wort und ward von dem zärtlichen Schwiegervater alsbald auch als „des Reiches Mehrer" anerkannt. Schon am 4. März, also kaum sechs Wochen nach Günthers Wahl und dem feierlichen Huldigungseide, ward die Eheberedung zu Bacharach ausgefertigt und die Vermählung in Eile und Hast vollzogen! So war denn Tücke und Treubruch der Streich gelungen! Um das Gewissen des neuen Schwähers zu beschwichtigen, um ihn das blutige Gaukelspiel, das man in der Mark gegen den leiblichen Bruder in Szene gesetzt, vergessen zu machen, übertrug ihm Carl unter den schmeichelhaftesten Ausdrücken, die früher verpfändet gewesene Landvogtei Elsass, das Schultheissenamt Hegenau und an Gütern und Aemtern, worüber er nur irgend verfügen konnte. Er verband damit neue Absichten! Im Schutze seines neuen Bundesgenossen, gedachte er eine anderweite Reichsversammlung zu Stande zu bringen, nachdem der Tag von Castell für ihn so kläglich abgelaufen. Sein Oheim Balduin hatte sich vordem in den Besitz der zum Mainzer Sprengel gehörigen Bisthümer Worms und Speier zu setzen gewusst, noch besass er mächtige Verbindungen dort, bei Geistlichen und Laien. Welch respektvolle Entfernung Günthers Nähe auch immer vorschreiben mochte, den Verbindungen des Oheims, der Nachbarschaft des Schwiegervaters vertrauend, erwählte der schlaue Böhme Speier zum Sammelplatze seiner Parthei; mochte vielleicht auch der Gedanke seine Eitelkeit kitzeln, gerade in der Stadt tagen zu lassen, wo man, wenig Wochen nach seiner Erwählung, die Frage, „vacat imperium?" mit "Nein" beantwortet, das Scrutinium der drei Erzbischöfe in Rense für null und nichtig erklärt hatte. In der That langten Balduin von Trier, (der Unvermeidliche!), Gerlach, der junge Erzbischof von Mainz, Pfalzgraf Rudolf selbst, dann Landgraf Heinrich von Hessen, Herzog Friedrich von Teck, Graf Eberhardt von Würtemberg, (der Greiner,) Friedrich Graf zu Oettingen, Landgraf im Elsass, zwei Grafen von Leiningen und endlich der bereits oberwähnte Hohensteiner, (der einzige Verräther aus Thüringen,) in der Stadt unsrer geheiligten Kaisergräber an und verhandelten darüber, was nun eigentlich geschehen solle, um die brennende Frage zur Lösung zu bringen. - Möge man es nun Bedacht, möge man es Aengstlichkeit nennen, war es, dass die Geister unsrer alten Kaiser, warnend vor Zwietracht, die Stätte umschwebten, wo ihre Asche ruhte, -ja, vermochten vielleicht die todten Steingebilde über den Gräbern zu den Herzen der Partheigenossen zu sprechen, nach allem Hin- und Herreden gelangte man zu keinem andern Resultate, als dem weisen Beschluss,,,mit König Günther zu unterhandeln; " – aber unbesonnen genug war man dennoch, ihm „als Reichsstand" ein Einladungsschreiben nach Frankfurt zu senden, denn wie sich von selbst versteht, blieb das leere Geschrift unbeachtet liegen. zu Sei es nun, um ihn aus der Krönungsstadt am Main wegzulocken, sei es, um ihn im Rücken zu beunruhigen, seine Verbindungen mit dem Norden durchschneiden, Carl vermochte die Burgmänner des festen Reichsschlosses Friedberg in der Wetterau, Günthern, der mit unablässigem Eifer seine Streitkräfte um Frankfurt zu concentriren suchte, den Gehorsam zu weigern. *) Aber im Bunde mit den ihm treugebliebenen Bürgern der Stadt, berannte der König das Schloss, nahm es mit stürmender Hand und zwang die Widerspenstigen zu Unterwerfung und Gehorsam. **) Er ergriff aber auch die sich hier darbietende Gelegenheit, um im Gebiete der Wetterau die Kaiserlichen Rechte und Pflichten zu üben; er ertheilte Privilegien und Freiheiten, bestätigte u. a. die berühmte Abtei Arnsburg an der Wetter in ihren Rechten und Besitzthümern, ein Akt, der in den nachmaligen, langwierigen, juristisch so berühmt gewordenen Streitigkeiten zwischen jenem Kloster und dem fürstlichen und gräflichen Hause Solms von Bedeutung bleiben sollte, da König Günthers Bestätigungsbrief bei Fällung des Endurtheils, im Jahre 1752, den entscheidenden Ausschlag gab, - ja er behielt noch Zeit, selbst den Angelegenheiten daheim in Thüringen seine Thätigkeit zuzuwen *) In diesen Zeitraum dürfte auch die so viel angezweifelte Diversion der in Frankfurts Umgebung hausenden kleinen Dynasten und Ritter zu stellen sein, deren Latomus, pag. 251, mit den Worten gedenkt: „Jussu Regis Caroli omnia praedia ac villae oppidi Francofurdiae per Dominos de Epstein, Hanau, Falkenstein combustae sunt. Irrthümlich ist mindestens das Datum: „Die 4. Junii." Carls Taktik, wie dem Wesen jener fehdelustigen Herren, unter dem Namen der „Wetterauer wilden Jagd" so viel verschrieen, entspräche der Streich auf's Genaueste. **) am 22. März 1349. den!*) So standen die Dinge; als Carl mit Mühe seine Anhänger zur Stellung ihrer Contingente in der Gegend von Frankenthal, zwischen Worms und Speier, vermochte und mit der peinlichsten Geldnoth kämpfend, de- und wehmüthig von den Speierer Bürgern 1000 Pfd. Heller aufborgte, die er, binnen gemessener Jahresfrist bei Vermeidung von Personalarrest und unter sonstigen, die Würde und königliche Stellung tief in den Schatten stellenden Bedingungen und Betheuerungen zu verzinsen und heimzuzahlen gelobte, während Günther seine Rüstungen bis auf Vereinigung mit den märkischen Völkern, die Markgraf Ludwig in kurzen Tagemärschen durch Thüringen und Hessen herbeiführte, längst vervollständigt sah, als ihn eines Tages unvermuthet ein leichtes Unwohlsein, verbunden mit jäher Hitze, befiel. Nah war der Tag blutiger Entscheidung. Gern wäre er im Vollgefühle seiner Kraft dem Feinde mit seinen Mannen allein entgegen, - in aufwallender Ungeduld schalt er mit seinen Genossen, die im Kriegsrathe bedächtig die Ankunft der Märker abzuwarten begehrten. Aengstlich zagend schaute der kleine Lützelburger um sich und musterte die Persönlichkeit seiner Genossen. Keiner der Kirchenfürsten konnte auch entfernt nur als Stratege gelten, obgleich Balduin von sich rühmen mochte, dass er täglich hinter verschlossenen Thüren sich im Springen und allerhand ritterlichen Leibesübungen exerziere." Markgraf Friedrich der Ernsthafte, von schwerem Gebreste heimgesucht, verharrte daheim in unerquicklicher Waffenruhe; - Pfalzgraf Rudolf, der neue Schwiegervater, musste durch Beleihungen, Würden und Cessionen zur Willfährigkeit gebracht werden und dennoch griff der Pfälzer nur zagend zum Schwerte. Nur Graf Eberhardt von Würtemberg war ein erprobter Degen, doch seine Waffenthaten beschränkten sich auf Ueberwindung vereinzelter Edler, gegen die er seine und des Reiches schwäbische Städte aufbot. - Auch ihm übertrug der misstrauische Böhme das Commando nicht. *) Eine lateinische Urkunde Günthers, fromme Stiftungen zu Frankenhausen, zu Gunsten des Klosters Oldisleben betr., und mit den Worten beginnend: „Nos Guntherus, Romanorum Rex semper augustus u. s. w." datirt von Friedberg, den 1. April 1349. Vergl. Thuringia sacra, 714. Wie ganz anders schlug Günthers Heldenherz, in steigender Fieberungeduld den Moment erharrend, wo sein Schlachtruf wieder die Treuen all ins Getümmel führen würde; wenige Tage und seine Vereinigung mit den Märkern musste bewerkstelligt sein, dann ruhte die Zukunft nur auf der Schärfe seines Schwertes! Da, von brennender Ungeduld getrieben, sucht der König Rath und Hülfe gegen das aufkochende Weh, das ihn plötzlich niederwirft, bei dem berühmten Arzte, Freidank, genannt ,, von Heringen, "*) bei einem Manne, zu Frankfurt seit Jahren bekannt und im besten Ansehn. Dieser verspricht einen köstlichen Heiltrank zu bereiten, der schnell das Uebel lindern soll. Unfähig zwar an ein Bubenstück zu glauben und doch von dunkler Ahnung getrieben, nöthigt der Monarch den Lobredner seines Wundermittels, es zuvor selbst zu versuchen. Dieser leistet dem Befehle Gehorsam, und ruhig leert Günther die Schaale, während der Arzt plötzlich erblasst, in Zuckungen verfällt und halb bewusstlos fortgeschafft werden muss. Das Fürchterlichste war geschehen, das in Deutschland Unerhörte! Vergiftet war der deutsche König und mit dem eigenen Tode büsste der Arzt nach zweimal vierundzwanzig Stunden sein Verbrechen. **) *) „Kirchner zählt Freidank von Heringen in seiner Geschichte von Frankfurt, I. S. 272, zu den altbürgerlichen Geschlechtern." Dem widersprechen Andere. „Freidank soll ein Eigenname sein, und dem Geburtsorte jenes Arztes, dem Städtchen Heringen an der Helme in Thüringen, entsprechen. Vergl. Dr. Römer-Büchner. König Günther's von Schwarzburg Tod u. s. w. Seite 5. **) Freidank starb am 14. April 1349. In dem Todtenbuche des St. Bartholomäusstifts ist aufgezeichnet: XVII. Cal. Maji. Tyburtii et Valerii Maximi Mart. magister Fridancus phisicus. An seinem Sterbetage errichtete derselbe noch ein Testament, welches Kirchner, S. 624, mittheilt. Vergl. Dr. Römer-Büchner a. a. О. Wer war der Mörder? Soweit die Geschichte unsrer Väter zurückgeht, soweit der deutsche Name seine Existenz bekundet, hatte man wohl von dem unseligen Hader, der verderblichen Zerrissenheit gewusst, die die Häupter und Glieder der Nation gegen einander in den Kampf getrieben, denn schon in den Tagen wo Cimbrischer Schlachtruf die allgewaltige Roma in bleichen Schrecken und Angst gestürzt, hatte der Zwist der Fürsten und Feldherren die Völker an die Schlachtbank geführt! Blutig, in tausend Kämpfen, hatte das Drama sich wiederholt, hatten deutsche Schwerter lieber der Feindesbrust geschont, als des Lebens der Stammesgenossen, aber es waren doch Schwerter gewesen, und wenn auch ein verderblicher, sodoch ein ehrlicher Kampf! Erst auf italischer Erde, auf einer jener nutzlosen Romfahrten, hatte Gift, verborgen in eine geweihte Abendmahlshostie unsrer edelsten Kaiser einen *) durch die Hand eines römischen Delegaten, eines Priesters! den elenden Tod sterben las sen. Jetzt war ein gleiches Bubenstück inmitten Deutschlands geschehn, in des Königs eigener Pfalz, des königlichen Helden, dessen unbesiegtes Schwert drohend über seinen Feinden in Kutte und Purpur schwebte. Im Vorgemach, in der Halle, auf den Stufen und im Vorhofe hatte sich mit Blitzesschnelle die Nachricht des grauenvollen Unglücks verbreitet, in wenig Momenten schon trat das Volk auf der Strasse in Gruppen, dann in dichtgedrängten Haufen zusammen und von Mund zu Munde murmelte man die Kunde des Geschehenen. Drinnen auf dem Schmerzenslager wand sich der unglückliche Monarch mit blauen Lippen und von eisigem Fieberfrost geschüttelt. Das Bewusstsein, unrettbar dem Tode verfallen, all sein Thun, all sein Streben schmählich in Scherben fallen zu sehn, *) Heinrich VII. a. d. H. Luxemburg, erhielt das h. Abendmahl von der Hand des Dominicaner - Mönchs Bernardino aus dem Kloster Montepulciano, in Abwesenheit seines Beichtvaters des Bischofs Nicolaus, den er zum Papst Clemens entsandt. Fieberschauer durchdrang gleich darauf seine Glieder und er starb wenige Stunden später. (24. August 1313.) |