del, sein hoher Muth, seine Mannhaftigkeit ihn fähig machten, des Reiches Rechte zu handhaben und zu schirmen, zu bessern und im Frieden zu fördern." Auch Herzog Ehrich von Sachsen war der Wahl beigetreten und andre Fürsten und Stände des Reichs zögerten nicht länger mit ihrer Beistimmung und so traf denn noch in Dresden den Erkorenen die ehrenvolle Botschaft. Nicht ohne Ueberraschung nahm er die Kunde des Geschehenen auf. Nach so Hohem, bekannte er in seiner edlen Bescheidenheit offen, nicht gestrebt zu haben, wie warm auch immer sein Herz für des Vaterlandes Wohl geschlagen, und gern wolle er darum einem Würdigeren weichen, dem das Vertrauen der Wahlfürsten sich gemeinsam zuwende!" Diese Stimmung suchte Markgraf Friedrich eilig auszubeuten. Mit lebhaften Farben schilderte er dem Rivalen, dem ehemaligen Gegner, die Gefahren der Annahme einer Krone, nach der der mächtige Böhmenkönig eigensinnig und rechthaberisch die Hand ausstrecke, unter Warnungen und Abmahnungen sprach er von der Zerklüftung im Reiche, der Uneinigkeit der Stände, dem Hass und der Wuth der Partheien. Aber Günthern von Gefahren zu reden, ihn durch Drohungen zu schrecken suchen, konnte in der That nur eine Berufung an seinen Muth sein. Nur die edle Mässigung, die sein ganzes Leben hindurch all sein Thun bezeichnet, nur die Besorgniss, als der Erwählte nur eines Theils der deutschen Fürsten und Stände, als blosser Gegenkaiser, die Fackel des Bürgerkriegs wieder einmal zu entzünden und statt der Retter des aus tausend Wunden blutenden Vaterlands, sein Verderber zu werden, hielt ihn ab, in die Hand der Freunde einzuschlagen. Man hat Günthern selbst von den achtbarsten Seiten, anderweite Motive untergeschoben, - seine Zögerung bei Annahme der Wahl „Scharfblick im Ersehen des Abschreckenden und Gefahrvollen der ihm dargebotenen Würde, Scheu vor den ungeheuren Opfern" genannt, die von der Behauptung der Krone, ihrer Ehre und Würde unzertrennlich seien und den „Mangel an genügender Hausmacht" eben so sehr in die Reihe der Gründe gestellt, die sein Benehmen hervorriefen, Andre wollen ihm auch „eine dunkle Ahnung seines trüben Schicksals" zuschreiben; doch das Alles lag Günthers Heldenseele fern; spätere Aeusserungen wie Thaten haben jene Ansichten vielmehr schlagend widerlegt und wohl nie steht der Charakter unsres Helden in glänzenderem Lichte als hier, wo er den Lockungen irdischer Grösse, zeitlichen Glanzes widerstrebt und jedem Vorwurfe selbstsüchtigen Verraths an der öffentlichen Wohlfahrt zu begegnen gesucht. Aber Markgraf Ludwigs von Brandenburg und der andern Wahlfürsten Vorhaben war durch Günthers Bedenklichkeit nicht zu zerstören; im Gegentheil, nur mit immer neuen, immer heftigeren Bitten bestürmten sie ihn. So; mit Klagen und Hülferufen all der vielen Schutzlosen im Reiche, die das Auge auf ihn gerichtet, das Bild deutscher Macht, deutscher Ehre wieder erstehen sahen, überhäuft, vermochte er sein Herz den gestellten Anträgen nicht länger zu verschliessen. So hatten Pfalz, Brandenburg, Mainz, Bayern, der Herzog von Sachsen-Lauenburg und die Vertreter des städtischen Elements Günthern vor die Seele gerufen, welche Verantwortung er auf sich lade, wenn er jetzo nur seine eigene Wohlfahrt bedenke, ihre Sorge für das Heil der Nation, ihre höhere Erkenntniss der Sachlage und die Wahl des Rettungs- und Heilmittels missachte und das allgemeine Beste dem eigenen aufopfern wolle. Unumwunden erwiderte er darum: „Wie hochnöthig nach dem so plötzlichen Tode des allergnädigsten Kaisers dem Reiche ein verständig Oberhaupt, wie gering aber für ein solches Amt er selbst sei, habe er reiflich bedacht, und deshalb zu Gott, dem höchsten Herrn gefleht, dass er die Herzen der Kurfürsten zum Nutzen des Reichs nach seiner Weisheit lenken wolle. Weil jedoch dem harten Andrängen zurückweisende Entschuldigungen keinen Einhalt gethan, so möge er ihnen jetzt nicht länger als eigennützig und einer weisen Vorsehung keck widerstrebend erscheinen. Sein Entschluss und Wille sei demnach: wofern die (Wahl) Fürsten sämmtlich zu Frankfurt öffentlich und ordnungsgemäss beschliessen und erklären würden, dass zur Zeit kein gewisser Kaiser, sondern das römische Reich erledigt, Carl von Böhmen einstimmig verworfen oder doch von der Mehrzahl nicht anerkannt; sie dann ihn ohne Bestechung erwählen und berufen wollten, so werde er nicht zögern, ihnen zu willfahren; gehorsam dem ewigen, allmächtigen Gott, zum Dienste, Nutzen und Wohl gesammten Reichs deutscher Nation, zu Gefallen den (Wahl) Fürsten, wage er dann Ehre, Gut, Leib und Leben." Dies die Fassung der Antwort, wie sie der Chronist Jovius im Curialstyl des 17. Jahrhunderts mittheilt. In der lateinisch abgefassten Schrift des Albertus Argentinensis finden wir einen ähnlichen Ausspruch. „Qui (Guntherus) primo renuens, tandem eo pacto annuit, si in Frankfurt per principes et nobiles sententiatum fuerit, vacare Regnum et Imperium, majorque pars Principum qui similiter per sententiam declarati fuerint jus habere, ipsum absque omni Simonia elegerint propter Deum, dicens se expositurum periculis pro Deo et Imperio corpus suum." Drei, vom 9. und 11. December aus Dresden datirte Urkunden belehren uns, mit welcher Bereitwilligkeit die Reichsfürsten auf diese Bedingungen eingingen. „Die erste (derselben) enthält ein Wahlversprechen des Markgrafen Ludwig von Brandenburg und leistet zugleich Bürgschaft, dass Graf Günther innerhalb der nächsten sechs Wochen auch von dem Erzbischof Heinrich von Mainz und den Herzogen zu Bayern und Pfalzgrafen bei Rhein, Rudolf und Ruprecht, erkieset werden solle. Andre sechs Wochen nach vollzogener Wahl solle Hilpolt von Stain das Reich inne haben und es hernach dem König einantworten. Wenn der Graf die Stimmen der andern Kurfürsten nicht erhalten würde, so solle er mit Wissen und Willen des Markgrafen und seines Bruders eine Sühne mit dem König von Böhmen eingehen können. Er solle ferner des Beistandes der Brüder Ludwigs sich versichert halten, und ihm künftig der Durchzug durch alle Vesten und Schlösser in dem Gebirge (Tyrol), um in die Lombardei zu gelangen, vergönnt sein." „Den Vertrag nicht zu brechen, gelobte der Markgraf zu den Heiligen u. s. w." Wir ersehen hieraus, dass eine Art von Reichsverweserschaft unter dem obgenannten Hilpolt von Stain, (also einer Privatperson,) von den Wahlfürsten auf sechs Wochen eingesetzt wurde, wir erfahren aber auch, dass eine Anzahl von Herren, Rittern und Edeln aus verschiedenen deutschen Gauen um Günther versammelt war, denn in der Urkunde heisst es, am Schlusse des im Fürstl. Schwarzb. gemeinsch. Archive zu Rudolstadt aufbewahrten Originals: „Des sint geziug die Edeln man. Graf Günther von Swarzbg, des Wachsenbg ist. Ulrich Lantg'f vom Lyugkenb'g (vermuthlich Leuchtenberg), Friedhelm von Kotbuz, Heinr. von d' Dam (ob „von der Tann"?), Otto der Wendt von Ylburg, Hiltpolt von Stayn, Ulrich Wiltbrant, Swick von Gundelfingen, Ulrich der Strauss, Gebhart Hornbeck, Kristan Pfeffing' vnd Eberht von Ebenhusen vnser Rat, Rudolff von Meldinger vnd Dytzel von Witzleben, Graf Günthers Dien' wir erfahren aber auch gleichzeitig, dass Günthers gleichnamiger Blutsverwandter, (,,des Wachsenburg ist") und mehrere seiner Hausvasallen, die von Meldingen und von Witzleben, aber auchausserdem, wie gesagt, mehrere angesehene Herren aus verschiedenen deutschen Landen sich in seiner Umgebung befanden, und geht endlich aus genanntem Document noch die Absicht unsres Helden hervor, nach alter Kaisersitte eine Romfahrt zu unternehmen. Zwei Tage später indess erfolgte eine anderweite Erklärung des Markgrafen Ludwig, „dass er, geschehe (etwa) Günthers Wahl nicht, innerhalb der festgesetzten sechs Wochen nicht verpflichtet sein wolle, ihm das Reich einzuantworten, alle andern Punkte und Artikel, die in dem ersten Brief enthalten, sollten dagegen in voller Kraft verbleiben"; auch gedachte der Beherrscher der Marken der wesentlichen Dienste, die ihm der Freund gegen den falschen Waldemar geleistet und sprach sogar von einer Entschädigung für dieselben. Dies und die urkundliche Ermächtigung, dass Günther im Nothfalle mit dem Böhmenkönige einen Vergleich („Sühne") abschliessen dürfe, mag wohl der erste Anfang zu der schwankenden Rolle sein, die jener Fürst zu spielen begann. Hiltpolt von Stain, der neu installirte „Reichsverweser" dagegen, trug sich mit geringeren Bedenklichkeiten und gelobte zu Dresden, „am Donnerstag vor Lucie, auf eigene Hand, dem Könige in sechs Wochen das Reich zu übergeben", unter den gewöhnlichen sichernden Clauseln, und in der That erliess schon wenig Tage später der Erzbischof Heinrich von Mainz, (unterm 30. December) in seiner Eigenschaft als des Reiches Erzkanzler, ein Schreiben an Balduin von Trier, in welchem er diesen und die übrigen Mit wähler aufforderte, „sich den nächsten 16. Januar k. J. in den Feldern vor Frankfurt a. M. einzufinden, um einen rechtgläubigen Mann zum Könige deutscher Nation zu wählen, die Stimme des Ausbleibenden", so bemerkte er ausdrücklich, „würde unbeachtet bleiben und ohne sie die Kur vollzogen werden." (,, Nullius absentia seu negligentia in hac parte aliquantinus obstinente.") Also standen die Dinge, als bereits drei Tage später, als am ersten des Jahres 1349, nach kurz beendeten Unterhandlungen und Vorbereitungen, Günther im Predigerkloster zu Frankfurt a. M. feierlich zum römischen König ernannt wurde. Erzbischof Heinrich von Mainz, nebst dem Domprobst und Vormund des Hochstifts, der ritte.liche Cuno von Falkenstein und Pfalzgraf Rupert der Aeltere waren bei diesem Akte zugegen. Der Letztere wählte zugleich als Bevollmächtigter seines Bruders, des Pfalzgrafen Rudolf. Für Markgraf Ludwig von Brandenburg und Herzog Ehrich von Sachsen-Lauenburg aber stimmte Erzbischof Heinrich, laut besonderer Vollmacht. Alle verpflichteten und reversirten sich noch ausserdem urkundlich, gelobten Günthern unverbrüchliche Treue und stellte sich namentlich der Stiftsverweser Cuno von Falkenstein mit 60 behelmten Rittern unter Führung Johanns von Belldirsheim (Bellersheim) sofort zu Günthers Verfügung. Indess blieb Carl der Böhme nicht müssig und verlängerte seinen Dresdener Aufenthalt nur, um den Markgrafen Friedrich und seine Söhne zur Schilderhebung gegen Günther anzustacheln. Nur die zwei oberwähnten, am Schluss abgedruckten Urkunden aus jener Periode bewahrt das dortige Hauptstaatsarchiv, die, obwohl mit dem colossalen Majestätssiegel des kleinen Lützelburgers versehen, nicht undeutlich durchblicken lassen, wie schwach er sich persönlich fühlte und welchen Werth er auf Friedrichs Hülfe legen musste, ihm genügte der Allianzvertrag vom 21. December nicht, er setzte es durch in seiner Unruhe und Beweglichkeit, dass am 3. Januar ein zweites Schutz- und Trutzbündniss mit dem Markgrafen und seinen Söhnen abgeschlossen wurde. Günthern im Rücken anzugreifen, seine Schlösser und Städte in Asche zu legen, die Thüringer Lande wieder mit Feuer und Schwert zu überziehen, dünkte ihm die Aufgabe des Moments. Nicht vergeblich erlaubten wir uns das Gemälde der Fehden |