venissent cum magno clamore atque strepitu nutu dei civitati appropinquarunt."

In Uebereinstimmung hiermit berichtet uns Jovius, S. 339.

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